Deshalb gibt es jetzt Landesmitteln für ein Programm, das diesen Leuten eine intensive Betreuung anbietet, um sie schrittweise wieder an den Arbeitsprozess heranzuführen. Wie der Ministerpräsident gesagt hat: Wir lassen niemanden zurück.
Oder: Was hat eigentlich eine Frau, die im Südharz auf Jobsuche ist, vom Hamsterschutz? - Das ist eine Frage, die problematisch ist, ich weiß. Ich will damit aber deutlich machen: Umweltschutz darf nicht als Gegenstand politischer Ränkespiele einer Elite erscheinen.
Wir müssen wieder deutlich machen, dass der Erhalt unserer natürlichen Lebensgrundlage und der Schutz einer gesunden Umwelt allen dienen
und dass wir deshalb politische Entscheidungen darauf ausrichten, den Schutz der Umwelt, die Förderung nachhaltiger Investitionen und die Schaffung von Arbeitsplätzen unter einen Hut zu bringen. Dass das möglich ist, ist schließlich oft genug bewiesen worden, auch in Sachsen-Anhalt.
Oder: Was hat eigentlich das Flüchtlingskind davon, dass es jetzt in eine deutsche Schule gehen darf? - Auf jeden Fall sehr viel; denn der Schutz vor Kriegsgefahr, eine Familie, die nach Verfolgung und Flucht endlich Ruhe findet, neue Spielkameraden sind alles schon Werte an sich.
Aber wir alle und alle Schulkinder, deutsche wie zugewanderte, haben viel mehr davon, wenn diese Kinder schnell integriert werden, eine gute Sprachausbildung erhalten und volle Teilhabe am Bildungssystem haben. Kein Kind hat etwas davon, wenn an den Schulen ein Mangel verwaltet wird, der immer größer wird.
Herr Ministerpräsident, Sie haben sehr viel Richtiges gesagt, das meine Fraktion voll unterschreiben kann. Aber den Satz, dass eine gesicherte Unterrichtversorgung auf hohem Niveau auch künftig gewährleistet ist, vertrete ich gegenüber Eltern, Lehrern und Schülern nicht - beim gegenwärtigen Sachstand nicht.
Das ist keine parteipolitische Debatte, weil Sozialdemokraten - das räumen wir offen ein - Mitverantwortung dafür tragen, welche Schwierigkeiten heute an vielen Schulen bestehen.
Aber wir sind gewillt, Ihre Aussage gemeinsam mit unseren Partnern mit Leben zu erfüllen und ihr eine positive Wendung zu geben. Dann müsste es allerdings heißen: Eine gesicherte Unterrichtsversorgung kann nur dann perspektivisch gewährleistet werden, wenn mindestens die Einstellungsziele des Koalitionsvertrages umgesetzt werden. Wir tun da gerne mit.
Sachsen-Anhalt hat eine große Geschichte. Ob es auch eine große Zukunft hat, wissen wir alle nicht, aber wir haben dafür Verantwortung, die Verantwortung, für die Zukunft dieses Landes solide Grundlagen zu legen.
Deshalb war es die richtige Entscheidung - ich will das noch einmal ausdrücklich bekräftigen -, im vergangenen Jahr diese Koalition gebildet zu haben. Denn alles andere wäre ein politisches Desaster für Sachsen-Anhalt gewesen. Wenn diese Koalition eine ganze Wahlperiode halten soll - ich bin diesbezüglich ganz optimistisch -, dann gibt es dafür ein einfaches Rezept: den Koalitionsvertrag Stück für Stück abzuarbeiten und umzusetzen.
Ich danke Frau Dr. Pähle für die Ausführungen. - Für die Fraktion DIE LINKE spricht jetzt der Abg. Herr Knöchel. Herr Knöchel, Sie haben das Wort.
Vielen Dank, Herr Präsident. - Die Nachrichten aus Stockholm machen es sehr schwer, zur Tagesordnung überzugehen. Wieder einmal wurde unsere freie Gesellschaft herausgefordert. In Gedanken und Solidarität bin ich bei den Opfern.
Und dennoch: Meine Damen, meine Herren! Herr Ministerpräsident, der Titel Ihrer Regierungserklärung ließ Großes erwarten - ein Titel, dem diese Regierungserklärung nicht gerecht wurde.
Wir hörten unseren Ministerpräsidenten nicht als Staatsmann, der erklärte, wohin er das Schiff Sachsen-Anhalt zu steuern gedenke. Wir hörten den Ministerpräsidenten als Buchhalter von Kenia, der in endloser Aufzählung das Soll und Haben von einem Jahr Koalition vortrug, einer Koalition, in der drei Partner, die unterschiedlicher nicht sein könnten, in inniger Abneigung vereint, einander hindern, das Bessere zu tun.
Lässt man die letzten Monate Revue passieren, so hat die Koalition ihre großen Schlagzeilen immer nur im Zusammenhang mit Personalien erhalten können. Ging es um Sachthemen, wurde das Eis schon dünner.
Vielleicht war der Regierungswechsel am ehesten an den Autobahnen zu erkennen. Dort grüßt die an Sachsen-Anhalt Vorbeifahrenden nicht mehr der unsägliche Frühaufsteherslogan, sondern der Slogan „Ursprungsland der Reformation“, ein Slogan, der den Durchreisenden verrät: Hier in diesem Land war vor 500 Jahren mal richtig was los.
Genau darauf reflektiert der Ministerpräsident in seiner Erklärung: Hier in Sachsen-Anhalt wurde vor 500 Jahren Weltgeschichte geschrieben.
Der Thesenanschlag Luthers, mit der er zu einer theologischen Disputation herausfordern wollte, traf den Nerv der damaligen Zeit. Er löste eine Entwicklung in Deutschland und in Europa aus, die es ermöglichte, die Weltsicht des Mittelalters
in die moderne, aufgeklärte Zeit zu transformieren, eine Entwicklung, die der Aufklärung und der modernen Welt das Tor weit aufstieß und von weit mehr als von religiösen Fragen geprägt war.
Das wären die Fragen, die ein Reformationsjubiläum in den Kontext von Vergangenheit und Gegenwart gerückt hätte. Das hätte die Chance eröffnet, auch die 84 % der Menschen im Land, die nicht einer der beiden Kirchen angehören, mit diesem Jubiläum anzusprechen.
Wenn Ihre Regierungserklärung etwas gezeigt hat, dann Ehrlichkeit: Nicht 75 Millionen €, nicht 80 Millionen €, sondern mehr als 90 Millionen € wird es kosten. Das macht nachdenklich ob dessen, was nach dem Jubiläum kommt. Haben wir mit diesem Geld tatsächlich nachhaltige Impulse für Sachsen-Anhalt gesetzt? Oder haben wir mit den sanierten Bauwerken nur ein Luther-Disneyland geschaffen, das am Tag nach dem Jubiläum in Stein und Beton bis zum nächsten Jubiläum stehen bleibt?
Demnächst wollen Sie „Bauhausland“ auf die Autobahnschilder schreiben. Wieder ein Jubiläum. Und wieder, so fürchte ich, wird diese Landesregierung alles Nachdenken über das, was Bauhaus ausmachte, in seichter Rotkäppchen-Sekt-Laune ertränken. Dabei lohnt es, gerade am Beispiel des Bauhauses über unser Land nachzudenken.
Aus Weimar vertrieben, gaben mutige Dessauer dieser Schule der Moderne und Weltoffenheit eine Heimstatt. Hier wurde Architektur- und Kunstgeschichte geschrieben. Die Region profitierte. Doch nicht lange, dann zogen die dunklen Wolken von Abschottung und Engstirnigkeit über Anhalt und die Stadt Dessau. Fremdenfeindlichkeit und Hass vertrieben das Bauhaus wieder aus Dessau. Im August 1932 stimmten im Dessauer Rat neben dem Oberbürgermeister nur noch die vier Kommunisten für den Verbleib der Schule in Dessau.
Für Ihre Regierungserklärung, Herr Ministerpräsident, hätte mich interessiert, was Sie denken. Wie würde heute eine Abstimmung über ein so avantgardistisches Projekt verlaufen? - Die Frage ist vor dem Hintergrund, dass in diesem Hohen Hause schon die Freiheit der Kunst infrage gestellt wurde, eine brennend aktuelle.
Sie, Herr Ministerpräsident, sagen: 1 % Wachstum ist gut, doch im Vergleich zu den meisten anderen Bundesländern zu wenig. Ich sage Ihnen, Herr Ministerpräsident: 1 % Wirtschaftswachstum - das ist nicht gut. 1 % Wirtschaftswachstum koppelt Sachsen-Anhalt von der wirtschaftlichen Entwicklung im gesamten Bundesgebiet weiter ab.
In den vergangenen zehn Jahren, also in dem Zeitraum, in dem Sie, Herr Haseloff, für die Wirtschaft Verantwortung trugen und die Geschicke unseres Landes bestimmten, betrug das Wirtschaftswachstum gerade einmal 2,5 %. In zehn Jahren! Es gilt, jetzt einen Anschlussprozess zu organisieren. Dazu war in Ihrer Erklärung wenig zu hören.
Zu hören war aber der aus unserer Sicht gescheiterte Versuch, mit der neuen GRW-Richtlinie gute Arbeit in unserem Land zu schaffen. Wir können nicht die Firmenphilosophie der Konzernzentralen ändern, aber wir sollten als Landespolitiker bestimmen, welche Arbeit wir unterstützen und fördern wollen. Aber in Ihrer neuen Richtlinie kommt gute Arbeit nur als Bonuspunkt vor. Wir meinen, sie muss Kernpunkt von Wirtschaftsförderung sein.
Die Arbeitslosenquote ging zurück. Geblieben ist aber eine sich verfestigende Langzeitarbeitslosigkeit. Das Arbeitsmarktprogramm, das Kenia präsentierte, war keine Überraschung. Mit Arbeitsgelegenheiten - oder nennen wir sie Ein-Euro-Jobs - wollen Sie das Problem lösen. - Eine seit Jahren gescheiterte Strategie.
Bei der Digitalisierung sind die Ausbauziele, sowohl bezogen auf die Netzgeschwindigkeit als auch auf den Zeitraum, unterambitioniert. Das Ziel 50 Mbit/s wird in Nachbarländern in der Werbung für den Internetzugang mit dem Zeichen der Schnecke symbolisiert.
Zukunftsfähig ist anders! Wir brauchen keine Förderung von Übergangstechnologien wie Vectoring, sondern die Glasfaserkabel ans Haus. Wir unterstützen dabei ausdrücklich Initiativen wie den Zweckverband in der Altmark. Das erwarten wir auch von der Landesregierung.