Protocol of the Session on June 21, 2017

- Ich weiß.

Erstens. Ihre Versuche, der AfD zu unterstellen, dass sie deswegen den Antrag stellt, weil sie das russische System so toll findet, sind einfach nur lächerlich.

(Zustimmung bei der AfD)

Die AfD findet das russische System nicht so toll. Das ist vielleicht bei Ihnen in der Partei der Fall; bei uns nicht. Wir orientieren uns an unserem Gesellschaftssystem. Das wollen wir verbessern. Wenn Sie es nicht glauben, lesen Sie unser Stuttgarter Parteiprogramm.

(Lachen bei der SPD und bei den GRÜ- NEN)

Zweitens. Sie haben nicht über das Thema Russlandsanktionen gesprochen, sondern über Geopolitik, in die sich die Russlandsanktionen einordnen. Dieses Thema habe ich hier nicht bearbeitet. Dann hätte ich nämlich ausführlich nur dazu Stellung nehmen können, wie es mit der Geopolitik aussieht. Diesbezüglich teile ich Ihre Meinung nicht.

Zu den Punkten, bei denen Sie aber zur Handelspolitik gesprochen haben, habe ich genau die gleiche Auffassung.

Wir brauchen wegen der eigenen Interessen unseres Volkes langfristige Energiesicherheit und eine Win-win-Situation, also eine beiderseitige Gewinnsituation, für Russland im Maschinenbau bei der Modernisierung und für unsere Unternehmen einen Absatzmarkt und umgekehrt Energiesicherheit. Dafür brauchen wir diese guten Handelsbeziehungen.

(Prof. Dr. Angela Kolb-Janssen, SPD: Zwei Minuten, sagt die Geschäftsordnung!)

Die Kenia-Koalition muss einmal darüber nachdenken, ob sie als Arbeitsvernichter in die Geschichte eingehen will oder als arbeitsplatzschaffende Partei und Koalition.

(Zustimmung bei der AfD - Siegfried Borg- wardt, CDU: Ja, ja!)

Also kurz, Herr Farle, wenn Sie die Argumentation der Beziehungen zwischen Russland und rechtsradikalen Parteien in Europa lächerlich finden, ja, dann lachen Sie meinetwegen doch. Es gibt genug Leute, die tun das nicht und die nehmen das sehr ernst.

Punkt 2: Ich habe - das will ich Ihnen nur einmal sagen - meinen oder unseren Antrag eingebracht, der ausdrücklich auf die Dialog-Orientierung mit Russland orientiert ist, und ausdrücklich nicht zu Ihrem Antrag gesprochen. Insofern klärt sich die Debatte einfach dadurch auf, dass wir zu zwei unterschiedlichen Anträgen gesprochen haben. - Danke.

(Zustimmung von Sebastian Striegel, GRÜ- NE)

Es gibt keine weiteren Anfragen. Dann fahren wir fort. Für die Debatte ist vorgesehen worden, die Punkte a) und b) zusammenzufassen. Für jede Fraktion sind drei Minuten Redezeit vorgesehen. Für die Landesregierung spricht Minister Herr Prof. Dr. Willingmann. Herr Minister, Sie haben das Wort.

Herr Vizepräsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordneten! Wir haben zu dieser Thematik auf nahezu gleichlautenden Antrag der AfD am 1. September 2016 einen Landtagsbeschluss gefasst. Aus dem darf ich einmal zur Versachlichung etwas zitieren:

„Der Landtag begrüßt […] Bestrebungen im Interesse der sachsen-anhaltischen Wirtschaft, die Gespräche mit Russland, unter Maßgabe der deutsch-europäischen Außenpolitik und in Abhängigkeit der Kooperation der Russischen Föderation, zu intensivieren.“

Und weiter: „Ein doppelter Dialog - darüber, was uns verbindet, aber auch darüber, was uns trennt - ist unumgänglich.“ Und schließlich: „Eine Aufhebung der gegenseitigen Sanktionen liegt im beiderseitigen Interesse, erfordert aber die Bearbeitung der zugrunde liegenden Ursachen.“

(Zustimmung bei den GRÜNEN)

Das ist hier Beschlusslage. Ich weiß, dass das nicht ganz die Auffassung der AfD war. Es war nämlich ein eigener Antrag der Koalition. Aber so ist es hier beschlossen worden, und diese Grund

sätze zum Umgang mit Russland gelten für die Mitglieder der Landesregierung uneingeschränkt fort, auch für den Wirtschaftsminister.

Insoweit bin ich einigermaßen befremdet, dass ein Satz, nämlich die Frage danach, ob ich einer sofortigen Aufhebung der Sanktionen zustimmen könne, eine derartige Relevanz für Sie bekommt. Denn eines muss klar sein: Wir sprechen darüber, dass die zugrunde liegenden Ursachen bearbeitet werden müssen und dass - darauf haben Sie in Ihrer Darlegung vollständig verzichtet - diese Sanktionen eine Reaktion sind. Moralisch können wir darüber streiten, Herr Abg. Gallert, ob das alles in der Vergangenheit immer richtig war. Aber dieser Landtag hat am 1. September - übrigens ein wichtiges Datum für so etwas - einen Beschluss gefasst, dem ich mich uneingeschränkt verbunden fühle und dem ich mich auch unterwerfe.

(Beifall bei der SPD und bei der CDU)

Das gilt auch für die Landesregierung. Insoweit ist es auch nicht hilfreich, dass künstlich versucht wird, irgendeinen Streit zwischen Wirtschaftsminister und Ministerpräsident zu konstruieren.

Richtig ist, dass wir unterschiedliche Facetten dieses sehr komplexen Problems, das der Abg. Gallert angesprochen hat, beleuchtet haben. Deshalb könnte mein Beitrag an dieser Stelle eigentlich enden. Aber ich nutze nach sehr ausführlichen Einbringungen des Antrags nun doch die Gelegenheit, um einige Grundsätze zu erklären, die vielleicht auch die Wirtschaftspolitik dieses Wirtschaftsministers in dieser Landesregierung deutlich machen.

Die Kontakte zu Russland - das muss man nicht immer wieder betonen, ich tue es trotzdem hier, weil es offenbar ein bisschen untergegangen ist - sind für uns aus historischen wie wirtschaftlichen Gründen wichtig. Selbstverständlich. Die Russische Föderation ist weiterhin - das wird gelegentlich hier verkannt - für uns Handelspartner, außerhalb der Sanktionen sogar ziemlich intensiv.

Viele Unternehmen aus Sachsen-Anhalt pflegen historisch bedingt enge Kontakte. Es ist daher natürlich im Interesse des Landes, dass sich die Beziehungen zu Russland normalisieren. Deshalb ist das, was gesagt wurde, auch richtig, nämlich dass wir im Gespräch bleiben müssen. Ich kann insoweit durchaus nachvollziehen, dass vonseiten der LINKEN hier sehr deutlich insbesondere diese Dialogkultur angemahnt wird. Wandel durch Annäherung!

Zweitens ein wichtiger Grundsatz. Meine Damen und Herren! Sanktionen sind eine Belastung für die Wirtschaft. Selbstverständlich. Und wir nehmen die ernst - selbstverständlich -, auch wenn mir die Panikmache, die hier gerade entstanden

ist, nicht gefällt. Ihre Überwindung, nämlich die Überwindung der Sanktionen, ist selbstverständlich ein Ziel. Aber eines müssen wir natürlich auch klarstellen. Es gibt Gründe für diese Sanktionen - ich betone es noch mal -, die bei Ihnen, Herr Farle, gar nicht vorgekommen sind.

Und wir müssen eines klarstellen: Nach jahrelangem Rückgang der Außen- und Wirtschaftsbeziehungen zu Russland, und zwar auch schon vor der Sanktionszeit - wir wollen uns bitte die Zahlen genau anschauen -, verzeichnen wir jetzt im ersten Quartal deutliche Zuwächse, und zwar sowohl bei den Exporten als auch bei den Importen. Es gibt eine gelebte Zusammenarbeit.

Und das, was Sie im schriftlichen Antrag niedergelegt hatten, nämlich dass wir Handel miteinander treiben wollen, meine Herren und meine Dame, das tun wir. Man sollte das nicht so verdrehen.

Und schließlich: Sanktionen, also Handelshemmnisse, sind in der internationalen Politik vielleicht nicht immer moralisch wertvoll. Aber sie sind ein unerlässliches Instrument zur Durchsetzung von Zielen, jedenfalls wenn man an die Alternative denkt. Und die bleibt militärische Intervention auf der einen Seite oder aber das Gewährenlassen völkerrechtswidriger Zustände auf der anderen Seite.

(Zustimmung bei den GRÜNEN)

Wo ist denn der nächste Weg und der Vorschlag, den Sie anstelle der Handelshemmnisse hätten, oder irgendetwas, was uns aus dem Dilemma herausführt? Wir können doch nicht hinnehmen, dass der Zustand - da danke ich dem Abg. Gallert außerordentlich - auf der Krim und der in der Ostukraine nicht völkerrechtsgemäß ist.

(Zustimmung von Sebastian Striegel, GRÜ- NE)

Dennoch, bei aller Empathie und bei aller Aufregung: Es gilt für uns im Jahr 2017, die Normalisierung der Beziehungen zu Russland so zu fordern, wie sie viele andere auch fordern. Selbstverständlich. Die Landesregierung ist im Gespräch, vielfältig. Der Ministerpräsident ist mit der Bundeskanzlerin im Gespräch, die sich noch einmal nachdrücklich für die Sanktionen ausgesprochen hat. Wir sind mit der russischen Botschaft und mit vielen weiteren Einrichtungen im Gespräch. Wir wissen, dass es eine Sondersituation in Ostdeutschland gibt. Wir wissen, dass es eine Sondersituation in Sachsen-Anhalt gibt.

Selbstverständlich müssen diese Gespräche auch im Verbund jener geführt werden, mit denen wir die meisten Handelsgeschäfte tätigen, nämlich innerhalb der EU, also mit jenen, die gemeinsam diese Sanktionen verhängt haben. Denn eines muss auch klar sein: Wenn wir die Wirtschaft - da

möchte ich einmal einen Vorschlag in die andere Richtung bringen - auf europäischer Ebene tatsächlich mit den Folgen einer Sanktionspolitik belasten, dann könnte man ja auch einmal über Entlastungsmöglichkeiten exakt auf dieser europäischen Ebene nachdenken.

Das sind doch alles Modelle, die bisher schon bedacht sind. Die gibt es gelegentlich auch in der Landwirtschaft. Darüber muss man auch einmal weiter verhandeln und nicht einfach dumpf sagen, das eine ist schlecht und falsch und das muss weg und ich nehme den anderen Zustand einfach hin. Das ist mir zu wenig.

Deshalb unterstützt mein Haus weiterhin jeglichen Kommunikationsprozess mit Russland, mit der Russischen Föderation und übrigens auch mit der Ukraine. Deshalb gab es im Jahr 2016 mit der IHK einen Wirtschaftstag Russland. Es gab eine Delegationsreise nach Samara und im November 2016 zusammen mit der IHK Halle einen Russlandtag im Bereich der IHK Halle.

In diesen Wochen ist leider die Veranstaltung in Zerbst, nämlich der Katharina-Tag, ausgefallen. Wir planen ihn für das nächste Jahr. Für das nächste Jahr ist ebenfalls geplant, nach Russland zu reisen, um auch dort die Kontakte zu pflegen, um eben genau das zu tun, was man uns im Beschluss vom 1. September 2016 aufgegeben hat, nämlich Kontakte zu halten und den Dialog zu intensivieren. Genau das machen wir.

Jetzt kommt noch etwas, weil in diesem Land der Wirtschaftsminister auch für die Wissenschaft zuständig ist. Wir haben in diesem Land 350 Studierende aus Russland und etwas mehr als 300 aus der Ukraine. Unsere Hochschulen haben zu 48 Einrichtungen in Russland und zu 16 Einrichtungen in der Ukraine Kontakte. Es gibt ein vorbildliches Engagement der Otto-von-Guericke-Universität in Kasan und eine durch den Krieg in der Ostukraine unterbrochene Beziehung nach Donezk.

Es gibt bemerkenswerte Ansätze der Völkerverständigung an der Hochschule Anhalt durch gemeinsame Arbeitsgruppen von Russen und Ukrainern, die man immer wieder hervorheben darf. Und - das darf auch noch erwähnt werden - in diesen Minuten unterschreibt der Rektor der Martin-Luther-Universität einen Kooperationsvertrag mit einer russischen Universität aus dem Ural. Das ist die Zukunft und das ist die Wirklichkeit unserer Zusammenarbeit, der wir uns verpflichtet fühlen.

Deshalb, meine Damen und Herren, werden wir diesen Dialogprozess fortsetzen. Wir werden den Beschluss des Landtages vom 1. September 2016 umsetzen. Damit sind wir auf dem richtigen Weg. - Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der SPD)

Herr Minister, es gibt von der AfD-Fraktion zwei Wortmeldungen. Herr Farle, Sie haben das Wort.

(Sebastian Striegel, GRÜNE: Schon wie- der! Kann da nicht mal jemand anderes re- den, oder dürfen nur Sie?)

Sehr geehrte - -

(Zuruf von der AfD)

- Ach, lass sie doch.

Sehr geehrte Damen und Herren! Ich höre das sehr gern, wenn Sie sagen, dass Ihre Position sich nicht gegen die Handelsbeziehungen richtet. Das höre ich sehr gerne, jedoch mir fehlt der Glaube. Die „MZ“ hat in einer ganzseitigen Berichterstattung darauf hingewiesen, dass Herr Haseloff ein Ende der Sanktionen fordert und Herr Armin Willingmann hingegen auf Härte setzt. Russland greife massiv in die Integrität der Ukraine ein und so weiter.