Protocol of the Session on June 20, 2017

Unser Credo ist: Wir lassen das eine nicht gegen das andere ausspielen.

Ich will im Wesentlichen zunächst auf das eingehen, was die Ministerin hier an Aussagen und Gegenargumenten gebracht hat. Ja, es ist natürlich richtig - das ist von uns auch nie bestritten worden, das ist nachlesbar -, dass wir in bestimmten Kategorien eines der besten, von mir aus auch das beste Kinderbetreuungssystem in der Bundesrepublik Deutschland haben, nämlich wenn wir auf den Rechtsanspruch schauen und wenn wir auf den Umfang der Einrichtungen schauen, die von unseren Kindern besucht werden. Bei der Betreuung im Bereich der über Dreijährigen liegen wir im Prinzip dicht an 100 %.

Aber auch alle anderen, die sich damit beschäftigen, wissen, dass wir in Fragen der Qualität in unseren Einrichtungen - genauer bei der Betreuungsqualität und da insbesondere bei dem

Schlüssel - ganz am unteren Ende sind. Also müssen wir an dieser Stelle etwas tun.

Wir haben Probleme mit dem KiFöG gehabt. Wir waren ja dabei bei den Debatten; die Protagonisten sind, soweit ich das sehe, alle noch hier. Wir haben versucht, etliches am KiFöG zu verbessern. Das ist uns nur zum Teil gelungen und zum Teil ist es uns nicht gelungen.

Wir haben mit dem KiFöG Probleme - wir, andere, die dagegen klagen, Gerichte, die sich damit beschäftigen. Ja, wir haben den Auftrag des Landesverfassungsgerichts ernst genommen und gesagt, wir wollen einen Gesetzentwurf möglichst so zeitig vorlegen, dass eine realistische Chance besteht, ihn zu beraten und das Gesetz rechtzeitig zum 1. Januar 2018 in Kraft zu setzen.

(Beifall bei der LINKEN)

Und ja, wir haben selbstverständlich auf die Evaluierung geschaut. Da kann ich aus dem Nähkästchen plaudern: Dieser Gesetzentwurf hat auch drei Monate in der Schublade gelegen, weil wir auf die Evaluierung gewartet haben und gesagt haben, schauen wir mal, ob da für uns noch etwas herauskommt.

Dazu sage ich hier ganz klar: Nachdem wir in der Veranstaltung festgestellt haben, dass für das, was wir zu regeln für richtig halten, aus der Evaluierung keine Erkenntnisse zu erwarten sind - - Es sind Erkenntnisse zu erwarten, aber nicht für das, was wir geregelt haben, weil das, was wir regeln, so grundsätzlich - -

(Zuruf von Silke Schindler, SPD)

- Nein, ich komme gleich noch darauf, was es eigentlich ist.

(Cornelia Lüddemann, GRÜNE: Das ist ja nur der erste Teil!)

- Mindestens der technische Teil. - Wir können das im Nachhinein ja sehen, wenn die Evaluierung vorliegt,

(Silke Schindler, SPD: Im Nachhinein!)

wenn das Urteil des Bundesverfassungsgerichts vorliegt.

(Silke Schindler, SPD: Ja, im Nachhinein!)

- Nein, dann werden wir ja sehen, wer recht hat. - Ihr werft uns Wahlkampf vor. Nichts vorzulegen ist auch bloß Wahlkampf. Das ist doch nichts anderes.

(Beifall bei der LINKEN)

Und zum Schluss will ich - meine Zeit ist abgelaufen - zu dem Kern dieser Frage kommen, ob alles zu den Landkreisen gehen und den Gemeinden etwas weggenommen werden soll oder

ob den Gemeinden etwas zurückgegeben werden soll.

(Unruhe)

- Vielleicht hört ihr mir noch kurz zu? - Wenn man sich diese Genese des Kinderbetreuungsgesetzes von vor 2003 über die Änderung 2003, die Änderung 2013 und zu unserem Entwurf anschaut, dann gibt es eine Größe, die auffällt und die aus unserer Überzeugung - deswegen wollen wir es ändern und deswegen schlagen wir es vor - der Kern dafür ist, dass wir immer wieder Probleme haben.

Das ist deshalb der Fall, weil das Ende der Finanzierungskette, und zwar das teilweise offene Ende der Finanzierungskette, bei den schwächsten Finanziers liegt, nämlich bei den Gemeinden und bei den Eltern.

Wir haben beim Leistungsanspruch immer versucht, das hin und her zu schieben und da irgendetwas zu regeln. Aber wir haben immer die Endverpflichtung für die Finanzierung, nämlich das gemeindliche Defizit, bei den Gemeinden und bei den Eltern gelassen. Das ist das, was wir mit dem Gesetz sagen. Das ist der neue Vorschlag gegenüber allen anderen. Das ist auch die zentrale Änderung - abgesehen davon, die Finanzierung durch das Land von Pauschalen auf eine Personalkostensteuerung vorzunehmen -, das gemeindliche Defizit endlich wegzunehmen und es in die Finanzierungsgemeinschaft von Land und Landkreisen zu geben.

(Zurufe)

- Ja, natürlich, über FAG-Regelungen. Natürlich muss man das mit im Griff haben. Aber wir haben schon ganz andere Gesetze durch das Parlament getrieben, wenn es darauf ankam, einen Zeitpunkt einzuhalten. Aber die Finanzierungsgemeinschaft ist viel stärker, nämlich das Land und die Landkreise, die das ganz anders veranstalten kann und die natürlich auch im Rahmen der FAGRegelungen ganz andere Finanzierungskreise hat

(Zuruf)

als den Sondersachverhalt KiFöG, den Gemeinden aufzuhelfen.

Wenn es heißt, wir wollen den Gemeinden wieder etwas zurückgeben, dann heißt das doch nur, die Leistungsverpflichtung zurückzugeben, alles so wie 2003 zu lassen und von den LEQ-Vereinbarungen wieder wegzukommen, oder nicht? - Es gibt aber Gutachten darüber, dass die da hingehören, dass die Träger nicht an den Kosten zu beteiligen sind, dass die Entgeltgeschichten über Entgeltvereinbarungen zu regeln sind. Das machen aber die örtlichen Träger. Das war doch der Katalysator. Alles andere war doch so, wie wir es im Jahr 2013 schon einmal hatten. Wir haben

alles schon einmal gehabt. Der Katalysator, die Probleme aufzubrechen, waren die Entgeltvereinbarungen, indem nämlich jetzt zusätzlich die örtlichen Träger mit den freien Trägern über den Kopf der Gemeinden hinweg, die der Zahlemann sind, die Vereinbarungen getroffen haben; das hat doch sozusagen das System hochgepuscht.

(Beifall bei der LINKEN)

Wenn man dann mit ein bisschen Distanz zu der heutigen - -

(Zurufe von der CDU)

- Natürlich, weil der, der verhandelt, auch bezahlt - das ist doch die ganz einfache Geschichte - und weil wir mit den Regelungen ganz dicht an dem sind, was das SGB VIII vorsieht.

(Zurufe)

Wir brauchen keine Ausnahmeregelungen, nichts. Vielleicht lohnt es sich, mit Abstand zu der heutigen Diskussion mal in Ruhe ins SGB VIII zu gucken und sich die Systematik dessen, was wir in den letzten 15 Jahren hier veranstaltet haben, womit wir immer wieder Probleme hatten, noch mal zu durchdenken und sich zu fragen, ob das nicht doch der vernünftige Weg an dieser Stelle ist.

Jedenfalls, liebe Kolleginnen und Kollegen, letzter Punkt. Ich hatte mit Herrn Borgwardt schon einmal die Auseinandersetzung darüber, ob es sich lohnt, im Schulbereich für mehr Lehrer zu streiten, wenn ich sage, die habe ich sowieso nicht, das brauche ich gar nicht zu fordern. Das ist die alte Debatte. Bedarf ist das, was da ist. Nein, wir müssen uns zu unserem Bedarf bekennen, auch bei der Kinderförderung. Dann müssen wir uns alle gemeinsam darum kümmern, dass wir die Kolleginnen auch kriegen. Da sind wir dann morgen bei dem Antrag zu der Erzieherinnenausbildung. Da werden wir uns so verhalten, wie der Kollege Krull das schon intendiert hat. - Vielen Dank.

(Beifall bei der LINKEN)

Danke, Herr Lippmann. Herr Lippmann, Sie können sich gern hinsetzen. Sie würden aber möglicherweise wieder nach vorne kommen wollen; deshalb können Sie auch gleich vorne stehen bleiben.

Es gibt zwei Fragen, erst von Frau Schindler und dann von Herrn Grube. - Frau Schindler, Sie haben das Wort.

Herr Lippmann, Sie sagten soeben im Zusammenhang damit, dass Sie den Gesetzentwurf jetzt

hier einbringen, dass Sie den Auftrag des Landesverfassungsgerichtes ernst nehmen und deshalb diesen Gesetzentwurf einbringen.

Nehmen Sie das Verfahren, das jetzt beim Bundesverfassungsgericht läuft, genauso ernst, in dem es eben nicht um die Frage des SGB VIII geht, sondern um Artikel 28 des Grundgesetzes? - Es geht nicht um Finanzierungsfragen, sondern um die Grundsatzfrage eines Eingriffes in die kommunale Selbstverwaltung, wie es auch der Präsident des Bundesverfassungsgerichts Herr Voßkuhle in der mündlichen Verhandlung gesagt hat, dass eben genau diese Behandlung des Eingriffs in die kommunale Selbstverwaltung es wert ist, dieses Verfahren zu führen. Vor diesem Hintergrund frage ich Sie, ob Sie dieses Verfahren an der Stelle ernst nehmen.

Herr Lippmann, Sie haben das Wort.

Wir nehmen es insofern ernst, als wir im Prinzip in unserem Lösungsansatz davon ausgegangen sind, dass wir an der jetzigen Zuordnung der Leistungsverpflichtung, wie wir sie schon hatten, zunächst nichts ändern. Die Frage ist, ob das Bundesverfassungsgericht, wenn ich das richtig interpretiere, deutlich macht: Was du einmal weggegeben hast, kannst du nicht wieder zurückholen; denn es liegt nicht originär bei den Gemeinden.

Es ist auch nicht immer bei den Gemeinden gewesen, sondern es war der Versuch, immer irgendwie damit klarzukommen, dass zwar die Finanzierungsverpflichtung, die letztendliche, bei den Gemeinden lag, aber man mit der Leistungsverpflichtung sozusagen immer versucht hat, irgendwie besser klarzukommen, als es gerade vorher war. Wir haben das dort gelassen, wo es jetzt auch ist, und lediglich die Finanzierungsverantwortung auf die Kreise hochgegeben, was nicht Gegenstand der Auseinandersetzung ist, weil ich glaube, dass es kein Anspruch der Gemeinden ist, ein Defizit zu haben.

Da sind wir jedenfalls relativ optimistisch.

(Beifall)

So haben wir es jedenfalls bewertet, dass das Bundesverfassungsgericht kein Urteil sprechen wird, das dem, was wir vorschlagen, entgegenstehen wird.

Sie haben eine Nachfrage. Eine kurze Nachfrage lasse ich noch zu, aber ein bisschen gekürzt.

Ja. - Sie wissen schon, dass das Bundesverfassungsgericht in Ihrem Sinne entscheiden wird?