Durch das Vereinfachungsgesetz, das erst seit Sommer 2016 in Kraft ist, haben wir jetzt eine Möglichkeit, Gesamtangemessenheitsgrenzen einzuziehen. Das haben wir jetzt erst, seit gut einem halben Jahr. Deshalb können auch die Satzungen noch nicht so der Run sein.
Aber - Herr Steppuhn hat es auch gesagt - wenn es so einfach wäre, dass die Kreistage das machen können, und man würde sich verständigen - Wittenberg hat gezeigt, es geht nicht. Da hat sich der Kreistag in den Ausschüssen genau mit der
Richtlinie beschäftigt. Als es dann auf die Tagesordnung zur Kreistagssitzung kommen und verabschiedet werden sollte, dass die Richtlinie verändert wird, hat das Landesverwaltungsamt gesagt, nitschewo, geht nicht; das ist nicht zu machen, weil es nicht gesetzeskonform ist. Auch Dessau hat sich nicht gesetzeskonform - -
- Ja, und deshalb müssen wir hier im Landtag die Voraussetzungen dafür schaffen, dass das gemacht werden kann.
Wenn wir die Beteiligung der Kreistage haben wollen, wenn wir wollen, dass sie auch beschließen können, muss es eine Satzung sein. Wenn wir die Beteiligung der Kreistage nicht haben wollen, dann kann die Richtlinie bleiben. Bloß, dann hat der Kreistag nichts zu sagen. Der kann sich das zwar anhören und kluge Ratschläge geben. Aber letztendlich entscheidet immer der Landrat, was gemacht wird; denn der ist unterschriftsberechtigt.
(Siegfried Borgwardt, CDU: Der kann doch entscheiden und Wittenberg macht es an- ders! Das ist doch rechtlich klar!)
(Siegfried Borgwardt, CDU: Aber wenn er es doch nicht braucht! - Birke Bull-Bischoff, DIE LINKE: Das sehen Sie so! Aber wir se- hen es anders! Das ist doch demokratische Realität, Herr Borgwardt! Das ist doch gar nicht so schwer zu begreifen!)
Und noch einmal die Geschichte Satzung oder Richtlinie: Egal, ob ich eine Satzung oder eine Richtlinie habe, in beiden Fällen muss ein schlüssiges Konzept vorliegen, in beiden Fällen. Das ändert also nichts an der Tatsache. Aber ich finde es ganz toll, dass sich Frau Lüddemann damit wirklich intensiv auseinandergesetzt hat. Sie hat nämlich die Vorteile erkannt. Deshalb freue ich mich auf die Diskussion im Ausschuss.
Ich kann auch als Mitglied des Petitionsausschusses sagen, gerade weil ich die ganzen Petitionen zum SGB II als Berichterstatterin mit bearbeite, dass es hierzu viele Beschwerden gibt. Ich denke, wenn wir hierbei für unsere Bürgerinnen und Bürger im Land etwas tun, dann haben wir wirklich etwas Richtiges getan. - Vielen Dank.
Frau Hohmann, es gibt eine Nachfrage. Möchten Sie die beantworten? - Herr Tobias Rausch, Sie haben das Wort.
Nein, es ist eine Intervention. - Und zwar, Frau Hohmann, wenn Sie sagen, wir haben als Partei für den kleinen Mann versagt, dann will ich Ihnen sagen, wir wollten schon etwas im Plenum machen, zum Beispiel zum KiFöG, wo wir uns für die Familie einsetzen wollten, oder, oder, oder.
Das ist heute die erste Lesung des Gesetzentwurfs. Da will ich Ihnen jetzt einmal sagen, wenn Sie in Ihrer Einbringungsrede sagen, dass Sie diese Wohnungsmarkttabellen, die es zum Beispiel gibt und die an das SGB gebunden sind, flexibel gestalten wollen und die Betriebskosten, die zum Beispiel bei 50 m³ auf 1,05 € festgesetzt worden sind oder die Heizkosten auf 1,23 € und die Kaltmieten von Region zu Region unterschiedlich sind in den Kreisen, dann stelle ich mir das folgendermaßen vor: Wenn bei uns im Salzlandkreis für 50 m² die Kostenbemessung bei 220 € liegt und Sie sagen, Sie wollen es flexibel gestalten, dann haben Sie Gesamtkosten, eine Bruttogesamtmiete von ungefähr von 340 €.
Ich muss Ihnen sagen, wenn ich das dann so nutze, um es den Menschen zu ermöglichen, dass sie sich zum Beispiel eine Wohnung für 300 € kalt leisten sollen wegen des Fahrstuhls, was Sie da erzählt haben, dann werden Sie spätestens ein Jahr danach bei der Betriebskostenabrechnung die Rechnung kriegen, wenn sie nämlich weniger vorauszahlen. Also, das funktioniert so gar nicht.
Deswegen ist Ihr Vorschlag, die Satzung zu machen, unserer Ansicht nach völlig verkehrt. Mir wäre es vom Salzlandkreis her nicht bekannt, dass das nicht ordnungsgemäß läuft. Da gibt es solche Wohnungsmarkttabellen und Richtlinien. Die fahren damit sehr gut. Ich muss sagen, dann tut es mir leid für Sie.
Sehr geehrter Kollege, Ihre Ausführungen bestätigen meine Annahme, dass Sie davon absolut null Ahnung haben, ganz ehrlich.
Sie wissen nicht, was die Gesamtangemessenheit ist. Ich kenne Ihre Richtlinie aus dem Salzlandkreis. Ich habe mir alle Richtlinien aller Landkreise und kreisfreien Städte genauer angesehen. Es ist schon ein Unterschied, ob ich bei der Heizkostenpauschale nur eine Summe habe, für so und so viele Quadratmeter so und so viel Heizkosten,
oder ob ich zum Beispiel, wie es in Dessau gemacht worden ist, die Heizkosten differenziere, ob ich eine Ölheizung habe, eine Fernwärmeheizung, eine Gasheizung habe oder ob ich mit sonstigen Brennstoffen heize. Natürlich spielt das für den kleinen Mann, der darauf angewiesen ist, eine große Rolle.
Das, was Sie gesagt haben, ist auch nicht in Stein gemeißelt. Natürlich muss man die regionalen Besonderheiten beachten, nämlich dass in den Städten der Wohnungsmarkt natürlich teurer ist als in der Fläche. Aber gucken Sie sich doch ganz einfach einmal die Seite des Arbeitsamtes an, auf der es vom Arbeitsmarkt und auch vom SGB II die ganzen Statistiken gibt. Gucken Sie sich doch ganz einfach einmal an, wie die Wohnungsmarktpreise in unserem Land aussehen und wie die Richtlinien ausgestaltet worden sind. Gucken Sie sich das einfach an. Aber Sie haben, wie gesagt, wahrscheinlich nicht diese Kenntnis darüber.
Ich empfehle es Ihnen nur. Wenn wir uns dann im Ausschuss darüber verständigen, lade ich Sie gern ein, in den Ausschuss zu kommen, damit Sie sich ein bisschen weiterbilden können. - Danke.
- Herr Rausch, es tut mir leid, wir wollen hier keine Zwiegespräche führen. Deswegen denke ich, dass Sie im Ausschuss die Gelegenheit haben, diese Dinge noch einmal zu erörtern. Sie hatten eben Ihre Kurzintervention. Ich denke, das geht doch eher in die Richtung eines Zwiegespräches. Das machen Sie bitte im Ausschuss. - Herr Steppuhn, bitte.
Wir werden darüber sicherlich im Ausschuss vertiefend diskutieren können. Aber geben Sie mir denn recht, dass das, was Sie hier problematisieren, die Grundlagen sind, wie man zu angemessenen Kosten kommt, und es weniger die Frage einer Richtlinie oder einer Satzung ist? - Es ist für mich nicht nachvollziehbar, warum Sie jetzt unbedingt eine Satzung brauchen, die das ganze System unter Umständen noch starrer macht und wodurch Veränderungsprozesse noch länger dauern als bei einer Richtlinie.
Ich weiß, dass wir uns in einem bestimmten Segment befinden, aber innerhalb dieses Segmentes können wir Veränderungen vornehmen, nämlich im Kreistag.
Ich möchte ein Beispiel nennen. Mit Blick auf die Angemessenheit steht einer Person eine Wohnfläche von 50 m² zu. Dies wird unterschiedlich ausgelegt. Wenn sich diese Person eine Wohnung mieten möchte, dann steht in der Richtlinie zumeist, dass die Wohnung soundso viel Kaltmiete und soundso viel insgesamt kosten darf und wie hoch die Betriebskosten sein dürfen. Als ein dritter Punkt spielen die Heizkosten eine Rolle.
Die meisten Richtlinien, außer die Richtlinie Dessaus, sehen vor, dass die Mitarbeiterin, wenn der Betroffene zum Amt kommt, sich das erst einmal anguckt. Wenn die Kaltmiete beispielsweise über der in der Richtlinie ausgewiesenen Höhe liegt, dann ist dies schon ein Ausschlusskriterium. Man schaut noch gar nicht auf die Heizkosten. Dass die Heizkosten gegebenenfalls geringer sind und die Summe der Kosten die in der Richtlinie genannten Kosten unterschreitet, also in der Summe unter der Angemessenheit liege, das sieht man nicht. Denn die Richtlinie, die momentan gilt, sagt nur aus: auf der einen Seite die Produkttheorie und auf der anderen Seite die Heizung.
Wenn jemand ganz clever ist, dann sagt er zu der Mitarbeiterin, dass im Bundesgesetz von der Gesamtangemessenheitsgrenze die Rede ist.
- Doch. Dann kann sie es sagen und dann macht sie es auch. Verstehen Sie, was ich meine? - Ich will keinen aufgeblähten Apparat haben, sondern ich will, dass es dem Kreistag innerhalb dieser Richtlinie möglich ist, zu sagen, ich sehe die und die Probleme. Man könnte beispielsweise Gutscheine für den Mieterschutzbund ausgeben. Das steht nirgendwo, aber der Kreistag könnte es einbringen und sagen, dass er es gut findet; denn dadurch sparen wir sogar Kosten.
Aber all das können wir momentan nicht. Wir können es momentan nicht, weil wir eine Richtlinie haben. Es ist unterschiedlich. Beispielsweise hat Wittenberg - das habe ich schon gesagt - gesagt: Nitschewo, das geht nicht. Dessau hat gesagt, na klar, das machen wir. Das ist sehr unterschiedlich. Ich möchte, dass es diejenigen, die es machen möchten, auch können. Ich will nicht, dass jeder es muss, aber diejenigen, die es wollen, sollen es auch können. Das ist einfach unser Anliegen. Dann kann man auch gut argumentieren.
Eine Kurzintervention. - Ich bitte die Abgeordneten, im Plenum keine Ausschussarbeit zu machen, sondern diese Diskussion in den Ausschuss zu verlegen. Wir sind hier im Plenum und Sie sollten sich dementsprechend verhalten. - Danke.
Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Ich habe vernommen, dass dieser Antrag an den Ausschuss für Arbeit, Soziales und Integration zur federführenden Beratung und zur Mitberatung an den Ausschuss für Inneres und Sport und an den Ausschuss für Finanzen überwiesen werden soll. Findet das Ihre Zustimmung? - Okay.
Dann würde ich jetzt darüber abstimmen lassen. Wer damit einverstanden, den bitte ich um das Kartenzeichen. - Ich denke, das ist das gesamte Hohe Haus. Trotzdem frage ich: Gibt es Gegenstimmen? - Eine Gegenstimme. Gibt es Stimmenthaltungen? - Keine Stimmenthaltung. Damit ist dieser Antrag überwiesen worden.