Protocol of the Session on September 27, 2017

(Beifall bei der LINKEN)

Damals mussten wir fast vier Jahre auf die Behandlung unseres Antrages warten. Der Standardsatz meiner Kollegen war damals: Wir warten nur noch. - Worauf mussten wir denn damals warten? Zuerst haben wir auf die Bundestagswahl gewartet, dann haben wir auf die Regierungsbildung gewartet und danach haben wir auf den Koalitionsvertrag gewartet. Damit wir nicht noch einmal das gleiche Verfahren durchlaufen müssen wie in der letzten Wahlperiode, haben wir heute diesen Antrag gestellt und eine Berichterstattung gefordert.

Sehr geehrte Damen und Herren! Zwar hatte die Koalition im Februar eine vorläufige Beschlussempfehlung vorgelegt. Sie musste diese aber zurückziehen, da sie nicht den parlamentarischen Richtlinien entsprach. Sie schoben mit ihrer Beschlussempfehlung die damals noch anstehende Bundestagswahl vor und hebelten mit diesem Argument die Behandlung einer Landtagsdruck

sache aus. Und, meine Damen und Herren, auf diesem Wege könnte man hier alle Drucksachen beerdigen. Man braucht nur auf die nächste Bundestagswahl hinzuweisen.

(Beifall bei der LINKEN)

Wir hätten uns gewünscht, dass Sie in Ihrer Beschlussempfehlung eine Korrektur vornehmen und uns eine erneute, rechtskonforme Vorlage zur Diskussion anbieten. Auch das haben Sie nicht als nötig erachtet.

Sehr geehrte Damen und Herren! Die Zahl der von Armut bedrohten Ab-65-jährigen wächst seit Jahren kontinuierlich an. Ein weiterer Anstieg des Altersarmutsrisikos besonders in den ostdeutschen Bundesländern innerhalb der nächsten zehn Jahre ist zu erwarten. Frauen, Alleinstehende, gering Qualifizierte und Menschen mit Migrationshintergrund sind besonders häufig von Altersarmut bedroht. Dieses Problem ist aktuell präsent, wie die Antwort auf unsere Große Anfrage zum Thema Altersrenten zeigt. Wir möchten hierzu im Oktober die Aussprache führen.

Ein Befund in der Anfrage war besorgniserregend. Die Anzahl derjenigen Menschen, die auf Grundsicherung im Alter angewiesen sind, ist im Zeitraum von 2005 bis 2016 um ca. ein Drittel auf 23 000 angestiegen. Die Dunkelziffer - das wissen wir alle - ist dabei natürlich weitaus höher. Oft schämen sich diese Menschen und scheuen sich, einen Antrag zu stellen, kennen ihren Anspruch nicht oder haben auch Angst, stigmatisiert zu werden. Deshalb müssen wir unbedingt etwas tun und können das Problem nicht aussitzen.

Auch die DGB-Landeschefin Frau Wiedemeyer sagte bei der Vorstellung des DGB-Rentenreports Sachsen-Anhalt 2017 - ich zitiere -: Speziell in unserem Bundesland folgt aus dem demografischen Problem und dem breiten Niedriglohnsektor in Vergangenheit und Gegenwart absehbar ein sich potenzierendes Rentenproblem.

Nach dem Rentenreport hat in den ostdeutschen Ländern die gesetzliche Rentenversicherung mit 97 % den übergroßen Anteil an den Alterssicherungssystemen. Männer, die vor dem Jahr 2015 in Rente gingen, bekamen im Schnitt 1 115 € Rente. Männer, die seit dem Jahr 2015 eine Rente erhalten, bekommen hingegen nur 965 €. Somit müssen Neurentner eine Einbuße von 150 € hinnehmen. Dies, meine Damen und Herren, ist ein Armutssignal, das auch die Koalition zur Kenntnis nehmen sollte.

(Zustimmung bei der LINKEN)

Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Ob in Zukunft eine Rente für alle finanziert werden kann, hängt nicht nur von der Bevölkerungsentwicklung ab, wie es uns immer wieder gesagt wird, sondern auch von einer fairen Verteilung des gesellschaft

lichen Reichtums. Dieser sollte nicht zwischen den Generationen stattfinden, sondern zwischen oben und unten. Es macht daher keinen Sinn, Kinderarmut gegen Altersarmut auszuspielen.

(Beifall bei der LINKEN)

Dass unsere Vorschläge umsetzbar sind, zeigt ein Blick in unser Nachbarland Österreich. Dort ist es selbstverständlich, dass Rentnerinnen und Rentner nach einem langen Erwerbsleben in ihren wohlverdienten Ruhestand gehen und in Würde leben können. Meine Fraktion wird daher nicht müde, immer wieder auf die bestehenden Ungerechtigkeiten im Land aufmerksam zu machen, sei es bei der Kinder- oder bei der Altersarmut, um hier politisches Handeln zu fördern.

(Beifall bei der LINKEN)

Genau dies erwarten wir auch von der Koalition. Die Probleme sind bekannt. Lassen Sie uns endlich nach Lösungen suchen und hören Sie endlich auf, dieses Thema aussitzen zu wollen.

(Beifall bei der LINKEN)

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

Es gibt keine Fragen. Dann danke ich für die Ausführungen. - Für den Ausschuss spricht jetzt der Ausschussvorsitzende Herr Siegmund.

(Ulrich Siegmund, AfD: Dazu liegt mir keine Berichterstattung vor!)

- Bitte?

(Ulrich Siegmund, AfD: Zu diesem Thema liegt mir keine Berichterstattung vor!)

Berichterstatter des Ausschusses ist Vorsitzender Herr Siegmund.

(Ulrich Siegmund, AfD: Ich habe mich vor- hin schon gewundert! - Swen Knöchel, DIE LINKE: Hat denn die Regierung nichts zu sagen? - Ulrich Siegmund, AfD: Ich habe gedacht, das ist ein Missverständnis von Ihnen!)

- Das steht aber hier. Die Ministerin hat auf einen Redebeitrag verzichtet.

(Swen Knöchel, DIE LINKE: Wir bitten um eine kurze Unterbrechung, Herr Präsident!)

- Bitte?

(Swen Knöchel, DIE LINKE: Ist gut! - Ulrich Siegmund, AfD: Die ist mir wirklich nicht zu- gegangen!)

Dann erteile ich Herrn Siegmund das Wort.

Vielen Dank, Herr Präsident. - Also, das ist in diesem Fall ein Missverständnis, das wir nachträglich

klären werden. Ja, die Berichterstattung, sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren - positiv natürlich.

(Tobias Krull, CDU: Okay!)

Wir arbeiten ja alle sehr gut zusammen und deswegen sehe ich da auch überhaupt kein Problem.

(Angela Gorr, CDU: Das war auch erst für einen anderen Tag gedacht!)

- Das kann auch sein, genau.

Der Antrag der Fraktion DIE LINKE, Drs. 7/701, wurde in der 18. Sitzung des Landtages am 16. Dezember 2016 in den Ausschuss für Arbeit, Soziales und Integration überwiesen; mitberatende Ausschüsse gibt es nicht.

Die Fraktion DIE LINKE zielt mit ihrem Antrag angesichts zunehmender Altersarmut aufgrund der Senkung des Rentenniveaus darauf ab, dass die Landesregierung vom Landtag beauftragt werden soll, sich im Bundesrat für entsprechende Maßnahmen einzusetzen, um Altersarmut zu bekämpfen. Dazu gehören die Anhebung des Rentenniveaus dauerhaft auf 53 %, die Wiedereinführung der Regelaltersrente mit 65 Jahren, die Ausweitung des Kreises der in der gesetzlichen Rente Pflichtversicherten auf alle Erwerbstätigen und die Einführung einer solidarischen Mindestrente in Höhe von 1 050 € netto.

Der Ausschuss für Arbeit, Soziales und Integration hat den Antrag in seiner zehnten Sitzung am 22. Februar 2012 erstmals auf die Tagesordnung gesetzt. Dazu lag ihm seitens der Koalitionsfraktionen der Entwurf einer Beschlussempfehlung an den Landtag vom 15. Februar 2017 vor. Hierin wurde darauf verwiesen, dass die neue Bundesregierung gehalten ist, eine solidarische und nachhaltige Rentenreform auf den Weg zu bringen. Außerdem sollte die Landesregierung gebeten werden, sich weiterhin konsequent und mit Nachdruck für eine zügige Angleichung der Ostrenten an das Westniveau einzusetzen und über den aktuellen Stand dieses Vorhabens im Ausschuss für Arbeit, Soziales und Integration zu berichten.

Der Beratungspunkt wurde jedoch zu Beginn der Sitzung auf Antrag der Koalitionsfraktionen wieder von der Tagesordnung abgesetzt und auf die folgende Sitzung des Ausschusses vertagt.

Aber auch zu Beginn dieser 11. Sitzung am 22. März 2017 beantragten die Koalitionsfraktionen die Absetzung dieses Punktes. Begründet wurde dies mit Blick auf die noch laufende Beratung zum Antrag im Bundesrat zur Finanzierung der Rentenangleichung Ost und zur Frage des Angleichungsdatums. Die Absetzung des Tagesordnungspunktes wurde mit 7 : 5 : 0 Stimmen beschlossen.

Der in Rede stehende Antrag war dann erneut in der 14. Sitzung des Ausschusses für Arbeit, Soziales und Integration am 16. August 2017 Bestandteil der Tagesordnung.

Hier beantragten die Koalitionsfraktionen wieder die Absetzung dieses Punktes, um die Beantwortung der Großen Anfrage der Fraktion DIE LINKE in der Drs. 7/1349 zur Entwicklung der Altersrenten in Sachsen-Anhalt durch die Landesregierung abzuwarten und diese in die Beratung einfließen lassen zu können. Dieser Antrag fand auch die Zustimmung der Fraktionen DIE LINKE und der AfD, sodass die Drs. 7/701 einstimmig in die folgende Sitzung am 13. September 2017 vertagt wurde. Die Antwort der Landesregierung auf die Große Anfrage ist dem Landtag zwischenzeitlich am 31. August 2017 in der Drs. 7/1813 zugegangen.

In der 15. Sitzung des Ausschusses für Arbeit, Soziales und Integration stand der Antrag, die Drs. 7/701, vereinbarungsgemäß wieder auf der Tagesordnung.

Die Koalitionsfraktionen beantragten wiederum, die Beratung des Antrages bis zur folgenden Sitzung am 18. Oktober 2017 zu vertagen, da man innerhalb der Koalition ausreichend Zeit brauche, um die Antwort der Landesregierung auf die Große Anfrage auszuwerten, um zu einer Beschlussempfehlung zu kommen. Diesem Antrag wurde mit 7 : 3 : 1 Stimmen gefolgt.

Somit wird die Drs. 7/701 in der 16. Sitzung des Ausschusses für Arbeit, Soziales und Integration am 18. Oktober 2017 zur Beratung und gegebenenfalls für die Erarbeitung einer Beschlussempfehlung an den Landtag wieder auf die Tagesordnung gesetzt werden. - Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der AfD)

Ich danke dem Abg. Herrn Siegmund für seine Ausführungen. - Da die Ministerin auf ihren Redebeitrag verzichtet hat, kommen wir gleich zu den Fraktionen. Drei Minuten Redezeit ist vorgesehen; ich glaube, ich habe es schon erwähnt. Für die CDU spricht der Abg. Herr Krull. Herr Krull, Sie haben das Wort.

Sehr geehrter Herr Landtagspräsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Auf Verlangen der LINKEN beschäftigen wir uns heute mit dem Sachstand der Beratung des Antrags „Zunehmende Altersarmut stoppen - würdevolles Leben ermöglichen“. Ja, meine sehr geehrten Damen und Herren, wir haben uns die Beratung dieses Antrages und die Erarbeitung einer Beschlussempfehlung innerhalb der Koalition nicht einfach ge

macht, gerade in Anbetracht der doch unterschiedlichen bundespolitischen Positionen zu dieser Thematik.

Die Verschiebung in der letzten Ausschusssitzung bezog sich darauf, dass wir die Beantwortung der Großen Anfrage der Fraktion DIE LINKE zu diesem Thema erst abwarten wollten und dann auch noch Bedarf hatten, diese Antwort entsprechend durchzuarbeiten. Ich liege wahrscheinlich nicht falsch in der Vermutung, dass wir noch Gelegenheit haben werden, diese in diesem Hohen Hause zu diskutieren.