Aber an diesem Beispiel wird auch ein wenig das Konzeptionslose Ihrer Fragestellungen deutlich. Energie-Contracting als neues, ich sage einmal, neoliberales Wirtschaftsmodell finden Sie ganz toll. Aber was hilft es der Umwelt? Solche Art von Verträgen läuft langfristig. Ob diese dann mit dem von Ihnen favorisierten Einsatz erneuerbarer Energien und Solarstrom von den Dächern öffentlicher Gebäude in Einklang zu bringen sind oder auch nicht, hörten wir bereits im Finanzausschuss der vergangenen Wahlperiode. Die Auskünfte, die wir damals erhalten haben, sind erkennbar nicht in Ihre Fragestellungen eingeflossen.
Hilfen für Stadt- und Kreisverwaltungen vor Ort zur Konzepterstellung als Voraussetzung für Fördermittelvergaben zur energetischen Sanierung wären sinnvoll. Wir brauchen vor Ort sehr viele Hilfen, aber Überlegungen zur konkreten Schaffung, zu den Voraussetzungen für die von Ihnen gewünschte klimaneutrale Landesverwaltung
Noch eine Anmerkung: Ja, es gibt keine klare Definition ökologischer Baustoffe. Dafür gibt es von Ihnen aber gefühlt zehn Fragen zu Lehm, Holz und Stroh. Aber wo sind die Vorschläge zur Verbesserung der Kapazitäten, zur Wahrung der handwerklichen Fähigkeiten oder zur Sicherung der Arbeitsfähigkeit der dafür notwendigen Ingenieur- und Planungsbüros? Das wäre konkrete Wirtschaftspolitik.
Dazu fehlt jedoch noch sehr viel. Zum Glück hat die Landesregierung auf das Bauprodukterecht hingewiesen.
Wir brauchen dringend Lösungen für eine klare Rechtsetzung und eine Definition allgemein anerkannter Regeln der Technik. Dazu gehören alter
native, erneuerbare, wiederverwendbare Materialien. Dadurch könnten Rechtssicherheit geschaffen und Auseinandersetzungen auf der Baustelle vermieden werden.
Auch denkbare Regelungen für die Ermöglichung der Gewährleistung für durch den Auftragnehmer eingesetzte nachwachsende Rohstoffe wären zu hinterfragen. Insoweit ist es wichtig und richtig, dass die Ministerin den Leitfaden angekündigt hat. Die Erwartungshaltungen an Sie werden auch hier sehr groß sein. Das ist eine Mammutaufgabe; das kann ich vorhersagen.
Was hat mir in Ihrer Anfrage gefehlt? - Das Thema Begrenzung der Kostenexplosion zur technischen Gebäudeausrüstung.
Titelgruppe 400, DIN 276. Die Kosten haben sich hier in den letzten 15 Jahren vervielfacht. Die Entwicklung nach oben ist offen. Das ist entscheidend für die Wirtschaftlichkeit der Gebäudebewirtschaftung, nicht nur in Bezug auf die Investitionen, sondern auch in Bezug auf die Folgebewirtschaftung. Ich denke, an dieser Stelle haben wir bereits viele Fehler gemacht. Hierbei benötigen wir wirklich ein Mehr an Erkenntnissen, wie wir Einsparung von Energieressourcen mit Nutzeranforderungen, kommunalen Belangen, Wirtschaftlichkeit gemäß Landeshaushaltsordnung und sozialverträglichen Mieten in Einklang bringen können und so, liebe Frau Lüddemann, das nachhaltige Bauen aus der Nische holen und es sozialverträglich umsetzen können. Das ist auch nach Ihrer Großen Anfrage und deren Beantwortung noch eine große Aufgabe.
Ich sehe keine Nachfragen. Dann danke ich dem Abg. Herrn Henke für die Ausführungen. - Für die CDU-Fraktion spricht der Abg. Herr Radke. Herr Radke, Sie haben das Wort.
Recht schönen Dank, Herr Präsident. - Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ökologisches Bauen ist, auch in der Bevölkerung, ein viel diskutiertes Thema. Es ist jedoch schwierig umzusetzen. Das sind meine bisherigen Erfahrungen bzw. Informationen, die ich in den letzten Tagen und Wochen gewonnen bzw. erhalten habe.
Mit dem Pariser Klimaabkommen haben sich die Vertragsstaaten geeinigt, dass der Anstieg der weltweiten Durchschnittstemperatur auf möglichst 1,5 °C, in jedem Fall jedoch auf 2 °C gegenüber
vorindustriellen Werten begrenzt werden soll, auf jeden Fall aber unter dieser Marke liegen soll. Die Weltgemeinschaft einigte sich Ende 2015 auf das Ziel einer treibhausgasneutralen Weltwirtschaft zwischen 2050 und 2100 im Sinne einer gesunden und lebenswerten Welt für die nachfolgenden Generationen.
Heftige Wetterlagen, Orkane oder Wirbelstürme - sei es das Orkantief „Friederike“ oder jüngst der Tornado im nordrhein-westfälischen Viersen - zeigen, dass wir etwas unternehmen müssen.
Eines steht fest: Wir befinden uns mitten in einem Zyklus des Klimawandels. Dieses Problem kann die Menschheit nur gemeinsam bewältigen. - Dies als Vorwort zu meinen eigentlichen Ausführungen.
Ein energieeffizientes, ökologisches und ressourcenschonendes Bauen kann dazu ein kleiner Beitrag sein. Aber dies ist keine neue Erkenntnis; denn die Landesregierung unternimmt in diesem Bereich seit einigen Jahren zahlreiche Anstrengungen. Dieses wird nicht nur in der Antwort der Landesregierung auf die Große Anfrage deutlich. Vielmehr zeugt davon auch die Tatsache, dass dieses Thema im Koalitionsvertrag auf Landes- und auf Bundesebene verankert ist.
Wir haben uns in Sachsen-Anhalt im Koalitionsvertrag darauf verständigt, dass die energetische Sanierung von Wohngebäuden fortgeführt werden soll. Auf Seite 120 ist zu lesen - ich zitiere -: „Sowohl bei Umbau und Sanierung als auch beim Neubau soll der Energieverbrauch möglichst weiter gesenkt werden. Stabile Wohnkosten liegen auch im Interesse der Mieter im Land SachsenAnhalt.“
Die Landesregierung ist sich ihrer Vorreiterrolle bewusst und zeigt dies bereits bei öffentlichen Gebäuden. Landesseitige Baumaßnahmen tragen seit Jahren dem Aspekt der energetischen Gebäudeeffizienz Rechnung. Der Landesbetrieb „Bau- und Liegenschaftsmanagement SachsenAnhalt“ ist sogar unter Beachtung der Wirtschaftlichkeit zu einem energieeffizienten, ressourcensparenden Bauen und Sanieren verpflichtet.
Wie aus der Antwort auf die Große Anfrage hervorgeht, schätzt der Landesbetrieb „Bau- und Liegenschaftsmanagement Sachsen-Anhalt“, dass 60 % der Kosten von Baumaßnahmen zur Energieeinsparung und Umweltentlastung der Gebäudeenergieeffizienzerhöhung zuzurechnen seien.
Dem Thema Energieeffizienz bleibt die Landesregierung auch in Zukunft treu. Die geplanten Baumaßnahmen zur Erhöhung der Gebäudeenergieeffizienz - die einzelnen Maßnahmen sind der Großen Anfrage zu entnehmen - verdeutlichen dieses Ziel.
Die Energieagentur Sachsen-Anhalt koordiniert zudem für das Bundesland die Kampagne des Bundeswirtschaftsministeriums „Deutschland
macht‘s effizient“. Für private Bauherren stellt die Landesenergieagentur eine sogenannte Bauherrenmappe mit Basiswissen für energieeffizientes Bauen und Sanieren zur Verfügung; das wurde schon mehrfach erwähnt.
Ein zusätzlicher Energieatlas mit Informationen zu Fördermöglichkeiten und Energieberatern steht ebenfalls zur Verfügung. Meine Damen und Herren! Sie sehen, im Bereich der Energieeffizienz werden bereits einige Anstrengungen unternommen, um das Land Sachsen-Anhalt für die Zukunft gut aufzustellen.
Was die Verwendung ökologischer Baustoffe angeht, bin ich deutlich kritischer. Dies ist auch auf die Signale zurückzuführen, die wir aus der Wohnungswirtschaft erhalten. Dabei spielen zum einen die extrem hohen Materialkosten bei ökologischen Baustoffen eine Rolle. Gemäß den Zahlen des Ministeriums für Landesentwicklung und Verkehr betragen die Kosten für den Bau eines Einfamilienhauses mit konventionellen Baustoffen 1 700 bis 2 200 € pro Quadratmeter. Beim Bau unter Verwendung ökologischer Baustoffe erhöhen sich die Kosten auf mindestens 2 500 € pro Quadratmeter. Das bedeutet, dass der Unterschied bei einem Haus mit 100 m² bei bis zu 80 000 € liegen kann. Die Zahlen aus der Wohnungswirtschaft sind insoweit noch deutlicher.
Das Bauordnungsrecht ist wettbewerbsneutral gestaltet und dient nicht dazu, Handelshemmnisse oder Handelsbeschränkungen aufzubauen oder Materialien zu bevorzugen. Letztendlich muss jedoch der Bauherr entscheiden, ob er bereit ist, den Mehrpreis zu zahlen. Dazu können wir niemanden zwingen.
Laut Ingenieurkammer bestehen zum anderen Probleme beim Brandschutz, die noch nicht geklärt sind. Das wurde noch gar nicht angesprochen. Laut Landesbauordnung dürfen Bauprodukte nur verwendet werden, wenn bei ihrer Verwendung die bauliche Anlage bei ordnungsgemäßer Instandhaltung gebrauchstauglich ist. Diese Verlässlichkeit wird teilweise von den Wohnungsgenossenschaften angezweifelt.
Für bauliche Anlagen stellen solche Baustoffe auch eine Gefahr dar, da durch die Verwendung die Standsicherheit und Dauerhaftigkeit der baulichen Anlagen massiv beeinträchtigt werden können, wenn wesentliche Bestandteile der baulichen Anlage nicht beliebig ausgetauscht werden können.
Zudem gibt es beispielsweise für den Lehmbau derzeit nur ganz wenige Spezialisten, und die braucht man unbedingt dafür, da es sich hierbei nicht um einen Teil der Ausbildung handelt. Das
bedeutet, dass sich dieser Ansatz für Investoren im Moment einfach nicht rechnet. Höhere Kosten bedeuten im Umkehrschluss auch höhere Mieten.
Den Marktzugang von ökologischen Bau- und Dämmstoffen zu fördern bzw. das Ziel, eine nachhaltige Bauwirtschaft zu erreichen, ist zudem nicht Bestandteil der Wohnraumförderung. Ziel dieser ist vielmehr die Gewährung einer zeitgemäßen Wohnraumversorgung, insbesondere für Personengruppen, die auf Unterstützung angewiesen sind. Es wäre insofern äußerst fragwürdig, wenn die angedachte Erhöhung von Standards beispielsweise zu einer Kostensteigerung beim sozialen Wohnungsbau führen würde.
Man muss die energetische Amortisation der Maßnahmen hinterfragen. Der Lebenszyklus von Dämmmaterialien findet bei der energetischen Bewertung oftmals keine Berücksichtigung. Bei der Herstellung, der Verarbeitung und der Entsorgung der verwendeten Materialien wird natürlich auch Energie aufgewendet. Somit vergehen in der Regel einige Jahre, bis sich die eingesparte und die aufgewendete Energie die Waage halten.
Außerdem müssen Dämmstoffe aus Baumwolle, Schafwolle, Hanf oder Papier mit Bioziden zur Bekämpfung von Schädlingen behandelt werden, bevor sie eingebaut werden, um überhaupt eine gewisse Bestandszeit zu erreichen.
- Das Beispiel mit dem Popcorn ist mir auch bekannt. Das hört sich interessant an. Wenn das praktisch umzusetzen ist, warum nicht? Das Problem wird dabei sicherlich sein - Mais ist ja ein exzellentes Nahrungs- oder Futtermittel -, wie das später mit der Praxis zu vereinbaren ist. Dies bleibt abzuwarten.
Oft werden die erhöhten Baukosten mit Einsparungen bei Energiekosten begründet. Diese Begründung ist zumindest fraglich, wie die Diskussion bei dem Versuch der Novellierung des Energierechts gezeigt hat.
Die in dem Entwurf des Bundeswirtschaftsministeriums vorgesehene Erhöhung der Anforderungen hat letztendlich dazu geführt, dass der Entwurf fallen gelassen wurde. Ebenso zeigen Presseberichte, dass die Erhöhung bei den Mieten durch die Modernisierung nicht durch Energiekosteneinsparungen bei den Mietern ausgeglichen werden kann.
der Blick in den Koalitionsvertrag auf Bundesebene. Dort heißt es, dass „wir [...] für die Erreichung der Klimaziele und zur Beschleunigung der Energiewende im Wärmesektor die Energieeffizienz und den Einsatz erneuerbarer Energien im Gebäudebereich weiter voranbringen [wollen]. Dabei gelten [allerdings] weiterhin die Grundsätze der Wirtschaftlichkeit, der Technologieoffenheit, der Vereinfachung sowie der Freiwilligkeit.“
Es gibt keine Nachfragen. Herr Radke, ich danke Ihnen für Ihre Ausführungen. - Für BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN hat noch einmal Frau Lüddemann das Wort. Frau Lüddemann, Sie haben das Wort.
Vielen Dank, Herr Präsident. - Ich will meine abschließenden zwei Minuten dafür nutzen, um mich zunächst für die inhaltliche Debatte zu bedanken. Ich denke, es ist bemerkenswert, wenn man andere Debatten in diesem Hohen Hause betrachtet, dass Sie alle unsere Fragen und die Antworten der Landesregierung gleichermaßen ernst genommen haben.