Protocol of the Session on September 27, 2017

10 % der abschließend behandelten Petitionen konnten als positiv erledigt angesehen werden, sei es, dass behördliches Handeln korrigiert oder aber ein Kompromiss im Sinne der Petenten gefunden wurde. 3 % der Petitionen konnten immerhin als teilpositiv erledigt angesehen werden.

In der überwiegenden Zahl der Fälle war das Verwaltungshandeln der Behörden nicht zu beanstanden oder ein Tätigwerden im Sinne der Petenten nicht möglich.

Soweit ein Tätigwerden im Sinne der Petenten nicht möglich ist, ist es Aufgabe des Ausschusses, das Verwaltungshandeln den Petenten so nahe zu bringen, dass sie es verstehen.

Wie sehr der Ausschuss um die Anliegen der Petenten bemüht war, zeigt sich auch darin, dass viele Petitionen mehrfach behandelt wurden, um eine Lösung im Sinne der Petenten zu finden. Auch trugen durchgeführte Ortstermine - im Berichtszeitraum waren es fünf - dazu bei, Missverständnisse zwischen Bürger und Verwaltung auszuräumen oder eine für alle Beteiligten akzeptable Entscheidung zu finden.

Zu den Ortsterminen zieht der Ausschuss sowohl die Petenten als auch die beteiligten Behörden hinzu. Ich denke, im Namen aller Ausschussmit

glieder zu konstatieren, dass Ortstermine zwar zeitaufwendig sind, aber zum großen Teil zum positiven Abschluss der Petition führen und dem Petenten vermitteln, dass sein Anliegen wichtig ist und diesem nachgegangen wurde.

(Beifall bei der LINKEN - Zustimmung bei der SPD)

Als Beispiel für eine positive Vermittlungstätigkeit des Petitionsausschusses der siebenten Wahlperiode verweise ich hier auf eine Petition aus dem Bereich Umwelt. Ein Bürger beschwerte sich über die Organisation der Abfuhr der Restmülltonne und die Nichtabholung seiner Restmülltonne durch den vom Landkreis beauftragten Dritten vor seinem Grundstück. Er bezweifelte, insbesondere vor dem Hintergrund der anderen Handhabung in der Vergangenheit, in Anbetracht der Abfallgebührenzahlung und auch mit Blick auf die Zumutbarkeit für ältere und gebrechlichere Mitbürger, das Vorhandensein einer Verpflichtung der Bereitstellung der Abfallbehälter an einem anderen Ort. Er begehrte, dass die Abholung wie in vergangenen Zeiten vor den Grundstücken erfolgt.

Der Landkreis informierte darüber, dass ein Entsorgerwechsel stattgefunden habe. Gemäß der Abfallentsorgungssatzung des Landkreises seien die Abfallbehälter durch die Überlassungspflichtigen so bereitzustellen, dass die Sammelfahrzeuge auf öffentlichen oder dem öffentlichen Verkehr dienenden Straßen an die Aufstellplätze heranfahren könnten. Beim Weg zum Grundstück des Petenten handele es sich um eine unbefestigte Sackgasse ohne Wendebereich. Der Einfahrbereich sei sehr schmal, das Vorwärtsfahren sei mangels Wendebereich nicht möglich, sodass die Restabfallbehälter künftig auf der 110 m entfernten Querstraße bereitzustellen seien.

Der bisherige Entsorger hatte ein kleines Spezialfahrzeug eingesetzt, das eine Abholung der Restmülltonne vor dem Grundstück des Petenten ermöglichte.

Durch den neuen Entsorger erfolgt die Abholung durch ein genormtes Sammelfahrzeug, welches das Grundstück des Petenten nicht erreichen kann. Das Gesetz zur Förderung der Kreislaufwirtschaft und Sicherung der umweltverträglichen Bewirtschaftung von Abfällen verpflichtet Abfallerzeuger und -besitzer grundsätzlich, ihre Abfälle den öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgern zu überlassen, und die öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger, die überlassenen und angefallenen Abfälle aus privaten Haushalten zu entsorgen.

Bundesgesetzlich wird nur das „Ob“ der Überlassungspflicht geregelt. Die Reglung des „Wie“ erfolgt aufgrund landesrechtlicher Ermächtigung durch Satzung des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers.

Die Prüfung ergab, dass die bundesrechtlichen Grenzen für die Ausgestaltung von Bereitstellungs- und Überlassungspflichten nicht überschritten wurden. In einer aktuellen Gerichtsentscheidung wurde unter bestimmten Bedingungen ein Transportweg von ca. 130 m als zumutbar erachtet.

Der Petitionsausschuss, dem die Antwort der Landesregierung nicht befriedigend erschien, führte einen Ortstermin durch, zu dem er alle beteiligten Stellen einlud. Im Ergebnis des Termins teilte die Landesregierung mit, dass im Rahmen einer Einzelfallentscheidung der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger gemeinsam mit dem derzeitigen Entsorgungsunternehmen eine bürgerfreundliche Regelung gefunden hat. Die Restabfallbehälter werden von den Grundstücken durch einen Servicedienst abgeholt und müssen nicht mehr von den Petenten bzw. den weiteren zehn Anwohnern zur nächsten Querstraße verbracht werden.

Diese neue Regelung hat nach Aussage des Landkreises keine Auswirkungen auf die Gebührenkalkulation, da eine kostenneutrale Umsetzung erzielt werden kann. Dem Anliegen des Petenten konnte durch die Vermittlung des Petitionsausschusses entsprochen werden.

Ein weiteres Beispiel für eine erfolgreiche Vermittlungstätigkeit des Ausschusses aus dem Bereich Kultur: Bürger wandten sich gegen eine erteilte Auflage, eine baudenkmalpflegerische Dokumentation vor dem Abbruch eines in ihrem Eigentum stehenden Hauses durchzuführen. Die Höhe der Kosten hielten sie für unzumutbar.

Die Landesregierung beharrte zunächst auf ihrer Forderung und hielt die Kosten für zumutbar. Diese Dokumentation sei erforderlich, weil es sich um ein 300 Jahre altes Gebäude handele, zu dem keine Bauunterlagen mehr existieren. Würde eine solche Untersuchung nicht angefertigt, bedeutet dies einen großen Verlust für die ortsgeschichtliche Forschung.

Der Ausschuss führte auch zu dieser Petition einen Ortstermin durch, in dessen Ergebnis die Behörden nur noch eine Minimaldokumentation forderten und den Bürgern die begehrte Abbruchgenehmigung erteilten, ohne dass weitere Kosten für die Abbruchdokumentation entstanden sind.

Diese Beispiele zeigen, meine Damen und Herren, dass der Petitionsausschuss entgegen der Behauptung eines einzelnen Abgeordneten im letzten Plenum, Herr Farle, kein zahnloser Tiger ist,

(Beifall bei der LINKEN)

sondern im Rahmen seiner Möglichkeiten durchaus Lösungen im Sinne der Petenten finden kann. Er ist bei seiner Tätigkeit jedoch an Recht und

Gesetz gebunden und kann dieses nicht aushebeln.

Der Petitionsausschuss hat daneben eine Vielzahl von Petitionen an die Fachausschüsse verwiesen, um von diesen eine schriftliche Stellungnahme zu den Anliegen der Petenten einzuholen oder aber die Petition als Material zur Kenntnisnahme zu überweisen, um zu erreichen, dass das Anliegen des Petenten bei zukünftigen Gesetzesvorhaben bzw. parlamentarischen Initiativen im Blick behalten wird. Ich verweise auf die Seiten 53 und 54 des Tätigkeitsberichts.

An dieser Stelle möchte ich die Fachausschüsse darum bitten, zukünftig dem von uns verfolgten Anliegen mehr Rechnung zu tragen. Als positives Beispiel kann ich aktuell auf die Stellungnahmen des Ausschusses für Bildung und Kultur sowie Ausschusses für Finanzen zu der Petition „Erhalt der Schullandheime in Sachsen-Anhalt“ verweisen.

(Beifall bei der LINKEN und bei den GRÜ- NEN)

Meinen Dank möchte ich an dieser Stelle an die Mitglieder des Petitionsausschusses richten, welche sich überwiegend mit großem Einsatz und Engagement überparteilich für die Sorgen, Nöte und Anregungen der Bürger eingebracht haben. Das Petitionsrecht ist ein hohes Gut, welches permanent mit Leben gefüllt werden muss.

Zum Schluss möchte ich mich für die überwiegend kompetente Unterstützung des Petitionsausschusses durch die Bediensteten der Landesregierung, der nachgeordneten Behörden und vor allem der Geschäftsstelle des Ausschusses bedanken.

(Beifall bei der LINKEN und bei den GRÜ- NEN)

Durch ihre Hilfe konnte jedes einzelne Petitionsbegehren umfassend behandelt und beantwortet werden.

Weitere Themen, mit denen sich der Petitionsausschuss im vergangenen Berichtszeitraum befasste, können Sie den Seiten 10 ff. des Berichtes entnehmen. - Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der LINKEN und bei den GRÜ- NEN - Zustimmung bei der SPD)

Vielen Dank, Frau Buchheim. - Die Fraktionen haben sich geeinigt, diesen Tagesordnungspunkt ohne Debatte zu beraten. Somit nehmen wir diesen Bericht zur Kenntnis. Vielen Dank. Damit ist der Tagesordnungspunkt 2 erledigt.

Wir kommen zum

Tagesordnungspunkt 3

Beratung

Insolvenzrecht vereinfachen - zweite Chance ermöglichen

Antrag Fraktion DIE LINKE - Drs. 7/1754

Einbringer wird hierzu der Abg. Herr Höppner sein. Sie haben das Wort, bitte.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! In Deutschland ist finanzielles Scheitern immer noch eine Art Todsünde. Wenn bei uns jemand finanziell fällt, wird ihm das sehr, sehr lange übel genommen. Das Thema Insolvenz ist also nach wie vor in hohem Maße mit Angst besetzt, und die Insolvenz ist in Deutschland trotz aller Reformen noch immer stigmatisiert. Dabei ist ein Insolvenzverfahren nicht nur ein Schreckgespenst, sondern bietet durchaus auch Chancen, finanziell, wirtschaftlich und auch gesundheitlich wieder auf die Beine zu kommen.

Aber leider gilt bei uns der Unternehmer, der es beim ersten Versuch nicht geschafft hat, als eine Art Versager. Gleiches gilt für Bürgerinnen und Bürger, die zum Beispiel schuldlos durch Krankheit, Arbeitslosigkeit oder aber auch durch Hochwasserschäden und andere Ereignisse, die sie nicht verschuldet haben, alles verloren haben und so in die Schuldenfalle gerieten. Auch sie laufen lange mit dem Stigma eines Pleitemenschen herum.

Eine Folge davon ist, dass viele Schuldner oft keine Kraft mehr finden, wieder aufzustehen, Lehren aus dieser Situation zu ziehen und von vorn anzufangen. Leider beziehen sie von überall nur irgendwelche Prügel und sind mürbe vom ewigen Kampf mit den Banken und Gläubigern, denen sie stets Zahlungen versprechen müssen, die sie dann aber doch nicht einhalten können.

Mit ihrem kompletten Rückzug ziehen sie sich auch aus der Wirtschaft insgesamt zurück. Sie ziehen sich auch aus dem Binnenmarkt zurück, und, was noch fataler ist, sie ziehen sich auch aus dem gesellschaftlichen Leben zurück. Das können wir mit Sicherheit nicht wollen, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der LINKEN)

Das schadet letztendlich uns allen. Deshalb, meine Damen und Herren, darf Scheitern auch und gerade bei uns nicht weiter eine dauerhafte Schande sein. Jede und jeder hat eine zweite Chance verdient, ohne darauf bis zu acht Jahre und mehr warten zu müssen.

Der Schuldneratlas 2016 der Wirtschaftsauskunftei Creditreform zeigt: Auch in Sachsen-Anhalt sind viele Menschen überschuldet oder stehen vor der Überschuldung bzw. Zahlungsunfähigkeit.

Demnach waren Anfang Oktober letzten Jahres 246 000 Menschen nicht mehr in der Lage, ihre Schulden zu begleichen. Im Vorjahreszeitraum waren es 245 000. Die Schuldnerquote liegt bei knapp 13 %; das ist die dritthöchste im Vergleich zu den anderen Bundesländern.

Die häufigsten Schuldenfallen sind dem Bericht zufolge Arbeitslosigkeit, Scheidung oder Tod eines Partners, eine gescheiterte Selbstständigkeit oder lang anhaltende Krankheiten.

Alarmierend sind vor allem auch die Zuwächse bei den Älteren, zum Beispiel bei den über 70Jährigen. Hier stieg die Quote der Überschuldeten um ein Drittel. Während die Jüngeren von einer günstigeren Entwicklung auf dem Arbeitsmarkt profitierten und sich somit auch aktuell insgesamt weniger junge Menschen verschulden, rutschen Ältere wegen geringer Renten immer öfter in Altersarmut ab und können sich nicht so leicht von ihren Schulden befreien.

Bei Bundesbürgern über 70 Jahre liegt die mittlere Schuldenhöhe mit 50 480 € deutlich über dem Durchschnitt. Dieser Zustand beschreibt letztendlich auch, dass Armut im Alter bei uns bereits Realität ist und sich diese Situation mit dem abnehmenden Rentenniveau zukünftig sicherlich noch verstärken wird.

Aber auch kleinere Unternehmen geraten häufig in finanzielle Schieflage. Zur Überschuldung führen oft unternehmerisches Wagnis und wirtschaftliches Engagement, also genau die Triebkräfte, die unsere Wirtschaft hier in Sachsen-Anhalt und deutschlandweit dringend benötigt. Das wirtschaftliche Potenzial muss also im Interesse aller möglichst schnell wieder aktiviert werden.

Nach der bisherigen Rechtslage können Selbstständige und Verbraucher, die Insolvenz anmelden, nach einer Wohlverhaltensphase von sechs Jahren von ihren restlichen Schulden befreit werden, sodass sie dann ungehindert wieder eine selbstständige Tätigkeit aufnehmen können. In dieser Wohlverhaltensphase müssen sie eine angemessene Erwerbstätigkeit ausüben und ihre pfändbaren Bezüge sowie zum Beispiel eventuelle Erbschaften und ähnliche Einnahmen an die Gläubiger abtreten.