Wir wissen nun, es gibt massenhaftes und erhebliches Tierleid, und das nicht nur durch illegales Handeln, so wie es bei Straathof der Fall war, sondern auch rechtlich legitimiert, nämlich durch das, was heute bei uns in der Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung noch alles möglich ist.
Wir haben zwei Präzedenzfälle, die richtungsweisend für den Tierschutz sind und ein Stoppzeichen für tierquälerische Haltungsbedingungen setzen. Die Causa Straathof ist ein extremes Beispiel und nicht zu verallgemeinern. Sie ist den
noch kein Einzelfall und zeigt, dass die industrielle Tierhaltung auf den Prüfstand gehört und die Bedürfnisse der Tiere in den Vordergrund gestellt werden müssen, und das nicht nur bei den Schweinen.
Jetzt brauchen wir den Einstieg in eine wirklich artgerechte Nutztierhaltung. Mehr Platz im Stall, Einstreu, Auslauf im Freien, ausreichend Beschäftigungsmaterial und kein Abschneiden von Körperteilen. Das muss auch alles klar in Gesetzen und Verordnungen festgehalten werden.
Bei diesen gravierenden Umstellungen dürfen die Tierhalter nicht allein gelassen werden. Sie brauchen Unterstützung und Planungssicherheit und auskömmliche Erzeugerpreise. Mehr Tierschutz kann zum Verkaufsschlager werden. Denn die Menschen wollen mehr Tierschutz und sind auch bereit, dafür zu bezahlen. Die Landwirtschaft sollte sich deshalb öffnen und für sich gute Chancen erkennen.
Sachsen-Anhalt hat bereits Geschichte geschrieben und Steine für mehr Tierschutz ins Rollen gebracht und die öffentliche Debatte darüber befördert. Hier darf nicht nachgelassen werden, die Umkehr in der industriellen Tierhaltung weiter voranzutreiben. Wir stehen nun in der Verantwortung, die grausame Normalität in den Ställen zu durchbrechen und uns für Tierwohl und Tiergesundheit einzusetzen. - Vielen Dank.
Frau Präsidentin, vielen Dank. - Sie haben über das Tierwohl gesprochen. Auch uns als AfD ist das ein sehr wichtiges Anliegen. Ich habe auf der Homepage Ihrer Fraktion gefunden, dass Sie sich auch zu Maasdorf mehrfach geäußert haben, Maasdorf, das Schweinehochhaus in Anhalt-Bitterfeld.
- Herr Striegel, ja, lassen Sie mich ausreden. - Es gibt dazu auch eine Pressemitteilung, in der die Zustände gegeißelt werden. Ihre Partei, die GRÜ
NEN haben auch an einer Demonstration teilgenommen in Maasdorf, wo es darum ging, das Schweinehochhaus Maasdorf aufgrund der Zustände dort zu schließen. Am 21. September hat Frau Dalbert dem MDR ein Interview gegeben und sagte: „Bei den letzten Kontrollen gab es keine Beanstandungen mehr.“
Mich würde jetzt interessieren: Sind Sie als GRÜNEN-Fraktion, als Partei, als Kreisverband immer noch dafür, dass das Schweinehochhaus in Maasdorf geschlossen werden muss, oder wie ist da der aktuelle Stand?
Ich habe zum Schweinehochhaus mehrere Kleine Anfragen gestellt, die dazu dienen, auch Fakten zu beschaffen. Es ist auf eine Kleine Anfrage ganz klar geantwortet worden, unmissverständlich, auch nachzulesen, dass in Maasdorf im Brandfall die Tiere nicht gerettet werden können. Das liegt an der Architektur. Die Schweine werden über Fahrstühle transportiert. Das Gebäude ist so konzipiert, dass die Tiere nicht gerettet werden können. Deshalb muss aus unserer Sicht diese Haltungsanlage geschlossen werden. Ich habe auch schon Kontakt mit dem Landrat aufgenommen und mich in dieser Sache an ihn gewandt.
Fordern Sie heute unter anderem die Ministerin für Landwirtschaft, die auch von den GRÜNEN ist, auf, sich dafür einzusetzen, dass das Schweinehochhaus in Maasdorf geschlossen wird? Habe ich Sie da richtig verstanden, dass Sie das heute hier fordern?
Sie haben mich richtig verstanden, dass ich namens meiner Fraktion dafür stehe, dass das Schweinehochhaus geschlossen werden muss aufgrund dieser eindeutigen Belange. Ich denke, bei baurechtlichen Fragen - das ist ja Brandschutz; da weiß ich nicht, ob die Zuständigkeit im Ministerium für Landwirtschaft und Umwelt liegt - müssten diese Behörden durchgreifen bzw. die Information geben. Wenn es im Ministerium für Landesentwicklung - - Ich weiß jetzt nicht nicht,
Herr Roi, wer dafür verantwortlich ist, das ist der Landkreis. Der Landkreis ist dafür verantwortlich, und mit den Verantwortlichen stehe ich schon in Kontakt.
Es gibt keine weiteren Anfragen. An dieser Stelle hat jetzt die Landesregierung, das heißt Frau Ministerin Prof. Dr. Dalbert das Wort.
Bevor aber Frau Ministerin mit ihrem Beitrag beginnt, habe ich die ehrenvolle Aufgabe, Damen und Herren vom Verein für Förderung der beruflichen Bildung in der Region Altmark-West recht herzlich bei uns im Hohen Hause zu begrüßen.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Das Wohl der Nutztiere liegt mir und, ich glaube, uns allen sehr am Herzen, weil wir alle Fleisch auf unseren Tellern haben wollen von Tieren, die ein gutes Leben geführt haben. Deswegen sind die Bedingungen so zu gestalten, dass es den Tieren gut geht. Dafür bin ich angetreten.
Die dokumentierten Tierschutzverstöße in der Nutztierhaltung zeigen aber leider immer wieder, dass für das Tierwohl mehr getan werden muss als bisher.
Laut einer Umfrage der Europäischen Kommission kann man feststellen, dass die Einstellung der Europäer zum Tierschutz sehr klar ist. 94 % der europäischen Bürger und Bürgerinnen sind der Ansicht, dass der Tierschutz bei Nutztieren wichtig ist, und 57 % sagen sogar sehr wichtig.
Die gesellschaftlichen Anforderungen an das Tierwohl sind in den letzten Jahren nicht nur in Deutschland gestiegen, sondern sie spiegeln auch einen Wertewandel innerhalb Europas wider. Das ist eine Entwicklung, die ich außerordentlich begrüße. Die Tierhaltung muss artgerecht sein und bestehende Tierhaltungsvorschriften müssen stetig auf ihre Eignung geprüft und weiterentwickelt werden. Regelungslücken müssen erkannt und ausgefüllt werden und amtliche Tierschutzkontrollen müssen konsequent durchgeführt werden.
Die heutige Debatte zum Thema „Tierschutz stärken - Tierleid verhindern“ trägt diesem Anliegen Rechnung. Im Koalitionsvertrag ist festgeschrieben, nicht die Tiere müssen den Haltungsbedingungen angepasst werden, vielmehr müssen die Haltungsbedingungen den Tieren und ihren Bedürfnissen angepasst werden. Aus dieser Zielstellung heraus ergibt sich ein ganzer Strauß von Maßnahmen, von denen ich einige bereits auf den Weg gebracht habe.
Erstens. Es ist mein Ziel, auf die Aufnahme spezifischer Haltungsvorschriften für Nutztiere, die noch nicht in der Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung verankert sind, hinzuwirken. Dazu bringt Sachsen-Anhalt anlässlich der Amtschefkonferenz im Januar des nächsten Jahres einen Beschlussvorschlag ein, mit dem das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft gebeten werden soll, die Anforderungen an die Haltung von den Milchkühen nach § 2 des Tierschutzgesetzes näher zu bestimmen und den Anwendungsbereich der Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung um einen Abschnitt „Anforderungen an das Halten von Milchkühen“ entsprechend zu erweitern.
Mit dieser Normierung erreichen wir, dass Kontrollen effektiver werden, also die schwarzen Schafe aufgedeckt werden. Außerdem ist zu erwarten, dass eine Normierung zu mehr Tiergesundheit führt. - Das war erstens.
Zweitens. Tierhaltungsverfahren müssen für die jeweiligen Tiere geeignet sein. In der Aktuellen Debatte - wir haben das eingangs von Frau Frederking gehört - stehen die Kastenstände im Mittelpunkt. Diese - Sie kennen mein politisches Ziel - müssen wir abschaffen;
denn den Sauen geht es in den Kastenständen nicht gut. Ich denke, wir alle haben die Bilder vor Augen, welche die Abg. Frederking noch einmal beschworen hat. Deswegen freue auch ich mich sehr über den aktuellen Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts vom 8. November 2016 zum Urteil des Oberverwaltungsgerichts des Landes Sachsen-Anhalt zur Haltung von Schweinen in Kastenständen.
Wie Ihnen bekannt ist und wie noch einmal ausgeführt wurde, hat das Oberverwaltungsgericht in seiner Entscheidung vor gut einem Jahr zu den Anforderungen an die Haltung von Schweinen in Kastenständen festgestellt, dass die Schweine genug Platz haben müssen, um sich darin insbesondere liegend ungehindert ausstrecken zu können. Das ist ein wegweisendes Urteil.
Das Gericht betont, dass die einschlägige Rechtsvorschrift die Haltung von Schweinen klar und eindeutig regelt. Sie ist übrigens bereits im Jahr 1988 beschlossen worden und trat 1992 in Kraft.
Aus dieser Rechtsvorschrift ergibt sich eine unmittelbare Handlungspflicht für den Schweinehalter, die Kastenstände so zu gestalten, dass die Schweine ihrer Größe entsprechend genügend Platz haben. Eine Notwendigkeit für weitere Übergangsfristen sieht das Gericht mit Blick auf die überaus lange Historie dieser Vorschrift eben nicht.
Diese höchstrichterliche Auslegung der Rechtsvorschrift verleiht dem Urteil des Oberverwaltungsgerichts Sachsen-Anhalt bundesweite Bedeutung. Alle deutschen Verwaltungsgerichte haben nun die Auslegung des Bundesverwaltungsgerichts zu dieser Frage zu beachten. Insofern werden sich nun auch die Veterinärbehörden der anderen Länder intensiv mit diesen beiden Entscheidungen auseinandersetzen müssen.
Wir in Sachsen-Anhalt sind dabei seit Langem auf dem Weg. Es ist ein erster Schritt dahin, Kastenstände abzuschaffen. Wir haben bereits seit Längerem auf Arbeitsebene und auf politischer Ebene darauf hingewirkt, dass auch andere Länder eine rechtskonforme Kastenstandhaltung realisieren. Wir überlegen auch, auf der nächsten Amtschefkonferenz im Januar des nächsten Jahres zusammen mit Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen einen Beschlussvorschlag zur Haltung von Sauen in Deckzentren einzubringen, der darauf abzielt, dass es bundesweit abgestimmte Überwachungs- und Kontrollkonzepte gibt, die diesen gerichtlichen Vorgaben bei der Sauenhaltung in Kastenständen Rechnung tragen.
Klar ist aber auch, dass das nur ein Zwischenschritt ist und dass wir weg wollen von den Kastenständen hin zu einer artgerechten Haltung - Stichwort „dänisches Modell“.
Ich muss an dieser Stelle sagen, dass ich ein bisschen ins Nachdenken gekommen bin. Wenn wir sagen, die Haltung in Kastenständen, auch in den normgerechten Kastenständen entspricht nicht dem Tierwohl, ist nur ein Zwischenschritt und wir wollen ganz woanders hin, wir wollen zur Gruppenhaltung im Sinne des dänischen Modells, wo die Schweine nur wenige Tage in den Kastenställen gehalten werden, dann ist natürlich zu fragen, ob wir diesen Schritt nicht überspringen können, dass jetzt alle Schweinehalter 30 % ihrer Sauen verlieren, weil sie sozusagen die Kastenstände erweitern müssen. Können wir nicht eine Einigung treffen, dass wir direkt zum dänischen Modell kommen?
An dieser Zielvorgabe würde ich gern arbeiten. Das heißt aber natürlich auch, dass wir Übergangsfristen brauchen. Ich kann den Schweinehaltern nicht sagen, übermorgen baut ihr den Stall so um, dass ihr das dänische Modell befolgt. Wir
brauchen Übergangsfristen, in denen das realisierbar ist. Ich denke aber, darauf kann man sich verständigen.
Ich habe Signale aus der Schweinewirtschaft, dass sie bereit ist, diesen Weg zu gehen, diesen Schritt zu überspringen und zu sagen, lasst uns in Richtung des dänischen Modells gehen.
Sie wissen, wir haben in Rostock einen Antrag zum dänischen Modell - Frau Frederking hat es erwähnt - eingebracht. Wir haben dafür keine Mehrheit gefunden. Ich habe es schon damals für falsch gehalten, weil ich finde, Wirtschaftsunternehmen - Tierhaltungsbetriebe sind Wirtschaftsunternehmen - muss man auch sagen, wohin die Reise geht.