Protocol of the Session on August 25, 2017

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren Abgeordneten! Bildung und auch gerade frühkindliche Bildung sollten nicht nur qualitativ gut, sie sollten auch beitragsfrei sein. Das ist das Ziel, in dem wir mittlerweile alle hier im Hohen Hause übereinstimmen.

Es geht aber um die Frage, wie wir auf diesem Weg vorankommen. Es geht um ein gemeinsames Versprechen an die Eltern, das wir sowohl in der letzten Legislaturperiode mit einem Entschließungsantrag groß beschlossen haben, als auch um das, was wir in unserer Koalitionsvereinbarung gesagt haben. Es ist das gemeinsame Versprechen an die Eltern: Wir entlasten sie.

Wenn die Debatte heute offenlegt, dass wir dazu unterschiedliche Wege in Betracht ziehen, dann müssen wir diese Diskussion führen. Und es ist gut, dass wir sie jetzt führen; denn wir stehen im Wort.

Ich sage - deswegen war es mein Vorschlag -: Sorgen wir in einem ersten Schritt für Beitragsfreiheit ab dem zweiten Kind.

(Beifall bei der SPD und bei der CDU)

Und umzusetzen ist das bestechend einfach; denn es setzt einen Weg fort, den wir bereits gemeinsam gehen. Knapp 12,8 Millionen € geben hier heute für die Mehrkindregelung aus, die die Beiträge für eine Familie mit mehreren Kindern in Krippe und Kindergarten bei 160 % eines Elternbeitrages kappt. Ich sagte nur - das war mein Vorschlag in den Eckpunkten -, weiten wir das aus.

Würden wir das zum neuen Kindergartenjahr 2018 starten, wäre das im Jahr 2018 haushaltsneutral. Im Jahr 2019 müssten wir nach unseren Berechnungen 3,5 Millionen € extra aufbringen, weil zunächst der Antrag gestellt wird und erst im Jahr 2019 bezahlt werden müsste. Im Jahr 2020 sind es dann 8 Millionen €. Das war mein Vorschlag.

Das könnte das Land, egal was im Bund passiert, wer an welcher Bundesregierung beteiligt ist oder ob es ein Qualitätsgesetz gibt, aus eigener Kraft finanziell machen, das wäre schnell umsetzbar und familienpolitisch richtig.

(Zustimmung bei der SPD)

Denn gerade bei Familien mit mehreren kleinen Kindern, Frau Hohmann, ist das Geld oft knapp. Da sind die Kita-Kosten ein dicker Posten im Budget. Ich lese das Ergebnis der Studie „Familienland Sachsen-Anhalt“ ganz anders. Leider hört mir jetzt Frau Hohmann nicht zu.

Eltern nennen nämlich neben Geld, Zeit und Wohnraum eben auch einen Mangel an sozialer Unterstützung des Landes als Grund dafür, bereits beim zweiten Kind zu überlegen, ob sie sich das noch leisten können. Es ist nämlich nicht der Wunsch, nur ein Kind zu haben, sondern die Überlegung, ob man das Leben mit zwei Kindern finanziell überhaupt stemmen kann.

Deswegen ist es richtig, dass wir Familien hier unterstützen. Wir unterstützen insbesondere diesmal die Eltern mit kleinen und mittleren Einkommen. Wir helfen ihnen nämlich dabei, die Elternbeiträge, die sie Monat für Monat aufbringen müssen, zu finanzieren. Ich habe zu diesem Vorschlag enorm gute Resonanz bekommen.

In dieser Situation wollen wir auch Alleinerziehende nicht ausblenden. Aber die unterstützen wir

durch ganz andere Sicherungssysteme, über § 90 SGB XIII, nämlich über das Jugendamt, wenn es dann mal eng wird.

Was ist noch auf dem Tisch? - Das ist mir ganz wichtig, weil das ist in mehreren Pressemitteilungen angesprochen wurde, und das haben wir auch selbst mal vertreten. Als die Diskussionen hochgekocht sind, als die Satzungen explodierten, als eben ganz viele für zehn Stunden sehr viel Geld zahlen mussten, da haben wir mal überlegt, ob wir die Elternbeiträge in Höhe des Kindergeldes kappen.

Wir haben mittlerweile sämtliche Satzungen des Landes vorliegen und können jetzt sagen, dass im Zehnstundenbetreuungsbereich in der Krippe die Elternbeiträge im Schnitt ziemlich genau auf Kindergeldhöhe sind. Also, wir müssen nicht mehr diese Operation machen, dass wir das kappen müssen. Im Kindergarten liegen sie weit darunter.

Dann ist die Frage, ob das letzte Kita-Jahr gebührenfrei sein sollte. Das macht - das wissen wir aus Berechnungen - 30 Millionen € aus. Da ist die Frage: Macht man das? Denn wir haben einen ganzen Punkt, den wir auch versprochen haben in der Koalitionsvereinbarung, noch nicht umgesetzt.

Wir haben bisher in keiner Weise angefangen, die Rahmenbedingungen für die Erzieherinnen und Erzieher zu verbessern. Deswegen war es der dritte Punkt meiner Eckpunkte, dass wir, statt weiter noch in die Beitragsfreiheit zu gehen, gucken, ob wir die Qualität in den Kitas verbessern können.

(Zuruf von Cornelia Lüddemann, GRÜNE)

So weit ist das nämlich ein Dreiklang, den wir auch in unserer Koalitionsvereinbarung verankert haben: Eltern entlasten, Kommunen entlasten und Erzieherinnen entlasten. Nutzen wir die Möglichkeit, Urlaub, Krankheit und Weiterbildung in die Kalkulation einzupreisen.

Ich freue mich jedenfalls auf die Debatte. Ich finde, dass wir sie zu dem richtigen Zeitpunkt führen. Heute war ja ganz groß zu lesen: Hessen führt Gebührenfreiheit ein. Ich denke, wir müssen uns dahinter nicht verstecken. Die führen Gebührenfreiheit ein für sechs Stunden. Was das für uns bedeuten würde und was man sich dann dazu kaufen müsste, um einen Ganztagsanspruch zu haben, davon sind wir hier im Land sehr weit entfernt. Ich finde, wir haben gute gestaffelte Elternbeiträge nach Stunden.

(Zuruf von Swen Knöchel, DIE LINKE)

- Doch, das kann man mittlerweile sagen. Wenn wir uns wirklich die Mühe machen, alle Satzungen anzugucken, Herr Knöchel, ist das schon gut. Man muss sich nicht immer auf Halle fokussieren. Da geht es aber auch.

Ich freue mich auf die Debatte. Das waren jedenfalls die Vorschläge, die auf dem Tisch lagen.

(Beifall bei der SPD und bei der CDU)

Danke, Frau Ministerin. Der Kollege Heuer hat noch eine Frage.

Sehr geehrte Frau Ministerin, mit Erlaubnis des Präsidenten zitiere ich aus Ihrer Rede vom 20. Juni:

„Wir werden das Kinderförderungsgesetz auf der Grundlage der Evaluierung und unter Berücksichtigung der aktuellen Ergebnisse der Prüfung durch unseren Landesrechnungshof novellieren.“

In einem weiteren Passus haben Sie gesagt:

„Wir warten auf das Urteil des Bundesverfassungsgerichtes und auf die Ergebnisse der Prüfung des Landesrechnungshofes.“

Den Fraktionen liegt noch kein Ergebnis der Evaluierung vor. Jetzt frage ich mich, wie Sie jetzt schon Eckpunkte vorstellen können, wenn Sie in Ihrer Rede vor nicht einmal ca. zwei Monaten gesagt haben, Sie warten das beides ab. Das, was Sie jetzt vor 14 Tagen hier gemacht haben, fand ich einfach unredlich.

(Zustimmung bei der CDU)

Ja, Herr Heuer, da bin ich mir wegen meiner Unredlichkeit nicht ganz so sicher; denn unsere Koalitionsvereinbarung, die wir geschlossen haben, war und ist für mich die Arbeitsgrundlage. Danach hatte ich bis zum 31. Dezember 2017 einen Gesetzentwurf vorzulegen, der sowohl die Kommunen als auch die Eltern entlastet.

Vielleicht ist es Ihnen nur nicht mitgeteilt worden. Ich hatte zumindest die Fraktionsvorsitzenden und, ich meine, auch die sozialpolitischen Sprecher darüber informiert, dass ich gehofft hatte, dass wir diese Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes in der Sommerpause oder vor der Sommerpause bekommen und dass wir dann in ein geordnetes Verfahren gehen können.

Damit ich mir den Vorwurf nicht gefallen lassen muss, ich hätte hier keinen beteiligt, habe ich keinen Gesetzentwurf vorgelegt, sondern ich habe nur Punkte vorgelegt.

Herr Heuer, Sie haben noch eine Nachfrage? - Eine kurze Nachfrage, bitte.

Also stehen Sie nicht zu der Aussage, die Sie vor zwei Monaten gemacht haben?

Herr Heuer, wir haben uns doch schon längst im Kabinett darauf verständigt. Wir werden jetzt in der ersten Phase einen Gesetzentwurf vorlegen - der ist schon abgestimmt; der ist heute in die Mitzeichnung gegangen -, durch den wir in einem ersten Schritt die Kommunen entlasten werden. Dann werden wir das Urteil des Landesverfassungsgerichts aufgreifen, die 50 %. Da werden wir gucken, dass wir eine Formulierung finden, die dem gerecht wird, damit wir das innerhalb unseres Zeitrahmens hinbekommen.

(Zuruf)

- Natürlich müssen Sie da zustimmen. Sehen Sie, Herr Heuer, ich glaube, Sie sind auch noch Mitglied einer Koalition. Oder nicht mehr?

(Zurufe)

Auch hier würde ich das Dialogverfahren unterbrechen wollen. - Frau Feußner hat das Wort. Bitte sehr.

Unabhängig von den Aussagen, die Sie vor Kurzem hier im Plenum gemacht haben, frage ich Sie, auf welcher Grundlage Sie jetzt zwei Gesetze machen. Denn Sie haben gesagt, wir machen jetzt ein Gesetz, dann kommt noch eines. Das gibt aus meiner Sicht unsere Koalitionsvereinbarung nicht her.

Es gab auch einen klaren Fahrplan, der miteinander abgestimmt ist, den Sie vor Kurzem - Herr Heuer hat es zitiert -, im Plenum vorgestellt haben. Ich verstehe nicht, wie Ihre Aktion, jetzt plötzlich Kommunen zu entlasten, zustande kommt.

Es steht zwar darin, dass wir Eltern und Kommunen entlasten wollen. Aber das sollte doch in einem Gesamtkonzept, in einem insgesamt novellierten KiFöG passieren. Jetzt machen wir schon einen Vorschritt. Ich weiß nicht, mit wem Sie das abgestimmt haben. Es kann ja sein, dass Sie das innerhalb der Regierung abgestimmt haben. Aber immerhin gehören auch die Fraktionen dazu. Herr Heuer hat es schon richtig gesagt: Wir hatten etwas anderes vereinbart. Wenn Sie jetzt einen anderen Weg gehen, dann wird es, glaube ich, sehr schwierig.

Also, nach meinem Kenntnisstand hat es das Gespräch mit dem Ministerpräsidenten und mit Ihrem Fraktionsvorsitzenden gegeben und wir haben uns auf diesen Weg verständigt, den in der Koalition zu gehen.

(Unruhe bei der CDU)

Herzlich Dank, Frau Ministerin. - Wir könnten jetzt in der Debatte fortfahren. Für die CDU-Fraktion spricht der Kollege Krull. Ich habe für alle, für ihn und alle nachfolgenden Redner, noch eine frohe Botschaft. Ich stelle hiermit fest, dass die Ministerin die vorgegebene Redezeit um eine Minute überzogen hat. Dies wird entsprechend dazu führen, dass wir jetzt eine Sechsminutendebatte statt einer Fünfminutendebatte haben. Herr Krull, Sie haben das Wort.

Sehr geehrter Herr Landtagspräsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Das Ansinnen der Antragsteller mit dem vorliegenden Antrag zum Thema „Beitragsfreie Kita“ - Frau Hohmann, Sie haben es selbst zugegeben - ist relativ klar erkennbar. Hier möchte man noch mal ein durchaus vorhandenes Konfliktpotenzial aufzeigen und vielleicht auch ein bisschen Honig für den Wahlkampf saugen. Das ist für die Opposition durchaus legitim. Aber ich werde dazu noch ein paar Worte sagen.

Ja, meine sehr geehrten Damen und Herren, nach der Vorstellung der Ideen der Spitze des Ministeriums für Arbeit, Soziales und Integration zur Novellierung des Kinderförderungsgesetzes wurde deutlich, es gibt durchaus unterschiedliche Positionen zu diesem Thema in Sachfragen innerhalb der Koalition. Wir als CDU-Fraktion haben das auch bereits öffentlich deutlich dargestellt.

Es ist wichtig, bevor wir die grundsätzliche Neuordnung des Kinderförderungsgesetzes angehen, dass die Daten- und Rechtslage klar ist. Das haben wir als CDU-Fraktion mehrfach deutlich gemacht. Dazu ist die Vorlage der umfänglichen Ergebnisse der Umfrage zu diesen Untersuchungen zur Kinderbetreuung in unserem Bundesland, die aus meiner Sicht keinen Vergleich zu scheuen braucht, notwendig.