Protocol of the Session on December 20, 2017

Meine Damen und Herren! Vom Friedrich-LoefflerInstitut wurde in Kooperation mit dem Deutschen Jagdverband ein Maßnahmenkatalog erarbeitet, welcher Optionen für die Bekämpfung der Afrikanischen Schweinepest bei Wildschweinen im Seuchenfall vorsieht. Darin sind insbesondere auch die Erfahrungen aus Tschechien eingeflossen. Der Maßnahmenkatalog untergliedert sich in drei Gebiete: ein Kerngebiet von 2 000 ha um den Fundort, ein Gefährdeter Bezirk von 100 000 ha und eine Pufferzone von 1,2 Millionen ha.

Für die jeweiligen Gebiete wurden Empfehlungen gegeben, welche eine weitere Ausbreitung verhindern sollen. In der Kernzone geht es darum, dass keine Tiere auswandern können. Im Gefährdeten Bezirk und in der Pufferzone hingegen geht es darum, den Wildschweinbestand massiv zu reduzieren. Selbst in der Pufferzone wird dabei noch eine Reduktion von über 70 % empfohlen.

Meine Damen und Herren! Wir haben im Land Sachsen-Anhalt wie auch in anderen Bundesländern die Situation, dass wir ohnehin einen hohen

Bestand an Wildschweinen haben. Diesen Wildschweinbestand im Seuchenfall kurzfristig um 70 % zu reduzieren, ist fast unmöglich. Das ist auch der Grund, warum Agrarminister Backhaus für Mecklenburg-Vorpommern Abschussprämien einführt und die Gebühren für Trichinenuntersuchungen erlässt. Er folgt damit eins zu eins den Empfehlungen des Friedrich-Loeffler-Instituts für Maßnahmen in der Pufferzone.

Auch wenn das Land Sachsen-Anhalt derzeit nicht in einer Pufferzone liegt: Das hohe Risiko der Einschleppung der Afrikanischen Schweinepest verlangt nicht nur Wachsamkeit, sondern es ist wichtig, die Voraussetzungen dafür zu schaffen, dass wir im Seuchenfall eine weitere Ausbreitung verhindern können, also einen deutlich geringeren Wildschweinbestand haben.

Eine weitere, nicht unumstrittene Maßnahme, welche ebenfalls vom Friedrich-Loeffler-Institut empfohlen wird, ist das Außerkraftsetzen jagdlicher Regelungen, wie die Benutzung von Nachtzielgeräten und Schalldämpfern.

(Zustimmung von Guido Heuer, CDU)

Das Friedrich-Loeffler-Institut appelliert dafür, dass die rechtlichen Bestimmungen des Jagdrechts - eventuell auch des Tierschutzrechtes - zugunsten der Tierseuchenbekämpfung angepasst werden.

(Beifall bei der SPD - Zustimmung bei der CDU und bei der AfD)

Meine Damen und Herren! Ich meine, wir tun gut daran, die Empfehlung des Friedrich-Loeffler-Instituts aufzugreifen. Um optimal auf einen Seuchenfall vorbereitet zu sein, müssen wir jetzt die Voraussetzungen dafür schaffen.

Das Ministerium für Umwelt, Landwirtschaft und Energie hat schon eine ganze Menge geleistet. Frau Ministerin Prof. Dalbert wird sicherlich in ihrer Rede darauf eingehen.

Was wir allerdings neben der Aufklärung und der Überwachung zeitnah angehen müssen, ist - ich sage es an dieser Stelle noch einmal - die Reduzierung des Wildschweinbestandes.

(Zustimmung von Silke Schindler, SPD, und von Guido Heuer, CDU)

Sie können es mir als Jäger glauben, dass eine effiziente Reduzierung des Bestands ohne Nachtzielgerät und Schalldämpfer kaum möglich sein wird. Insofern sind die Voraussetzungen dafür zu schaffen, entsprechende Genehmigungen zu erteilen.

Meine Damen und Herren! Wir werden die Diskussion über präventive Maßnahmen gegen die Afrikanische Schweinepest sicherlich in einer der

nächsten Sitzungen des Agrarausschusses weiter vertiefen und dazu auch den Kontakt zum Friedrich-Loeffler-Institut sowie dem Landesjagdverband suchen, um diesbezüglich praxistaugliche Lösungen für unser Land zu finden.

In diesem Sinne bitte ich um Zustimmung zu unserem Antrag. - Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der SPD und bei der CDU)

Ich habe eine Wortmeldung von Herrn Loth.

Von Herrn Loth immer gern.

Danke schön, Herr Präsident. - Sehr geehrter Kollege, wie werden die Risikogebiete, die vom Friedrich-Loeffler-Institut definiert werden, im

Land Sachsen-Anhalt mit der zehnköpfigen Taskforce, ich sage einmal, bewirtschaftet? Wie wird die Kernzone bejagt? Wie wird das Umfeld bejagt? Und das alles mit zehn Personen? - Ich finde es sehr abenteuerlich, dass diese zehn Personen ausreichen sollen, um diese ganzen Maßnahmen - wenn es denn so weit kommen sollte - zu koordinieren; denn Sie begrüßen in Ihrem Antrag die von der Landesregierung bereits getroffenen Aktivitäten, die ich aber noch nicht erkennen kann.

Vielen Dank, Herr Loth. Es ist besser, wenn Sie diese Frage der Frau Ministerin stellen, die die Einzelheiten der Taskforce sicherlich besser kennt als wir.

(Daniel Roi, AfD, steht am Mikrofon)

- Bitte, Herr Roi. Oh, Entschuldigung.

Ich sitze noch hier. - Jetzt bitte, Herr Roi.

Herr Barth, Sie haben in Ihrer Rede viele Dinge dargelegt, die das Expertenwissen wiedergeben, das überall vorherrscht. Entscheidend für das Parlament ist aber, welche Maßnahmen nicht nur diskutiert, sondern auch ergriffen werden. Sie haben selbst gesagt, dass Sie Jäger sind, und haben ausgeführt, welche Problematiken bestehen, wenn man den Wildschweinbestand reduzieren will.

Ich möchte ein Zitat bringen - die Ministerin kann nachher richtigstellen, ob es stimmt oder nicht -,

und mich interessiert Ihre Meinung dazu. In einem MDR-Artikel vom 16. oder 17. November 2017 heißt es, dass das Landwirtschaftsministerium keine Abschüsse von Wildschweinen vorgesehen hat. Ich kann Ihnen diesen Artikel gern vorlegen.

Wenn das so ist, dann scheint die Ministerin bereits eine Entscheidung getroffen zu haben und wir brauchen darüber nicht mehr zu diskutieren. Denn sie hat das Problem, den Wildschweinbestand zu reduzieren - so wie Sie es gerade gesagt haben -, offenbar nicht erkannt.

(Zustimmung bei der AfD)

Mir fehlte in Ihrer Rede, aber auch in dieser Debatte die Aussage, dass zum jetzigen Zeitpunkt - obwohl es in allen Landesparlamenten schon Debatten dazu gab - noch nicht konkret gesagt wurde, was wir nun machen wollen. Die Maßnahmen, die wir ergreifen können, kennen wir alle. Aber was wollen wir denn nun machen? - Das ist die entscheidende Frage. Mich interessiert Ihre Meinung zum Wildschweinbestand.

Vielen Dank, Herr Roi. Ich denke, ich habe meinen Standpunkt zu den Wildschweinabschüssen deutlich dargelegt. Ich kann die Information, die Sie gerade gegeben haben, nicht nachvollziehen und mir auch kaum vorstellen, dass eine solche Weisung aus dem Landwirtschaftsministerium gekommen ist. Darauf kann Frau Ministerin besser antworten, und das wird sie sicherlich auch tun.

Zu der anderen Frage muss ich sagen: Wir sind die Legislative. Die Exekutive muss uns darlegen, was konkret gemacht wird. Dann schauen wir uns das an, ob das alles richtig ist. Dementsprechend werden wir im Ausschuss darüber beraten und eventuell korrigierend eingreifen. Aber ansonsten ist es die Aufgabe der Exekutive. Ich warte jetzt gespannt darauf, was uns Frau Ministerin hierzu verkünden wird. - Danke.

(Beifall bei der SPD - Zustimmung bei der CDU)

Es gibt keine weiteren Nachfragen. Demzufolge können wir nunmehr in die Debatte einsteigen. Es ist eine Fünfminutendebatte vereinbart worden. Für die Landesregierung spricht Frau Ministerin Prof. Dr. Dalbert. Bitte, Sie haben das Wort.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Seit dem Jahr 2014 ist die Afrikanische Schweinepest in der EU angekommen. Sie tritt in den

baltischen Staaten und in Polen sowohl in der Schwarzwildpopulation als auch im Hausschweinebestand auf. Ende Juni 2017 wurde die Afrikanische Schweinepest bei Wildschweinen erstmals in der Tschechischen Republik festgestellt. Die letzten Fälle bei Wildschweinen wurden am 17. November 2017 nördlich von Warschau gemeldet. Es besteht die Gefahr, dass die Afrikanische Schweinepest in weitere Länder der EU und damit auch nach Deutschland verschleppt wird.

Einen Impfstoff gegen die Afrikanische Schweinepest gibt es nicht. Betroffene Hausschweinebestände müssten im Seuchenfall tierschutzgerecht getötet und unschädlich beseitigt werden.

Angesichts dieser Situation stellt sich die Frage: Was können wir tun, um eine Einschleppung der Afrikanischen Schweinepest nach Sachsen-Anhalt zu vermeiden? Das Stichwort hierzu lautet ganz klar: Prävention. Hierzu muss man sich zunächst anschauen, auf welchem Weg die Afrikanische Schweinepest übertragen bzw. verschleppt wird.

Eine Übertragung der Seuche von Tier zu Tier kann durch den Kontakt mit infizierten Tieren über Körperflüssigkeiten, Sekrete und Exkrete erfolgen. Das ist der sogenannte direkte Weg. Eine Einschleppung der Seuche ist jedoch wahrscheinlicher durch die Verfütterung oder durch den Kontakt mit nicht oder nur ungenügend erhitztem virushaltigem Fleisch oder Speiseabfällen.

Eine besondere Infektionsgefahr besteht für Wildschweine, die sich an Mülltonnen an Autobahnen oder in großen Städten bedienen und damit an weggeworfene Nahrungsmittel aus Ländern herankommen können, in denen die Afrikanische Schweinepest vorkommt. Schließlich kommt auch der indirekte Übertragungsweg durch kontaminierte Fahrzeuge, Jagdausrüstungen oder Kleidung in Betracht.

Das Fernstraßennetzwerk und die Anbindung von Ländern mit der Afrikanischen Schweinepest an Deutschland stellen den entscheidenden Risikofaktor dar. Das Friedrich-Loeffler-Institut veröffentlichte im Juli dieses Jahres eine aktuelle Risikobewertung zur Einschleppung der Afrikanischen Schweinepest nach Deutschland und schätzt das Risiko der Einschleppung durch kontaminierte Fleischerzeugnisse entlang des Fernstraßennetzes durch Fahrzeuge oder Personen als hoch ein.

Das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft hat deshalb bereits im Jahr 2014 damit begonnen, Reisende und Lkw-Fahrer insbesondere aus osteuropäischen Ländern durch Plakate an den Autobahnraststätten und Autobahnparkplätzen auf die Gefahren hinzuweisen. Für die Schweinehalter im Land Sachsen-Anhalt ist es jetzt besonders wichtig, sämtliche Biosicher

heitsmaßnahmen, wie sie auch in der Schweinehaltungshygieneverordnung vorgeschrieben sind, einzuhalten und alles zu tun, um ihren Bestand bestmöglich zu schützen.

Ich komme zu den jagdlichen Maßnahmen. Das Ausloben von Abschussprämien oder den Einsatz von Nachtzielgeräten halten wir als präventive Maßnahme, also außerhalb des Seuchenfalls, für ungeeignet.

(Zuruf von der AfD: Aha! Da haben wir es doch!)

Die Einführung einer Abschussprämie für

Schwarzwild ist nicht zielführend.

(Zuruf von der AfD: Da haben wir es doch!)

Der Eintrag der Seuche wird nach Einschätzung der Sachverständigengruppe nicht durch den Abschuss von Wildschweinen eingedämmt. Entgegen anderer Darstellung stellt die Reduzierung des Wildschweinbestandes auch keine Empfehlung des Friedrich-Loeffler-Instituts dar. Allein für den Seuchenfall wird eine drastische Reduzierung des Bestandes gefordert.