Protocol of the Session on August 25, 2017

Fakt ist, Hochwasser- und Artenschutz müssen Hand in Hand gehen. Beides ist wichtig und beides muss Beachtung für die zukünftige Arbeit finden. Ich erwähnte bereits zu Beginn meiner Rede, im Ergebnis des Hochwassers 2013 kann festgestellt werden, dass dort, wo technische Hochwasserschutzmaßnahmen umgesetzt werden konnten, sie tatsächlich auch ihre Wirkung erzielt haben.

Die Vorwarnzeichen über das ausgebaute und verbesserte Pegelsystem und die Zusammenarbeit mit den Nachbarländern sind vorbildlich. Es zeigt sich, dass Sachsen-Anhalt aus den Hochwassersituationen seit 2002 gelernt und die richtigen Konsequenzen gezogen hat.

(Zustimmung von Hardy Peter Güssau, CDU)

Dort, wo es möglich war, wurden Rückhaltebecken, Hochwasserschutzmauern und moderne Deiche gebaut. Deiche wurden verlegt, dem Fluss wurde mehr Raum gegeben. In vielen Gemeinden entlang der betreffenden Flüsse wurden aktive und passive Hochwasserschutzmaßnahmen finanziert und realisiert.

Insgesamt werden wir bis zum Jahr 2020 knapp 600 Millionen € ausgeben. Wie jetzt der Betrag von 1 Milliarde € auf den Tisch kam, weiß ich nicht. Aber ich bin Mitglied im Finanzausschuss und habe das vor zwei Jahren selber mit beschlossen.

Dennoch handelt es sich bei einem nachhaltigen Hochwasserschutz um eine Generationenaufgabe. Hierbei gilt es, vor Ort viel Überzeugungsarbeit zu leisten und Vorbehalte abzubauen. Die Sensibilität für solche Hochwasserschutzmaßnahmen muss angesichts des Klimawandels kontinuierlich aufrecht gehalten werden. - Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der CDU)

Vielen Dank, Herr Radke. Ich wollte gerade auch sagen, dass Sie Ihren Redebeitrag beenden möchten. Sie haben aber die Gelegenheit, doch etwas mehr zu reden; denn es gibt eine Nachfrage von Herrn Abg. Loth.

Herr Loth, na klar.

Bitte.

Ich habe eine Anmerkung und eine Nachfrage, und zwar bezieht sich die Anmerkung auf die letzte Äußerung, woher ich die Summe von 1 Milliarde € habe.

(Detlef Radke, CDU: Ja!)

Die kommt ganz einfach von der Flussschifffahrt, die ich zusammen mit Frau Dalbert, dem Herrn Ministerpräsidenten und dem LHW machen durfte. Dort wurde berichtet, wieviel Geld das LHW bereits ausgegeben hat und wieviel es noch aus

geben wird. Leider war kein Abgeordneter der CDU anwesend, außer dem Herrn Ministerpräsidenten; denn dann hätten Sie das natürlich auch gewusst.

(Detlef Radke, CDU: Da haben höhere Gründe eine Rolle gespielt! - Weitere Zu- rufe von der CDU)

Er war als Ministerpräsident anwesend, nicht als Abgeordneter.

(Oh! bei der CDU - Detlef Radke, CDU: Auch, nebenbei!)

- Ach, Herr Heuer! - Meine Frage ist aber: Vor 26 Jahren waren 4 % der Deiche in SachsenAnhalt DIN-gerecht. Heute sind wir bei 60 % der Deiche, die DIN-gerecht sind. Wir wollen 2020 100 % der Deiche DIN-gerecht haben. Meinen Sie, dass wir in drei Jahren die restlichen 40 % der Deiche DIN-gerecht hinbekommen, wenn wir für 56 % 26 Jahre gebraucht haben?

Herr Abg. Radke, Sie haben das Wort.

Mein lieber Kollege Loth, ich war bei der Hochwasserschutzkonferenz in Stendal, wo Herr H. umfänglich über alle laufenden und zukünftigen Maßnahmen berichtet hat. Mir war schon bekannt, dass im Süden von Sachsen-Anhalt viel gebaut wurde und immer noch gebaut wird. Aber auch im Norden von Sachsen-Anhalt werden momentan erhebliche Anstrengungen unternommen, um dies umzusetzen.

Ich bin natürlich auch Realist. Gerade bei Hochwasserschutzmaßnahmen, beim Deichbau und bei Deichrückverlegungen gibt es immer wieder menschliche und objektive Probleme, die zu beachten sind. Ich sehe die Sache so, dass der größte Teil - ich will mich einmal vorsichtig ausdrücken - im Jahr 2020 abgearbeitet sein wird. Ich schließe allerdings nicht aus, dass nach 2020/ 2021 auch noch Maßnahmen vollendet werden.

(Beifall bei der CDU)

Vielen Dank. Es gibt keine weiteren Nachfragen. - Somit kommen wir zur nächsten Debattenrednerin. Für die Fraktion DIE LINKE spricht die Abg. Frau Eisenreich. Sie haben das Wort. Bitte.

Danke schön. - Sehr geehrte Frau Präsidentin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Die Hochwasserereignisse der Jahre 1994, 2002 und 2013 sind vielen sicherlich noch in unguter Erinnerung. Nun

wartet auch der Sommer dieses Jahres mit neuen Katastrophenmeldungen in Sachsen-Anhalt auf, nicht zu reden von vielen kleineren Ereignissen, die sich auch in der Zwischenzeit ereignet haben.

Erst traf es in diesem Jahr Zingst im Saalekreis, wo innerhalb von zwei Wochen aufgrund intensiver Regenfälle die Bewohnerinnen und Bewohner zweimal von Schlammlawinen heimgesucht wurden. Dann sorgten im Juli schwere Unwetter im Harz für Überschwemmungen. Mit Genugtuung nehmen wir von der Fraktion DIE LINKE deshalb zur Kenntnis, dass die Fraktion von BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN dieses Thema heute im Zusammenhang mit den Ursachen, nämlich den klimatischen Veränderungen, debattieren will.

(Zustimmung von Sebastian Striegel, GRÜ- NE)

Erwiesenermaßen werden Starkregenereignisse und daraus resultierende Überschwemmungen zunehmen. Daraus ergibt sich die Notwendigkeit, die in der Hoheit des Landes liegende Aufgabe des Hochwasserschutzes als Teil der kommunalen Daseinsvorsorge zu sehen. Sinnvoller Hochwasserschutz funktioniert dabei aus der Sicht meiner Fraktion nur vorausschauend, überregional, ökologisch und sozial verträglich und er kommt nicht ohne Klimaschutz aus.

(Beifall bei der LINKEN und bei den GRÜ- NEN)

Hier stehen wir als Land noch vor großen Herausforderungen. Bei allen guten Entwicklungen, auf die Frau Ministerin Dalbert in der gestrigen Regierungserklärung eingegangen ist, müssen wir aktuell noch einige Defizite der Landesregierung zur Kenntnis nehmen.

Aus ökologischer Sicht verstehen wir Deichrückverlegung, die Renaturierung von Flussläufen und die Schaffung von Auslaufflächen als eine der wichtigsten Säulen, um Hochwasserrisiken künftig zu minimieren und der Natur zugleich ausreichenden Raum zur Entfaltung zu geben.

Gute Beispiele haben Sie, Frau Ministerin, gestern mit Elbe und Havel genannt. Gleichzeitig darf der Hochwasserschutz nicht getrennt von der EUWasserrahmenrichtlinie betrachtet werden. Darauf hat mein Fraktionskollege Herr Lange gestern in der Debatte hingewiesen.

Schaue ich mir jedoch den Einzelplan 13 des Landeshaushaltes an, sind ELER-Mittel für die Förderperiode 2014 bis 2020 in Höhe von 25 Millionen € eingestellt. Wir haben die Jahreshälfte 2017 und damit die Halbzeit der Förderperiode überschritten und es sind schon ganze 15 000 € abgeflossen. Das ist ein Trauerspiel.

Ein Blick auf die im Einzelplan 15 veranschlagten Landesmittel verrät, dass auch hier nur geringe

Mittel abfließen. Hier gibt es offensichtlich ebenfalls Umsetzungsschwierigkeiten. Nun gibt es aber weitere Mittel, die auch nicht abfließen. So sind im Bereich der Vernässung von sage und schreibe 10 Millionen € bis Juli 2017 ganze 70 000 € - das sind 0,7 % - abgeflossen.

Hieran wird deutlich, dass es eben nicht reicht, lediglich Mittel für kommunalen Hochwasserschutz bereitzustellen, sondern es muss auch sichergestellt werden, dass die Gelder eingesetzt werden.

(Beifall bei der LINKEN)

Nun muss das Land prüfen, inwiefern denn diese Gelder zur Schadensbeseitigung und zur besseren Vorsorge im jetzigen Hochwassergebiet eingesetzt werden können. Setzen Sie sich doch deshalb einmal mit der EU ins Benehmen und werden Sie tätig. Denn auch die kommunale Infrastruktur hat unter den jüngsten Ereignissen gelitten. Wir fordern hier eine unbürokratische, schnelle Hilfe für die Kommunen. Fördermittelanträge sind unseres Erachtens in der aktuellen Situation nicht das geeignete Mittel.

Meine Damen und Herren! Präventivmaßnahmen sind entscheidend, trotzdem müssen wir auch die Schadensregulierung im Blick behalten. Die immer wieder in die Diskussion geworfene Pflicht zum Abschluss einer Elementarschadenversicherung für Gebäudeeigentümer ist jedoch nur dann sinnvoll, wenn die Versicherungsprämien in Risikogebieten auch erschwinglich sind.

Auch Landnutzerinnen und Landnutzer, deren Flächen von gesteuerten Flutungen betroffen sind, müssen sich auf Entschädigungen für Ertragsausfälle verlassen können. Das muss vorausschauend geschehen, damit die Mittel im Schadensfall auch bereitstehen.

(Beifall bei der LINKEN)

Wenn ich allerdings der Presse entnehme, wie sich der Ministerpräsident und die Frau Ministerin auf einer Bootsfahrt auf der Elbe feiern lassen, dann wird mir in Anbetracht der Situation im Harz und im Saalekreis ganz anders.

Auch wenn die anfänglich vorgesehene unterschiedliche Behandlung der Geschädigten in Zingst und im Harz vom Tisch ist - die 500 € bis maximal 2 500 €, die Sie als Soforthilfe bei einem nachzuweisenden Schaden von mindestens

5 000 € anbieten, reichen für keine Küche dieser Welt. Und den Menschen, die im Wasser stehen, haben Sie damit auch nicht geholfen.

(Beifall bei der LINKEN)

Noch einmal zum Landeshaushalt. Mit Interesse haben wir die Aussagen des Finanzministers auf der Landespressekonferenz am 8. August 2017

zur Kenntnis genommen. Sie, Herr Minister, treten in der ersten Jahreshälfte mit einer Haushaltssperre auf die Bremse und nun sollen übriggebliebene Mittel als Ihr persönlicher Fluthilfefonds fungieren. Das muss doch wohl der Haushaltsgesetzgeber entscheiden.

Meine Damen und Herren! Effizienter Hochwasserschutz braucht ein Gesamtkonzept. Die Hochwasserschutzkonzeption des Landes ist gut. Sie enthält viele Vorhaben, die jedoch noch ihrer Umsetzung harren. Dafür werden auch wir als Fraktion aktiv.

Wichtig ist dabei, dass alle Ebenen, vom Land über die Kommunen bis zu den Gewässerunterhaltungsverbänden, aber auch die Landwirtschaft und Gewerbetreibende, in die überregionale Zusammenarbeit integriert und aufeinander abgestimmt tätig werden, zum Beispiel bei der Bewirtschaftung und Unterhaltung von Gewässern erster und zweiter Ordnung.

Auch das Anlegen ausreichend breiter Blühstreifen an Feldrändern kann, abgesehen vom Artenschutz, etwa dem Bienenschutz, Wasser- und Schlammmassen zumindest teilweise aufhalten. Da diese außerdem nicht gedüngt werden, wird der Düngemitteleintrag in Gewässer minimiert; denn auch das ist ein Problem in unserem Land. Blühstreifen dienen also gleichzeitig als guter Gewässer- und damit auch Artenschutz.