Es ist im Schulgesetz festgelegt, dass Lehrkräfte in eigener pädagogischer Verantwortung unterrichten. Ich denke, das ist gut so, denn nur so haben auch die Lehrkräfte die Möglichkeit, individuell auf die Schülerinnen und Schüler einzugehen. Denn auch - das werden Sie vielleicht nicht wahrhaben wollen, Herr Tillschneider - nicht alle Kinder sind gleich und nicht alle Kinder lernen gleich gut nach nur einer bestimmten Methode. Vielmehr ist es doch wichtig, dass wir gut ausgebildete Lehrkräfte haben, die das Individuelle in den Kindern erkennen.
„Ich denke, das Problem ist, dass Lehrer lernen sollten, für welche spezifischen Probleme welche Methoden besonders hilfreich sind. Mein Plädoyer geht nicht dahin, eine Methode durch eine andere zu ersetzen, sondern in der Lehreraus- und -fortbildung das Repertoire der Lehrer zu erweitern und ihnen deutlich zu machen, was der Hintergrund der einzelnen Methode ist, damit ihnen die spezifischen Stärken, aber auch Risiken dieser Zugriffe klar sind, sodass sie dann im Unterricht sehr viel gezielter auf die Probleme, die Kinder an bestimmten Stellen haben, eingehen könnten.“
Zum anderen möchte ich erwähnen, dass es keine eindeutigen Ergebnisse in der wissenschaftlichen Forschung gibt, die für die eine oder die andere Methode sprechen. Das behaupten Sie zwar immer, auch in Ihrem Antrag, aber so ist es eben, wenn man immer nur mit einseitigen Quellen arbeitet, die ausschließlich die eigene Position stärker. Man muss bei dem Thema schon quer lesen und dann kommt man zu der Erkenntnis, ja, dass es erwiesen ist, dass sich in der Klassenstufe eins und zwei durchaus Nachteile ergeben können, wenn nach der sogenannten ReichenMethode unterrichtet wird, spätestens in Klassenstufe vier diese Nachteile jedoch wieder völlig ausgeglichen sind.
Nicht unerwähnt lassen möchte ich, dass das Thema eigentlich völlig an den Haaren herbeigezogen ist. Der Herr Minister hat es erwähnt, nur ein geringer Teil der öffentlichen Grundschulen und der Schulen in freier Trägerschaft favorisiert das Verfahren nach der Reichen-Methode. Sie machen wieder aus einer Mücke einen Elefanten. Sie sehen ein Problem, wo es gar keines gibt. Aber das kennen wir von Ihnen bei ganz anderen Themengebieten.
Lassen Sie mich zum Schluss noch zwei Dinge mit einem leichten Augenzwinkern anmerken. Das will ich vorausstellen. In der Tat ist es erwiesen,
dass die Methode „Lesen durch Schreiben“ oder „Schreiben durch Gehör“ bei einigen Gruppen Nachteile mit sich bringt. Zum einen sind das wohl Kinder mit Migrationshintergrund und zum anderen Kinder, die aus einer Region mit starkem Dialekt kommen. Sie, Herr Tillschneider, sind in Rumänien geboren und übrigens wie ich auch in Baden-Württemberg aufgewachsen.
Erstens. Beide hätten wir es sicherlich recht schwer gehabt, wenn wir ausschließlich nach der Reichen-Methode unterrichtet worden wären. Es ist also gut, dass unsere Lehrkräfte vermutlich individuell auf uns eingegangen sind. Nachdem wir in unseren ersten fünf Lebensjahren schwäbisch geschwätzt haben, ist es gut, dass wir jetzt einigermaßen korrekt Hochdeutsch sprechen können, aber mit Sicherheit korrekt schreiben können.
Zweitens habe ich - so glaube ich - beobachtet, wie auch ich, schreiben Sie mit links. Ich glaube, Sie sind genau so froh wie ich, dass wir damals nicht umerzogen worden und die Verbote tatsächlich schlecht sind. Es hat etwas Gutes, wenn man nicht mit Verboten hantiert, sondern Kinder individuell nach der jeweiligen Begabung mit unterschiedlichen Methoden fördert und fordert. - Vielen Dank.
Es gibt keine Nachfragen. Wir kommen nun zum Ende der Debatte. Für die AfD-Fraktion hat der Abg. Herr Schmidt das Wort.
Sehr geehrter Herr Präsident! Werte Kollegen! Hohes Haus! Wir müssen alles erst einmal lernen. Flüssiges Lesen sowie eine korrekte Rechtschreibung sind Fähigkeiten, die uns allen bereits in der Grundschule beigebracht worden sind. Beides wurde schrittweise und repetitiv geübt, immer und immer wieder. Die Folge dieser althergebrachten Unterrichtsmethode: Wir haben es nicht nur gelernt, sondern werden es ein Leben lang behalten. Etwas erst einmal falsch zu lernen und es später zu korrigieren, wie es bei Methoden wie „Lesen durch Schreiben“ der Fall ist, bleibt ein ideologischer Humbug ohne wissenschaftlichen Bezug.
Um zu verstehen, wie der Prozess des Lernens funktioniert, müssen wir uns mit dem menschlichen Gehirn beschäftigen. Fernab der links-grünen Fantasiewelt, in der einige Bildungstalibane leben, gibt es belastbare Erkenntnisse der Neuro
Der Gegenstand der Betrachtung ist daher das komplexeste Organ unseres Körpers, das Hirn. Als zentraler Teil des Nervensystems ist es nicht nur Sitz unseres Bewusstseins, es ist auch zuständig für die Verarbeitung unserer Sinneswahrnehmungen, die Koordination unserer Verhaltensweisen und die Speicherung von Informationen. Quasi ein kleiner Hochleistungscomputer aus Biomasse.
Wenn wir verstehen, wie er funktioniert, verstehen wir gleichzeitig auch, wie man ihn bedienen muss. Was passiert also im Gehirn eines lernenden Schülers? - Schauen wir uns dies doch genauer an: Erst einmal ist da ein Knäuel von Nervenbahnen, welches für uns nach totalem Chaos aussieht, für sich aber seine ganz eigene Ordnung besitzt.
So ist der Hauptspeicher unseres kleinen Biorechners das Gedächtnis. Es ist sowohl zuständig für das Einprogrammieren von Informationen auf der Festplatte, also das Lernen an sich, als auch für das Abrufen der gespeicherten Daten, dem Erinnern.
Übrigens ist auch eine ganz wichtige Funktion das Vergessen. Sie kennen das, meine Damen und Herren der Altparteien. Das passiert Ihnen nach jeder Wahl mit den Versprechen, die Sie den Bürgern gegeben haben.
Mit mir wird es keine Pkw-Maut geben. Diese Sprüche kennen wir doch! - Ihnen ist sicherlich bekannt, dass das Gehirn aus Nervenzellen besteht, welche untereinander Informationen in Form von elektrischen Potenzialen austauschen. Die neuronalen Verbindungen der Zellen sind einem ständigen Umbau unterworfen. Wir hören quasi nie auf zu lernen und zu vergessen.
Dabei gibt es noch ein besonders Bauteil, das für die Fähigkeit, zu lernen, elementar ist: die Synapse. Sie ist eine Schnittstelle auf dem neuronalen Datenweg zwischen den Zellen. Die Synapsen wachsen mit der Anregung. Je öfter und stärker sie also angeregt werden, desto leistungsfähiger und beständiger werden die Synapsen. Aus dem Informationstrampelpfad wird eine Datenautobahn. Je öfter und langfristiger also etwas geübt wird, desto besser und dauerhafter beherrschen wir es. In der Fachsprache nennt man das Langzeitpotenzierung. Das mag sicher auch für einige Schüler quälend langweilig oder anstren
Reduzieren wir es also auf das Wesentliche. Lernen ist schlussendlich das Anlegen und Ausbauen neuer Kontaktstellen zwischen den Nervenzellen. Die Natur hat es so eingerichtet, dass dies bei Kindern besser und schneller funktioniert. Die Volksweisheit, „Einem alten Hund bringt man keine neuen Kunststücke bei“ oder „Was Hänschen nicht lernt, lernt Hans nimmermehr“, schlagen genau in diese Kerbe.
Umgekehrt gilt aber das Gleiche. Das Gehirn hat zwar, wie bereits erwähnt, auch die Fähigkeit zu vergessen, einmal ausgetretene Pfade bleiben dennoch erhalten. Fachbegriff: Gedächtnisspur. Man behält beispielsweise eine falsch gelernte Rechtschreibung weiterhin im Hinterkopf. In der Welt der Neurowissenschaftler ist man sich deswegen einig: Es ist grundlegend dem Lernprozess nicht zuträglich, Fähigkeiten erst falsch zu erlernen und sie später korrigieren zu wollen.
Aufgrund der Funktionsweise unseres Gehirns ist es nicht nur förderlich, sondern absolut geboten, dass der Erwerb der Schriftsprache erstens von Anfang an mit ordnungsgemäßer Orthographie und zweitens repetitiv stattzufinden hat. - Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.
Damit sind wir am Ende der Debatte angelangt. Ich habe, zumindest bisher, keinen Überweisungsantrag für diesen Antrag gehört. - Dem ist offensichtlich so, sonst würde jetzt jemand protestieren.
Demzufolge kommen wir jetzt zur Abstimmung über diesen Antrag, wie er vorliegt. Wir stimmen über den Antrag der AfD-Fraktion in der Drs. 7/1757 ab. Wer diesem Antrag zustimmt, den bitte ich um das Kartenzeichen. - Das ist die AfDFraktion. Wer ist dagegen? - Das sind die Koalitionsfraktionen und die Fraktion DIE LINKE. Damit ist der Antrag abgelehnt worden. Wir beenden den Tagesordnungspunkt 5.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wenn der Ministerpräsident in der „Volksstimme“ an die letzte Schlacht Napoleons erinnert und mit dem Wort „Waterloo“ auf das Verhalten seiner Kabinettskollegin Frau Grimm-Benne reagiert, dann sollte das der Opposition schon einen Antrag wert sein.
Uns geht es mit unserem Antrag natürlich nicht um das Austragen von Schlachten - das, denke ich, bekommt die Landesregierung selbst bestens hin -, sondern um die Frage, wie stark und vor allem wie schnell wir Eltern von ihren Kostenbeiträgen befreien können.
Sehr geehrte Damen und Herren! Grundsätzlich begrüßen wir natürlich, dass endlich auch von Ihrer Seite Bewegung in die Sache kommt. Welche Streitereien Sie dabei untereinander austragen, ist Ihre Angelegenheit.
Eines aber weise ich für meine Fraktion entschieden zurück: den Vorwurf, den Sie bei der Einbringung unseres Gesetzentwurfs im Juni 2017 an uns gerichtet haben. Sie warfen uns damals unter anderem unseriöses Verhalten vor, weil wir den Urteilsspruch des Bundesverfassungsgerichts
Sehr geehrte Damen und Herren! Bei der Vorstellung der Eckpunkte des neuen Gesetzentwurfs sagte die Ministerin, man wolle das Verfahren einfach halten und habe deshalb die vorhandene Mehrkindbefreiung auf das zweite Kind ausgedehnt. DIE LINKE hat natürlich nichts gegen einfache und unbürokratische Lösungen, nur sollte die Frage erlaubt sein, ob diese Lösungen die versprochenen Ziele überhaupt erreichen.
Im letzten Jahr hat die SPD-nahe Friedrich-EbertStiftung das Zentrum für Sozialforschung in Halle mit einer Studie beauftragt, die den Titel „Familienland Sachsen-Anhalt“ trägt. Diese Studie stellte einen eindeutigen Trend zur Einkindfamilie in unserem Bundesland fest. Dort heißt es - ich zitiere -: „In mehr als zwei Dritteln aller Familien in Sachsen-Anhalt lebt ein Kind.“
Weiter heißt es dort: „Sowohl Zweikindfamilien als auch Drei- und Mehrkindfamilien nehmen zugunsten der Einkindfamilie ab.“
Jetzt erleben wir eine Sozialministerin, die die Kostenbeitragsbefreiung ab dem zweiten Kind als den großen sozialpolitischen Wurf feiert. Frau Ministerin, wenn man nur ca. ein Drittel der Eltern
(Beifall bei der LINKEN - Silke Schindler, SPD: Aber vielleicht ist genau das der Grund für die vielen Einkindfamilien!)
Aus diesem Grund stellen wir heute unseren Antrag. Wenn man Kostenbeitragssenkungen einführen will, dann, bitte schön, auch für alle Eltern, die ihre Kinder in die Kita bringen, also auch für Einkindfamilien.