Protocol of the Session on February 3, 2017

hat auch nichts mit dem staatlichen Signal zu tun und dem bewussten politischen Akt zu sagen, nein, rechte Täter erreichen ihr Ziel nicht. In der Tat bin ich der Auffassung, dass genau dieses Signal in einer Zeit, in der Unterkünfte von Geflüchteten brennen, in der Jagd auf Menschen gemacht wird und in der Rechtspopulisten versuchen, den Takt vorzugeben, ein entscheidendes ist.

(Beifall bei der LINKEN)

Daher auch die Fokussierung auf die Opfer rechter Straftaten.

Verstehen Sie mich nicht falsch, wir können sehr, sehr gern im Innenausschuss über eine Ausweitung reden. Dass es nun ausgerechnet die Fraktionen der CDU und der AfD sind, die dies als Argument gegen den Antrag starkmachen, finde ich ein wenig aberwitzig. Wem wollen Sie das erzählen? Aber wir können es gern machen.

Wir hätten gesagt, wir können es im Plenum abstimmen. Wir fordern das Innenministerium auf, einen solchen Erlass zu erarbeiten. Ich hätte volles Vertrauen zum Innenminister, dass er den Erlass ordentlich ausgestaltet, aber wir können es auch im Ausschuss begleiten.

Der dritte Punkt. Es bleibt bei einer Einzelfallprüfung. Es bleibt bei der Entscheidung der Ausländerbehörden. Die Missbrauchsgefahr ist insbesondere in dem Brandenburger Erlass umfänglich berücksichtigt. Es greift nur bei Straftaten mit erheblichem Schaden.

Man muss ganz deutlich sagen, dass dieser Erlass auch den Ausländerbehörden helfen würde. Dort gibt es tatsächlich Unsicherheiten. Sie sind unsicher bei den Entscheidungen. Sie fragen selbstverständlich bei den Gerichten ab, ob ein Geflüchteter Tatverdächtiger ist. Die Abfrage, ob sie Opfer oder Zeugen sind, erfolgt nicht so selbstverständlich.

Genau an dieser Stelle muss es einen politischen Willen geben, das zu tun. An dieser Stelle braucht es einen ermessenslenkenden Erlass. Es ist einfach nicht in Ordnung und es ist auch nichts, was nicht machbar ist. Insofern freue ich mich auf die Beratung im Innenausschuss. Ich hoffe, wir kommen zügig zu einem Ergebnis und kommen am Ende zu einem solchen Erlass. - Herzlichen Dank.

(Beifall bei der LINKEN)

Ich sehe keine weiteren Wortmeldungen. Deswegen können wir in das Abstimmungsverfahren eintreten. Ich habe vernommen, dass der Antrag an den Innenausschuss überwiesen werden soll. Gibt es Anträge in Bezug auf mitberatende Ausschüsse? - Das sehe ich nicht. Deswegen lasse ich darüber abstimmen.

Wer dafür ist, den Antrag der Fraktion DIE LINKE in der Drs. 7/879 an den Innenausschuss zu überweisen, den bitte ich jetzt um sein Kartenzeichen. - Das sind die Koalitionsfraktionen und die Fraktion DIE LINKE. Wer ist dagegen? - Das sind die AfD-Fraktion und Teile der CDU-Fraktion. Wer enthält sich der Stimme? - Niemand. Damit ist dieser Antrag an den Innenausschuss überwiesen worden.

Wir kommen nunmehr zum

Tagesordnungspunkt 20

Erste Beratung

Kommunen entlasten - Gesundheitliche Versorgung von Migrantinnen und Migranten entbürokratisieren und verbessern

Antrag Fraktion DIE LINKE - Drs. 7/880

Die Einbringerin ist die Abg. Frau Zoschke. Frau Zoschke, Sie haben das Wort.

Danke, Herr Präsident. - Werte Kolleginnen und Kollegen! Der Landtag hat sich erstmals vor über zwei Jahren mit der im Antrag beschriebenen Problematik befasst. Die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN hatte damals beantragt, die Krankenkassenkarte nach dem Bremer Modell in Sachsen-Anhalt einzuführen und sich auf Bundesebene für einen umfassenden Zugang von Asylbewerberinnen und Asylbewerbern in das deutsche Gesundheitssystem einzusetzen.

Im Asylbewerberleistungsgesetz ist die medizinische Behandlung für Asylbewerber durch die Formulierungen in den §§ 4 und 6 festgelegt. Es werden akute Erkrankungen und Schmerzzustände behandelt einschließlich der Versorgung mit Arznei- und Verbandmitteln sowie sonstige zur Genesung, zur Besserung und Linderung von Krankheiten erforderliche Leistungen gewährt. Es gibt Leistungsausschlüsse und es gibt Genehmigungsverfahren.

Zuständig für die verwaltungstechnische Seite sind die Sozialämter der Landkreise und kreisfreien Städte. Es ist bereits an zahlreichen Stellen bestätigt worden, dass Verwaltungsfachangestellte über die Notwendigkeit eines Arztbesuches entscheiden müssen, da die Asylbewerberin einen Behandlungsschein benötigt, ohne - und dies will ich betonen - medizinische Vorkenntnisse zu besitzen. In Einzelfällen kann die Verwaltungsfachangestellte Kontakt zum Gesundheitsamt aufnehmen und den Amtsarzt befragen, der dann zeitnah entscheidet. Welche Wirkungen und Folgen das hat, nehmen wir zur Kenntnis. Medien berichteten sehr wirksam über Einzelfälle.

In den Landkreisen, in denen vierteljährlich Behandlungsscheine ausgegeben werden, ist es für beide Seiten eine kleine Erleichterung. Aber das kann aus unserer Sicht tatsächlich nur der Anfang sein.

Mit der Überweisung dieses Antrages in den Ausschuss für Arbeit und Soziales der sechsten Legislaturperiode setzte hier im Hause ein spannender, intensiver und langwieriger Diskussionsprozess ein.

Viele der heutigen Akteure, sowohl innerhalb des Parlamentes als auch außerhalb, haben sich beteiligt. Die Antworten der Krankenkassen, der Gesundheitskassen und ihrer Verbände - es sollte schließlich entsprechend dem Bremer Modell auch in Sachsen-Anhalt etwas entwickelt werden - waren interessiert. Ihre Intention war: Benennt uns das Leistungsspektrum, und wir sagen, was wir tun können.

Die kommunalen Spitzenverbände versicherten, alles, was Verwaltungshandeln vereinfacht und keine zusätzlichen Kosten verursacht, wird mitgetragen.

Die angehörten Nichtregierungsorganisationen

unterstrichen die Notwendigkeit der Krankenkassenkarte als erleichterten Zugang zu medizinischen Leistungen für die Asylbewerberinnen und Asylbewerber und als Bestandteil einer wirklichen Willkommenskultur.

Wir waren zum Ende der Legislaturperiode weit gekommen, zumindest waren dies die Äußerungen der Landesregierung im Ausschuss. In vielen Punkten herrschte scheinbar Einigkeit, und Detailfragen zur Umsetzung, zumindest des ersten Teils des Antrages, beherrschten die Diskussion.

Ja, wir hatten sogar schon im Dezember 2015 eine Mustervereinbarung zur Übernahme der Krankenbehandlung nach § 264 Abs. 1 SGB V im Land Sachsen-Anhalt zur Kenntnis erhalten.

(Zustimmung von der LINKEN)

Zu diesem Zeitpunkt haben die damals regierungstragenden Fraktionen nach Berlin geschaut. Der Asylgipfel der Bundeskanzlerin sollte eine bundeseinheitliche Lösung bringen. Bund und Länder einigten sich auf eine Bundesrahmenempfehlung, die den Gestaltungsrahmen beschrieb, aber nicht zwingend festlegte.

Die gewünschte Lösung blieb allerdings aus. Und es ist ein offenes Geheimnis, dass Bayern und Sachsen die sinnvolle bundeseinheitliche Lösung blockierten. Der Ball landete wieder bei uns im Land.

Allerdings, weder Ausschuss noch Landtag konnten sich zu einem Beschluss durchringen, und die Legislaturperiode war zu Ende. Nach der Wahl

konnten wir alle im Koalitionsvertrag lesen - ich zitiere -:

„Das Land setzt sich für eine bundesweite einheitliche Regelung zum Zugang zu medizinischen Leistungen ein. Bis dahin wird das Land eine Asylbewerberkarte einführen. Diese […] ermöglicht damit den unmittelbaren Gang zum Arzt. Die Abrechnung erfolgt wie bisher zwischen Arzt und Landkreis.“

Die Beratungen im Ausschuss für Arbeit, Soziales und Integration sind ernüchternd. Die Informationen aus dem zuständigen Innenministerium haben verdeutlicht, wie der Passus im Koalitionsvertrag zu verstehen ist. Gemeint ist eine gesonderte Karte, die ein extra Lesesystem bekäme und damit horrende Einführungs- und Betreibungskosten verursachen würde. Dies widerspricht den Lösungswegen in anderen Bundesländern und auch den Möglichkeiten, die wir aus Gesprächen mit Vertretern der Krankenkassen erfahren konnten.

(Beifall bei der LINKEN)

Zumindest die CDU scheint von Angst gepeinigt zu sein, dass Asylbewerberinnen und Asylbewerber durch die Karte dann doch eine Leistung zu viel erhalten könnten. Um dies zu verhindern, sollten lieber Millionen Euro für ein eigenes System ausgegeben werden. Das ist doch absurd, werte Kolleginnen und Kollegen!

(Beifall bei der LINKEN)

Überdies hatten wir den Eindruck, dass man sich zwischen Innen- und Sozialministerium nicht ganz einig in der Sache ist. Dies führt unweigerlich zu der Annahme, hierbei steht man sich aufgrund unterschiedlicher Positionen selbst im Weg.

Um diesen Stillstand nun endlich aufzubrechen, unser Antrag. In einem ersten Punkt fordern wir die Landesregierung auf, die Gespräche mit allen notwendigen Partnern zur zeitnahen Einführung einer elektronischen Gesundheitskarte für Asylbewerberinnen und Asylbewerber zu initiieren und wieder aufzunehmen. Dabei ist es tatsächlich ratsam, dort fortzusetzen, wo der Prozess am Ende der letzten Legislaturperiode stehen geblieben ist.

Andere Länder sind in der Zwischenzeit weitergekommen. Auf der Grundlage der Erfahrungen der Stadtstaaten Bremen und Hamburg haben auch Flächenländer Rahmenvereinbarungen zur Einführung einer solchen Karte beschlossen und zum Teil schon vollständig umgesetzt, obwohl es hier fraglos komplizierter war. Dazu gehören Schleswig-Holstein, Niedersachsen, Rheinland-Pfalz,

Nordrhein-Westfalen, Brandenburg und Thüringen.

Sie nahmen unterschiedliche Wege, teils mit Fehlern und Anlaufschwierigkeiten, die wir als nach

ahmendes Land nicht wiederholen müssen. Das Fahrrad muss nicht neu erfunden werden. Diese Erfahrungen, die Fehleranalyse der Beteiligten, die Chancen und Reserven wollen wir nutzen. Aus diesem Grund sollen diese Erfahrungen in einer analytischen Synopse zusammengestellt werden.

Unser zweiter Punkt: Wir erwarten die genaue Darstellung der Rahmenverträge, der Kostenkalkulation, den Nachweis, welche Kosten tatsächlich entstanden sind und wie Verwaltungsprozesse vereinfacht werden konnten. Diese Analyse wird dann dazu dienen, unsere weitere Verfahrensweise in Sachsen-Anhalt zu bestimmen und zu qualifizieren. Auch wir haben hoffentlich alle das Ziel, Verwaltungsabläufe zu vereinfachen, die kommunale Verwaltungsfachangestellte nicht mit einer Aufgabe dauerhaft zu betrauen, für die sie nicht qualifiziert ist, und deshalb die elektronische Gesundheitskarte einzuführen. Damit gewinnt ein humaner, zeitnaher und unbürokratischer Prozess der gesundheitlichen Versorgung.

(Zustimmung bei der LINKEN)

Werte Kolleginnen und Kollegen! Beim Wechsel vom Asylbewerberleistungsgesetz in den Zuständigkeitsbereich des SGB II zeigt sich ein weiteres Problemfeld. Die Brisanz dieses Problems führte zu einem gemeinsamen Schreiben der Bundesagentur für Arbeit, des Deutschen Landkreistages und des Deutschen Städtetages an das Bundesministerium für Arbeit und Soziales.

Die Prüfung gemäß § 5 Abs. 5a SGB V erschwert bzw. verhindert Asylberechtigten, anerkannten Flüchtlingen sowie anderen Zugewanderten den Weg in die gesetzliche Krankenversicherung. Die Kommunen sind gehalten, ein sehr aufwendiges Prüfverfahren mit konkreten Nachweisen einzuleiten, die sich mit der persönlichen Versicherungspflicht des Zugewanderten vor seiner Einreise beschäftigen.

Die bisherige Selbstständigkeit im Herkunftsland schließt eine Aufnahme in die gesetzliche Krankenversicherung weitgehend aus. Diese Prüfverfahren sind aufwendig, binden Ressourcen in den Kommunen, die für andere Dinge dringend benötigt werden. Unter Umständen sind im Ergebnis dieser Prüfverfahren höhere Beiträge an die private Krankenversicherung durch die Kommunen notwendig. Zur Begründung zitiere ich aus dem oben genannten gemeinsamen Schreiben:

„Systembedingt sollte die erforderliche verstärkte Fürsorge und Beratung von Asylberechtigten, anerkannten Flüchtlingen und Schutzbedürftigen nach unserer Ansicht aufgrund der Sachnähe durch die gesetzliche Krankenversicherung gewährleistet werden. Dieser Personenkreis ist bereits im Rahmen des Bezuges von Asylbewerber

leistungen im Rahmen der Übernahme der Krankenbehandlung nach § 264 Abs. 2 SGB V in Verbindung mit § 2 Abs. 1 des Asylbewerberleistungsgesetzes mit den