Protocol of the Session on November 3, 2020

(Zuruf)

Es fehlen zum Beispiel vielfach Vorgaben für ein effektives Lüftungsmanagement. Ich denke, Vorgaben, die dazu beitragen, das Virus einzudämmen, sollten als zentrale Vorgaben formuliert werden. Ich bitte die Landesregierung darum, so etwas auf den Weg zu bringen. Ziel muss es sein, dass überall das Mögliche getan wird, um das Virus einzudämmen.

Vielen Dank, Frau Frederking. Das war eine Kurzintervention. - Sie können darauf erwidern, Sie müssen es aber nicht.

Ich kann dazu vielleicht sagen, dass ein Staat natürlich nicht jede einzelne Fallgestaltung vorgeben und organisieren kann, weil letztlich das Lebensumfeld so unterschiedlich ist und die Verantwortung im Subsidiaritätsprinzip auch in den Bereichen verortet bleiben muss, in denen die Fachkompetenz vorhanden ist.

Wenn Sie zum Beispiel von bestimmten Berufsgruppen sprechen, dann muss man berücksich

tigen, dass es Berufsgenossenschaften und Verbände gibt. Es gibt genau diejenigen, die zum Beispiel im Bereich DEHOGA als DEHOGA-Bundesverband usw. auch Vorgaben machen.

Ja, man kann immer sagen, dass das vielleicht noch nicht hinreichend ausdifferenziert und fein genug ziseliert ist. Aber, Frau Frederking, wenn es gelingt, das, was für jeden eigentlich schon offenkundig ist, auch einzuhalten, dann haben wir schon mehr als die halbe Miete drin. Das kann ich Ihnen sagen.

Wenn Sie sich das, was wir an Ursachen für Infektionen nachverfolgen können, einmal genau anschauen, dann werden Sie sich fragen, warum es trotz all dieser Regeln, die vorhanden sind, nach einem Dreivierteljahr an bestimmten Punkten aufgrund von Ignoranz noch immer plötzlich zu Hotspots kommt, die vermeidbar gewesen wären. Wir haben fast keinen Hotspot, eigentlich keinen richtig großen Hotspot, der durch eine Regelungslücke entstanden ist. Hotspots entstehen vielmehr aufgrund der Ignoranz der vorhandenen Regelungen. Das ist unser Problem.

(Zustimmung)

Dass wir im Bereich Schule usw. trotzdem weiterarbeiten müssen, ist klar. Ich möchte an dieser Stelle noch eine Zahl unterbringen: Wir haben insgesamt 250 000 Schülerinnen und Schüler, wenn ich die Berufsschülerinnen und -schüler hineinrechne. Davon sind aktuell 633 Schüler und 267 Berufsschüler, also insgesamt vier Promille, in Quarantäne bzw. in irgendeiner Form des nicht normalen Schulbetriebes.

Daran sehen Sie, dass zum Beispiel die Festlegungen über das Landesschulamt zur Lüftungsstrategie usw. usf. bisher durchaus gewirkt haben. Die harten Monate kommen noch. Das wissen wir, die Kälte kommt noch.

Aber daran merkt man, dass wir diese Sektoren durchaus im Griff haben, wenn man sich einigermaßen an die Standards hält, die wir vorgegeben haben. Da, wo es richtig hochgegangen ist, ist es die Ignoranz der existierenden Regelungen.

Und das schmerzt, weil es vermeidbar ist, weil wir demzufolge heute in der Hand haben, was in den nächsten 14 Tagen passiert und welche Statistiken wir in 14 Tagen haben, weil wir aufgrund der eigentlich üblichen Inkubationszeit schlicht und einfach heute darüber entscheiden, wie zum Beispiel die Zwischenevaluation aussieht.

Wir haben weitere Wortmeldungen. Jetzt ist als nächster Fragesteller der Abg. Herr Jan Wenzel Schmidt, dann Herr Roi mit seiner Kurzintervention an der Reihe. - Bitte.

Herr Ministerpräsident, Sie und Ihre Kollegen haben angekündigt, dass es für die vom Lockdown betroffenen Unternehmen Hilfe geben soll in Höhe von 10 Milliarden €. Dabei sollen 75 % des Umsatzes aus dem Vorjahr im November erstattet werden.

Gerade in der Gastronomie sind viele Unternehmen betroffen. Man weiß, dass der Umsatz sich in erster Linie aus gestellten Rechnungen zusammensetzt. Die Preiskalkulation im Gastronomiebereich entsteht durch Kosten plus Gewinnspanne, die der Unternehmer noch oben drauf rechnet. Damit habe ich letztlich den Preis und dann auch entsprechende Umsätze.

Nun haben wir den Lockdown. In der Gastronomie sind die Mitarbeiter höchstwahrscheinlich in Kurzarbeit. Somit fallen die Kosten weg. Die Rohstoffe für das Herstellen der Speisen fallen ebenfalls weg. Zwei große Kostenpunkte sind damit weggefallen. Kosten wie Miete, Leasingraten usw. bleiben.

Wäre es, wenn ich sehe, dass es nur 10 Milliarden € sind, die deutschlandweit zur Verfügung stehen, nicht viel sinnvoller gewesen, als Bezugsgröße statt des Umsatzes die übrig gebliebenen Kosten zu nehmen, plus die Gewinne des Unternehmers, damit der seinen Lebensalltag bestreiten kann? - Denn so, wie es aktuell geregelt ist, wird doch das Geld nicht für viele Unternehmen reichen.

Können Sie denn sagen, wie viele Unternehmen anspruchsberechtigt sind? - Da werden doch für ein Unternehmen höchstwahrscheinlich noch

1 000 bis 10 000 € bleiben. Viele Unternehmen werden dann entweder zu viel oder deutlich zu wenig bekommen.

Also, zwei Fragen. Die erste Frage: Warum der Umsatz? Und die zweite Frage: Wie viele antragsberechtigte Unternehmen in Deutschland hätten ein Anrecht auf diese 10 Milliarden €?

Herr Ministerpräsident.

Erstens. Es muss schnell gehen. Das heißt, wir brauchen eine Berechnungsgröße, die schnell abgreifbar ist. Nach Aussage des Bundesfinanzministers ist der Umsatz eine Größe, die bis hin zu den Finanzamtsinformationen aus dem Vorjahr durchaus abgreifbar ist.

Zweitens. Die Branche selber hat nach Durchrechnen der Situation, die mit diesem Algorithmus verbunden ist, sehr, sehr schnell erkannt, dass

damit eine echte Hilfe und ein echtes Auffangen der im November entstandenen Situation für sie verbunden ist. Das ist für mich der Parameter. Ich bin kein Gastronom. Ich bin da kein Fachmann und keiner, der darin Erfahrungen hat.

Wenn die unmittelbar Betroffenen sagen, das ist okay so, das ist eine Verfahrensweise, mit der wir leben können, dann ist das für mich ein Zeichen dafür, dass das Instrument so schlecht nicht gewählt wurde.

Was die Gesamtsumme anbelangt: Wir haben bewusst in der Formulierung mit dem Bund darauf geachtet, dass es nicht nur im engeren Sinne direkt betroffene Unternehmen sind. Wir haben vielmehr den Betroffenheitsfaktor sehr breit gezogen, damit faktisch auch die indirekten Schäden letztendlich mit ausgeglichen werden, zum Beispiel durch Abreisen von Touristen usw. usf., sodass das alles dort mit eingeht und dies mit dem Rechenschema eingefangen werden kann.

Vielen Dank. - Jetzt ist Herr Roi mit seiner Kurzintervention an der Reihe. Bitte.

Vielen Dank, Frau Präsidentin. - Also, Herr Haseloff, ich glaube nicht, dass die jetzt verordneten Maßnahmen dazu führen, dass die Menschen sich weniger privat treffen. Ich will nicht noch einmal ins Detail gehen, aber es sind ja vorhin die Zahlen genannt worden, in welchen Bereichen es Infektionen gegeben hat. Ich glaube, dass Ihre Maßnahmen gerade dazu führen, dass private Kontakte zunehmen werden, rein faktisch. Und ich glaube, dass Ihre Maßnahmen nicht verhältnismäßig sind. Das hat auch das Urteil zum Beherbergungsverbot gezeigt.

Ich will Ihnen aber etwas anderes sagen, nämlich wie die Maßnahmen zustande kommen. Sie haben in Ihrer Regierungserklärung gleich am Anfang gesagt, die Landesregierung habe sich mehrfach mit dem Landtag abgestimmt. Das waren Ihre Worte.

Als Abgeordneter des Hohen Hauses und des Landtages möchte ich dem entschieden widersprechen. Sie haben uns lediglich über Ihre Verordnungen in Kenntnis gesetzt, und zwar jeweils, nachdem sie in Kraft getreten sind. Das ist auch heute wieder der Fall.

Herr Ministerpräsident, wenn man sich abstimmt, dann stimmt man eben über etwas ab. Eine Abstimmung über die von Ihnen verordneten Maßnahmen hat es in diesem Landesparlament noch nicht gegeben.

(Beifall)

Das will ich hiermit feststellen. Ich fordere Sie auf, in der Öffentlichkeit nicht das Bild zu zeichnen, der Landtag habe darüber abgestimmt oder man habe sich im Landtag abgestimmt; denn es ist schlicht und ergreifend die Unwahrheit, was Sie der Öffentlichkeit sagen.

Ich kann Ihnen des Weiteren sagen - ich habe ja zwei Minuten Zeit -, Sie haben gesagt, Sie bekommen Anrufe und Nachrichten. Auch ich als Abgeordneter und wir als Abgeordnete bekommen Nachrichten von Eltern, von Unternehmern, von verzweifelten Gastwirten, die diese Maßnahmen infrage stellen. Sie fragen uns, was wir dagegen tun und was hier im Landtag los ist, warum es dafür eine Mehrheit gibt.

Genau das ist der Grund meiner Intervention. Indem Sie sagen, es hat hier eine Abstimmung gegeben, sagen Sie die Unwahrheit. Ich bin nicht mehr bereit, mich als Abgeordneter für Maßnahmen zu rechtfertigen, die Sie per Verordnung durchsetzen.

Herr Roi, Sie hatten zwei Minuten Zeit, und die sind jetzt auch schon vorbei.

Das wollte ich Ihnen mit auf den Weg geben. - Vielen Dank.

(Beifall)

Bitte, Herr Ministerpräsident.

Ich lege auch großen Wert darauf, dass Sie das nicht so transportieren, dass wir beide miteinander diese Maßnahmen abgestimmt hätten.

(Beifall)

Denn ich möchte, wie auch alle anderen Fraktionen, auch der Opposition auf der linken Seite, Ihre Vorstellungen bezüglich unserer Aktivitäten, auch als Landesregierung, nicht umgesetzt sehen. Vielmehr gehe ich davon aus, dass zumindest das Grundverständnis, trotz aller Differenz zwischen regierungstragenden Fraktionen und der Opposition, die bei uns in der Verfassung auch in der Unterschiedlichkeit sehr eindeutig gefasst ist, näher beieinander ist als das, was Sie sozusagen an Philosophie zur Bewältigung der Pandemie derzeit hier entwickeln.

(Zurufe)

Das ist das eine.

(Zurufe)

Und das Zweite, was ich Ihnen sagen möchte: Auch eine Landesregierung exekutiert derzeit in diesem Zusammenhang Bundesrecht. Die Verordnungsermächtigung, die uns in die Notwendigkeit versetzt, dann Verordnungen zu machen, führt eben zu entsprechenden Entscheidungen, die aber bei uns im Benehmen und auch in der grundsätzlichen Abstimmung, zumindest mit den Koalitionsfraktionen, erfolgen.

Ansonsten würden wir, weil bei mir im Kabinett bisher immer die Einstimmigkeit zugrunde gelegt wurde, bei einer Konsensfindung und auch Kompromissfindung nicht zu einem Ergebnis gekommen sein. Wir sind aber zu einem Ergebnis gekommen. Und wir haben das bisher auch einigermaßen vernünftig hinzubekommen versucht.

Die andere Sache ist die: Der Bund hat schon erkannt, dass es im Rahmen seiner Zuständigkeit, was das Bundesinfektionsschutzgesetz anbelangt, einen Handlungsbedarf gibt, nicht nur aufgrund von Entscheidungen, die dann plötzlich die Oberverwaltungsgerichte in einzelnen Bundesländern getroffen haben oder aufgrund der Hinweise des Landesgerichtshofs, wie auch immer er sich genau nennt, in Bayern, wo man letztendlich auch die Verfassung - -

(Zuruf)

- Ist ja egal. Jedenfalls sind dort die Hinweise da.