Protocol of the Session on October 27, 2017

Neue Chancen für Langzeitarbeitslose durch Landesprogramm „Stabilisierung durch Teilhabe am Arbeitsmarkt“ im Rahmen des Sozialen Arbeitsmarktes

Antrag Fraktionen CDU, SPD und BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN - Drs. 7/1760

Beschlussempfehlung Ausschuss für Arbeit, Soziales und Integration - Drs. 7/1998

(Erste Beratung in der 32. Sitzung des Landtages am 25.08.2017)

Berichterstatterin ist hierzu wiederum Frau Gorr. Frau Gorr, Sie können das Privileg gleich noch einmal in Anspruch nehmen.

(Ulrich Thomas, CDU: Die Uhr steht immer noch bei 5:02 Minuten!)

Mal sehen, ob die Uhr wieder geht. - Sie geht nicht.

Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Der Antrag der Fraktionen der CDU, der SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN in der Drs. 7/1760 wurde in der 32. Sitzung des Landtages am 25. August 2017 in den Ausschuss für Arbeit, Soziales und Integration überwiesen. Mitberatende Ausschüsse wurden vom Plenum nicht eingesetzt.

Das Landesprogramm „Stabilisierung durch Teilhabe am Arbeitsmarkt“ ist ein neuer Baustein für den sozialen Arbeitsmarkt in Sachsen-Anhalt. Damit soll besonders schwer vermittelbaren Langzeitarbeitslosen die Chance gegeben werden, durch besonders niedrigschwellige Einstiegs- und Beschäftigungsmöglichkeiten wieder am Arbeitsleben teilzunehmen.

Ziel des Antrages der Koalitionsfraktionen ist es, die Landesregierung bei diesem Vorhaben politisch zu begleiten und zu unterstützen. Die Landesregierung soll zudem gebeten werden, im zuständigen Ausschuss regelmäßig über die Umsetzung und den Fortschritt des Programms zu berichten.

Der Ausschuss für Arbeit, Soziales und Integration hat über den Antrag in der 16. Sitzung am 18. Oktober 2017 beraten. Dazu lag ihm als weitere Beratungsgrundlage ein Änderungsantrag der Fraktion DIE LINKE vor. Dieser hatte zum Inhalt, dass den Teilnehmerinnen und Teilnehmern am Landesprogramm nicht nur eine Arbeitsgelegenheit im Sinne des SGB II, sondern ein sozialversicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis angeboten wird. Verwiesen wurde in diesem Zusammenhang auf positive Erfahrungen im Land Thüringen mit dem dortigen Programm „Öffentlich geförderte Beschäftigung und gemeinwohlorientierte Arbeit“, kurz ÖGB. Dieser Änderungsantrag wurde bei 2 : 10 : 0 Stimmen abgelehnt.

Somit wurde der Antrag der Koalitionsfraktionen in der ursprünglichen Fassung zur Abstimmung gestellt und mit 7 : 5 : 0 Stimmen als Beschlussempfehlung an den Landtag verabschiedet, welche dem Plenum heute in der Drs. 7/1998 vorliegt.

Im Namen des Ausschusses bitte ich um Zustimmung zu dieser Beschlussempfehlung. - Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Zustimmung bei der CDU, bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Auch hierzu hat der Ältestenrat vereinbart, im Plenum keine Debatte zu führen. Allerdings habe ich eine Wortmeldung von Frau Hildebrandt von der Fraktion DIE LINKE vorliegen. Entsprechend unseren Regularien kann sie jetzt einen Redebeitrag halten, und zwar in einer Länge von drei Minuten. - Frau Hildebrandt, Sie haben das Wort.

Herzlichen Dank. - Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich kann diese Beschlussempfehlung nicht ohne Debatte durchwinken, und zwar deshalb, weil dieser gesamte Vorgang zeigt, wie arrogant, kompromissunfähig und zynisch die Landesregierung agiert.

(Beifall bei der LINKEN)

Arrogant, um nur ein Beispiel zu nennen: Im Burgenlandkreis wurde der Fördermittelbescheid für das Landesprogramm „Stabilisierung durch Teilhabe am Arbeitsmarkt“ bereits am 4. September 2017 ausgereicht. Es geht also auch ohne Landtagsbeschluss.

(Zurufe von Dr. Katja Pähle, SPD, und von Rüdiger Erben, SPD)

Kompromissunfähig: In der Sitzung des Ausschusses für Arbeit, Soziales und Integration in der vergangenen Woche haben wir mit unserem Änderungsantrag versucht, der Koalition eine Brücke zu bauen. Ich zitiere aus Herrn Krulls Rede zum Antrag vom 25. August 2017 hier im Plenum:

„Die Grundidee ist, Arbeit statt Arbeitslosigkeit zu finanzieren. Dafür sollen die entsprechenden Mittel mit dem Ziel gebündelt werden, eine sozialversicherungspflichtige Stelle zu schaffen.“

Nichts anderes stand in unserem Änderungsantrag.

(Zustimmung von Monika Hohmann, DIE LINKE)

Und ja, zynisch: Immer wieder nur Ein-Euro-Jobs, die den betroffenen Menschen, wenn überhaupt, nur kurzfristig helfen. Damit wird keine Langzeitarbeitslosigkeit bekämpft und erst recht keine Altersarmut.

Wenn es Programme wie zum Beispiel „Soziale Teilhabe am Arbeitsmarkt“, kurz SOTA, auf Bundesebene oder „Öffentlich geförderte Beschäftigung und gemeinwohlorientierte Arbeit“, kurz ÖGB, in Thüringen nicht gäbe, würde ich Ihnen nur Einfallslosigkeit vorwerfen. So aber ist und bleibt es zynisch, immer weiter auf Ein-Euro-Jobs zu setzen.

Wir lehnen die Beschlussempfehlung ab. - Vielen Dank.

Und, Frau Gorr, die Uhr steht noch immer auf 5:02.

(Zustimmung bei der LINKEN)

Frau Hildebrandt, möglichweise können Sie vorn stehen bleiben, weil Herr Krull sich gemeldet hat. Er hat eine Frage oder Intervention. Beides gibt Ihnen die Möglichkeit zu reagieren, wenn Sie denn wollen.

Eine Kurzintervention. - Erstens zur Umsetzung der heutigen Beschlusslage. Es gibt einen Landtagsbeschluss zum Haushalt, in dem das Programm steht. Also haben wir bereits eine entsprechende Beschlusslage. Das heißt, die Landesregierung hat entsprechend gesetzeskonform gehandelt.

Zweitens bezog sich meine Aussage, die Sie zitiert haben, auf den Passiv-Aktiv-Tausch, den wir als Modellprojekt mit hineinnehmen wollen. Natürlich bleibt es das erste Ziel der CDU-Landtagsfraktion, Arbeitsplätze auf dem ersten Arbeitsmarkt zu generieren.

(Ulrich Thomas, CDU: Richtig!)

Aber wir müssen gleichzeitig zugeben, dass manche erst an diesen Arbeitsmarkt wieder herangeführt werden müssen.

Der letzte Punkt. Das Land hat vielfältige Programme. Einige Programme gehören auch zu der Kategorie, die Sie gern möchten, in der ausschließlich sozialversicherungspflichtige Beschäftigungsverhältnisse gebündelt oder geschaffen werden. Aber wir müssen auch der Realität ins Auge blicken. Es gibt auch Personen, die wir, wie gesagt, erst wieder an den ersten Arbeitsmarkt heranführen müssen.

Wenn Sie wollen, können Sie darauf reagieren.

Ich hätte mitschreiben sollen. - Ich freue mich sehr, dass die CDU das System des Passiv-AktivTransfers verstanden hat und mittlerweile auch langsam dafür zu begeistern ist. Das ist schon mal in Ordnung.

(Beifall bei der LINKEN)

Aber wir haben gerade über die Bundesebene ausreichend Programme, die, wie die Frau Ministerin immer so gern sagt, niedrigschwellig sind, wo Arbeitslose wieder an das Arbeitsleben herangeführt werden. Deswegen halten wir - und nicht nur wir, sondern auch einige Beteiligte in den Jobcentern - das Programm für unnütz. Das ist herausgeschmissenes Geld, das wir an anderer Stelle gut gebrauchen könnten.

Es steht im Haushalt, ja. Ich habe es selbst gelesen. Aber wozu haben wir dann überhaupt den Antrag im Landtag gehabt, wenn es sowieso läuft? - Dann hätten wir den Antrag auch nicht zu stellen brauchen.

(Beifall bei der LINKEN)

Es gibt noch eine Nachfrage von Herrn Steppuhn.

(Andreas Steppuhn, SPD: Ich würde gern richtig reden! Geht das?)

- Gut. In Ordnung. Dann ist jetzt sozusagen der Debattenbeitrag von Frau Hildebrandt beendet. - Wir fahren in der ursprünglich nicht vereinbarten Debatte fort, indem Herr Steppuhn jetzt das Wort bekommt, ebenfalls für drei Minuten.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich denke, das, was die Kollegin der LINKEN hier vorgetragen hat, kann nicht so stehen bleiben. Ich weiß auch nicht, woher Sie Ihre Erkenntnis haben, dass wir einen Landtagsbeschluss brauchen, wenn die Landesregierung etwas umsetzt, das die Landesregierung politisch auf den Weg gebracht hat, das seinen Ursprung in der Koalitionsvereinbarung hat und das sich im Haushalt unseres Landes wiederfindet. Ich glaube, dazu braucht man keinen Landtagsbeschluss.

Diesen Antrag im Landtag haben die Koalitionsfraktionen eingebracht, um das Gute an diesen Programmen darzustellen und um im Plenum die Arbeitsmarktpolitik im Land zu verdeutlichen; denn es ist nicht irgendetwas, was wir da gemacht haben.

Wenn Sie immer wieder auf Thüringen anspielen - verehrte Kollegin, vielleicht hören Sie ein bisschen zu -, dann kann man sich damit auch besser auseinandersetzen.

(Doreen Hildebrandt, DIE LINKE: Ja, ja!)

Das, was Sie anmahnen - es baut ja ein Programm auf dem anderen auf -, haben wir in der Tat gemacht. Wir hatten zunächst das Bundesprogramm „Soziale Teilhabe“, das sehr erfolgreich im Land gelaufen ist und womit wir sozialversiche

rungspflichtige Beschäftigung geschaffen haben. Zudem hat es das Landesprogramm „58 plus“ gegeben, bei dem wir mit Unterstützung des Europäischen Sozialfonds auch sozialversicherungspflichtige Arbeit geschaffen haben. Daher haben wir das, was in Thüringen gemacht wurde, doppelt und dreifach übertroffen.

Jetzt haben wir ein Programm für Menschen aufgelegt, die es besonders schwer auf dem Arbeitsmarkt haben, um überhaupt in sozialversicherungspflichtige Beschäftigung zu gelangen. Das war der Ansatz der Arbeitsmarktpolitik.