Protocol of the Session on September 28, 2017

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! „Deutschland den Deutschen!“? - Nein. „Deutschland den Menschen, die hier wohnen!“, das muss die Devise in diesem Hause sein.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Meine Damen und Herren! Die AfD - das wissen wir - ist eine Partei von Doppelmoral und Heuchelei. Sie behauptet öffentlich, sie würde Meinungs- und Pressefreiheit verteidigen. Tatsächlich will sie alle, die ihren völkisch-nationalistischen und rassistischen Kurs ablehnen und bekämpfen, mundtot machen.

(Zustimmung bei den GRÜNEN - Zuruf von der AfD: Ach!)

Sie wollen verbieten, was Ihnen nicht gefällt. Sie wollen das Strafrecht politisch instrumentalisieren. Sie, meine Damen und Herren, sind auf dem Weg in eine neue Gesinnungsjustiz. Ihr Antrag ist der kaum verschleierte Versuch, Menschen zu kriminalisieren, die Ihnen im Nacken sitzen, die Ihre Verbindung in die Neonazi-Szene offenlegen und die bei Rassisten, Antisemiten und anderen Menschenfeinden „die Hose runterlassen“. Schauen wir uns Ihren Antrag doch einmal genau an.

„lsa.rechtsaussen“ und „rechercheMD“ sollen also durch die Landesregierung als kriminelle Vereinigungen bewertet werden. Bereits hieran zeigt sich: Sie legen keinen Wert auf Rechtsstaatlichkeit. Es ist nicht der Job der Landesregierung - das ist heute hier, glaube ich, deutlich geworden -, eine kriminelle Vereinigung zu bestimmen. Noch stellt eine unabhängige Justiz das fest. Die Hürden dafür sind hoch; auch das ist deutlich geworden. Es ist auch nicht der Job der Landesregierung, Profile bei Facebook und Twitter vom Netz zu nehmen.

Eine Zuständigkeit der Landesregierung ergäbe sich allenfalls bei sogenannten Vereinsverboten. Aber auch für solche Art staatlicher Handlungen bieten die genannten Plattformen keinen Anlass. Frau Justizministerin hat es ausgeführt.

Die Begründung Ihres Antrags lohnt deshalb eine detaillierte Betrachtung. Recherche, so formulieren Sie im ersten Absatz, sei - Zitat - „ein wesent

liches Aktionsfeld des Linksextremismus“. Nun ja, ich hätte Recherche erstmal für ein wesentliches Aktionsfeld von Journalisten gehalten. Aber sei es drum.

Es folgt dann eine nicht belegte Behauptung, wonach angeblich - Zitat wieder - rechtswidrig veröffentlichte Daten auf - Zitat - kriminellen Wegen durch Einbrüche, Computerattacken und Ausspähen beschafft werden. - Na okay, dann schauen wir uns das Ganze doch mal an.

Lassen Sie uns dabei den Artikel „Der Kandidat und die Wehrmacht“ als Beispiel nehmen. Berichtet wird über Ihr Parteimitglied Andreas Kühn und dessen Affinität zu Rechtsextremen und den Nationalsozialismus verherrlichenden FacebookGruppen. „lsa.rechtsaussen“ dokumentiert fein säuberlich und für jeden nachprüfbar die braune Hinterseite Ihres Kameraden, der im Zivilleben nichts als ein Versicherungsmakler sein will.

Ich sage: Dank „lsa.rechtsaussen“ wissen wir, belegt aus öffentlichen Quellen, wen die AfD da ins braune Rennen zum Bundestag schicken wollte. Und ohne „lsa.rechtsaussen“ säße ein Biedermann und Hitler-Fan aus der Börde heute vielleicht im Bundestag.

Dank des missionarischen Eifers und eitlen bis neurotischen Zwangs zur Selbstinszenierung neurechter Kader wie Kubitschek, Sellner, Tillschneider und Co. liefern die Weiten des Netzes nahezu alle Informationen frei Haus. Dass diese Gestalten erst Seelenstriptease betreiben und sich anschließend wundern, dass Journalisten ihre Ergüsse durchforsten und Erkenntnisse zusammentragen, dafür habe ich dann doch nur Schulterzucken übrig.

Und was Ihre Chatkommunikation, Herr Poggenburg, angeht: Nicht Antifas, nicht V-Leute, auch keine geheime Weltregierung oder Echsenwesen haben diese Dokumente aus dem fauligen Gedärm Ihrer Partei hervorgeholt. Es war ein Parteimitglied, ein Mitglied, dem von Ihrer Truppe übel mitgespielt wurde und das deshalb diese Interna einer breiten Öffentlichkeit zur Verfügung gestellt hat, auf dass wir alle wissen konnten, was in Ihrem Laden gesprochen und geschrieben wird, wenn die Presse vor der Tür ist.

Nazi sein, heißt Probleme kriegen. Wer die Wehrmacht und die SS lobt, Rassismus propagiert, gegen Juden oder Muslime hetzt, Menschen mit deutscher Staatsbürgerschaft ihre Identität als Deutsche abspricht, der muss damit rechnen, dass sein Tun Anstoß erregt und auf Widerstand trifft.

(Widerspruch bei der AfD)

Gucken wir uns doch einmal an, was wir an Erkenntnissen über das Netzwerk des NSU hätten,

über dessen Verbindungen, über dessen Hintergründe,

(Zuruf von der AfD)

wenn es solche Recherchenetzwerke nicht gäbe. Diese sind oftmals schlauer als der Verfassungsschutz.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Über das Treiben von Ihnen und Ihren braunen Kameraden Öffentlichkeit herzustellen, ist das Mindeste.

(Oh! bei der AfD)

Friedliches antifaschistisches Engagement ist nötig und findet unsere Unterstützung.

(Unruhe bei der AfD)

Wem Presse- und Meinungsfreiheit nichts wert ist, wer unliebsame Berichte verbieten und das sie veröffentlichende Medium verbannen will, dem sei gesagt: Nicht mit uns!

Ihr fiebriger Traum einer Gesellschaft, in der unliebsame Berichte über die AfD und ihre braunen Kameraden verboten werden, ist nicht der unsere.

Wir wollen wissen, wer die blau-braunen Netzwerke aus Burschenschaften, Neonazis und AfDlern bildet. Die Öffentlichkeit hat ein Recht darauf, zu erfahren, welche Tarnstrukturen rund um die AfD in Halle eine Immobilie für Verfassungsfeinde erworben haben und diese nutzen wollen. Wir wollen wissen, was Sie rechtsaußen bei der AfD lieber beschweigen würden. - Herzlichen Dank.

(Zustimmung bei den GRÜNEN und bei der LINKEN)

Herr Abg. Striegel, es gibt zwei Wortmeldungen von der AfD-Fraktion. Diese würden Sie beantworten. - Herr Mrosek, Sie haben das Wort.

Herr Striegel, einer Straftat geht immer eine Motivation zur Straftat voraus. Was halten Sie davon, dass mir 2014 auf meinem Privatgrundstück die Bremsschläuche meines Pkw durchgeschnitten wurden, dass 2016 der Versuch unternommen wurde, den Motor meines Autos zu manipulieren, was Gott sei Dank nicht gelungen ist - es wurde aber polizeilich angezeigt -, und dass ebenfalls 2016 meine Reifen zerstört wurden? Von den vielen Einbrüchen und Diebstählen möchte ich gar nicht reden. Was halten Sie davon?

Davon, Herr Mrosek, halte ich gar nichts. So etwas lehne ich ab. Das hat aber leider mit dem

Gegenstand des Antrages nichts zu tun. Ich habe mir vorher die Mühe gemacht, Ihren Namen bei „lsa-rechtsaussen“ zu googeln. Sie werden dort genau einmal erwähnt, und zwar mit dem Hinweis auf Ihre früheren Parteimitgliedschaften. Insofern hat das leider nichts mit dem Gegenstand des Antrages zu tun.

(Zustimmung bei den GRÜNEN und bei der LINKEN)

Herr Striegel, Herr Poggenburg hat eine Frage. - Herr Poggenburg, Sie haben das Wort.

Ich habe eine Frage und möchte etwas klarstellen. Wir finden es sehr schön, dass Sie Herrn Kühn als Beispiel genannt haben, werter Abg. Striegel. Sie haben es angedeutet; ich stelle es richtig: Wir haben ihn selber als Kandidat zurückgezogen, weil wir intern Dinge mitbekommen haben, sodass er als Kandidat für die AfD nicht tragbar war. Wir würden uns wünschen, dass das bei linken Parteien ähnlich passieren würde, sie also entsprechend Verantwortung für ihre Abgeordneten, Kandidaten und Mitglieder übernehmen würden.

(Beifall bei der AfD)

Eine Frage: Sie haben sich gebrüstet und sind dabei, das konnte man richtig sehen, körperlich gewachsen, als Sie sagten, Sie bräuchten diese Informationen über diese Seiten und Sie recherchierten das. Es ist ganz einfach: Fragen Sie uns doch einfach. Das sind Dinge, die wir überhaupt nicht verheimlichen.

(Zuruf von Cornelia Lüddemann, GRÜNE)

Ein Herr Tillschneider ist zur Presse gegangen und hat gesagt, dass er sein Büro dort hat. Fragen Sie doch einfach! Das ist doch überhaupt nichts, was wir unter der Decke halten. Wir gehen damit transparent und offen um. Sie können sich das nicht vorstellen, weil Sie das selber nicht machen. Sie wollen natürlich Ihre kommunistischen und stalinistischen Verstrickungen immer unter der Decke halten.

(Heiterkeit bei der AfD - Unruhe bei der LINKEN und bei den GRÜNEN - Wulf Gal- lert, DIE LINKE: Die würden uns auch ein- mal interessieren, Herr Striegel)

Wir sind offen und ehrlich, deshalb brauchen wir diese Netzwerke nicht. Wir haben nichts zu verstecken. Fragen Sie uns beim nächsten Mal. Das geht viel besser und schneller.

Herr Striegel, Sie haben noch einmal das Wort.

Über meine kommunistischen und stalinistischen Verstrickungen sprechen wir beim nächsten Mal sehr gern. Dazu können Sie auch Fragen stellen. Vielleicht haben Sie auch Neuigkeiten für mich; ich kenne diese nämlich nicht.

Sie haben zu Herrn Kühn nachgefragt.

(André Poggenburg, AfD: Ich habe richtig- gestellt!)

Mit Verlaub, Herr Poggenburg, schauen Sie sich die zeitliche Abfolge dieses Vorgangs noch einmal an. Es waren nämlich die Recherchenetzwerke, die die Informationen öffentlich gemacht haben. Der MDR ist aufgesprungen und hat darüber berichtet und hat Sie mit diesen Berichten konfrontiert. Sie haben dann sozusagen den Rückzug nach hinten angetreten. Also, so schlecht kann nicht einmal Ihr Gedächtnis sein.

(Zustimmung bei den GRÜNEN und bei der LINKEN)

Ob nun die Informationen von Ihnen kommen - ich habe über Ihren Selbstdarstellungsdrang schon gesprochen.

(André Poggenburg, AfD: Der ist kleiner als Ihrer!)

Es ist manches an Informationen vorhanden, das man nur zusammentragen muss. Aber wir hätten bis heute keine ausreichenden Hintergründe über die hinter dem Haus in der Adam-Kuckhoff-Straße stehenden Finanzierungsstrukturen, über diejenigen, die sich dort eingebracht haben, die dort neurechte Netzwerke bilden, wenn es nicht das Recherchenetzwerk aus Graz und „lsa-rechtsaussen“ gäbe. Ich bin dankbar, dass es beide Akteure gibt, die Ihre blau-braunen Verbindungen ausleuchten. - Herzlichen Dank.