Anfangs liefen die ursprünglichen Forderungen des Bundes darauf hinaus, von den Ländern die gesamte Verwaltung der Bundesfernstraßen, also der Autobahnen und Bundesstraßen zu übernehmen. Die Errichtung einer Infrastrukturgesellschaft, vergleichsweise wie in der österreichischen Bundesrepublik, war das Ziel.
Nicht zuletzt aufgrund Ihrer Unterstützung und des Beschlusses des Landtags vom letzten Jahr und der klaren Positionierung anderer Landtage hat der Bund im Rahmen der bisherigen Verhandlungen seine Intention aufgegeben, eine vollständige Abschaffung der Auftragsverwaltung weiter zu verfolgen.
Für die Landesregierung gilt weiterhin die Aussage, dass sich die Auftragsverwaltung im Land Sachsen-Anhalt in jeder Hinsicht bewährt hat. Ein fachlicher Grund, die Bundesaufgaben nicht wahrnehmen zu können, besteht somit in keiner Weise.
So äußerten sich auch die Regierungschefs auf der MPK in Warnemünde, wie ich in den Medien verfolgen konnte.
Es lässt sich aber nicht verleugnen, dass sich die Realisierung von Autobahnprojekten durch Widerstände und Klagen nicht nur hierzulande, sondern länderübergreifend erheblich verzögert hat. Dieser Fakt hat den Bund in seinem Vorhaben bestärkt, Autobahnneubauvorhaben künftig in eigener Zuständigkeit zu planen und zu bauen, da er sich von der Konzentration von Kompetenzen offenbar Synergieeffekte verspricht.
Wir haben ja eine Maßnahme, die A 143, die seit vielen Jahren durch die Deges geplant wird. Die Deges ist eine Gesellschaft in privatrechtlicher Form, natürlich auch im Besitz des Bundes und der Länder. Vielleicht hätte der Bund einmal fragen sollen, ob es die Deges als privatrechtliche Organisation schneller schafft, Baurecht herzustellen, als es die Länder selber können.
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Als finanzielle Kompensation für die Akzeptanz des Ländermodells beim Finanzausgleich erwartet der Bund jedoch ein Entgegenkommen im Bereich der Autobahnen. Im Ergebnis all dieser Entwicklungen
sprechen wir heute nicht über 2 600 km Bundesfernstraßen im Land, sondern über 416 km Bundesautobahnen zuzüglich der Auf- und Abfahrten.
Hier gibt es im Detail noch keine Zugeständnisse der Länder. Aus der Sicht der Landesregierung kommt es jetzt entscheidend auf die anstehenden Verhandlungen zwischen dem Bund und den Ländern an. So ist die protokollierte Forderung des Landes Thüringen, die Errichtung einer Anstalt öffentlichen Rechts alternativ zu einer privatrechtlichen Gesellschaft zu prüfen, mit in die Verhandlungen aufzunehmen.
Offen ist, welche der beiden Aufgabenfelder, Neubau und/oder Bestand, der Bund zukünftig zu besetzen gedenkt. Ebenfalls zu verhandeln sind die mit den Aufgabenfeldern Neubau und Bestand jeweils zusammenhängenden Verwaltungskompetenzen für Planung, Bau, Betrieb und Erhaltung. Dadurch ergibt sich eine Vielzahl von Optionen, die Gegenstand einer abschließenden Beschlussfassung in den Bund-Länder-Verhandlungen werden müssen.
Als zuständiger Ressortminister sehe ich den Betrieb einschließlich der Erhaltung des Bestandsnetzes der Autobahnen neben der Komplettverwaltung der Bundesstraßen wie bisher bei der Straßenbauverwaltung des Landes. Insbesondere im Betriebsdienst wäre es unwirtschaftlich, wenn zwar die Bundesstraßen, aber nicht die Bundesautobahnen einheitlich betreut würden.
Als erster Schritt einer expliziten Festlegung ist anzustreben, dass derzeit laufende Planungen einschließlich der Baurechtschaffung für den Neubau von Autobahnabschnitten durch die Länder zu Ende geführt werden. Dazu zähle ich auch den Bau dieser Abschnitte.
Es muss ausgeschlossen werden, dass noch zusätzliche Verzögerungen für die Realisierung der landesbedeutsamen Vorhaben A 14 und A 143 eintreten.
Die hier im Land aufgebaute Kompetenz ist unverzichtbar für die Umsetzung und darf auch nicht durch Störfaktoren in Form von Umorganisationen beeinträchtigt werden.
Der Bundesverkehrswegeplan 2030 sieht für die Zukunft keine Planung neuer Bundesautobahnen im Land Sachsen-Anhalt vor.
Eine Option für die künftige Ausgestaltung der Autobahnverwaltung kann nach Ansicht der Landesregierung die Konzentration der dann bundeseigenen Verwaltung auf Planung und Bau von derzeit noch nicht angelaufenen Neubaumaßnahmen sein. Betrieb und Erhaltung hingegen sollen bei den Ländern verbleiben. Diese Haltung ist sicherlich auch im Interesse unserer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den Straßenmeistereien.
Daher werden sich die Verhandlungsführer zielgerichtet dafür starkmachen, dass die soeben zitierten Kompetenzen in fachlicher und personeller Hinsicht im Land Sachsen-Anhalt erhalten bleiben.
Lassen Sie mich zum Abschluss noch einiges zum Thema ÖPP ausführen. Auch die Landesregierung betrachtet dieses Instrument nicht als ein in großem Stil einsetzbares Allheilmittel. Doch trotz dieser kritischen Haltung muss konstatiert werden, dass der Bund in seiner Eigenschaft als Eigentümer der Bundesautobahnen und aufgrund der ihm bereits jetzt verfassungsrechtlich zustehenden Aufsichtsrechte entsprechende Projekte realisieren lassen konnte.
Ich verweise an dieser Stelle auf ein Vorkommnis in unserem Nachbarland Niedersachsen, bei dem sich das Land einer entsprechenden Weisung des Bundes beugen musste. Es ging um ein PPPProjekt an der A 7 im Bereich Göttingen.
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich bedanke mich für die Aufmerksamkeit und freue mich auf eine umfassende und ausführliche Diskussion im Ausschuss.
Herzlichen Dank. Ich sehe keine Nachfrage. - Herr Minister, Sie können sich noch auf eine etwas umfassendere Debatte hier im Landtag freuen. Sie haben zwei Minuten überzogen, das dürfen jetzt alle nachfolgenden Redner ebenfalls.
Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Hohes Haus! Wir haben heute einen Antrag vorliegen, in dem ein Thema steht, mit dem aber zwei Themen gemeint sind. Die beiden Themen sind a) die Bund-Länder-Finanzbeziehungen und b) die Frage nach der Infrastrukturgesellschaft.
Was das Thema Bund-Länder-Finanzen betrifft, sehen wir das Ergebnis, das die Landesregierung in den letzten Wochen mit erarbeitet hat und worüber sie mit verhandelt hat, ausdrücklich mit einem lachenden Auge.
Ich will die Landesregierung, alle, die an den Verhandlungen beteiligt gewesen sind, hier ausdrücklich loben. Die 450 Millionen €, die wir ab dem Jahr 2020 nach dem Auslaufen des Solidarpakts II bekommen werden, werden dafür sorgen, dass das Land eben nicht in das prognostizierte Finanzloch fällt, dass es eben nicht an der Fiskal
klippe steht und dass wir vom heutigen Stand aus einen vernünftigen Planungshorizont für das Land haben und auch wissen, wie die Projekte, die wir nicht nur in der Koalition, sondern insgesamt für das Land anschieben, ab dem Jahr 2020 weiter finanziert werden können.
Außerdem steckt in diesem Beschluss auch ein Infrastrukturbeschluss. Wir haben uns in der letzten Landtagssitzung ausführlich über die Frage der Entflechtungsmittel unterhalten. Man muss sich einmal anschauen, was ab dem Jahr 2020 entfallen wäre. Das wären 330 Millionen € aus den Solidarpaktmitteln und 112 Millionen € aus den Entflechtungsmitteln. Diese stecken in den 450 Millionen €. Dazu muss man ganz klar sagen: in der letzten Sitzung darüber debattiert, in dieser Sitzung geliefert - wir freuen uns, wenn es die Landesregierung auch in Zukunft so hervorragend macht. - Darüber darf sich die Landesregierung mehr freuen.
- Gut, nicht mehr um die Jahreszeit. - Was die Infrastrukturgesellschaft betrifft, sehen wir es genau so kritisch wie vor zehn Monaten. Fachlich gesehen gibt es überhaupt keinen Grund dafür, dass der Bund von der Auftragsverwaltung abrückt und das Ganze in die eigenen Hände nimmt.
Die Auftragsverwaltung der Länder, der Bau, die Unterhaltung und die Neuplanung, hat sich grundsätzlich bewährt, bei alldem, was optimiert werden kann. Deswegen würden wir es ablehnen, wenn wir es vorher entscheiden könnten.
Wir wissen aber, dass die Welt ist, wie sie ist, und dass das eine wahrscheinlich nicht ganz ohne das andere geht. Deswegen unterstützen wir den Minister darin, auf dem Verhandlungsweg das Bestmögliche herauszuholen.
Ich sage Ihnen, wo für uns die Leitlinien für die Verhandlungen liegen, die wir Ihnen an die Hand geben möchten. Für uns ist es ausgeschlossen, dass in die Organisation einer privatrechtlichen Gesellschaft tatsächlich der Verkauf von Infrastruktur gehört. Für uns als Sozialdemokraten gilt: Die öffentliche Daseinsvorsorge gehört in die öffentliche Hand.
Was wir auf keinen Fall wollen, ist, dass mit der Infrastrukturgesellschaft die Maut durch die Hintertür eingeführt wird. Ich denke, das muss man gegebenenfalls anders beschließen, aber nicht indem man die Privatisierung von Straßen betreibt.
Die beiden Wege sind schon erörtert worden. Erstens kann man es in das Grundgesetz hineinschreiben. Das würden wir begrüßen. Ob man die Mehrheiten dafür findet, werden wir sehen. Das Zweite ist das, was die Thüringer wollen, nämlich die Anstalt des öffentlichen Rechts. Wir als Fraktion sprechen uns dafür aus, tatsächlich beides zu machen. Sicher ist sicher. Wir wollen nicht, dass die Straßen am Ende nicht mehr durch uns, also durch den Staat, egal auf welcher Ebene, verwaltet und gebaut werden können und dass es in private Hände fällt. Wir glauben, das ist an dieser Stelle nicht besser.
Dass wir es im Ausschuss behandeln wollen, hat zwei Gründe. Zum einen würden wir gern unterrichtet werden, was den Fortgang der Verhandlungen betrifft. Zum anderen sollten wir uns ausführlich über das unterhalten, was die Kollegin Hildebrandt angesprochen hat, nämlich die Auswirkungen dessen, was im Straßenverkehr passieren soll, auf die anderen Verkehrsträger. Natürlich gilt auch hierbei der Grundsatz dieser Koalition: möglichst viel auf die Schiene und möglichst viel weg von der Straße. Wie das zusammenpasst, ist etwas, was wir im Ausschuss besprechen müssen.
Wir haben auch noch ein paar andere Fragen zu besprechen. Ich will sie kurz nennen: Wie ist die genaue Ausgestaltung dessen, was verhandelt wird? Wohin kommen die Bundesstraßen? Ist das, was jetzt auf dem Tisch liegt, also die Autobahnen, das Ende der Fahnenstange oder will der Bund am Ende mehr? - Das ist eine spannende Frage. Wie werden die Straßenmeistereien organisiert, die ich jetzt nicht angesprochen habe? Ich habe zur Kollegen Hildebrandt geschaut. Wie ist, wenn es tatsächlich so kommen sollte, der Betriebsübergang geregelt? Es darf nämlich auch nicht passieren, dass sich der Bund eine Kompetenz greift und dies zulasten unserer Beschäftigten geht. Wenn es tatsächlich so kommen sollte, dann müssen die Beschäftigten in sicheres Fahrwasser kommen. Auch das muss geklärt werden.
Last, but not least: Wir sind in einer kalten Jahreszeit. Bald kommt die ganz kalte Jahreszeit. Die spannende Frage ist, wie wird der Winterdienst in diesem Land organisiert, wenn der Bund tatsächlich nicht nur den Neubau, sondern auch die Straßenmeistereien übernehmen möchte. Es darf nicht so sein, dass wir durch einen Kompetenzwirrwarr ein Straßenverkehrschaos bekommen.
Ich freue mich auf die Diskussion im Ausschuss und möchte eine Schlussbemerkung machen. Bei aller Freude darüber, dass wir es geschafft haben oder hoffentlich schaffen werden - darüber wurde ja bis jetzt erst beraten; das wurde aber noch
nicht endgültig beschlossen -, die Bund-LänderFinanzbeziehungen so zu ordnen, dass wir als Land eine vernünftige Basis zum Weiterarbeiten haben, sollten wir uns in diesem Hause darüber unterhalten, dass es nicht dauernd so kommen darf, dass wir einen Finanzbedarf haben und der Bund uns unsere Kompetenzen abkauft.
Das ist in diesem Fall etwas anderes. Es ist auch eine Forderung, die die Landesregierung damit umgesetzt hat. Am Ende ist es aber kein Weg, der immer so weitergehen darf, weil irgendwann die Existenzberechtigung der Länder und der Föderalismus an sich auf der Kippe stehen. Darüber sollten wir uns noch einmal gesondert verständigen. Das machen dann wahrscheinlich eher die Kolleginnen und Kollegen im Ausschuss für Recht und Verfassung und im Finanzausschuss. - Das war ausdrücklich kein Überweisungsvorschlag für diese Ausschüsse.
Wir würden das Thema gern im Ausschuss für Landesentwicklung und Verkehr behandeln. Ich freue mich auf die weiteren Diskussionen. - Es waren nicht ganz zwei Minuten.
Danke, Herr Grube. Herr Grube, nur noch eine Information: Die Landesregierung hat nach unserer Geschäftsordnung die Pflicht zu antworten, wenn man sie fragt. Sie hat nicht die Pflicht, sich zu freuen. - Okay.