Protocol of the Session on June 2, 2016

Meine inständige Hoffnung ist, dass der Landtag der fünften Wahlperiode der Verpflichtung der Verfassung gerecht wird.

(Beifall bei der LINKEN und bei den GRÜ- NEN - Eva von Angern, DIE LINKE: Siebte Wahlperiode!)

Liebe Abgeordnete! Wir begrüßen, ich begrüße - - Der siebenten Wahlperiode; der Landtag der fünften ist ihr gerecht geworden; ich kann mich daran erinnern.

(Eva von Angern, DIE LINKE: Stimmt!)

Liebe Abgeordnete! Ich begrüße bei unserer Diskussion, die wir jetzt haben werden, eine Gruppe auf der Besuchertribüne. Wir begrüßen ganz herzlich die Damen und Herren der Stiftung Bildung und Handwerk Magdeburg.

(Beifall im ganzen Hause)

Wir treten nun ein in

Tagesordnungspunkt 3

Erste Beratung

a) Entwurf eines Zweiten Gesetzes zur Ände

rung des Kinderförderungsgesetzes

Gesetzentwurf Fraktion DIE LINKE - Drs. 7/63

Entschließungsantrag Fraktion DIE LINKE - Drs. 7/64

b) Entwurf eines Zweiten Gesetzes zur Än

derung des Gesetzes zur Förderung und Betreuung von Kindern in Tageseinrichtungen und in Tagespflege des Landes Sachsen-Anhalt (Kinderförderungsgesetz

- KiFöG)

Gesetzentwurf Fraktionen CDU, SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN - Drs. 7/69

Ich bitte zur Einbringung zu a) die Abg. Frau Hohmann nach vorn. Bitte, Sie haben das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Wahlen sind vorbei und sehr rasch nach den Wahlen kam die Enttäuschung beim Wähler zustande. Galt im Vorfeld der Landtagswahlen bei der Koalition noch das Motto höher, schneller und weiter, so ist man schnell ernüchtert. Was wurde alles versprochen? - Ich erinnere mich an solche Dinge wie die Deckelung in Höhe des Kindergeldes, die Beitragsfreiheit für das letzte Kita-Jahr oder die Staffelung nach Einkünften.

Meine Damen und Herrn! Ich muss Ihnen ganz ehrlich sagen, ich habe mich darüber im Januar geärgert und noch heute ärgere ich mich darüber, dass solche Versprechen gemacht worden sind, aus folgendem Grund: Wir wussten es zum damaligen Zeitpunkt und wissen es auch heute, dass es nicht finanzierbar ist. Den Leuten und den Wählerinnen so etwas vorzutäuschen, ist schlichtweg falsch.

Was ist aus den Wahlversprechen geworden? - Konkret zu den Wahlversprechen konnte ich im Koalitionsvertrag leider nichts finden. Für meine Fraktion sage ich noch einmal, wir haben uns bewusst - wirklich bewusst! - nicht an diesem Wettbewerb beteiligt. Wir haben sowohl im letzten Jahr hier im Parlament - das war sehr häufig; ich kann mich daran erinnern, dass ich hier fünfmal zu dem Gesetz gesprochen habe und im Januar dieses Jahres noch einmal - als auch im Wahlkampf unsere Forderungen artikuliert.

Es wird Sie vielleicht verblüffen, aber was wir vor der Wahl gesagt haben, wollen wir nach der Wahl auch umsetzen. Deshalb darf es keinen verwundern, dass wir heute erneut einen Gesetzentwurf einbringen.

Sehr geehrte Damen und Herren! Es ist zu begrüßen, dass die Koalition dieses Thema nach der gescheiterten Beschlussfassung über den Gesetzentwurf im Januar jetzt wieder aufgreift. Im Gegensatz zum Gesetzentwurf der Koalitionsfraktionen wollen wir das Betreuungsgeld für die Jahre 2016 und 2017 zur Entlastung der Eltern bei den Kostenbeiträgen im Rahmen der Kinderbetreuung einsetzen.

Auf Sachsen-Anhalt sollen im Jahr 2016 9 Millionen € oder 9,1 Millionen € des ehemaligen Betreuungsgelds entfallen - es sind verschiedene Zahlen unterwegs -, im Jahr 2017 21 Millionen € und im Jahr 2018 23 Millionen €. Die Mittel für das Jahr 2018 möchten wir per Entschließungsantrag gebunden sehen, da wir zunächst die Evaluierung des Kinderförderungsgesetzes abwarten müssen.

Weiterhin möchten wir, dass sich das Land im Jahr 2016 mit einer Zuweisung in Höhe von 50 Millionen € an den Kosten der Kinderbetreuung beteiligt, um den Gemeinden zusätzlich die Möglichkeit einzuräumen, beispielsweise die Tarifsteigerungen auszugleichen. Das ist genau die Summe, die wir auch in unserem Wahlprogramm gefordert haben.

Sehr geehrte Damen und Herren! Wir konnten dem Gesetzentwurf der Koalition entnehmen, dass sie einen anderen Weg geht, um die Kommunen zu entlasten. Sie erhöht die Landespauschale nach § 12 Abs. 2 und 3. Nun sollte man eigentlich wissen, dass der Landkreis nach § 12 Abs. 2 zu 53 % diese Landespauschalen kofinanzieren muss. So ist es auch nachvollziehbar, dass sich der Landkreistag dazu kritisch äußerte. In seiner Pressemitteilung vom 30. Mai 2016 hieß es - ich zitiere -:

„Besonders verärgert sind die Landkreise darüber, dass ihnen von der jetzt beschlossenen ersten FAG-Anhebung um 44 Millionen € so gut wie nichts übrig bleibt, weil sie die zusätzlichen Landeszuweisungen für

die Kinderbetreuung mit 53 % gegenfinanzieren sollen.“

Nun dürfen Sie dreimal raten, woher sich die Landkreise ihr Geld wiederholen wollen - ich glaube, es ist kein Geheimnis: nämlich genau über die Kreisumlage der Gemeinden. Dass dieser Weg zur erhofften Kostenentlastung bei den Eltern führt, kann bezweifelt werden.

Meine Damen und Herren! Mit ihrem Gesetzentwurf möchte die Koalition unter anderem auch mit dem Betreuungsgeld für 2017 und 2018 die Eltern von hohen Kostenbeiträgen entlasten. Wir begrüßen das. Leider werden die Gemeinden in ihrer Entscheidung aber stark eingeschränkt. Warum? - Wir wissen aus dem Gesetzentwurf, dass die vom Land zugewiesenen Mittel nur für die Betreuung von Kindern in einem Alter bis zu drei Jahren bestimmt sind.

(Zustimmung von Ministerin Petra Grimm- Benne)

Wir wissen auch - ja -, die Krippenbeiträge sind im Vergleich die höchsten. Trotzdem sind wir der Auffassung, dass über den Mitteleinsatz vor Ort entschieden werden sollte.

(Beifall bei der LINKEN)

Sehr geehrte Damen und Herren! Es hat sich gezeigt, dass sich mittlerweile in allen Bundesländern verschiedene Systeme zur Kita-Finanzierung herausgebildet haben. In einem sehr interessanten Gutachten über den Reformbedarf bei der Finanzierung der Kindertagesbetreuung vom April 2016, also vom vorletzten Monat, das von Prof. Dr. Wiesner erstellt wurde, kann man sich über diese unterschiedlichen und sehr eigenwilligen Finanzierungsmodelle der Länder kundig machen.

Besonders betroffen sind bei allen Modellen die Eltern, aber auch die kreisangehörigen Gemeinden; denn die Risiken dieser Finanzierungsformen, in welcher Ausgestaltung auch immer, treffen diese besonders nachhaltig.

Vor diesem Hintergrund hat sich der paritätische Gesamtverband mit den verschiedenen Finanzierungssystemen intensiv auseinandergesetzt. Dabei hat der Verband ein Eckpunktepapier für ein zeitgemäßes, faires und transparentes System der Finanzierung von Kindertageseinrichtungen entwickelt. Wir werden uns das in Vorbereitung der bevorstehenden großen Novellierung des KiFöG genauer anschauen und darüber mit Expertinnen und Experten diskutieren.

Sehr geehrte Damen und Herren! Bei all den Finanzierungsproblemen rund um das KiFöG dürfen wir eines nicht aus den Augen verlieren, nämlich die Qualität in unseren Einrichtungen. DIE LINKE fordert deshalb schon lange ein Kita-Qualitäts

gesetz auf Bundesebene, in dem verbindliche Mindestqualitätsstandards festgeschrieben werden sollten wie zum Beispiel ein bundesweit geltender und der Aufgabe angemessener Betreuungsschlüssel, Qualitätskriterien für die Aus- und Weiterbildung der Fachkräfte in den Kitas, eine Regelung zur Vor- und Nachbereitungszeit für Erzieherinnen und vernünftige und pädagogisch sinnvolle Standards sowohl für die räumliche und sächliche Ausstattung als auch für die Arbeitsbedingungen.

(Beifall bei der LINKEN)

Was wir brauchen, ist die Verständigung auf bundesweit gültige Qualitätsstandards, die in einem Kita-Qualitätsgesetz festgeschrieben werden. Was wir auf keinen Fall brauchen, das sind Äußerungen, die wir heute in den Tageszeitungen lesen konnten, dass die CDU von Mindeststandards abweichen, das heißt also, den Ganztagsanspruch kürzen möchte.

(Beifall bei der LINKEN)

Damit wäre also klar, dass sich neben Ländern, Kommunen und freien Trägern auch der Bund an der finanziellen Sicherstellung beteiligen muss, und zwar dauerhaft. Was sich bei uns nicht wiederholen darf - das habe ich bereits im letzten Jahr gesagt -, sind Erfahrungen aus MecklenburgVorpommern. Wie wir alle wissen - wir haben ja das dort geltende Gesetz kopiert -, wurde die damalige Evaluation außen vor gelassen. Deshalb konnten wir die Dinge, die dort mehr oder weniger falsch gemacht wurden, auch übernehmen.

Ein gravierendes Problem, das sich in Mecklenburg-Vorpommern gezeigt hat, war, dass die Gemeinden dort bestrebt waren, ihre Kosten und auch die Kosten der Eltern nicht in die Höhe schießen zu lassen. Deshalb haben sie in den Entgeltvereinbarungen immer weniger Leistungen verhandelt. Das heißt, die Qualität in den Einrichtungen sank. Deshalb, meine Damen und Herren, müssen wir auch an dieser Stelle unsere Hausaufgaben machen.

(Zustimmung bei der LINKEN)

Es gibt noch genügend Aufgaben, die noch nicht in Angriff genommen worden sind. Es fehlt nach wie vor der Landesrahmenvertrag. Vor zwei Jahren haben wir diesen eingefordert. Deshalb ist es begrüßenswert, Frau Grimm-Benne, dass nun im Koalitionsvertrag festgehalten ist, dass dieses Problem gegebenenfalls mit einer Verordnung repariert werden soll.

Es kann aber nicht sein - ich war mächtig schockiert, als ich am Montag im Landesjugendhilfeausschuss war -, dass wir momentan in unserer Schiedsstelle nicht arbeitsfähig sind. Das heißt, es fehlt nach wie vor der Vorsitz. Deshalb lauten unsere Forderungen, diese Schiedsstelle

schnellstens arbeitsfähig zu machen, den Vorsitz zu besetzen, damit die derzeit anhängigen Verfahren - es sind immerhin 37 - auch bearbeitet werden können.

(Beifall bei der LINKEN)

Sie sehen, es sind noch genügend Baustellen vorhanden. Sehr geehrte Damen und Herren! Der Fraktion DIE LINKE ging es heute mit ihrem Gesetzentwurf in erster Linie nur um die Kostensenkung für die Eltern und um die Entlastung der Kommunen. Alle anderen Probleme des Kinderförderungsgesetzes - es sind einige Probleme mehr - werden wir in den nächsten Monaten genau analysieren und beraten. Unsere Ideen und Forderungen werden wir dann in einen weiteren Gesetzentwurf einbringen und im Hohen Haus zur Abstimmung stellen. - Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der LINKEN)

Danke, Frau Hohmann, auch für Ihre hervorragende Redezeitdisziplin. - Wir kommen zu Tagesordnungspunkt 3 b). Dazu spricht Frau Lüddemann.