Protocol of the Session on August 25, 2017

Drei Viertel aller Fahrzeuge aus Stuttgart, Ingolstadt, Wolfsburg oder München werden exportiert. Rund 7,7 % der gesamten Wirtschaftsleistung Deutschlands gehen direkt oder indirekt auf die Autoproduktion zurück. Über 800 000 Menschen arbeiten in Deutschland bei Autobauern und Zulieferern. Das sind so viele wie seit 25 Jahren nicht mehr.

Ein Crash der Autobranche hätte auch für die Forschung gravierende Folgen. Rund ein Drittel aller Investitionen in Forschung und Entwicklung kommen Jahr für Jahr von den Autobauern. Allein 2016 waren es 41 Milliarden €. Die Branche bindet rund ein Viertel des gesamten Forschungs- und Entwicklungspersonals in Deutschland.

Und, meine Damen und Herren, in Sachsen-Anhalt sind 23 000 Beschäftigte in insgesamt 270 Unternehmen betroffen. Dazu gehört auch, dass in die benachbarten Automobilstandorte Leipzig und Wolfsburg täglich über 3 000 Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer aus Sachsen-Anhalt zum Job pendeln.

(Zustimmung von Guido Heuer, CDU - Bei- fall bei der AfD)

Hinzu kommen Arbeitsplätze in Raffinerien, im Logistikbereich oder in der Werbe- und Medienindustrie. Ist es angesichts der Wichtigkeit der Autoindustrie für unsere heimischen Arbeitsplätze, für Familien und für den Wohlstand unserer Gesellschaft undemokratisch, dass sich die Politik für diese Branche einsetzt? - Ich meine, nein.

Meine Damen und Herren! Die Demokratie wird durch Extremismus, links, rechts oder religiös motiviert, genauso wie durch Terrorismus oder organisierte Kriminalität gefährdet. Ich halte es persönlich für skandalös, dass man die deutsche Autoindustrie auf die gleiche Stufe hebt wie den brandschatzenden, plündernden und alkoholisierten Linksaktivisten auf dem G-20-Gipfel in Hamburg.

(Beifall bei der CDU und bei der AfD - Zuruf von der AfD: Jawohl!)

Ich halte es für genauso skandalös, dass wir in diesem Land offenbar einen Zweiklassen-Lobbyis

mus zulassen. Es ist geradezu grotesk, wenn DIE LINKE behauptet, dass die Demokratie in Gefahr sei, weil sich Politik um das Wohl von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern in diesem Land kümmert. Ich empfehle Ihnen gern einmal einen Blick nach Frankreich. Dort geschieht ganz selbstverständlich, was Sie Ihrem Antrag zur Aktuellen Debatte beklagen.

Trotzdem ist die Demokratie in Frankreich genauso wenig gefährdet wie hierzulande, in Deutschland. Auch beim sogenannten VW-Gesetz forderte DIE LINKE ja geradezu den Einfluss von Politik und Staat bei den Autoherstellern. Sie forderten es direkt!

Ich darf noch einmal daran erinnern: Im Kern ging es im Jahr 2013 um die Frage, ob die Bundesrepublik das erste Luxemburger Urteil zum VWGesetz aus dem Jahr 2007 richtig umgesetzt hat. Damals fällte Europas oberstes Gericht zu den drei wichtigsten Punkten des Gesetzes aus dem Jahr 1960 ein Urteil, mit dem der vormalige Staatsbetrieb in eine Aktiengesellschaft umgewandelt wurde.

Um den Einfluss der öffentlichen Hand zu sichern, durften der Bund und das Land Niedersachsen je zwei Aufsichtsratsmitglieder stellen. Zudem wurde in dem Kontrollgremium der Stimmenanteil anderer Aktionäre auf eine Anzahl beschränkt, die einer Unternehmensbeteiligung von 20 % entspricht. Ferner erlaubt das Gesetz der Landesregierung, mit einem Anteil von nur 20 % wichtige Entscheidungen zu blockieren.

Das sogenannte VW-Gesetz, das ich gerade erläutert habe, ist ein schönes Beispiel für die Absurdität und Skurrilität der heutigen Aktuellen Debatte. Denn dieses Gesetz dient nur einem Zweck, den Einfluss der Politik, in diesem Fall des Landes Niedersachsen, auf die Entscheidung des Automobilherstellers zu sichern.

Meine Damen und Herren! Erst am 11. August dieses Jahres teilte die Landesvorsitzende der LINKEN in Niedersachsen, Frau Pia Zimmermann, mit, dass man sich klar zur Stärkung des VW-Gesetzes bekenne, damit die sozialökologische Erneuerung der Autoindustrie gelingt.

Also, was denn nun, meine Damen und Herren? Wollen wir Einfluss oder wollen wir keinen Einfluss? Was will DIE LINKE? - Ich glaube, wenn man in Niedersachsen hört, was Sie heute hier von sich gegeben haben, wird man sich für Ihre Wahlkampfhilfe bedanken.

Wie die Zukunft der Antriebstechnik aussieht, kann Ihnen heute niemand sicher sagen. Es gibt viele Ansätze, nicht nur in der E-Mobilität. Vieles hängt von technischen Entwicklungen ab, die es noch gar nicht gibt, die wir nur in virtuellen Räu

men diskutieren, die noch nicht serienreif sind oder für die die Infrastruktur fehlt.

(Beifall bei der CDU und bei der AfD)

Letztendlich - das ist ganz wichtig - ist es der Verbraucher, nämlich wir alle, der neue Technologien annehmen muss und sie auch bezahlen können muss. Deshalb ist es, wenn wir Verbote aussprechen, Ausstiegsdaten formulieren, die nicht realistisch sind, oder eine zu einseitige Technologieorientierung vornehmen, der falsche Weg, um die Zukunft unserer Automobilindustrie zu sichern. Das alles klingt nach Planwirtschaft und mit Planwirtschaft haben wir ja alle so unsere Erfahrungen.

(Beifall bei der CDU und bei der AfD)

Meine Damen und Herren! Meine Redezeit geht dem Ende entgegen. Gestatten Sie mir, noch einen Aspekt zu beleuchten, mit der freundlichen Genehmigung der Frau Präsidentin. Im Gegensatz zum Umweltbundesamt hat der ADAC insgesamt 188 Automodelle getestet, davon zwölf Importmarken. Seit diesem Wochenende wissen wir gesichert, was wir bisher nur geahnt haben: Besonders ausländische Fabrikate fallen durch zum Teil fünfmal höhere Stickoxidemissionen auf als Fabrikate deutscher Hersteller. Ich sage an dieser Stelle deutlich, dass die Grenzwerte für Dieselfahrzeuge nicht nur für deutsche Produzenten gelten.

(Beifall bei der CDU und bei der AfD)

Die Bundesregierung muss auch von ausländischen Automobilherstellern deutliche Nachbesserungen bei den Fahrzeugen einfordern. Das gebietet allein schon der faire Wettbewerb.

Es gilt also, einen klaren Kopf zu behalten, die deutsche Autoindustrie nicht weiter zu schwächen, das Vertrauen der Verbraucher zurückzugewinnen und die Schuldigen für diesen Betrug hart zu bestrafen. Es gilt weiterhin, die Wettbewerbsfähigkeit mit ausländischen Herstellern im Blick zu haben und den Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern die Angst vor einem drohenden Verlust des Arbeitsplatzes zu nehmen. Das ist vielleicht nicht im Sinne Ihrer Aktuellen Debatte, es ist aber im Sinne unserer deutschen Volkswirtschaft. - Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU und bei der AfD)

Vielen Dank, Herr Thomas. Es gibt keine Nachfragen. - Wir kommen zum nächsten Debattenredner.

Keine Nachfragen? - Okay, dann habe ich Sie missverstanden, Frau Präsidentin.

(Guido Heuer, CDU: Es hat alles über- zeugt!)

Es tut mir leid, aber Sie können Ihre Redezeit damit nicht verlängern. - Für die AfD-Fraktion spricht jetzt Herr Farle. Sie haben das Wort, Herr Farle.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Der Vortrag meines Vorredners war so gut,

(Zurufe von der CDU und von Swen Knö- chel, DIE LINKE)

das hätte ich mit Sicherheit nicht besser hinbekommen. Deshalb habe ich mein Redemanuskript auch am Platz gelassen, weil die Fakten, die er genannt hat, einfach überzeugend sind. Sie haben es auch am Beifall der AfD-Fraktion gemerkt, dass Sie uns direkt aus dem Herzen gesprochen haben.

(Beifall bei der AfD)

An die Adresse der LINKEN möchte ich aber eines sagen: Für mich haben Sie heute bewiesen, dass Sie in keiner Weise die Interessen der Arbeiter und ihrer Familien, der Angestellten und von Millionen von Menschen in diesem Land vertreten, die man als die kleinen Leute bezeichnet. Denn Sie betreiben den Generalangriff auf eine Industrie, die hunderttausenden Menschen Lohn und Brot verschafft.

(Beifall bei der AfD und bei der CDU - Zuru- fe von der AfD: Jawohl!)

Das, meine Damen und Herren, sollten wir im ganzen Land bekannt machen. Denn es ist unmöglich, dass Sie sich hier hinstellen, Herr Höppner, als jemand, der mal im Betriebsrat war, wenn ich es richtig in Erinnerung habe, dass Sie von gekaufter Politik faseln und sagen, diese Industrie, diese Autos müssen infrage gestellt werden. - Das geht überhaupt nicht, was Sie hier gemacht haben.

(Beifall bei der AfD)

Ein zweiter Gedanke ist die Frage, welcher Einfluss wird eigentlich von außen auf die Politik genommen oder steuert die Politik. Ich bitte auch die Damen und Herren von der CDU, darüber nachzudenken. Der Altkanzler Schmidt, der in vielen Dingen aus meiner Sicht auch Richtiges gesagt hat,

(Ulrich Thomas, CDU: Der war aber SPD!)

sagte einmal sinngemäß: Es wird gefährlich in der Politik, wenn man Visionen hat, dann soll man zum Arzt gehen. - Der eine oder andere erinnert

sich an sein Zitat, wenn er sein Buch gelesen hat; das ist, glaube ich, im Jahr 2005 erschienen.

(Birke Bull-Bischoff, DIE LINKE: Das hat ja schon einen Bart, Mensch! - Zuruf von Hendrik Lange, DIE LINKE)

In diesem Sinne muss man aber sagen: Wer die Vision hat, den Verbrennungsmotor in absehbarer Zeit abzuschaffen, ohne dass eine neue überzeugende Konzeption vorliegt, der will genau, und zwar unter dem Stichwort der Dekarbonisierung, dazu einen Beitrag leisten, dass Deutschland deindustrialisiert wird. Und alle Konkurrenten in den Nachbarländern klatschen begeistert in die Hände.

(Beifall bei der AfD)

Das geht gar nicht. Deshalb sage ich, man muss darüber nachdenken. Aber ich werde nicht das wiederholen, was ich gestern gesagt habe. Wenn es um den Einfluss des Lobbyismus geht, dann fällt mir noch eine Lobbyismus-Aktion ein. Wir haben die „Gutachteritis“ im Finanzausschuss schon oft kritisiert, dass nämlich bei jeder Frage nicht vom Ministerium Überlegungen ausgehen, wie man als Politik die Sache vernünftig in die Hand nehmen kann, nein, wir brauchen ein Gutachten, das uns diesbezüglich irgendetwas erzählt.

Das Fraunhofer-Institut - ich habe gestern darauf Bezug genommen - hat vor zwei Jahren eine Studie durchgeführt, die darauf beruht, dass es Kosten in Höhe von 1,5 Billionen € verursachen würde, wenn man sämtliche fossilen Energien ersetzen wollte, indem man alles auf Windmühlenflügel und Fotovoltaik umstellt.

Dieses Gutachten liegt vor. Wer es haben will, der kann es sich bei mir im Büro abholen; das ist kein Problem.

In diesem Gutachten wird der Politik ein Weg vorgezeichnet. Auf dem Titelblatt findet man eine schöne Grafik, über der steht „Geschäftsmodell Energiewende“. In der wunderbaren Grafik sind blaue Balken zu sehen, die nach oben gehen. Das ist der Gewinn, den die Anleger erzielen, wenn sie auf diesen Irrweg einsteigen.

Dem erteilen wir eine Absage; denn das ist Lobbypolitik, Politiker zu beeinflussen, Irrwege einzuschlagen, die die Menschen teuer zu stehen kommen, die auf dem Strommarkt zu Preistreiberei ohne Ende führen, die den Menschen aber gar keinen Zugewinn an Klimaschutz, an Verminderung von Gesundheitsgefahren usw. bringen. Das kann doch nicht die Lösung der Probleme sein. - Mehr will ich dazu nicht sagen.

(Beifall bei der AfD)

Am Ende läuft alles auf einen gigantischen Umverteilungsprozess von unten nach oben hinaus.