Protocol of the Session on December 14, 2016

(Stefan Gebhardt, DIE LINKE: Der ist mitt- lerweile kalt!)

Ich fürchte, das wird eine verdammt nüchterne Adventszeit werden.

(Zustimmung bei der SPD und bei den GRÜNEN - André Poggenburg, AfD: Seit- dem brummt das Glühweingeschäft!)

Meine Damen und Herren! Dass es in SachsenAnhalt nichts zu regeln gibt, wurde den Antragstellern schon von vielen Seiten im SeptemberPlenum erzählt und in den Ausschüssen gesagt. Das stört Sie aber nicht. Wenn der Gesetzentwurf heute abgelehnt wird, dann reichen Sie eben einen neuen Antrag ein

(Daniel Roi, AfD: Genau!)

und halten der CDU offensichtlich ein Stöckchen hin. Sie wissen doch ganz genau, was bei Ihrem Antrag herauskommen wird, nämlich nichts.

(Zustimmung bei der SPD und bei den GRÜNEN - Lydia Funke, AfD: Schade!)

Sie fordern doch immer von den sogenannten Altparteien - davon war eben wieder mehrfach die Rede -,

(André Poggenburg, AfD: Richtig!)

dass man sich den wirklichen Problemen der Menschen in unserem Land widmen möge.

(André Poggenburg, AfD: Richtig!)

Dann ist bei Ihnen das Burkaverbot ein echter Volltreffer gewesen.

(Zustimmung bei der AfD - André Poggen- burg, AfD: Richtig!)

Es gibt kein Problem in Sachsen-Anhalt, das man mit einem Burkaverbot lösen könnte. Wenn Sie diese praktischen Gründe schon nicht von Ihrem Tun abhalten können, dann ist es vielleicht die klare Vorgabe unseres Grundgesetzes.

Meine Damen und Herren! Wir werden der Beschlussempfehlung des federführenden Innenausschusses folgen und Ihren Gesetzentwurf heute ablehnen.

(Zustimmung von Sebastian Striegel, GRÜ- NE)

Weil es der Regelung in der Koalition entspricht, werden wir dem Wunsch der CDU folgen und Ihren Antrag an den Innenausschuss überweisen. Aber, werte Antragsteller von der AfD-Fraktion, haben Sie nicht die Hoffnung, dass wir Ihre PolitClownerie mitmachen werden. - Herzlichen Dank.

(Zustimmung bei der SPD, bei den GRÜ- NEN, von Eva Feußner, CDU, und von Markus Kurze, CDU)

Ich sehe auch hierzu keine Intervention oder Nachfragen. Deswegen können wir in der Debatte fortfahren. Als Nächste wird Frau Quade das Wort nehmen. Vorher möchte ich aber noch einen Hinweis vor allen Dingen zu unserer Pressetribüne geben. Wir hatten vereinbart, dass diejenigen, die darauf die Sitzung verfolgen, sich bitte hinsetzen. - Jetzt hat Frau Quade das Wort. Bitte sehr.

Vielen Dank, Herr Präsident. - Meine Damen und Herren! Wieder haben wir es mit einem Antrag zu tun, der nicht viel mit den Realitäten im Land zu tun hat, aber gut zur eigenen Stimmungslage passt. Man hat den Eindruck, der AfD gehen die Themen aus.

(André Poggenburg, AfD: Schon seit drei Jahren!)

Zum zweiten Mal innerhalb kurzer Zeit haben wir hier einen Antrag, der darauf abzielt, Muslime und Muslimas zu Fremden zu machen,

(André Poggenburg, AfD: Sie sind Fremde!)

der ihnen feindselige Absichten unterstellt

(André Poggenburg, AfD: Haben sie!)

und der Bedrohungen imaginiert, wo schlichtweg keine sind.

In der Tat waren es die CDU-Minister, die im Sommer dieses Jahres nach den Anschlägen in Nizza die Debatte über das Burkaverbot zur Terrorabwehr ins Rollen brachten. Die Frage, wer hier wessen kalten Kaffee zum wievielten Mal aufwärmt, stellt sich also im Grunde so nicht.

(Zustimmung von Swen Knöchel, DIE LIN- KE - André Poggenburg, AfD: Haben wir schon vor zwei Jahren!)

Einer meiner Kollegen in Brandenburg stellte dazu, wie ich finde, sehr zutreffend fest, das Problem mit immer wieder aufgewärmtem Kaffee ist, dass sich erstens noch mehr brauner Bodensatz bildet

(Oh! bei der AfD - André Poggenburg, AfD, lacht)

und dass sich zweitens kein neues Aroma entfaltet.

(Beifall bei der LINKEN)

Insofern ist die Bemerkung von Frau Funke zur Entschuldigung bei den Steuerzahlern dafür, dass Sie immer wieder dasselbe zur Sprache zu bringen, durchaus angemessen.

(Beifall bei der LINKEN - André Poggen- burg, AfD: Halten Sie sich doch einmal dar- an!)

Auch Ihr Verhalten in den Ausschüssen bei den Beratungen über Ihren ersten Antrag war durchaus aufschlussreich. Immerhin wollten Sie in der zweiten Beratung im Innenausschuss doch noch etwas inhaltlich vorbringen und argumentieren. Herr Höse legte in beeindruckenden Worten dar, dass der Koran das Tragen eines Gesichtsschleiers nicht zwingend vorschreibe

(Oliver Kirchner, AfD: Richtig!)

und dass es unterschiedliche Auffassungen dazu gebe, um daraus offenkundig mit aller verfügbaren analytischen Schärfe abzuleiten, dass man es verbieten müsse.

(Zustimmung bei der AfD - André Poggen- burg, AfD: Richtig!)

Das ist ein interessanter Weg. Das ist Logik à la AfD.

Die Berufung auf die Religionsfreiheit könne nicht stattfinden, weil es kein Zwang sei. Wenn ich es richtig sehe, ist der sonntägliche Kirchgang kein Zwang,

(Zustimmung von Swen Knöchel, DIE LIN- KE, und von Dr. Katja Pähle, SPD)

zweifellos aber von der Religionsfreiheit gedeckt. Sehen Sie das anders, meine Herren von der AfD?

Ich bin wie die meisten Menschen in SachsenAnhalt Atheistin. Für mich stellen Religionen im Allgemeinen ein großes Faszinosum dar, deren Gesetze, deren Regeln, deren Praktiken sich mir nur bedingt erschließen. Ich kann nicht nachvollziehen, warum sich jemand entscheidet, sich zu verschleiern. Ich kann auch nicht nachvollziehen, warum jemand findet, Homosexualität sei eine Strafe Gottes, und sich deshalb ein Leben lang selbst verleugnet und kasteit. Ich kann es nicht nachvollziehen, wie man im Namen eines Gottes Verhütungsmittel als unmoralisch begreifen kann und dass nur das Kind, das in eine heterosexuelle Ehe hineingeboren wird, ein Geschenk Gottes sein soll. Das alles kann ich nicht nachvollziehen, muss ich aber auch nicht. Ich muss nur damit leben können, dass es Menschen anders sehen als ich.

(Beifall bei der LINKEN - Zustimmung von Dr. Katja Pähle, SPD)

Um es ganz deutlich zu sagen: Zwang ist ein Problem im orthodoxen Islam, so wie Zwang ein Problem aller Orthodoxien ist. Es braucht tatsächlich nicht die AfD, um darauf zu kommen.

(André Poggenburg, AfD: Scheinbar doch!)

Niemand hier im Hause bezweifelt, dass das Tragen eines Gesichtsschleiers, einer Vollverschleierung auch Ausdruck eines Unterdrückungsverhältnisses sein kann. Auch bei der geringen bis eben nicht vorhandenen Zahl von Burka- oder Nikabträgerinnen in Sachsen-Anhalt bleibt es eben verdammt schwer zu sagen, wie viele davon einem solchen Unterdrückungsverhältnis zuzuordnen wären. Klar ist, dass jedes einzelne eines zu viel wäre. Genauso klar ist aber auch, dass sich Zwangsverhältnisse nicht mit Bekleidungsverboten lösen lassen.

(Beifall bei der LINKEN - Zustimmung bei den GRÜNEN)

Sie mögen damit leben können, wenn die Betroffenen dann eben nicht mehr das Haus verlassen dürfen. Sie mögen damit leben können, wenn sich der Zwang damit potenziert. Wir können es nicht.

(Beifall bei der LINKEN)

Wer Frauen aus Zwangsverhältnissen befreien will und die Voraussetzungen dafür schaffen will, dass sie es selbst tun können,