Protocol of the Session on November 23, 2016

Das ist doch das, was uns umtreibt.

Worin liegen wir denn am meisten auseinander? - Wir liegen nach wie vor auf jeden Fall auseinander - wir offensichtlich, mehrere hier im Haus möglicherweise auch - erstens in der Dimension des Fehlbedarfes, den wir nicht mehr aus grundständig ausgebildeten Leuten werden decken können. Sind das Dutzende oder Hunderte oder möglicherweise Tausende?

Das Zweite, bei dem wir auseinanderliegen, ist der Zeitpunkt, wann das eintritt. Sie und die Koalition erzählen hier, wie viel Zeit wir dafür haben. Aber - dass wir das nicht gleich am Anfang gemacht haben, da bin ich gern bei Ihnen - die Zeit läuft uns davon.

(Beifall bei der LINKEN)

Das Zweite, was ich von hier aus noch einmal klarstellen will, ist, dass wir, wie wir das an anderer Stelle auch schon hatten, nicht bewusst Missverständnisse - damit meine ich weniger Sie, sondern mehr die Kollegen neben Ihnen - in die Debatten hineintragen.

Es gibt keine vernünftige Alternative zu grundständiger Ausbildung. Kein Mensch redet Seiteneinsteiger herbei. Aber wir haben es nicht getan und wir tun es auch jetzt nicht, wir tun jetzt auch zu wenig. Sowohl der Aufwuchs an den Hochschulen, über den diskutiert wird, als auch der Aufwuchs in den Seminaren sind die berühmten Schritte in die richtige Richtung, aber sie sind schon jetzt zu spät und sie sind auch zu klein.

(Beifall bei der LINKEN)

Jetzt will ich versuchen, ein bestimmtes Wort zu vermeiden. Dieser Gesetzentwurf steht am Beginn einer Reihe von Notmaßnahmen. Wir werden noch einiges beschließen. Wir müssen das jetzt aus der Not heraus tun. Die Not ist vorher entstanden, das habe ich Ihnen immer zugestanden; aber sie entsteht auch jetzt. Sie ist nicht nur in der Vergangenheit entstanden, sie entsteht auch durch heutige Fehlentscheidungen.

Jetzt wird die Not sozusagen größer. Not heißt: Wir werden in einem Umfang auf Seiteneinsteiger zugreifen müssen, wie wir es sicherlich gar nicht wollen. Dann ist die Konsequenz aus dem Antrag - auch bezüglich der freien Schulen -: Wenn das so ist - da sind wir uns offensichtlich der Dimension nicht bewusst; es ist etwas anderes, ob ich über zwei Dutzend oder über 200, 300 oder 400 rede -, wenn wir uns diese Seiteneinsteiger in einer viel größeren Dimension in die Schulen holen müssen, dann können wir es nicht so laufen lassen, wie es bisher gelaufen ist, nämlich dass

wir uns über ihre Qualifikation keine Gedanken machen. Genau das ist die Botschaft.

(Beifall bei der LINKEN)

Deswegen brauchen wir nicht nur die Erklärung, dass wir einen berufsbegleitenden Vorbereitungsdienst brauchen, sondern wir brauchen relativ schnelle Schritte. Diese können wir aus meiner Sicht nicht gehen, wenn wir keine schulgesetzliche Grundlage haben. Dann reden wir schon über das nächste Schuljahr, und wenn wir uns nicht beeilen, dann reden wir noch später darüber.

Der zweite Punkt ist die Zulassung zum Vorbereitungsdienst, auch im Verhältnis zu den freien Schulen. Der Staat stellt in seine Schulen ein, was er will. Das macht er über seine Ausschreibungen. Das können die freien Schulen nicht. Die freien Schulen müssen wissen, was ihnen erlaubt ist und was ihnen nicht erlaubt ist. Deswegen brauchen wir ausführlichere Regelungen in § 16a.

Wenn der Staat durch seine Ausschreibungen, durch seine Auswahl - natürlich auf der Ebene des wissenschaftlichen Hochschulabschlusses, Kolleginnen und Kollegen auf der Seite rechts von mir - Leute einstellt, dann müssen sie auch alle zum Vorbereitungsdienst zugelassen werden. Man kann doch niemandem vermitteln, dass man jemanden in den Schuldienst einstellt und ihn für geeignet hält, Unterricht zu erteilen, ihm aber gleichzeitig sagt, für einen Vorbereitungsdienst geht es nicht. Das ist eine Schnittstelle, die nicht funktioniert.

Das ist egal, wenn ich über fünf Leute rede. Das ist aber nicht mehr egal, wenn ich über 500 Leute oder eine solche Dimension rede. Das heißt, alle, die ich in den Schuldienst einstelle und grundsätzlich für geeignet und befähigt halte, Unterricht zu erteilen, müssen natürlich auch zum Vorbereitungsdienst zugelassen werden.

(Zustimmung bei der LINKEN)

Die Öffnung hin zum Bachelor ist, wenn man es im Gesetz ordentlich liest, beschränkt auf die spezielle Situation der berufsbildenden Schulen, wo wir eine andere Systematik haben und aus ganz anderen Gründen Seiteneinsteiger brauchen, nämlich für Richtungen, für die Lehramtsanwärter für Berufsschulen nicht ausgebildet werden, also in den Ingenieurbereichen. Darum muss man gelegentlich sinnvollerweise auch auf die Fachhochschulebene zugreifen, weil man nur von dort Leute bekommt. Es geht also nicht darum, insgesamt den Bachelor zuzulassen und so einen Quatsch, sondern um das, was wir geschrieben haben, nämlich dass es speziell an den Berufsschulen zugelassen werden soll.

Im Übrigen steht in diesem Gesetzentwurf nichts, was es nicht schon irgendwo anders in dieser Bundesrepublik gibt. Nichts davon ist neu. Es ist die Frage, was für uns angemessen ist, und es ist die Frage, wie schnell wir es brauchen. Darum dürfen wir nicht zu spät kommen.

(Beifall bei der LINKEN)

Damit sind wir nunmehr am Ende der Debatte angelangt. Es gibt einen Überweisungsantrag, und zwar diesen Gesetzentwurf an den Ausschuss für Bildung und Kultur zu überweisen.

Wer diesem Überweisungsantrag folgt, den bitte ich jetzt um sein Kartenzeichen. - Das sind nach einigem Zögern offensichtlich alle Fraktionen. Gibt es dennoch Gegenstimmen? - Stimmenthaltungen? - Die gibt es nicht. Demzufolge ist dieser Gesetzentwurf in Drs. 7/591 an den Ausschuss für Bildung und Kultur zur Beratung überwiesen worden.

Nun kommen wir in Abänderung unseres vorliegenden Zeitplans dazu, wie ich es vorhin angesagt habe, Tagesordnungspunkte aus den folgenden Tagen vorzuziehen.

Bevor ich in den Tagesordnungspunkt 8 einsteige, möchte ich noch einen kleinen Hinweis geben. Die parlamentarischen Geschäftsführer werden bei ihrem Vorschlag, die Punkte 24 und 25 auf den heutigen Tag vorzuziehen, natürlich beachtet haben, dass wir es entgegen dem ausgedruckten Zeitplan bei Tagesordnungspunkt 24 nicht mehr mit einer offenen Abstimmung zu tun haben, sondern dass wir dafür eine Wahlkabine brauchen. Diese Wahlkabine ist unter sozusagen sagenhaftem Einsatz der Mitarbeiter des Hauses tatsächlich für heute Abend

(Beifall bei allen Fraktionen)

schon herangeschafft worden. Das Problem ist nur, sie kommt nicht durch die Tür.

(Heiterkeit bei allen Fraktionen)

Sie muss hier drin zusammengebaut werden. Damit wir die Würde des Parlaments trotzdem wahren, werden wir nach dem Tagesordnungspunkt 8 eine etwa fünfminütige Wahlkabinenzusammenbaupause einlegen,

(Heiterkeit bei allen Fraktionen)

um dann in den Tagesordnungspunkt 24 einsteigen und die Wahl durchführen zu können. Ich gehe davon aus, das hat mehr oder weniger das Einverständnis dieses Hauses. Wenn nicht, dann hätten wir auch keine Alternative.

Deswegen kommen wir jetzt zu

Tagesordnungspunkt 8

Zweite Beratung

Änderung § 85 Abs. 1 der Geschäftsordnung des Landtages von Sachsen-Anhalt

Antrag Fraktion AfD - Drs. 7/387

Beschlussempfehlung Ausschuss für Recht, Verfassung und Gleichstellung - Drs. 7/576

(Erste Beratung in der 9. Sitzung des Landtages am 29.09.2016)

Berichterstatter des Ausschusses ist der Abg. Herr Striegel. Herr Striegel, Sie haben das Wort.

Herr Präsident, herzlichen Dank. - Meine Damen und Herren Kolleginnen und Kollegen! Dem Landtag von Sachsen-Anhalt lag ein Antrag der Fraktion der AfD in Drs. 7/387 mit dem Titel „Änderung § 85 Abs. 1 der Geschäftsordnung des Landtages von Sachsen-Anhalt“ vor. Der Landtag überwies diesen Antrag, wie bereits gehört, in der 9. Sitzung am 29. September 2016 zur Beratung und Beschlussfassung an den Ausschuss für Recht, Verfassung und Gleichstellung.

Ziel des Antrages war es, die Geschäftsordnung dahin gehend zu ändern, dass Ausschusssitzungen grundsätzlich öffentlich sind und nur unter strengen Voraussetzungen nichtöffentlich bzw. vertraulich beraten werden kann.

(Daniel Roi, AfD: Richtig! - André Poggen- burg, AfD: So ist es!)

In der 3. Sitzung am 11. November 2016 befasste sich der Ausschuss für Recht, Verfassung und Gleichstellung mit diesem Antrag.

Die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sprach sich im Namen der Koalitionsfraktionen dafür aus, über diese Problematik im Zuge einer im Koalitionsvertrag beabsichtigten größeren Parlamentsreform zu diskutieren.

Die Fraktion der AfD bekräftigte ihren Antrag und warb dafür, schon jetzt eine entsprechende Beschlussempfehlung zur Änderung der Geschäftsordnung zu verabschieden. Dieses Ansinnen fand bei 3 : 8 : 0 Stimmen jedoch keine Mehrheit.

Im Ergebnis seiner Beratung beschloss der Ausschuss für Recht, Verfassung und Gleichstellung mit 8 : 3 : 0 Stimmen, dem Landtag zu empfehlen, den Antrag abzulehnen. Die Beschlussempfehlung liegt Ihnen in der oben genannten Drs. 7/576 vor. Mit Ausnahme der antragstellenden Fraktion bestand jedoch, wie bereits in der ersten Beratung hier im Hohen Haus vorgetragen, Einigkeit, über diese Thematik im Zuge einer größeren Geschäftsordnungsreform erneut zu diskutieren.

Sehr geehrte Damen und Herren! Im Namen des Ausschusses für Recht, Verfassung und Gleichstellung bitte ich Sie um Ihre Zustimmung zu dieser Beschlussempfehlung. - Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Zustimmung bei den GRÜNEN)

Nach der Einbringung der Beschlussempfehlung des Ausschusses durch den Berichterstatter Herrn Striegel kommen wir nunmehr zur Debatte der Fraktionen. Es wurde eine Dreiminutendebatte vereinbart. Für die AfD-Fraktion hat der Abg. Herr Siegmund das Wort. Bitte sehr.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir alle sind Vertreter unseres Volkes. Wir sind als gewählte Abgeordnete das gegenwärtig einzige Instrument, das die Bürger haben, um Demokratie umzusetzen und Demokratie zu leben. Wir werden aus hart erarbeitetem Steuergeld entlohnt, und wir alle sollten gemeinsam über unsere Fraktionsgrenzen hinaus den Anspruch haben, das Beste für die Menschen in unserem Bundesland zu entscheiden. Unsere Bürger sollten daher auch das Recht haben, genau zu wissen, wie welche Entscheidung zustande kommt und vor allem von wem diese wie beeinflusst wird.

(Beifall bei der AfD)

Diese politische Meinungsbildung findet vor allem in den Ausschüssen statt. Dort wird politische Arbeit erbracht. Genau hier ist Transparenz elementar. Öffentliche Ausschusssitzungen sollten keiner Debatte bedürfen; sie sollten eine Selbstverständlichkeit sein.

(Beifall bei der AfD)