„Hierzu soll die Landesregierung eine umfassende Prüfung vornehmen, in welchen Bereichen des öffentlichen Lebens in unserem Bundesland ein Verbot der Vollverschleierung Anwendung finden kann. Ferner wird die Landesregierung aufgefordert, gegenüber den Gesetzgebungsorganen der Bundesrepublik Deutschland darauf hinzuwirken, ein Verbot der Vollverschleierung im öffentlichen Raum auch auf Bundesebene einzuführen.“
Genau das ist das Ziel Ihres Antrages. Sie wissen, dass dieses Vollverschleierungsverbot mit uns nicht erreichbar sein kann.
Gegen ein Vollverschleierungsverbot gibt es genügend verfassungsrechtliche Bedenken wie ein möglicher Verstoß gegen das Neutralitätsgebot.
Schränken wir an dieser Stelle die Religionsfreiheit ein? - Das sind alles Fragen, die nicht neu sind, die wir schon sehr oft gestellt haben. Das sind alles Dinge, die wir wissen.
Die Bundes-CDU schlägt beispielsweise vor, Verstöße als Ordnungswidrigkeit zu ahnden. Ich frage: Wenn wir denn ein Sanktionsmittel hätten, wenn wir so weit kämen, wie soll man das umsetzen? Wie ist das überhaupt möglich? - Das sind Fragen, die wir nicht beantworten können.
Wenn man dann andererseits fragt, was für dieses Verbot spricht: die Spielregeln unserer Werteordnung. Darüber müssen wir uns nicht unterhalten. Darin sind wir mit allen Menschen draußen einer Meinung. Es ist logisch, dass wir nicht mit einer Maske Auto fahren - ansonsten hätten einige von uns auch einige Vorteile gehabt -, nackt eine Bank betreten oder nackt durch die Fußgängerzone laufen können. Es ist klar, dass Frauenrechte beschnitten werden, dass eine Vollverschleierung für ein abwertendes Frauenbild steht. Darüber müssen wir nicht diskutieren.
Menschen in einer freien Gesellschaft können sich nicht auf Augenhöhe begegnen, wenn sie sich nicht sehen und sich gegenseitig ins Gesicht schauen können. Deswegen widerspricht die Vollverschleierung unserem gesellschaftlichen Konsens.
Wir leben aber in einer Kultur des visuellen Systems. Die Identifizierung jeder Person ist möglich. Die Mimik muss in bestimmten Situationen lesbar sein. Die Vollverschleierung passt aber nicht in unser Land und in unsere freiheitliche Kultur; wir sind tolerant und weltoffen und werden dies auch bleiben.
Nach dem Gesagten darf eine Verschleierung nicht geduldet werden, wo diese an die Grenzen unserer Werteordnung stößt. Wir werden trotzdem im Innenausschuss fair über Ihren neuen Antrag beraten. - Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.
Sehr geehrter Herr Borchert, eine Frage. Sie haben klar gesagt, ein Vollverschleierungsverbot sei mit Ihnen nicht zu machen, also mit der CDUFraktion nicht zu machen. Ist Ihnen klar, dass Sie damit aber Ihre Parteilinie im Landtag SachsenAnhalts nicht vertreten?
Ich denke schon, dass ich die Linie meiner Partei vertrete. Ich habe das zur Vollverschleierung ausführlich erklärt.
- Ja, jeder darf sagen, was er möchte. Wir haben Beschlüsse, die wir einhalten werden. Trotzdem ist in meiner Partei eine freie Meinungsäußerung möglich.
Herr Präsident! Herr Borchert, ich verstehe die Lage der CDU. Sie regieren mit den GRÜNEN; das ist alles nicht so einfach. Aber Ihre Rede hat mich völlig durcheinandergebracht. Ich glaube auch nicht, dass dies noch irgendjemand draußen nachvollziehen kann.
Ich stelle Ihnen eine Frage, damit Sie es mir noch einmal erklären. Sie haben gesagt, wir könnten nicht in eine Regelungswut verfallen, die CDUFraktion unterstütze das nicht; das sei mit der Fraktion nicht zu machen.
Ich bin gerade auf der Internetseite der CDUFraktion. Dort steht eine Pressemitteilung vom 12. August 2016 mit der Überschrift: CDU-Fraktion begrüßt Forderung eines Burkaverbots.
Ich lese nicht weiter. Jetzt müssen Sie sich einmal entscheiden, was denn nun gilt. Ändern Sie alle zwei Monate Ihre Meinung? Was ist denn nun gehauen und gestochen? Wofür steht die CDU im Hause? Oder ist das hier eine Fake-Seite? - Schauen Sie mal nach.
Ist Frau Merkel Ihre Parteivorsitzende und Sprecherin? Die von Ihnen zitierte Stelle aus unserem Antrag, dass das Burkaverbot überall dort umgesetzt werden soll, wo es rechtlich möglich ist - ist das nicht die Aussage Ihrer Parteivorsitzenden?
Sehr geehrter Herr Landtagspräsident! Werte Abgeordnete! Liebe Gäste auf den Tribünen! Hohes Haus! Werte Mandatsträger der Christlich Demokratischen Union! Unser Recht hat Vorrang vor Ehrenkodex, Stammesregeln und der Scharia. Bei uns heißt es Gesicht zeigen. Deswegen ist die Vollverschleierung nicht angebracht. Sie sollte verboten werden.
Das sind bei Gott nicht meine Worte; es ist sind die Worte Ihrer Kanzlerin, werte Christlich Demokratische Union. Es sind die Worte der Kanzlerin, die sich noch im September dieses Jahres gegen ein allgemeines Vollverschleierungsverbot ausgesprochen hat. Es sind auch die Worte der Kanzlerin, mit der es niemals eine Pkw-Maut geben sollte.
Weiterhin sind es die Worte der Kanzlerin, die nach einem CDU-Beschluss über die Rückabwicklung des Doppelpassgesetzes gesagt hat: Es wird in dieser Legislaturperiode keine Änderung geben. Es sind die Worte der Heute-so-undmorgen-so-Kanzlerin.
Das ist traurig, aber wahr. Aber lassen wir nunmehr die Worte der Heute-hüh-und-morgen-hottKanzlerin außen vor. Sie haben hier und jetzt die einmalige Chance, unserem Antrag zum Verbot der Vollverschleierung zuzustimmen und damit Ihrem CDU-Bundesparteitagsbeschluss und Ihrem Landesparteitagsbeschluss gerecht zu werden.
Um die Worte Mark Twains zu zitieren: Die Wahrheit ist das Kostbarste, was wir haben; gehen wir sparsam damit um.
Lassen Sie, werte CDU, keine weitere Farce zu und ignorieren Sie die politischen Launen Ihrer Kanzlerin. Ignorieren Sie bitte aber nicht den Volkswillen und vor allem nicht unseren Antrag. Stimmen Sie ihm zu; denn der Mut zur Wahrheit tut nicht nur der AfD gut, er würde momentan auch der CDU gut zu Gesicht stehen. - Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Danke. Ich sehe keine weiteten Wortmeldungen. - Herr Kirchner, ich erinnere noch einmal an unsere Geschäftsordnung. Ich wollte Sie nicht unterbrechen. Die Gäste auf der Tribüne werden aus
schließlich vom Präsidenten begrüßt. Der Redner, der hier vorn steht, spricht ausschließlich zu den Abgeordneten und zu den Mitgliedern der Landesregierung. Dies zur Klarstellung.