Protocol of the Session on November 20, 2020

Das kann es jedenfalls nach den Vorstellungen der AfD nicht sein. Der Staat ist in der Pflicht, ein flächendeckendes Netz an Schulen zu gewährleisten.

(Beifall)

Nicht viel besser als das Agieren der CDU im Fall Siersleben ist übrigens die Heuchelei der GRÜNEN in Gestalt des Kollegen Aldag. Herr Aldag ist, als es zu Beginn des Schuljahres in Siersleben brenzlig wurde, kurzzeitig auf den Zug aufgesprungen, hat eine bürgerfreundliche Pose eingenommen und so getan, als würde er die Elterninitiative unterstützen.

(Zurufe)

Konkretes ist dabei nicht herausgekommen.

(Zustimmung)

Sie haben, wenn ich mich recht entsinne, ergebnisoffene Gespräche gefordert.

(Zurufe)

Also im Klartext: Ein wenig Gesprächstherapie, ein wenig so tun, als würde man die Bürger ernst nehmen, damit sie Ruhe geben und die Schule am Ende doch nur geschlossen werden kann,

(Zuruf)

und sogar ohne störende Proteste geschlossen werden kann.

(Zustimmung - Zuruf)

Aber gut, dass die Bürger sich von so etwas nicht mehr oder immer weniger einlullen lassen.

Die LINKE wiederum fordert zwar den Erhalt der Schule, hat aber gerade in der heutigen Plenarsitzung einen nicht einmal mehr halbherzigen Änderungsantrag zur Verordnung zur Schulentwicklungsplanung vorgelegt, der nichts Wesentliches an den viel zu hohen Mindestschülerzahlen ändert. Wir haben vorhin darüber gesprochen.

Wie dem auch sei. Die Frage, um die es jetzt geht, ist: Wer ist für den Erhalt der Grundschule in Siersleben? Wer will die Schule ausbluten lassen und letztlich schließen? Die Genehmigung der 1. Klasse wäre ein wichtiges Signal für den Schulerhalt.

Wer also unserem Antrag zustimmt, der stimmt für den Erhalt der Grundschule und der stimmt dafür, das Anliegen der Bürger ernst zu nehmen. Der stimmt für die Stärkung des ländlichen Raumes. Der stimmt auch für eine bürgerfreundliche Verwaltung und für eine Auslegung unserer Gesetze im Sinne der Bürger.

Wer aber gegen unseren Antrag stimmt, der stimmt für Schulschließungen. Der stimmt für die Schwächung des ländlichen Raumes. Der stimmt für Abwanderung, der stimmt für BürokratenKorinthenkackerei und dafür, Gesetze gegen die Interessen der Bürger auszulegen und anzuwenden.

Werte Kollegen, Sie haben die Wahl.

(Zustimmung)

Ich bin sehr gespannt darauf, wie die einzelnen Fraktionen abstimmen werden.

(Beifall)

Fragen sehe ich keine. Dann danke ich Herrn Dr. Tillschneider für die Einbringung des Antrages. - In der Debatte ist eine Redezeit von drei Minuten je Fraktion vorgesehen worden. Für die Landesregierung spricht Herr Minister Tullner. Herr Minister, Sie haben das Wort.

Herr Präsident, ich bitte zunächst um Entschuldigung. Ich habe den Redebeitrag von Herrn Dr. Tillschneider von Anfang an gehört und bin nur etwas verspätet hereingekommen, weil ich noch eine alternative Beratung hatte. Offenbar geht es hier schneller als geplant.

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Das war ein wahres Feuerwerk, mein lieber Kollege Tillschneider. Ich bin wirklich sehr beeindruckt. Ich hoffe, Sie haben sich den notwendigen Applaus in ihren eigenen Reihen damit erworben.

(Zuruf)

Dann ist vielleicht auch der Sinn der Aktion erfüllt. Ich weise aber noch einmal darauf hin - das habe ich, glaube ich, während der sehr intensiven Regierungsbefragung vor gefühlt drei Monaten schon einmal zum Besten gegeben; ich sage es auch noch einmal -: Es gab eine Gemeinde, die einen Beschluss zur Schulschließung getroffen hat. Dann gab es gerichtliche Auseinandersetzungen; die sind jetzt entschieden. - Das war’s auch.

Da können Sie hier finsterste Verschwörungstheorien über parteipolitische

(Zurufe: Ah!)

und sonstige Aktionen verbreiten.

(Zuruf)

Ich stelle nur fest, dass die Akteure, die vor Ort gezündelt haben - davon gab es einige hier im Raum -, jetzt vielleicht, insofern man rechtstaatstreu und gesetzestreu ist - ich weiß nicht, ob die AfD das ist -, Dinge zur Kenntnis nehmen müssen, die entschieden worden sind, ob ihnen das gefällt oder nicht. Aber das ist nun einmal in einem Rechtsstaat so.

Eine Landesregierung hat sich an Recht und Gesetz zu halten. Das ist der Anspruch, mit dem wir agieren. Wenn Sie uns quasi auffordern, Gesetzesbruch zu begehen oder Gerichtsurteile zu ignorieren, dann setze ich dort schon einmal ein großes Fragezeichen.

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Auf die Instabilität kleiner Grundschulen hinsichtlich der Unterrichtsversorgung und der Unterrichtsqualität habe ich mehrfach im Plenum und im Bildungsausschuss hingewiesen. Aus diesem Grunde verzichte ich auf einen erneuten inhaltlichen Diskurs.

Stadt- und Gemeinderäte machen es sich bei der Entscheidung, einen Schulstandort aufzugeben, alles andere als leicht, zumal die Aufhebung einer Schule, insbesondere einer Grundschule, ein sehr emotionales Thema ist. Das haben wir hier als Paradebeispiel geradezu idealtypisch erleben

müssen; das will ich an der Stelle ausdrücklich sagen.

Einer besonderen Ermutigung der Entscheidungsträger vor Ort bedarf es nicht. In ihrer jeweiligen Zuständigkeit als Schulträger und als Träger der Schulentwicklungsplanung haben der Stadtrat der Einheitsgemeinde Stadt Gerbstedt und der Kreistag des Landkreises Mansfeld-Südharz die Aufhebung der Grundschule im Ortsteil Siersleben zum Schuljahr 2020/2021 und der Grundschule im Ortsteil Heiligenthal zum Schuljahr 2022/2023 beschlossen.

Die Entscheidung wurde von den Schulträgern nicht leichtfertig getroffen. Alle rechtlichen Möglichkeiten und Interessenlagen wurden in den Entscheidungsprozess eingebunden. Innerhalb der Gemeinde wurden viele sehr intensive und sehr emotionale Gespräche geführt. Das haben wir alle mitverfolgt bzw. haben daran teilgenommen.

Begleitet wurde dieser Prozess durch Anträge im Plenum, Kleine Anfragen und eine Petition, die meines Wissens in der letzten Woche im Petitionsausschuss behandelt worden ist.

Zwischenzeitlich haben die von allen Seiten bemühten Gerichte ihre Arbeit getan und geurteilt. Die Urteile des Oberverwaltungsgerichts haben dabei in vielerlei Hinsicht Klarheit geschaffen.

Meine Damen und Herren! Es würde aus meiner Sicht erheblich zur Befriedung der Situation beitragen, wenn alle Parteien vor Ort akzeptieren, dass die von den zuständigen Vertretungen gefassten und von unabhängigen Gerichten überprüften Beschlüsse jetzt auch umgesetzt werden.

Die Allgemeinverfügung des Bürgermeisters der Stadt Gerbstedt zur Auflösung der Grundschule Siersleben ist rechtlich vollziehbar. Dies passiert jedoch nicht im laufenden Schulhalbjahr. Der Bürgermeister der Stadt Gerbstedt muss nunmehr die Voraussetzungen schaffen, um zu Beginn des zweiten Schulhalbjahres die derzeit in Siersleben beschulten Kinder in Gerbstedt zu beschulen. - Vielen Dank.

Fragen sehe ich keine. Dann danke ich dem Herrn Minister für die Stellungnahme der Landesregierung. - Für die SPD-Fraktion spricht jetzt die Abg. Frau Prof. Dr. Kolb-Janssen. Sie haben jetzt das Wort.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Der inhaltliche Diskurs führt zu keinem anderen Ergebnis, wenn man ihn immer wieder aufruft. Ich kann mich nur dem anschließen, was der Bildungsminister soeben hier vorgetragen hat.

Wir haben über die Grundschule in Gerbstedt schon im Hohen Haus diskutiert, wir haben ausführlich im Ausschuss für Bildung und Kultur darüber gesprochen und wir haben dieses Thema auch im Petitionsausschuss behandelt.

Es gibt bestimmte Zuständigkeiten. Das ist für mich an dieser Stelle noch einmal Anlass, darauf hinzuweisen, dass wir in Deutschland unter dem Gesichtspunkt unserer Demokratie nach dem Prinzip der Gewaltenteilung leben und arbeiten und dass sich dieses Prinzip bewährt hat.

Wir, der Landtag von Sachsen-Anhalt, sind der Gesetzgeber. Wir machen Gesetze. Hier werden die grundlegenden Fragen entschieden. Da es hierbei um kein Gesetz geht, sind wir nicht das Gremium, das berufen ist, überhaupt über Ihr Anliegen zu entscheiden.

Denn dieses Anliegen richtet sich gegen einen Verwaltungsakt. Das ist eine behördliche Entscheidung. Und diese behördliche Entscheidung betrifft auch kein Ministerium direkt, sondern eine Behörde, die dem Bildungsministerium nachgeordnet ist.

Der Bildungsminister hat sehr deutlich erläutert, dass es entsprechende Rechtsmittel gibt, die ausgeschöpft wurden. Die Gerichte, die dafür zuständig sind, nämlich die Verwaltungsgerichte, haben sich ausführlich mit diesem Sachverhalt beschäftigt.

Ein wesentliches Element unserer Demokratie ist es, dass wir eben diese gerichtlichen Entscheidungen auch zu akzeptieren haben, ob uns deren Ergebnisse gefallen oder nicht. Die Gerichte haben abschließend entschieden. Deshalb gibt es nur eine Möglichkeit, in diesem Hohen Hause mit diesem Antrag umzugehen: Wir werden ihn ablehnen.

(Zustimmung)

Fragen sehe ich keine. Dann danke ich Frau Prof. Dr. Kolb-Janssen für ihren Redebeitrag. - Für die Fraktion DIE LINKE spricht jetzt der Abg. Herr Lippmann. Herr Lippmann, Sie haben das Wort.