Protocol of the Session on February 3, 2017

Ich könnte die Aufzählung der bereits umgesetzten und der noch umzusetzenden Maßnahmen weiter fortführen. Fakt ist und bleibt, dass der Rechtsstaat auf terroristische Bedrohungen mit aller Härte reagieren muss. Wir dürfen uns die errungenen Freiheiten nicht nehmen lassen. Wenn wir uns wegen einer erhöhten Angst selbst einschränken, dann hätten Extremisten und Terroristen gewonnen. - Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der CDU - Zustimmung von Mi- nisterpräsident Dr. Reiner Haseloff)

Vielen Dank, Herr Schulenburg. Ich sehe keine Anfragen. - Beschlüsse zur Sache werden gemäß § 46 Abs. 6 GO.LT nicht gefasst. Damit ist das erste Thema abgeschlossen.

Bevor ich das zweite Thema aufrufe, habe ich die ehrenvolle Aufgabe, Schülerinnen und Schüler der Hugo-Kükelhaus-Schule in Magdeburg recht herzlich bei uns im Hohen Hause zu begrüßen. Herzlich willkommen!

(Beifall im ganzen Hause)

Ich rufe somit das zweite Thema der Aktuellen Debatte auf:

Praxistaugliches Wolfsmanagement in Sachsen-Anhalt ermöglichen

Antrag Fraktion CDU - Drs. 7/905

Es wurde folgende Reihenfolge vereinbart: CDU, AfD, SPD, DIE LINKE, GRÜNE. Zunächst hat die Antragstellerin, die CDU, das Wort. Der Abg. Herr Borchert darf somit mit seinem Beitrag beginnen. Sie haben das Wort, Herr Abgeordneter.

Kaj Granlund, „Das Europa der Wölfe“, geschrieben 2015.

(Der Redner hält ein Buch hoch)

Granlund ist ein absoluter Wolfsexperte. Ich kann jedem diese Broschüre empfehlen. Ich zitiere daraus: Was haben die Menschen vor 2 000 Jahren getan? - Sie verteidigten sich und ihr Vieh gegen Wölfe. Und vor 1 000 Jahren? Dieser ungleiche Kampf dauerte an, bis Schusswaffen häufiger wurden und Wolfspopulationen so dezimiert werden konnten, dass Angriffe auf Tiere und Menschen seltener wurden. Es gibt keinerlei Anzeichen dafür, dass sich der Wolf in den letzten 5 000 Jahren verändert hätte. Er ist und bleibt ein Raubtier.

Die Ideologie ist der größte Feind der Wahrheit.

(Zustimmung von Guido Heuer, CDU)

Jahrhundert für Jahrhundert stolperten Generationen um Generationen mit neuen und besseren Lösungen über immer gleiche alte Probleme, nur um sich später als Verlierer zurückzuziehen, genau wie dies die Generationen vor ihnen gemacht haben. Nur Torheit und Idiotie werden vererbt. Wo aber werden all die Erfahrungen der normalen Menschen wie du und ich niedergeschrieben? Sie verschwinden für immer, weil wir es besser wissen.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Der Wolf - das ist ein Thema, das jetzt auch unseren Landtag von Sachsen-Anhalt erreicht hat. Seit dem Jahr 2000 breiten sich die Wölfe in Sachsen-Anhalt und Deutschland immer weiter aus. Aktuell kann man davon ausgehen, dass der Wolf in der gesamten Bundesrepublik vertreten ist. Laut offiziellen Zahlen sollen es hierzulande 78 Wölfe sein, aufgeteilt in vier Rudel und ein Paar. Wie viele gibt es wirklich?

So schön es ist, dass es tatsächlich gelungen ist, den Wolf wieder nach Deutschland und SachsenAnhalt zurückzuholen, so erstaunlich ist es, wie schnell er sich in den vergangenen Jahren entwickelt und vermehrt hat. Der Wolf war schneller, als es Naturschützer und Politiker vorausgesehen haben. Damit haben wir ein Problem.

Laut Prognosen des Landesumweltamtes Brandenburg rechnet man in naher Zukunft deutsch

landweit mit 2 000 Tieren, wenn die Entwicklung so weitergeht wie bisher. Das wäre mehr, als das gesamte dünn besiedelte Skandinavien hat.

Das macht den Menschen Angst und diese Angst müssen wir ernst nehmen. Die Verharmlosung des Wolfes und der zögerliche Umgang zuständiger Behörden mit der Wolfsproblematik vergrößern den bereits eingetretenen Akzeptanzverlust ständig.

(Beifall bei der CDU - Zustimmung bei der AfD)

Die intensiven Diskussionen in der Öffentlichkeit in den vergangenen Tagen zeigen, dass die Politik endlich handeln muss. Wenn man weiß, dass innerhalb eines Jahres die Zahl der gemeldeten Wolfsvorfälle und Hinweise von 1 989 auf 2 857 gestiegen ist,

(Hardy Peter Güssau, CDU: Hört, hört!)

dann sagen wir: Es ist fünf vor zwölf! Zum Glück sind diese Wolfsvorfälle bis heute nicht mit Menschen in Verbindung gebracht worden.

(Hardy Peter Güssau, CDU: Zum Glück!)

Unsere Aufgabe in der Politik ist es, alles dafür zu tun, dass das so bleibt.

(Zustimmung bei der CDU und bei der AfD)

Die Anpassung der Leitlinie Wolf muss zügig erfolgen. Es ist wichtig und richtig, dass es sofort losgeht. Eine sofortige Entschädigung in einer Größenordnung von bis zu 30 000 € für die Schäfer und Nutztierhalter ist eine Forderung der CDU, und das zu 100 %.

Die Herstellung wolfssicherer Koppeln - gibt es so etwas überhaupt? - muss in deutlich höherem Maße gefördert werden. Herdenschutzhunde sind zu fördern - ohne Frage -, aber die Schäfer und Landwirte sollen selbst entscheiden, welche Rasse die richtige ist, und nicht die Politik.

(Zustimmung von Bernhard Daldrup, CDU)

Vor allem die Kosten danach sind für die Bauern nur schwer allein zu tragen. Wer entschädigt die Tierhalter, wenn Schäden aufgrund von Ausbrüchen von Herden aus Koppeln eintreten?

Das sind Fragen, die beantwortet werden müssen, Fragen, die schnell beantwortet werden müssen, und Fragen, die hoffentlich auch schnell beantwortet werden. Denn wer das Essen bestellt, der muss es eigentlich auch bezahlen.

Das Schaffen eines Wolfskompetenzzentrums sehen wir nicht als zielführend an.

(Zustimmung bei der CDU)

Rissgutachten sind nach unserer Auffassung Aufgabe der Veterinärämter der Landkreise; diese sind schneller vor Ort als eine zentrale Behörde

(Zustimmung von Uwe Harms, CDU, und von Guido Heuer, CDU)

oder eine Anlaufstelle und sie sind auch am Wochenende zu erreichen.

Der Wolf muss wissenschaftlich begleitet werden. Das darf nicht an den Landesgrenzen aufhören. Wir fordern ein bundesweites Wolfsmanagement, das auch international wissenschaftlich vernetzt ist. Das dafür benötigte Personal fehlt uns jedoch dann im Forstbereich oder beim Hochwasserschutz.

(Zustimmung von Uwe Harms, CDU, und von Guido Heuer, CDU)

Informieren und Informationen sammeln - über diesen Status hätten wir längst hinaus sein müssen.

Die Ausbreitung des Wolfs in Sachsen-Anhalt erfolgt derzeit konfliktreich. Diese Entwicklung wird sich weiter verschärfen, je mehr Nutztiere gerissen oder Menschen direkt in Kontakt mit Wölfen kommen werden. Die Landesregierung hat die Pflicht, sich um die Ängste der Menschen zu kümmern. Wir wollen den Wolf nicht ausrotten, aber wir wollen, dass sich unser Land dafür einsetzt, dass der Wolf aus Anhang IV der FFHRichtlinie - Flora-Fauna-Habitat - in Anhang V der FFH-Richtlinie gebracht wird.

(Zustimmung bei der CDU)

Was bedeutet das? - Es bedeutet, dass die Realität gesehen wird, und die heißt: Der Wolf ist keine vom Aussterben bedrohte Tierart.

(Zustimmung bei der CDU und bei der AfD)

Damit wäre die Voraussetzung dafür geschaffen, Möglichkeiten zu finden, um den Wolf in seiner Population zu steuern. Diese wächst rasant, aber der Lebensraum wird nicht größer. Wir fordern unsere Umweltministerin auf, sich federführend dafür einzusetzen, dass die FFH-Einstufung des Wolfes geändert wird. Das Zulassen einer ungehemmten Ausbreitung des Wolfes auf urbanisierte Kulturlandschaften ist grob fahrlässig und verantwortungslos.

(Zustimmung bei der CDU)

Ein Vorbild bei Managementplänen könnte Frankreich werden. Dort wurden Wege gefunden, den Wolf zu schützen und gleichzeitig die Bevölkerung. Seit 2015 gibt es dort ein sogenanntes Notwehrrecht: Pro Jagdsaison dürfen 36 Wölfe geschossen werden; das entspricht knapp 12 % des dortigen Gesamtbestandes. Hirten dürfen in Notwehr Wölfe schießen.

Seit 2010 wird in Schweden Ähnliches praktiziert. Dort dürfen 27 Wölfe entnommen werden, was 10 % des dortigen Gesamtbestands entspricht. Wenn man davon ausgeht, dass sich Wölfe jähr

lich um 10 bis 20 % vermehren, dann ist das eine nachzuvollziehende Größe, mit der der Wolf sinnvoll reguliert und die Akzeptanz der Bevölkerung zum Wolf aufrechterhalten werden kann.

Es kann nicht sein, dass die Menschheit Angst hat, in den Wald zu gehen. Gestern habe ich ein Video gesehen, auf dem acht Wölfe von einer Wildkamera in der Altmark aufgenommen worden sind. Da frage ich mich: Wo soll das hinführen, wenn wir nicht begrenzen können? Und vor allem: Was nützt mir die tollste Theorie in Bezug auf das Verhalten bei einem Aufeinandertreffen von Mensch und Wolf, wenn die Wölfe ihrem natürlichen Instinkt folgen und mich als appetitlich einstufen?

(Heiterkeit bei der CDU und bei der AfD - Ministerin Anne-Marie Keding: Ach, Herr Borchert! - Weitere Zurufe von der CDU)