Protocol of the Session on September 28, 2017

Hinzu kommt ein ganzer Wust von Anträgen und Nachweisen. Ob das Ganze dann zum Semesterbeginn auch tatsächlich so bearbeitet ist, dass das Geld fließt, ist meistens offen.

Da das BAföG vom Einkommen der Eltern abhängt, haben wir hierbei das typische Problem des sogenannten Mittelstandslochs; denn Kinder, deren Eltern untere mittlere Einkommen beziehen, fallen aus dieser Förderung meist heraus. Dem wollte man bei der letzten BAföGReform durch das Erhöhen der Freibeträge etwas entgegensetzen. Das scheint allerdings nach derzeitigen Erkenntnissen völlig verpufft zu sein, da gleichzeitig Löhne und Gehälter gestiegen sind.

Zukünftig muss nach Auffassung meiner Fraktion das elternabhängige BAföG durch einen indivi

duellen Rechtsanspruch der Studierenden auf Förderung ersetzt werden, die nicht unter den Regelsätzen der Grundsicherung liegen darf.

(Beifall bei der LINKEN)

Der jetzige Zustand führt dazu, dass zum einen die Unterstützungsleistungen der Eltern deutlich gestiegen sind, und zum anderen jobben mittlerweile 68 % der Studierenden nebenbei, ein Anstieg um 6 % in den letzten vier Jahren. Das ist ja wohl nicht Sinn und Zweck der Sache, insbesondere dann nicht, wenn man an eng gestrickte Bachelorprogramme und Regelstudienzeiten mit Strafgebühren denkt.

Das Deutsche Studentenwerk und sein Präsident führen das Problem der Unterversorgung im Wesentlichen auf den Kostendruck bei den Studierenden für die Mieten zurück.

Übrigens haben Studierende im Durchschnitt Einnahmen von 918 €. Das klingt gut. Ich hätte mir das während meiner Studienzeit gewünscht. Allerdings leben 28 % von weniger als 700 €. Genau auf dieses Einnahmequartil und auch auf das darauf folgende müssen wir unseren Blick richten, wenn wir über die Studentenwerke reden; denn, meine Damen und Herren, diese Studierenden nutzen überdurchschnittlich die günstigen Wohnheime und die Essensversorgung in der Mensa.

41 % des unteren Einnahmequartils wohnen in Wohnheimen. Nimmt man die beiden unteren Quartile zusammen, sind es 67 % der Studierenden, die in Wohnheimen leben. Studierende des unteren Einnahmequartils geben 46 % für das Wohnen aus, Studierende des oberen Quartils hingegen 28 %.

Sie sehen schon, worauf ich hinaus will. Die Studentenwerke leisten einen wichtigen Beitrag zur Unterstützung der Studierenden. Es ist mehr als angemessen an dieser Stelle, den vielen engagierten Mitarbeiterinnen auch einmal zu danken.

(Beifall bei der LINKEN - Zustimmung von Siegfried Borgwardt, CDU, von Florian Phi- lipp, CDU, von Dr. Katja Pähle, SPD, von Cornelia Lüddemann, GRÜNE, und von Olaf Meister, GRÜNE)

Meine Damen und Herren! Das günstige Wohnen und die Mensaversorgung sind sicher ein ganz großer Teil der Arbeit des Studentenwerks. Hinzu kommt die psychosoziale Beratung, die von immer größerer Bedeutung ist. Es ist festzustellen, dass der Beratungsbedarf zunimmt und zum Teil nicht mehr gedeckt werden kann. Aber auch Kita-Plätze bieten die Studentenwerke an, die meist den Bedürfnissen des akademischen Alltags entsprechen. Nicht zu vergessen sind die direkten Leistungen wie Freitische oder Sozialdarlehen.

Ich möchte an dieser Stelle als Beispiel daran erinnern, dass es unsere Studentenwerke waren, die mit Ausbruch des syrischen Bürgerkriegs Hilfe geleistet haben, als syrische Studierende von jeglichen Finanzmitteln aus der Heimat abgeschnitten waren. Da herrschten im zuständigen Ministerium noch Ignoranz und Planlosigkeit, aber unsere Studentenwerke taten das, wofür sie gegründet wurden: Unterstützung und Solidarität, auch wenn es einmal nicht so einfach ist.

(Beifall bei der LINKEN)

Meine Damen und Herren! Umso bedauerlicher ist es, dass die Studentenwerke immer wieder finanziellen Kürzungen ausgesetzt sind - wie beim vorletzten Doppelhaushalt. Das ist immer wieder der Angriff auf die Existenz der Studentenwerke, der von interessierter Seite gefahren wird - von Privatisierungsabsichten bis zur Einschätzung, dass es der Wohnraumversorgung nicht bedarf oder die Mensen von privatem Catering betrieben werden können. Wer sich mit den Strukturen beschäftigt, der weiß, dass das Quatsch ist und nur zulasten der Studierenden geht.

Sachsen-Anhalt ist übrigens eines der Bundesländer, das am wenigsten für seine Studentenwerke ausgibt. Auch beim studentischen Wohnen liegen wir weit unter dem Durchschnitt. Dieser liegt bei 12 %. In Sachsen-Anhalt liegt er nur bei 9,24 %, wobei in Magdeburg lediglich 7,6 % der Studierenden in Wohnheimen wohnen. In Halle sind es 8,9 %. Köthen hat den größten Anteil mit 23,5 %.

Ja, die Mieten auf dem privaten Wohnungsmarkt sind zurzeit noch - das kommt auf den Ort an - günstig. Allerdings liegt Sachsen-Anhalt mit einer Steigerungsquote von 15 % ganz weit vorn bei der Mietpreissteigerung. Zudem fällt auf, dass es in unseren Studentenwohnheimen lediglich neun barrierefreie Wohnungen gibt. Ich sehe dringenden Handlungsbedarf bei künftigen Sanierungen, und ja, Sanierungen stehen an. Hierfür braucht es die finanzielle Unterstützung des Landes, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der LINKEN)

Dieses Problem mit der Sanierung der Wohnheime gibt es übrigens bundesweit. Deswegen fordert das Deutsche Studentenwerk einen BundLänder-Hochschulsozialpakt. Dieser Forderung schließt sich DIE LINKE an.

Wir brauchen ein solidarisches System der Finanzierung der Studentenwerke, an dem sich auch der Bund beteiligt. Unser Antrag zielt darauf ab, dass sich der Landtag zu einem solchen Pakt bekennt und die Landesregierung dann auch entsprechend handelt.

Meine Damen und Herren! Unsere Studentenwerke sind eine wichtige Institution zur Unterstützung der Studierenden. Das kommt vor allem Studierenden mit geringem Einkommen zugute. Sie leisten dabei gute Arbeit und schaffen somit ein Stück mehr soziale Gerechtigkeit.

Unterstützen wir einen Sozialpakt, an dem sich Bund und Länder beteiligen. - Vielen Dank.

(Beifall bei der LINKEN - Zustimmung von Dr. Katja Pähle, SPD)

Herr Lange, der Kollege Tillschneider hat das Bedürfnis - - Herr Lange will nicht antworten. Herr Tillschneider, eine Intervention?

Dann formuliere ich jetzt die Fragen als Aussagen. - Ich wollte ihn fragen, Herrn Lange, ob es nicht widersprüchlich ist, wenn er immer „Studierende“ sagt anstatt „Studenten“, wie es gut klingt und richtig heißen müsste. Dann müsste er doch auch „Studierendenwerk“ sagen und nicht „Studentenwerk“. Die logische Konsequenz wäre, dass man das „Studentenwerk“ in „Studierendenwerk“ umbenennt.

(Unruhe bei der LINKEN - Birke Bull-Bi- schoff, DIE LINKE: Das hält auf! - Eva von Angern, DIE LINKE: Das heißt einfach „Studentenwerk“!)

- Gut. Ich wollte nur auf diese eine Inkonsequenz hinweisen.

Das Zweite: Wie ist es mit Ihren Vorstellungen von sozialer Gerechtigkeit vereinbar, wenn Sie für ein elternunabhängiges BAföG eintreten? - Dann bekommt der Sohn des gut verdienenden Rechtsanwalts und des gut verdienenden Facharztes vom Staat das Studium bezahlt. Das kann es doch wohl nicht sein. Gut. Die Antwort bleiben Sie schuldig. Dann bleibt eben diese Inkonsistenz bestehen.

(Birke Bull-Bischoff, DIE LINKE: Inkonti- nenz! - Heiterkeit bei der LINKEN)

Ja, das ist dann so. - Für die Landesregierung spricht Herr Prof. Dr. Willingmann. Bitte sehr. Es handelt sich übrigens - dezenter Hinweis - um eine Dreiminutendebatte.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordneten! Die Mahnung mit den

drei Minuten kam zur rechten Zeit. Ich lege mal das Manuskript beiseite.

Lieber Herr Abg. Lange, Angriffe auf das Studentenwerk hat es fraglos in diesem Land gegeben, allerdings nicht unter der Kenia-Koalition.

(Zustimmung von Olaf Meister, GRÜNE, und von Dr. Katja Pähle, SPD - Hendrik Lange, DIE LINKE: Das stimmt!)

Und sie sind auch nicht zu erwarten.

(Zuruf von Hendrik Lange, DIE LINKE)

Ich möchte zu Ihrem Antrag kurz Stellung nehmen. Grundsätzlich teilen wir die Auffassung, dass ein Hochschulsozialpakt jedenfalls zu prüfen ist und dass es eine gemeinsame Finanzierung der Aufgaben der Studentenwerke durch Bund und Länder geben sollte. Allerdings - das war der wesentliche Kern Ihrer Ausführungen - haben Sie sich auf bundesweite Ermittlungen und Statistiken bezogen, die sich nicht alle auf SachsenAnhalt übertragen lassen. Die Situation ist hier differenzierter. Dies erklärt den Änderungsantrag der Koalition; er trägt den Besonderheiten unserer Situation hier in Sachsen-Anhalt eher Rechnung.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Studentenwerke hier bei uns im Lande erhalten für ihre Aufgaben Landeszuschüsse in Form von Zuwendungen; Sie kennen das. Diese Zuwendungen reichen zugegebenermaßen nicht aus. Das führt zu Fehlbeträgen, die sich insbesondere aus dem Mensabetrieb ergeben. Deshalb bedarf es einer Handlungsinitiative, die wir im Zusammenhang mit der nächsten Haushaltsaufstellung auch ergreifen wollen.

Die Studentenwerke in Halle und Magdeburg leisten gute und wichtige Arbeit - das wissen wir alle -, vor allem im Bereich der Sozialberatung und -betreuung. Diese Leistungen werden seitens der Studierenden gern angenommen. So ist das Beratungs- und Betreuungsaufkommen in SachsenAnhalt auf anhaltend hohem Niveau. Herr Lange, ich stimme Ihnen insoweit zu.

Bei der Wohnraumsituation sieht es nun so aus, dass wir bislang, auch wenn der Wert niedriger ist als in anderen Bundesländern, davon ausgehen, dass die Situation entspannt ist, jedenfalls nicht sonderlich angespannt. Wir müssen immerhin konstatieren, dass beispielsweise im Bereich des Studentenwerkes Halle eine Auslastung der Wohnheimplätze von lediglich 84 % vorliegt. In Magdeburg ist die Auslastung deutlich höher, sie liegt bei 97 %.

Der Sprecher des Studentenwerks Halle hat jüngst verkündet, dass ein zusätzlicher Bedarf an Wohnheimen jedenfalls nicht bestehe. Ich erinnere in diesem Zusammenhang an die Umwidmung des Hotels Maritim.

Doch auch wenn es derzeit ausreichend bezahlbaren Wohnraum in Sachsen-Anhalt gibt, heißt das natürlich nicht, dass die Studentenwerke beim Thema studentisches Wohnen die Hände in den Schoß legen können und keine finanzielle Unterstützung benötigen. Wir werden uns also damit befassen müssen; denn insbesondere die Instandhaltung ist im Moment wichtig, vor allen Dingen auch die Verbesserung der Wohnsituation, moderne Internetverbindungen, Aufzüge und Ähnliches.

Sie sehen, in Sachsen-Anhalt ist die Situation differenziert zu betrachten. Dies gilt natürlich auch für die anderen Länder und erst recht für das Bundesgebiet insgesamt. Diesem Umstand trägt der vorliegende Antrag der Koalitionsfraktionen Rechnung. Sie liegen doch gar nicht so weit auseinander. - Vielen Dank.

(Zustimmung bei der CDU und von Olaf Meister, GRÜNE)

Es gibt, soweit ich das sehe, keine Fragen. Deswegen können wir jetzt in die Debatte der Fraktionen eintreten. Für die CDU hat der Abg. Herr Philipp das Wort.

Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Die Hochschulfinanzierung in Deutschland kann durchaus als komplex bezeichnet werden. Es gibt ein enges Netzwerk aus Landesmitteln und Bundesmitteln sowie die Kombination beider Quellen durch Bund-Länder-Pakete. Die Bundesregierung beteiligt sich an der Finanzierung des Hochschulsystems in Deutschland schon über verschiedene Projekte und Maßnahmen in einem hohen Maße.

Ich möchte hier zwei Punkte explizit nennen, zum einen den Hochschulpakt, der bis 2023 ca. 20,2 Milliarden € in die Länder gespült haben wird, zum anderen möchte ich auf Artikel 91b des Grundgesetzes hinweisen, über den die Bundesregierung sich bereits heute an den Herausforderungen der Förderung der Forschung, der Wissenschaft und der Lehre in den Ländern, an den Hochschulen oder für die Hochschulsysteme beteiligt.

An dieser Stelle möchte ich auch einmal unserer noch amtierenden Bundesministerin für Bildung und Forschung danken. Unter ihr ist der Bundesetat für den Bereich Forschung signifikant angewachsen.

(Zustimmung bei der CDU, von Dr. Katja Pähle, SPD, und von Minister Marco Tull- ner)

Die Fraktion DIE LINKE möchte mit ihrem heute vorliegenden Antrag unsere Landesregierung beauftragen, sich auf der Bundesebene für einen Bund-Länder-Hochschulsozialpakt einzusetzen,

mit zwei Schwerpunkten: zum einen soziale Infrastruktur und zum anderen die Wohnraumversorgung.