Protocol of the Session on September 28, 2017

Ich sehe keine Fragen. Dann danke ich Frau Zoschke für die Ausführungen. - Wir fahren jetzt im normalen Rhythmus fort. Es spricht für die CDU der Abg. Herr Bönisch. Herr Bönisch, Sie haben das Wort.

(Heiterkeit und Beifall - Zurufe: Jawohl!)

So freudig bin ich, glaube ich, noch nie begrüßt worden. - Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Frau Zoschke, es stimmt schon, Ihr Antrag ist beinahe gegenstandslos geworden, jedenfalls in den Punkten, in denen wir Ihnen hätten folgen können; denn Ihr Antrag war wieder mal das Erklimmen einer Leiter,

(Zuruf von Dagmar Zoschke, DIE LINKE)

einer Sprosse der Himmelsleiter.

Für mich ist eine wichtige Maxime ein von mir schon des Öfteren zitierter Spruch, den Karl Popper mal geäußert hat. Der hat gesagt: Alle Gesellschaften, die den Himmel auf Erden versprochen haben, haben eine Hölle hinterlassen. Ich frage mich bei vielen politischen Entscheidungen, ob wir gerade wieder auf dem Weg zum Himmel sind. Ich glaube, Ihr Antrag war so ein Erklimmen einer Sprosse der Himmelsleiter. Es ist einfach nicht machbar.

(Zuruf von Dagmar Zoschke, DIE LINKE)

Aber Sie haben hoffentlich das Bild verstanden, das ich soeben benutzt habe.

Was jetzt übrig geblieben ist, sind natürlich nur, sagen wir mal - - Wir begrüßen das, was in Berlin passiert ist, obwohl die Entscheidungen dort auch ein wenig fragwürdig waren und schnell getroffen worden sind, wenn ich gerade an die dort mit dem Zusatzantrag eingebrachte Pflegepersonal-Mindeststellenausstattung denke. Das ist nicht ausgegoren. Es gibt sehr viele offene Probleme. Die Frau Ministerin hat das alles schon ausführlich beschrieben.

Die Frage ist nun: Was bleibt uns jetzt außer der Empfehlung zu tun? - Das ist natürlich das Umsetzen des Pflegeberufereformgesetzes. Ich hoffe, wir lassen uns nicht die Zeit, die uns der Gesetzgeber für die Umstellung im Lande gelassen hat; denn es drängt wirklich, wir haben tatsächlich Probleme bei der stationären Pflege.

Die Deutsche Krankenhausgesellschaft hat pauschale Untergrenzen kategorisch abgelehnt. Sie hat darauf hingewiesen, dass vom Bundesgesetzgeber tatsächlich die pflegesensitiven Bereiche gemeint sind. Das sind nicht Abteilungen, sondern das sind all die Bereiche in den Krankenhäusern, in denen pflegesensitive Fälle behandelt werden. Das soll jetzt die Krankenhausgesellschaft mit den GKV-Spitzenverbänden ausdiskutieren.

Das Gutachten, das die Bundesregierung in Auftrag gegeben hatte, um pflegesensitive Bereiche zu ermitteln, wird von den Spitzenverbänden der GKV abgelehnt und nicht anerkannt, weil angeblich die Datengrundlage dazu nicht vorhanden gewesen sei.

Es gibt also noch viele Probleme in dem Bereich. Es ist ein möglicherweise richtiger Schritt, der durch das Bundesgesetz jetzt unternommen worden ist. Deswegen begrüßen wir das auch. Wir müssen nur aufpassen, dass das, was dabei herauskommt, am Schluss nicht wieder nur ein bürokratisches Monstrum wird, sondern dass es den Patienten und den Pflegenden tatsächlich hilft und den Problemen auch wirklich gerecht wird. - Haben Sie vielen Dank.

Ich empfehle natürlich die Zustimmung zur Beschlussempfehlung.

(Beifall bei der CDU)

Es gibt auch hierzu keine Fragen. Dann fahren wir fort. - Jetzt spricht für die SPD-Fraktion Frau Dr. Späthe. - Jetzt waren Sie, Herr Bönisch, eigentlich als nächster Redner vorgesehen. - Frau Dr. Späthe, Sie haben das Wort.

Danke schön. - Sehr verehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren Abgeordneten! Ihnen liegt eine Beschlussempfehlung des Ausschusses für Arbeit, Soziales und Integration zum Thema „Gesetzliche Mindestpersonalbemessung und Steigerung der Ausbildungszahlen in der stationären Pflege“ vor.

Wie schon erwähnt, setzt unsere Beschlussempfehlung zur Verbesserung der Arbeitsbedingungen für Pflegekräfte an drei Punkten an, nämlich

erstens die Änderung des SGB V und die erstmals verbindliche Festlegung von Personaluntergrenzen in pflegesensitiven Bereichen. Die Krankenhäuser erhalten bereits in diesem Jahr einen Pflegezuschlag, der nächstes Jahr noch mal gesteigert werden soll, um die Stellenzahl zu halten. Der entsprechende Beschluss, der im Juli im Bundesrat gefasst worden ist, geht also in die richtige Richtung.

Zweitens durch den neuen Pflegebedürftigkeitsbegriff und das neue Begutachtungsassessment. Entsprechend dem Pflegestärkungsgesetz II werden natürlich weiterhin die Anforderungen an die Pflege steigen. Mit der Beteiligung der Beschäftigten- und Betroffenenverbände bei der Erarbeitung des Personalbemessungsverfahrens soll sichergestellt werden, dass ihre Perspektiven auch entsprechend Berücksichtigung finden.

Drittens die Generalisierung der Pflegeausbildung. Die Abschaffung des Schulgeldes und die Refinanzierung dieser Maßnahme in einem Umlageverfahren sind wichtig, um in Zukunft genügend Fachkräfte auszubilden, um dann auch diese Untergrenzen überhaupt irgendwann mal einhalten zu können.

Ich denke aber, die Generalisierung und Flexibilisierung der Pflegeausbildung ermöglicht eine größere Attraktivität der Ausbildung und letztendlich des Berufes. Dazu bedarf es aber noch einiger landesrechtlicher Umsetzungsprozesse und auch finanzieller Mittel. Ich betone noch mal: Diese Prozesse der Umstellung der Pflegeausbildung sind auch ressourcentechnisch in unserem Landeshaushalt abzubilden, aber nicht durch Kürzungen an anderer Stelle.

Eine Anmerkung sei mir noch gestattet, die mir auch während des letzten Wahlkampfes permanent durch den Kopf ging. Ich möchte Sie alle noch einmal darauf aufmerksam machen, dass die Pflegeversicherung, wie wir sie im Moment haben, erstens eine Teilkaskoversicherung ist, die von den Beiträgen der Versicherten gespeist wird, und dass die Betroffenen in der Regel schon jetzt einen weiteren finanziellen Beitrag zu leisten haben.

Die Entgelte für Pflegeleistungen werden zweitens eben nicht frei am Markt gebildet, sondern sie werden in Verhandlungsprozessen mit den Pflegekassen und dem Sozialhilfeträger, sprich: dem Land Sachsen-Anhalt, ausgehandelt. Das sollte man bei all dem, was man hier diskutiert, immer im Hinterkopf behalten. - Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD)

Es gibt auch hierzu keine Fragen. - Dann spricht jetzt für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Frau Lüddemann. Frau Lüddemann, Sie haben das Wort.

Vielen Dank, Herr Präsident. - Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordneten! Der Beschlussempfehlung der Regierungsfraktionen kann leicht entnommen werden, dass sich der Antrag der

LINKEN zur Mindestpersonalbemessung im Pflegebereich durch Entwicklungen auf der Bundesebene weitgehend erledigt hat. Das ist, finde ich, eine gute Nachricht.

Die Forderung der LINKEN, die Verbände der Pflegeberufe und der Betroffenen bei der Entwicklung von Mindestpersonalbemessungsinstrumenten einzubeziehen, ist bereits gesetzlich normiert. Die geforderte Einführung eines Umlagesystems in der Pflegeausbildung wird absehbar kommen. Durch das Pflegeberufegesetz wurde dies auf den Weg gebracht; das ist gut so.

Die geforderte Kampagne zur Stärkung der Pflegeausbildung kann sicherlich erst dann sinnvoll konzipiert werden, wenn die Ausgestaltung der neuen, generalisierten Pflegeausbildung im Land abgeschlossen ist. Entsprechend wird die Landesregierung in der Beschlussempfehlung auch gebeten, dieses Bundesgesetz zügig in Landesrecht umzusetzen.

Dass dies keine leichte Aufgabe ist, zeigen auch die zahlreichen detaillierten Anfragen unter anderem Ihrer Fraktion - insgesamt drei liegen vor - und auch die zahlreichen Schreiben von Verbänden. Das Thema wird uns also sicherlich in der siebenten Legislaturperiode lange begleiten, das Thema Pflege auch darüber hinaus. Der Antrag der LINKEN fokussiert ja nur einen Aspekt, der im Bereich der Pflege regelungsbedürftig ist. Auf weitere wichtige Punkte verweist unser Koalitionsvertrag.

Ein allgemein verbindlicher Pflegetarifvertrag soll angestrebt werden, Pflege soll verstärkt im Quartier organisiert werden und die Mindestbauordnung gemäß Wohn- und Teilhabegesetz soll die Qualitätsstandards in den Wohneinheiten stärken.

Nicht zuletzt finden an verschiedenen Orten im Land runde Tische zur Pflege statt. Der letzte hat in Quedlinburg zum Thema Pflegeberatung getagt. Die Auswertung dieser Runde und die Übertragung in politisches Handeln stehen auch noch aus. Es ist also völlig klar, dass in diesem Bereich noch sehr viel passieren wird.

Heute bitte ich Sie, wie schon die Kollegen zuvor, zunächst um Zustimmung zur Beschlussempfehlung. - Vielen Dank.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Danke, Frau Lüddemann, für die Ausführungen. - Für die AfD spricht noch mal der Abg. Herr Siegmund. Herr Siegmund, Sie haben das Wort.

Vielen Dank, Herr Präsident. - Liebe Kollegen! Jeder von uns kennt die Situation, als Patient oder

als Besucher in einer Klinik zu sein. Es kann nicht sein, dass nachts auf zehn, 20 Patienten manchmal nur ein Pfleger kommt.

Ein Pfleger hat menschliche Bedürfnisse. Er muss auch arbeiten und ist dann natürlich nicht in der Lage, sich um andere Patienten zu kümmern, die in genau dem gleichen Moment seine Hilfe brauchen. Darauf hat der ursprüngliche Antrag ja auch abgezielt. Entgegen der Beschlussempfehlung pauschaliert er eine Personaluntergrenze in allen Pflegebereiche, was absolut zu begrüßen ist.

Ein Patient in einem deutschen Krankenhaus, in einer deutschen Klinik muss sich rund um die Uhr auf die Pflege verlassen können. Deswegen ist die Mindestpersonalbemessung ein absolut richtiger Schritt in die richtige Richtung, nämlich in eine humane Richtung, und ist dementsprechend zu begrüßen.

Ich möchte allerdings zu bedenken geben, dass der Ursprungsantrag noch ein bisschen weiter gedacht werden muss; denn aus wirtschaftlicher Sicht ist es relativ schwierig, in einem Klinikum, das Planzahlen zu erfüllen hat, von heute auf morgen eine gesetzliche Untergrenze festzuschreiben. Dieser ökonomische Werdegang der Personalplanung bedarf natürlich einer gewissen Übergangszeit. An dieser Stelle muss man Hand in Hand mit den Unternehmen gehen. Aus unternehmerischer Sicht muss dies sowohl human für die Patienten als auch wirtschaftlich verträglich für die Kliniken umgesetzt werden. Trotzdem ist der Antrag, wie bereits gesagt, zu begrüßen, weil die Grundrichtung in die richtige Richtung geht.

Die Beschlussempfehlung hingegen, das muss ich ganz ehrlich gestehen, geht an der Sache vorbei. Wer den Antrag und die Beschlussempfehlung miteinander vergleicht, der sieht, dass die Beschlussempfehlung den Ursprungsantrag völlig zerredet hat. Es wird begrüßt und begrüßt und begrüßt. Ich sage Ihnen ganz ehrlich: Ich begrüße jeden Morgen meinen Postboten, aber einen wirklichen Einfluss auf mein Leben hat das nicht. Die Beschlussempfehlung begrüßt Gesetzesinitiativen, die ohnehin umgesetzt werden müssen, aber sie bildet nicht wirklich den Inhalt des ursprünglichen Antrages ab.

Die Beschlussempfehlung ist eine schwammige Eierei, so finde ich, die mit dem Ursprungsantrag gar nichts mehr zu tun hat. Wir werden sie daher ablehnen. Ich hätte mich gefreut, wenn Sie die Beschlussempfehlung so gestaltet hätten, dass der ursprüngliche Kerngedanke der pauschalen Mindestpersonalbemessung Einzug gehalten hätte. Schade. Wir lehnen die Beschlussempfehlung ab. - Trotzdem vielen Dank.

(Zustimmung bei der AfD)

Ich danke Ihnen für die Ausführungen, Herr Abg. Siegmund.

Wir kommen jetzt zum Abstimmungsverfahren. Wir stimmen über die Beschlussempfehlung des Ausschusses für Arbeit, Soziales und Integration in der Drs. 7/1890 ab. Herr Siegmund hat bereits darauf aufmerksam gemacht, dass in der Beschlussempfehlung die Wortgruppe „pflegeintensiven Bereichen“ durch die Wortgruppe „pflegesensitiven Bereichen“ ersetzt werden muss. Diese Änderung wird somit vorgenommen.

Wer der Beschlussempfehlung einschließlich der Änderung zustimmt, den bitte ich um das Handzeichen. - Das ist die Koalition. Wer stimmt dagegen? - Das sind die Fraktion DIE LINKE und die AfD-Fraktion.

(Zahlreiche Abgeordnete der Fraktionen der CDU, der SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN sind nicht anwesend - Zuruf von der LINKEN: Auszählen!)

- Jetzt stehen wir vor einem Problem. Eigentlich müssten wir die abgegebenen Stimmen jetzt auszählen.

(Ulrich Thomas, CDU: Nein! - Robert Farle, AfD: Nein!)

- Damit ist die Beschlussempfehlung angenommen worden und wir bringen das so zu Protokoll. Damit ist der Tagesordnungspunkt 24 erledigt.