Protocol of the Session on November 23, 2016

Meine Damen und Herren! Die finanzielle Situation der Kommunen ist seit Jahren miserabel. Sie haben das angedeutet. Die Spannungen in der kommunalen Familie sind extrem. Der Grund dafür sind die angesprochenen massiven Kürzungen in vielen Bereichen. Gleichzeitig - auch das muss man sagen - wurden Aufgaben nach unten delegiert.

Jahrelang haben Sie von den Altparteien den Leuten erzählt, wofür alles kein Geld vorhanden ist. Unzählige Polizeistationen und Grundschulen wurden geschlossen, auch aus finanziellen Gründen, beispielsweise in Pouch. In einer Niederschrift des Kreistages Anhalt-Bitterfeld ist mittlerweile nachzulesen, dass die Grundschule in Pouch aufgrund fehlender finanzieller Mittel geschlossen wurde.

Es wurde Personal abgebaut. Kultureinrichtungen der Kommunen als sogenannte freiwillige Aufgaben stehen landauf, landab zur Disposition. Erst heute war im Radio zu hören, dass im Salzlandkreis nur noch durchschnittlich 1 % des Haushaltsvolumens für freiwillige Aufgaben ausgegeben wird. Auch das ist eine Folge des von Ihnen verordneten Spardiktats. Das ist Zeugnis Ihrer Arbeit.

Kommunen werden nämlich über Auflagen gezwungen, den Rotstift überall dort anzusetzen, wo es um Dinge geht, die das Leben unserer Bürger vor Ort lebenswert machen. Investitionen in Feuerwehrtechnik beispielsweise sind in den letzten Jahren in den Kommunen hinausgeschoben

worden. Sie schaffen es also nicht einmal mehr, ihre Pflichtaufgaben - die Feuerwehr gehört dazu - vollständig auszufüllen. Das Brandschutzgesetz gibt vor - das haben Sie angesprochen -, dass eine leistungsfähige Feuerwehr vorzuhalten ist. Dafür braucht man aber Geld.

Ein weiterer Punkt der Kritik war in den letzten Jahren die zunehmende Unübersichtlichkeit des FAG. Darauf haben Sie auch abgestellt. In der aktuellen Vorlage sind endlich auch Stellungnahmen der kommunalen Spitzenverbände umfangreich bewertet worden; sie sind auch teilweise eingeflossen. Das ist ein richtiger Schritt, auch wenn das mit der Finanzstrukturkommission, wozu ich gerade nachgefragt habe, nicht eingeflossen ist.

Der Städte- und Gemeindebund hat zu Recht darauf hingewiesen, dass das Volumen der Kassenkredite massiv angewachsen ist. Das ist ebenfalls ein Zeugnis Ihrer Politik, meine Damen und Herren.

Bevor Sie gleich wieder darauf hinweisen - das haben Sie gerade getan -, dass Ihre verschiedenen Entschuldungsprogramme die Schuldenlast zum Teil verringert haben und dass wir über Fördermittel der EU in den Kommunen vieles finanziert haben, stelle ich Ihnen die Frage: Sollen wir uns noch dafür bedanken, dass wir als EU-Nettozahler einen Bruchteil zurückbekommen, während der Rest unserer hart erarbeiteten Steuermilliarden im Moloch Brüssel in dunklen Kanälen versackt? - Ich sage: Nein, dafür müssen wir uns nicht bedanken; denn das ist selbstverständlich.

(Beifall bei der AfD)

Die Fördermittelvergabe über die EU ist kein Segen, sondern Ausfluss eines Bürokratiemonsters. Das wird überall immer wieder kritisiert.

Die investiven Kredite der Kommunen sind deutlich zurückgegangen, so heißt es in der Beschlussvorlage. Das ist kein gutes Zeichen; denn wir leben mittlerweile in einem Land, in dem vor Ort immer weniger investiert wird und immer weniger investiert werden darf.

Es ist stets das gleiche Verfahren: Man genehmigt die Haushalte nicht. Das war in den letzten Jahren in den Kommunen immer wieder der Fall. Das ist ein großes Problem; denn dort, wo nicht mehr investiert wird, wird an der Zukunft gespart. Das muss man einmal sagen. Sie haben in Ihrer Beschlussvorlage darauf abgestellt, dass Sie das ändern wollen. Ich bin gespannt, ob das klappt.

Schauen wir uns vor Ort um. Ich habe es angesprochen: Wir haben es mit steigenden Kita-Beiträgen zu tun, auch als Folge eines in Teilen verfassungswidrigen KiFöG. Wir haben, verbunden damit, mehr Belastungen für die Kommunen an

anderer Stelle. In vielen Kommunen sind die Gewerbesteuer, die Grundsteuer, die Hundesteuer und die Friedhofsgebühren gestiegen. All das belastet die Leute vor Ort direkt.

Das ist die Realität, zu der ich heute von Ihnen nichts gehört habe, Herr Minister. Diese Realität betrifft die Bürger vor Ort brutal; denn sie können sich dessen nicht erwehren.

Wie Sie das tun, habe ich gerade angesprochen: Es sind die Auflagen, die Sie den Kommunen aufdrücken; denn wenn diese sich nicht an die Auflagen halten, bekommen sie ihre Haushalte nicht genehmigt. Ich als Stadtrat weiß - -

Herr Roi, Sie müssen jetzt zum Ende kommen. Sie sind schon eine halbe Minute über der Zeit.

Schade. Dann komme ich zum Ende - hier war komischerweise schon eine Minute abgelaufen - und sage Ihnen: Wir freuen uns auf die Diskussion in den Ausschüssen.

Ich kann sagen, dass wir uns einbringen werden. Wir werden insbesondere - auch das sage ich Ihnen gleich, Herr Minister - auf Ihre Begründung zu § 14 auf Seite 47 eingehen, wo es um die fixen Hebesätze geht. Auch damit versuchen Sie schon wieder, den kreisangehörigen Kommunen das Wasser abzugraben. Ich weise Sie darauf hin, dass man auch in Fünferschritten runden kann; dies würde keinen Nachteil für die Kommunen nach sich ziehen.

Herr Roi, ich meinte das ernst.

Ich kürze meine Rede ab und versichere Ihnen an dieser Stelle, dass wir als AfD hier die Stimme der Bürger laut werden lassen, auch die Stimme der Kommunen; denn so wie in den letzten Jahren darf es nicht weitergehen. Wir nehmen erfreut die Erhöhung um 80 Millionen € und die Festschreibung auf 1,6 Milliarden € zur Kenntnis. Wir werden weiter dafür kämpfen, dass die kommunale Familie wieder entsprechend § 88 Abs. 1 der Landesverfassung

Herr Roi, Herr Roi - -

finanziell ausgestattet wird.

Herr Roi, das können Sie alles machen, aber innerhalb der Redezeit.

Vielen Dank.

(Beifall bei der AfD)

Herr Roi, Sie haben die Redezeit um fast zwei Minuten überschritten. Ich habe heute Langmut bewiesen. Wenn ich Sie richtig verstanden habe, meinten Sie, dass Ihre Redezeit am Anfang um eine Minute gekürzt gewesen sei.

(Zurufe von der AfD)

- Das werden wir kontrollieren; die Dinge werden ja aufgezeichnet.

Als Nächster in der Debatte hat der Abg. Herr Erben von der SPD-Fraktion das Wort. Herr Erben, bitte.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ihnen liegt heute ein Gesetzentwurf vor, über den wir die Überschrift setzen könnten: Die KeniaKoalition hält Wort.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Wir stärken die Kommunen nicht mit Lippenbekenntnissen oder Worthülsen oder netten Überschriften, sondern durch Taten. Ich möchte deutlich sagen, dass das in gewissem Sinne auch eine Kurskorrektur durch die Koalition gegenüber der Vorgehensweise in der sechsten Wahlperiode ist.

(Zustimmung von Sebastian Striegel, GRÜ- NE)

Was tun wir konkret? - Wir stocken die Finanzausgleichsmasse gegenüber der Ausgangssituation im Jahr 2016 um 182 Millionen € auf. Das ist die größte Erhöhung, die es jemals in der Geschichte des Landes gegeben hat. Vor allem zeigt sich die Dimension, wenn man in die mittelfristige Finanzplanung hineinschaut und sich anschaut, wohin das Ganze bei der Fortführung der bisherigen Konstruktion im Finanzausgleich geführt hätte.

(Swen Knöchel, DIE LINKE: Eben!)

Wir nehmen zahlreiche Veränderungen vor, indem wir auch strukturelle Fragen im FAG klären. Wir nehmen bei der internen Verteilung zwischen den kommunalen Gruppen und innerhalb der kommunalen Gruppen vermeintlich kleine Veränderungen an Stellschräubchen vor, die aber nichtsdestotrotz wichtig sind.

Ich möchte auf einen Punkt eingehen, nämlich: Wie kehren wir die Finanzkraftumlage aus? - Hierbei ist die Situation gegenwärtig so, dass die Finanzkraftumlage von den reichen Kommunen eingesammelt wird. Die Zielrichtung war jedoch immer: Wir wollen die besonders steuerschwachen Kommunen damit stärken.

Tatsächlich hat die Finanzkraftumlage bisher aber dazu geführt, dass ein großer Teil der Finanzkraftumlage in Blöcken von etwa einer halben Million Euro in eher große Mittelzentren gegangen ist, nämlich durch den entsprechenden Veredelungsfaktor. Das korrigieren wir, wie auch einige andere Dinge in diesem Zusammenhang, nämlich dass den wirklich hilfebedürftigen, im Regelfall auch eher kleinen und strukturell schwachen Kommunen die Finanzkraftumlage zuteilwird.

Wir schaffen Planungssicherheit für die nächsten Jahre. Wir schaffen Anreize dafür, dass erhöhte Steuereinnahmen in der kommunalen Familie bleiben. Schließlich erhöhen wir die Investitionskraft der Kommunen durch Investitionen in kommunale Krankenhäuser, in Sportstätten und in gemeindliche Feuerwehren.

Zu den Verbandsgemeinden - der Herr Minister hat es bereits angesprochen - möchte ich noch so viel sagen: Es gab sehr viele Wünsche aus den Verbandsgemeinden, man möge eine neue Konstruktion schaffen und letztendlich die Verbandsgemeinden unmittelbar und über die bisherige Auftragskostenpauschale hinaus an den Fleischtopf lassen. Als es die Vorschläge gab, musste man leider feststellen, dass alle, die das vorher gefordert hatten, dies nicht mehr so richtig chic fanden. Insofern ist es richtig und konsequent, dass sich das Ganze jetzt nicht mehr in dem Gesetzentwurf der Landesregierung wiederfindet und wir es bei der bisherigen Verteilungsregelung belassen.

Schließlich möchte ich beantragen, den Gesetzentwurf zur federführenden Beratung in den Finanzausschuss und zur Mitberatung in den Innenausschuss zu überweisen. - Herzlichen Dank.

(Beifall bei der SPD, bei der CDU und bei den GRÜNEN)

Herzlichen Dank, Herr Erben. - Ich habe keine Zwischenfragen gesehen. Demzufolge können wir in unserer Debatte fortfahren. Für die Fraktion DIE LINKE hat deren Fraktionsvorsitzender Herr Knöchel das Wort.

Vielen Dank. - Herr Präsident! Meine Damen! Meine Herren! Ich glaube, wir sind ein ganzes Stück weit gekommen; denn wir reden heute dar

über, dass die Kommunen wieder so ausgestattet werden, dass sie in der Lage sind zu handeln.

(Beifall bei der LINKEN)

Die Debatte befremdet mich etwas. Sie erinnert mich ein wenig an Sandkastenspiele, wo das eine Kind dem anderen Kind das Förmchen wegnimmt, damit wegrennt und ihm erklärt: Das ist meins. Hinterher kommt es wieder und schenkt es ihm.

Sie haben es hier als Heldentaten gepriesen, dass die kommunalen Zuweisungen erhöht werden. Dies wäre nicht nötig gewesen, meine Damen und meine Herren von der CDU, meine Damen und meine Herren von der SPD, wenn Sie es Ihnen nicht weggenommen hätten.

(Beifall bei der LINKEN)

Ich habe mir in Vorbereitung auf diese Debatte die Debatten in den letzten fünf Jahren zu diesem Thema angeschaut. Meine Fraktion fühlt sich in vielem bestätigt, zuerst in der Zahl: 1,628 Milliarden €. Diesen Betrag haben wir hier regelmäßig gefordert, weil es das war, was notwendig war.