Protocol of the Session on June 20, 2017

Nun hat DIE LINKE diesen angekündigten Gesetzentwurf zur letzten Sitzung vor der Sommerpause mit dem Ziel eingebracht, ihn zum 1. Januar 2018 in Kraft treten zu lassen. Mich wundert, dass in der bisherigen Debatte dieses Datum des Inkrafttretens noch keine so große Rolle gespielt hat; denn das ist ein großes Vorhaben, ein sehr großes.

DIE LINKE hat einen Gesetzentwurf vorgelegt, der sich viel vornimmt und der sehr viel verspricht: eine Erhöhung des Personalschlüssels und damit knapp 3 000 Erzieherinnen und Erzieher mehr in den nächsten fünf Jahren, zusätzlich zu den Neueinstellungen, die notwendig werden, um die Altersabgänge zu kompensieren. Dies soll auch die Vor- und Nachbereitung, die Leitungstätigkeit erleichtern sowie Ausfallzeiten kompensieren. - Das ist schon eine Übererfüllung der Forderung der Erzieher.

Weiterhin: die stufenweise Absenkung und völlige Beitragsfreiheit der Eltern bis 2022 - das ist das Versprechen an die Eltern.

Weiterhin: eine nachprüfbare und transparente Finanzierung durch die Umstellung des Systems auf die direkte Beteiligung des Landes an den Personalkosten - eine alte Forderung der GEW; sie wird sich freuen, dies zu lesen.

(Siegfried Borgwardt, CDU: So ist es!)

Weiterhin: die Herausnahme der Kommunen aus der Finanzierungsgemeinschaft, wie Sie schreiben. Damit wären diese aus der finanziellen, aber auch aus jedweder anderen Verantwortung für ihre Kitas in der Gemeinde heraus.

(Swen Knöchel, DIE LINKE: Falsch!)

Ob das nun aber auf viel Zustimmung trifft? - Vergessen Sie nicht: Die Kommunen haben deshalb geklagt, bis vor das Bundesverfassungsgericht.

(Zustimmung von Silke Schindler, SPD, von Dr. Katja Pähle, SPD, und von Guido Heuer, CDU)

Finanziell austariert werden soll dies über das FAG. Das ist gleichbedeutend damit, dass die Kommunen im Gegenzug natürlich eine entsprechend geringere Zuweisung erhalten und damit, wie gesagt, den Bezug zu den Kitas, die in freier Trägerschaft in der Kommune sind, völlig verlieren und die kommunalen damit in die Trägerlandschaft eingeordnet werden.

(Zuruf von Thomas Lippmann, DIE LINKE)

Die Landkreise erhalten nunmehr die alleinige Verantwortung, auch für die vollständige Finanzierung der Kindertagesstätten, indem sich das sogenannte gemeindliche Defizit ebenfalls durch eine Änderung des FAG auf die Landkreise verschiebt. Für die dafür entstehenden Verwaltungsaufwendungen bei den Landkreisen soll es eine weitere pauschale Zuwendung in Höhe von 12 Millionen € geben.

Das Inkrafttreten ist am 1. Januar 2018 vorgesehen. Bis dahin wäre neben den Änderungen des Finanzausgleichsgesetzes des Landes durch das Parlament, also uns, Folgendes nötig: vorherige Verhandlungen mit den Landkreisen, Organisationsumstellung in den Kreisverwaltungen und in den Gemeindeverwaltungen, Ausbildung bzw. Anwerbung von Fachkräften für die Kitas usw. und nicht zuletzt die Einspeisung von mehreren hundert Millionen Euro zusätzlich in den Einzelplan 05 für das Haushaltsjahr 2018, und das bei einem beschlossenen Doppelhaushalt.

Dieser Haushaltsbeschluss müsste mit einem aufzustellenden Nachtragshaushalt ebenfalls bis Weihnachten gefasst werden.

Und ein solches Gesetz bringen Sie in der letzten Sitzung vor der Sommerpause ein, mit dem Inkrafttretensdatum 1. Januar 2018.

Die Innen- und die Finanzpolitiker Ihrer Fraktion sowie die jugendpolitische Sprecherin, die gleichzeitig auch haushaltspolitische Sprecherin ist, wissen, dass das so, wie Sie es hier eingebracht haben, alles völlig haltlos ist.

(Zustimmung von Silke Schindler, SPD)

Das wissen auch Sie.

(Siegfried Borgwardt, CDU: Genau so!)

Das ist Ihnen an dieser Stelle egal - das ist schade -, aber das kann es sogar sein; denn Sie

stehen nicht in der Verantwortung, auch nur einen Punkt davon realisieren zu müssen.

(Zustimmung bei der SPD und von Dietmar Krause, CDU)

Was bleibt übrig? - Ein großer Haufen Versprechungen in alle Richtungen. Das ist meiner Meinung nach für ein so wichtiges und hochsensibles Thema zu wenig, meine Damen und Herren. So viel zum Thema Mogelpackung. - Danke.

(Beifall bei der SPD und bei der CDU)

Frau Dr. Späthe, es gibt zwei Wortmeldungen, zuerst von Herrn Knöchel. - Bitte sehr, Herr Knöchel, Sie haben das Wort.

Na ja, Frau Dr. Späthe hat sich in ihrem Beitrag nun auf den Haushaltsaspekt kapriziert und deswegen muss ich das noch einmal einflechten. Sie hat es deutlicher als die Vorredner gesagt: Ab dem nächsten Jahr plant diese Koalition, plant diese Landesregierung trotz steigender Kinderzahl, die Zuweisungen nach dem KiFöG um 30 Millionen € abzusenken. Und Frau Dr. Späthe hat gesagt, dass die Koalition gar nicht daran denkt, irgendetwas an diesen Haushaltszahlen zu ändern.

Das heißt, hier ist gerade von Frau Dr. Späthe gesagt worden: Ab dem nächsten Jahr verschlechtert sich die Kinderbetreuung in unserem Land.

(Oh! bei der CDU und bei der SPD)

Ich sehe keine Reaktion. Deshalb hat jetzt der Kollege Gebhardt das Wort.

Da Frau Dr. Späthe sich wieder gesetzt hat, will ich das auch in Form einer Intervention machen.

Ich wollte nur sagen, dass mich die Debatten und auch die letzten Beiträge gerade stark an die ersten Debatten zu einem gesetzlichen Mindestlohn erinnert haben. Damals hieß es auch: ist nicht realisierbar; wird nicht kommen. Es gab viele Argumente dagegen. Es hieß konsequent: ist nicht durchsetzbar. - Und heute kloppen sich diejenigen, die das damals behauptet haben, darum, wer es denn erfunden hat.

(Zustimmung bei der LINKEN)

Ich sehe auch hierzu keine Reaktion. Demzufolge können wir den Debattenbeitrag schließen. Abschließend hat für die Fraktion DIE LINKE die Abg. Frau Hohmann - -

(Kristin Heiß, DIE LINKE: Nein, nein!)

Nein, ich sehe den Kollegen Lippmann. Dann hat Herr Lippmann das Wort. Bitte sehr.

(Siegfried Borgwardt, CDU: Reiner Zufall!)

Herr Borgwardt, bitte.

(Siegfried Borgwardt, CDU: Ich habe doch Verständnis für alles! - Zuruf von Kristin Heiß, DIE LINKE)

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Um mit Kollegin Lüddemann zu sprechen: Selbstverständlich ist die Kinderbetreuung, ist das KiFöG eine große Hausnummer, und zwar aus zweierlei Gründen: zum einen von der Bedeutung für die gesamte Entwicklung her, die dieser Bereich hat, der bei uns hier im Lande nicht so schlecht ist - das sind Bildungseinrichtungen und Investitionen in die Zukunft der nachwachsenden Generation und damit in die Zukunft unserer Gesellschaft -, und zum anderen von der Dimension her dem Schulbereich durchaus vergleichbar, also sowohl vom Personal, das eingesetzt ist, als auch etwa von den Kosten; nicht ganz, aber doch in dieser Größenordnung.

Die Hochrechnungen schätzen, dass im Moment ungefähr 800 Millionen € in diesem Bereich unterwegs sind - so ganz genau wissen wir es nicht, aber etwa. Von dieser Seite her ist die Aufregung hier im Hause natürlich verständlich. Es ist ein bisschen schade, dass diese Aufregung und die Intensität der Auseinandersetzung, die eine breite Debatte ja auch braucht, in diese gegenseitigen Populismusvorwürfe gemündet sind.

(Cornelia Lüddemann, GRÜNE: Dann hät- ten Sie das aus dem Wahlkampf heraushal- ten müssen!)

Liebe Petra Grimm-Benne, auch von Ihrer Seite habe ich selten oder noch nie eine so populistische Rede gehört, und auch von dem einen oder anderen nicht.

(Zustimmung bei der LINKEN)

Deswegen will ich versuchen, mich nicht zu sehr daran zu beteiligen. Mal sehen, ob das gelingt.

Richtig ist, Kollegin Lüddemann: Der Erste muss nicht immer der Beste sein. Ob er der Schlechteste ist, werden wir sehen; denn der Wettbewerb ist eröffnet. Unsere Hausaufgaben haben wir gemacht; unser Entwurf liegt vor.

Ihr habt euch viel Zeit vorgenommen - ich komme gleich noch darauf - und habt ein transparentes System, das alles vollumfänglich regelt, versprochen. Dann werden wir die Gesetzentwürfe nebeneinanderlegen können und werden ein Ergebnis haben. Dann werden wir sehen, wie groß oder wie klein die Brötchen sind, die da gebacken werden. Jedenfalls ist unser Gesetzentwurf von Populismus weit entfernt. Er ist ein absolut ernsthaftes Diskussions- und Beratungsangebot.

Ich will darauf hinweisen, dass auch unserem Gesetzentwurf eine Struktur - Teil A und Teil B - innewohnt. Frau Lüddemann hat davon gesprochen, dass die Koalitionsfraktionen auch auf dem Plan haben, das irgendwie geteilt zu machen.

Es ist nicht unsere Intention, es zeitlich geteilt zu machen, aber die Struktur - wenn ihr euch das gründlich angesehen habt, stellt ihr das fest - ist so: Teil A ist der technische Teil; das ist die Umstellung des Finanzierungssystems, die nur bedingt etwas mit Teil B, nämlich mit der Verbesserung der personellen und pädagogischen Rahmenbedingungen, zu tun hat. Er hat natürlich schon damit zu tun, weil der Teil A, die Umstellung des Finanzierungssystems, das Instrumentarium schafft, um sich im Teil B überhaupt erst einmal vernünftig bewegen zu können, und zwar sowohl bei den Elternbeiträgen als auch bei den pädagogischen Verbesserungen.

An dieser Stelle will ich auf eine Sache hinweisen. Wir haben genau so, wie es hier beschrieben wurde, beides im Blick - beides! -, und zwar sowohl von den Volumina als auch von den Schrittfolgen her gleichgewichtig. Das ist eine Botschaft von uns. Uns ist die Entlastung der Eltern genauso wichtig wie die Verbesserung der pädagogischen Qualität.

(Beifall bei der LINKEN)

Unser Credo ist: Wir lassen das eine nicht gegen das andere ausspielen.