Protocol of the Session on August 25, 2017

Frau Prof. Dr. Dalbert, Sie hatten Ihre Rede mit der Bemerkung beendet, man müsse die Probleme der Menschen ernst nehmen. Sie haben zum Beispiel von der Stadt Kemberg ein Schreiben erhalten über eine große Biberproblematik vor Ort. Das heißt, es gibt dort Stadtwälder, die überschwemmt werden, wo es sehr große Probleme gibt und sehr hohe Kosten entstehen.

Einen Hinweis noch: Kemberg liegt 10 km von der Elbe entfernt. Es ist eher ein Heidebiber, wenn ich es einmal so nennen will, und kein Elbebiber.

Sie haben auf dieses Schreiben mit den Worten geantwortet: Allein mit Schadenersatzforderungen und Subventionen sowie mit Präventionsmaßnahmen oder einer temporären Entnahme von Biberfamilien können die Konflikte nicht gelöst werden.

Das widerspricht Ihrer Aussage völlig. Denn es ist ein großes Gebiet - die Gemeinde Kemberg, die Probleme hat - und Sie bügeln das mit einem Schreiben ab nach dem Motto: Ihr seid selber schuld.

Meine Frage ist: Steht bei Ihnen der Umweltschutz über dem Hochwasserschutz? Sind Ihnen die Biber wichtiger als die Menschen, die dort leben?

(Zustimmung bei der AfD)

Frau Ministerin, bitte.

Erster Punkt. Wir alle hier im Hohen Haus sollten es uns abgewöhnen, existenzielle Interessen gegeneinander zu stellen.

(Beifall bei den GRÜNEN - Zustimmung bei der LINKEN)

Wir kommen im Land nur weiter, wenn wir die Dinge zusammendenken.

(Beifall bei den GRÜNEN - Zustimmung bei der LINKEN)

So, wie wir Ökonomie und Ökologie zusammendenken müssen, so müssen wir Naturschutz und Hochwasserschutz zusammendenken. Wenn wir das nicht tun, dann landen wir eben bei bestimmten Problemen. Das haben wir in der Vergangenheit erlebt. Die versuchen wir jetzt alle Stück für Stück abzuräumen. Aber das sollten wir uns wirklich abgewöhnen.

Zu der Stadt Kemberg kann man jetzt Verschiedenes sagen. Ich habe gestern ausführlich zum Biber gesprochen. Deshalb wollte ich das heute nicht alles wiederholen. Ihre Kollegin hat heute ja auch noch einmal zum Biber gesprochen. Der Stand hat sich nicht von gestern auf heute verändert.

Ich habe auch erwähnt, dass wir eine BiberReferenzstelle haben, die auch eine sehr gute Beratung vor Ort macht. Das wird mit eine Grundlage für das sein, was wir bis zum Ende des Jahres vorlegen, inklusive der Dinge, die jetzt auf der Bundesebene zum Biber debattiert und vorbereitet werden.

Die Stadt Kemberg hat meines Wissens zwei ausführliche Beratungen gehabt, wie sie mit der Biberproblematik umgehen soll. Nach meinem Kenntnisstand - das ist ein Kenntnisstand, der ist jetzt schon ein paar Wochen alt - ist die Stadt Kemberg diesen Beratungen nicht gefolgt. Das ist dann einfach schwierig.

Sie können mit Bibern eigentlich gut umgehen. Denn der Biber ist ein residentes Tier. Er wohnt - auf gut Deutsch - immer an derselben Stelle und er zeigt auch immer dasselbe Verhalten. Insofern kann man mit den Bibern gut umgehen.

Die Stadt Kemberg hat Beratungen bekommen. Es ist dann ein Stück weit auch eine Entscheidung der Stadt Kemberg, ob sie solchen Beratungen folgt oder nicht folgt.

Was die Entschädigungen betrifft für Schäden, die durch den Biber entstehen, haben sich die Koalitionspartner im Koalitionsvertrag darauf geeinigt, dass für Biberschäden kein Ausgleich gezahlt wird.

Wir sind gerade dabei, im Rahmen dessen, was ich Ihnen gestern angekündigt habe, zu prüfen, wie das zum Beispiel mit den Unterhaltungsverbänden ist, ob man stärker Hand in Hand arbeiten kann. Aber gestatten Sie mir einfach, dass wir noch, wie ich es gestern angekündigt habe, drei Monate daran arbeiten. Dann geben wir das in den parlamentarischen Raum und diskutieren es mit unseren Abgeordneten. Wir werden das Thema dann in den parlamentarischen Raum oder in die Ausschüsse einbringen.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Vielen Dank. - Ich sehe jetzt tatsächlich keine Wortmeldungen mehr. Damit ist der erste Teil der Aktuellen Debatte beendet. Beschlüsse zur Sache werden gemäß § 46 Abs. 6 der Geschäftsordnung des Landtages nicht gefasst. Das Thema ist damit abgeschlossen.

Ich rufe damit das zweite Thema der Aktuellen Debatte auf:

Politik-Einfluss der Automobilindustrie gefährdet demokratische Grundlagen

Antrag Fraktion DIE LINKE - Drs. 7/1763

Es wurde folgende Reihenfolge vereinbart: DIE LINKE, CDU, AfD, GRÜNE und SPD.

Zunächst hat die Antragstellerin, die Fraktion DIE LINKE, das Wort. Für die Fraktion DIE LINKE spricht der Abg. Herr Höppner. - Er steht schon bereit. Sie haben das Wort, Herr Abgeordneter.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Erst Dieselskandal, dann Dieselgipfel - bei beiden hat die Politik leider versagt.

(Beifall bei der LINKEN)

Bei beiden wurde ersichtlich, wie die Automobilindustrie die Politik in der Hand hat und sie steuert, wie ganz klar dargestellt wird, wer die wirkliche Macht und Durchsetzungsfähigkeit hier im Land hat.

Diese Vorgänge machen letztlich auch die Entmündigung aller Bürgerinnen und Bürger deutlich, und sie zeigen uns auch, dass die parlamentarische Demokratie wirklich in Gefahr ist.

Die Automobilhersteller und deren Lobby haben sich bei dem Dieselgipfel wieder einmal komplett durchgesetzt. Sie bekommen mit dem sogenannten Software-Update eine Lösung zum Billigpreis, damit sie ihre - im wahrsten Sinne des Wortes - schmutzigen und verrußten Geschäfte mit dem Diesel weiter machen können.

Die Gesundheit der Menschen wird einfach weiterhin geschädigt und Dieselfahrer von Dieselfahrzeugen werden sozusagen enteignet, weil ihre Fahrzeuge massiv an Wert verlieren. Ja, auch viele Arbeitsplätze in der direkten Automobilindustrie und deren Zulieferindustrie werden weiterhin aufs Spiel gesetzt.

Warum ist das Thema eigentlich für uns in Sachsen-Anhalt wichtig? - Es ist ganz einfach: weil wir hier eine ganze Menge Arbeitsplätze im Bereich der Automobilindustrie und der Zulieferindustrie

haben. Viele Menschen sind davon sozusagen abhängig.

Dazu kann man ein paar Beispiele nennen: Ifa Eilsleben mit rund 1 700 Beschäftigten, ThyssenKrupp in Schönebeck und Ilsenburg mit 1 700 Beschäftigten, Kunststofftechnik Gardelegen mit 800 Beschäftigten und viele mehr.

Ca. 2 000 kleine und mittlere Unternehmen mit rund 20 000 Beschäftigten in der Automobilzuliefererindustrie bei uns hängen direkt am Tropf von Volkswagen, wobei noch viele kleine Dienstleister und Logistiker zu nennen wären, die ebenfalls von dieser Industrie abhängig sind.

CDU und SPD haben der Autoindustrie beim Dieselgipfel massiv den Rücken gestärkt. Ich bin entsetzt darüber, wie sich Parteien - in diesem Fall CDU und SPD beim Bund -, aber auch die GRÜNEN in Niedersachsen der Autoindustrie anbiedern und auch die FDP dort kritiklos zuschaut.

(Beifall bei der LINKEN)

Wobei ich sagen muss: Der Begriff „anbiedern“ ist eigentlich zu schwach; denn eigentlich machen Sie ja nur das, wofür Sie bezahlt werden, meine Damen und Herren. Großspenden, die Sie alle gern angenommen haben, machen nämlich gefällig.

(Beifall bei der LINKEN)

Wessen Brot ich ess‘, dessen Lied ich sing. Man will sich ja gern revanchieren und sozusagen erkenntlich zeigen.

Wir reden hier nicht von Kleinigkeiten, meine Damen und Herren. Im ersten Halbjahr 2017 hat die CDU zum Beispiel 1,7 Millionen € bekommen. 960 000 € gingen an die FDP, jeweils kleine Summen - in Anführungszeichen -, jeweils 100 000 €, gingen an die SPD und an die GRÜNEN.

Von 2009 bis 2015 gingen insgesamt 13 Millionen € hauptsächlich an CDU, CSU und FDP.

Auch das muss man sagen: Bei der EU arbeiten mehr als 80 Personen als Lobbyisten für die deutsche Autoindustrie. Sie gaben für ihre Lobbyarbeit allein im letzten Jahr mehr als 9 Millionen € aus.

Aber auch, dass viele ihrer Leute nach der Parlaments- und Ministerzeit ein schönes Pöstchen bekommen, dass ihnen das Pöstchen winkt, befördert natürlich solche Entscheidungen wie beim Dieselgipfel.

Seitenwechsler von der Politik in die Industrie sind zum Beispiel Eckart von Klaeden, CDU, vom Staatsminister im Kanzleramt zum Cheflobbyisten bei Daimler. Er war übrigens einmal MerkelVertrauter, der erfolgreich hinsichtlich der Regeln für Abgastests im Kanzleramt intervenierte. Zu

nennen sind auch Thomas Steg, Ex-Regierungssprecher, und Matthias Wissmann, CDU, Ex-Verkehrsminister.

Die Bayerische Staatskanzlei leiht gleich einmal einen Staatssekretär an BMW aus, damit er sich dort angeblich Wirtschaftskompetenz aneignet. So ganz nebenbei ist er natürlich bei seiner Rückkehr in die Staatskanzlei offen für die Anliegen von BMW. Auch das, meine Damen und Herren, hat mehr als ein Geschmäckle.

(Beifall bei der LINKEN)

Auch die Geschichte mit Ministerpräsidenten Weil in Niedersachsen, SPD, nach dem Motto: Liebe VW-Chefs, bitte guckt doch da mal rein, ob meine Regierungserklärung so passt, bevor ich sie gegenüber den niedersächsischen Parlamentariern abgebe, ist genauso bezeichnend für diese Form der gekauften Demokratie, wie ich sie einmal nenne.

Aber auch Verkehrsminister Dobrindt, CSU, lässt sich einmal so nebenbei seinen Aufklärungsbericht von der Automobilindustrie gegenlesen, damit letztendlich die Dieselhersteller ihre Pläne durchsetzen können.