Protocol of the Session on August 25, 2017

Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! In den letzten Tagen gab es mehrere Äußerungen zum KiFöG von verschiedenen Fraktionen des Hohen Hauses. Den Vorschlägen der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN nach einer Reduzierung des Ganztagsanspruchs erteilen wir hier und heute eine klare Absage.

(Beifall bei der LINKEN - Zustimmung von André Poggenburg, AfD, und von Tobias Rausch, AfD)

Nachdem die Evaluationsergebnisse bestätigt haben, dass wir eine höhere Betreuungsdauer als die prognostizierten durchschnittlichen acht Stunden haben, hätte eine Kürzung an dieser Stelle eine falsche Signalwirkung für die Eltern. Eine Reduzierung des Ganztagsanspruchs würde diejenigen Eltern belasten, die für ihre Kinder wegen ihres Jobs und des Arbeitsweges mehr als acht Stunden Betreuung am Tag benötigen.

(Zustimmung bei der LINKEN)

Diese müssten dann eine neunte, eine zehnte oder sogar eine elfte Stunde dazukaufen. Die Preise dafür liegen im Land momentan zwischen 3 € und 25 € pro Stunde.

(Cornelia Lüddemann, GRÜNE: Für arbei- tende Eltern sind die acht Stunden ja auch nicht!)

Die Forderung der Bündnisgrünen nach gestaffelten Elternbeiträgen in Sachsen-Anhalt ist aus unserer Sicht zudem keine wirksame Entlastung. Dafür sind die durchschnittlichen Einkommen der Einwohnerinnen im Land zu gering. Bestraft würden wiederum die Arbeitnehmerinnen, die für ihre Arbeit täglich pendeln, um beispielsweise einen höheren Lohn zu erzielen, und sich dafür oft kreditfinanzierte Autos zulegen. Diese würden nach Ihrer Forderung mehr Beitrag bezahlen.

(Beifall bei der LINKEN - Cornelia Lüdde- mann, GRÜNE: Das ist so nicht korrekt!)

Des Weiteren können durch den hohen Verwaltungsaufwand, der für die Prüfung der Einkommensverhältnisse der Eltern anfällt, wiederum enorme Kosten entstehen, die abermals die Elternbeiträge belasten.

Sehr geehrte Damen und Herren! Zum Schluss möchte ich noch einige Anmerkungen zu den Vorschlägen der CDU machen. Laut Pressemeldung vom Dienstag möchte auch die CDU den Ganztagsanspruch für alle Kinder reduzieren. Sie möchte für Kinder von arbeitslosen Eltern eine Reduzierung der Förderungs- und Betreuungsstunden in Tageseinrichtungen vornehmen. Begründet wird dies mit der Behauptung, dass arbeitende Eltern mit ihrem Beitrag die vermeintlich längere Betreuungsdauer von Kindern arbeitsloser Eltern mitbezahlen.

Auf diese Weise wird den arbeitenden Eltern suggeriert, dass eine Reduzierung des Ganztagsanspruchs zur Verringerung ihrer Elternbeiträge führen könnte. Dazu sage ich Ihnen ganz klar: Wir finden es beschämend, dass Sie ganz bewusst Familien mit Kindern gegeneinander ausspielen.

(Beifall bei der LINKEN)

Die Erhöhung der Elternbeiträge - das wissen Sie, meine Damen und Herren von der CDU - hat ganz andere Ursachen. Schauen Sie sich einfach einmal die Entgeltvereinbarungen an, die die Landkreise mit den Trägern von Tageseinrichtungen abschließen. Daraus können Sie eine ganze Menge lernen.

Ebenfalls kritisch sehen wir die als Alternative diskutierte Rückübertragung der Leistungsverpflichtung auf die Gemeinden. Sie schafft im Wesentlichen wieder die Verhältnisse aus dem Jahr 2003. Die Unzufriedenheit mit den damaligen Regelungen hatte im Jahr 2013 aber gerade zu dem Versuch geführt, Strukturänderungen herbeizuführen.

(Zuruf von Dr. Verena Späthe, SPD)

Ich weiß noch ganz genau, wie der damalige Minister Bischoff hier im Haus die Änderungen mit einer größeren Transparenz der Geldströme begründete und damit, dass man herausfinden wolle, wie teuer denn nun ein Kita-Platz sei.

Zu den damaligen Problemen kämen derzeit noch die Schwierigkeiten mit den LEQ-Vereinbarungen hinzu, die in der Verantwortung der Landkreise über den Kopf der Gemeinden hinweg verhandelt werden; die Gemeinden müssen dann aber das ausgehandelte Ergebnis bezahlen.

Auch ein Ausstieg aus den LEQ-Vereinbarungen und damit eine vollständige Rückkehr zu den Regelungen von 2003 verspricht kein besseres Ergebnis; denn damit würde die sich über die LEQVereinbarungen gerade erst entwickelnde Transparenz der Kosten wieder verschwinden. Ich kann nur sagen, die Zahlen liegen auf dem Tisch. Und was einmal aus der Tube gepresst ist, lässt sich schwer wieder zurückholen.

(Beifall bei der LINKEN)

Zusammenfassend kann ich sagen: Die Herkunft und der Status der Eltern bestimmen maßgeblich die Zukunftschancen von Kindern. Darüber haben wir gestern bereits sehr ausführlich diskutiert. Wir sagen, alle Kinder verdienen gute Startchancen. Dafür muss mehr öffentliches Geld in die Förderung von Familien und Kindern fließen.

Ein guter Kita-Platz bedeutet gemeinsames Spielen und Lernen, neue Bildungsangebote und Sprachförderung. Deshalb muss auch der Ganztagsanspruch für alle Kinder erhalten bleiben. Gute und kostenfreie Bildung von Anfang an sind für uns der Schlüssel dazu, allen Kindern eine gute Zukunft zu ermöglichen.

Sehr geehrte Damen und Herren! Welche Modelle am geeignetsten, welche Instrumente am brauchbarsten sind, um das Ziel der Kostenbeitragsfreiheit zu erreichen, darüber können wir in den Ausschüssen reden, wenn der Gesetzentwurf der Landesregierung endlich eingebracht worden ist. Unser Gesetzentwurf liegt, wie ich schon sagte, vor.

Heute jedoch geht es uns um ein klares Signal des Landtages für zügige Verhandlungen, damit die Kostenbeitragsfreiheit für alle Eltern möglichst schnell hergestellt wird. Deshalb bitte ich um Direktabstimmung über unseren Antrag. - Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der LINKEN)

Frau Hohmann, Kollegin Lüddemann hat eine Intervention oder eine Frage. Sie müssten noch entscheiden, ob Sie sie beantworten wollen. - Frau Lüddemann, Sie haben das Wort.

Vielen Dank, Herr Präsident. Ich meine, es ist eher eine Intervention. - Ich muss meiner Irritation Ausdruck verleihen. Kollegin Hohmann, Sie haben gesagt, Sie haben die Vorschläge, die in den letzten Tagen auf den Tisch kamen, geprüft. Dann irritiert es mich, dass Sie nur die eine Hälfte des grünen Vorschlages hier zitieren.

Ja - das ist nichts Neues -, auch in der letzten Legislaturperiode haben wir uns für einen Ganztagsanspruch von acht Stunden für alle Kinder ausgesprochen, und zwar bei gleichzeitig verstärktem Ausbau der Randzeitenbetreuung, insbesondere für diejenigen mit kleinem Einkommen - das ist die Schlussfolgerung. Fakt ist, dass wir einen Ganztagsanspruch für alle Kinder von acht Stunden wollen, für berufstätige Eltern selbstverständlich darüber hinaus. Alles andere wäre ja schizophren, wäre ökonomisch unsinnig und aus der Sicht der frühkindlichen Bildung völlig kontraproduktiv.

Ich bitte darum, dann, wenn grüne Vorschläge in diesem Hohen Hause zitiert werden, nicht nur den einen Teil - es ist richtig, das ist eine Absenkung, das ist völlig klar; das ist nichts Neues -, sondern auch den zweiten Teil zu erwähnen.

Es besteht nämlich durchaus - dazu werden wir uns in den nächsten Monaten auch mit allen anderen Fachleuten, mit Koalitionspartnern, mit der Opposition etc. verständigen - ein Unterschied zu anderen Vorschlägen, aber ein, wie ich finde, sehr wichtiger. Denn genau das, was Sie uns hier vorgeworfen haben, ist in keiner Weise Intention unserer Bestrebungen. Im Gegenteil: acht Stunden für alle, damit mehr Kapazität und mehr Geld dafür da ist, die Randzeitenbetreuung auszubauen.

(Zustimmung von Sebastian Striegel, GRÜ- NE, und von Olaf Meister, GRÜNE)

Darauf muss ich doch erwidern. Frau Lüddemann, ich habe eigentlich angenommen, dass Sie darauf nicht anspielen, deshalb habe ich das auch nicht in meiner Rede gehabt.

Zum Ersten. Die acht Stunden waren damals auch schon zu wenig. Sie haben ja gesehen, dass Eltern, wenn sie acht Stunden arbeiten und man den Fahrweg noch einrechnet,

(Cornelia Lüddemann, GRÜNE: Ja, ja!)

mehr brauchen.

(Cornelia Lüddemann, GRÜNE: Ja!)

Wenn im Gesetz - so haben es die Erfahrungen seit 2013 gezeigt - zehn Stunden stehen, dann werden auch diese zehn Stunden in der Satzung berechnet. Die elfte und die zwölfte Stunde darf man sich dazukaufen. Ich habe Ihnen die Preise genannt. Wenn Sie jetzt acht Stunden in das Gesetz schreiben, dann heißt das unter dem Strich, die neunte, zehnte oder elfte Stunde kaufe ich dazu.

(Zuruf von Cornelia Lüddemann, GRÜNE)

Das sind die Erfahrungen der letzten sechs Jahre. Gehen Sie in die Landkreise, gehen Sie in die Gemeinden, erkundigen Sie sich.

(Cornelia Lüddemann, GRÜNE: Das haben wir getan!)

Sie finden jedes Mal diesen Zehnstundenanspruch. Einen Elfstundenanspruch hat man nicht genommen, weil im Gesetz zehn Stunden stehen. So würde das auch bei den acht Stunden sein.

Die Geschichte der Randzeitenbetreuung habe ich bewusst nicht mit hineingenommen. Ich habe mich erkundigt, ich habe nachgelesen. Mecklenburg-Vorpommern hat dieses Problem nämlich

auch angesprochen; man wollte dort auch diese Randzeitenbetreuung machen. Es hat viele Anhörungen dazu gegeben. Diese Randzeitenbetreuung würde Folgendes bedeuten: Die Erzieherinnen würden nur in den Kernzeiten da sein, für die Randzeiten müsste sich der Träger aus der öffentlichen Jugendhilfe jemanden - in Anführungsstrichen - besorgen.

(Zuruf von Cornelia Lüddemann, GRÜNE)

- Doch, das sind die Diskussionen. Sie haben nicht geschrieben, was Sie ganz konkret mit Ihren Randzeiten meinen. Es ist natürlich schwierig, wenn ich so etwas in die Welt setze, wenn ich nur „Randzeiten“ schreibe und nicht sage, was ich damit meine.

(Zuruf von Cornelia Lüddemann, GRÜNE)

Die Diskussionen gab es schon und deshalb habe ich das hier nicht aufgegriffen. Das ist teilweise sehr verwirrend. Auch die Staffelung der Beiträge nach sozialer Bedürftigkeit oder wie auch immer - -

Frau Hohmann, wir versuchen jetzt bitte einmal, das Dialogverfahren zu durchbrechen, damit wir die Chance haben, in die Debatte einzusteigen.

Ja, okay, alles klar.

(Beifall bei der LINKEN - Zuruf von Cornelia Lüddemann, GRÜNE)

Danke. - Dann würden wir diesen Versuch jetzt tatsächlich entschlossen unternehmen. Wir beginnen die Fünfminutendebatte mit dem Beitrag der Landesregierung. Ministerin Frau GrimmBenne, Sie haben das Wort.