Ich will dies an einem Beispiel verdeutlichen. Am vergangenen Freitag hörte man den Ministerpräsidenten in einem Interview sagen, dass sich niemand einen solchen Vorgang wie in Halle habe vorstellen können. - Natürlich übersteigt eine solche Tat das menschliche Fassungsvermögen, und ich nehme unserem Ministerpräsidenten seinen auf Fassungslosigkeit fußenden Unglauben vollständig ab, aber nach Utøya, Christchurch, Pittsburgh, den Morden des NSU und vielen anderen rechtsextremen Mordtaten offenbart sich in dieser Aussage ein Teil des Problems.
Wir haben als Gesellschaft und als Verantwortliche die Anzeichen vielleicht zur Kenntnis genommen, aber wir haben uns der Gefahr nicht ehrlich gestellt. Der Rechtsextremismus zieht eine Blutspur durch die deutsche Nachkriegsgeschichte. Man muss sich eine solche Tat nicht mehr vorstellen, man musste nur hinsehen. Der Hass, dessen Opfer wir vor einem Jahr in Halle zu beklagen hatten, war schon vor 40 Jahren beim Bombenattentat auf das Münchner Oktoberfest am Werk. Der Hass tötete Walter Lübcke. Dieser Hass ermordete Jana und Kevin. In Hanau schlug er erneut zu und im Netz ist seine Fratze tagtäglich zu sehen.
Neu ist dabei aber nicht seine Ideologie, sondern neu ist allenfalls das Medium. Rechter Terrorismus hat eine jahrzehntelange Tradition in Deutschland. Wenn wir dies anerkennen, haben wir einen wichtigen Schritt getan. Aber auch das beste Landesprogramm für jüdisches Leben und gegen Antisemitismus kann nichts ausrichten, wenn wir nicht auf individueller Ebene Verantwortung für unsere Gesellschaft übernehmen, indem wir gegen Hass und hetzerische Parolen unsere Stimme erheben.
Das, was mir in unserem Land bisher fehlt, ist so etwas wie eine heilsame Wirkung des Schocks, eine demokratische Kultur des beherzten Widerspruchs, weil man verstanden hat, nicht zur Tagesordnung übergehen zu können. Das bedeutet übrigens auch, dass wir uns empathisch an die Seite der Betroffenen stellen und ihnen nicht noch das Gefühl geben, ihr Schutz sei eine Last. Das ist unsere gesellschaftliche Pflicht. Nicht die Betroffenen müssen sich rechtfertigen. Es müssen stattdessen die faschistischen Täter und ihre geistigen Stichwortgeber innerhalb und außerhalb des Parlaments zur Verantwortung gezogen werden.
Dass der Magdeburger Kreisverband der AfD einen Frank Pasemann als Kandidaten für die Bundestagswahl aufstellt, den man angeblich noch vor Monaten unter anderem wegen seines Antisemitismus aus der Partei werfen wollte, spricht Bände über das Wesen dieser Partei.
Genauso Bände spricht das Agieren von Ihnen, Herr Farle. Sie haben angesprochen, dass Sie bei Gericht waren. Sie hätten auch sagen sollen, was Sie dort im Saal erzählt haben, als eine Nebenklägerin gefragt hat. Sie haben gesagt, da fragt Soros. Was anderes ist das als ein antisemitisches Stereotyp, das Sie dort bemüht haben? Was anderes ist das?
Bei Ihnen ist noch nicht einmal mehr eine bürgerliche Fassade da. Die AfD ist der parlamentarische Arm des Rechtsterrorismus.
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN stehen an der Seite aller, die für die offene Gesellschaft und gegen den antisemitischen, rassistischen und rechtsvölkischen Ungeist kämpfen. Wir reichen dazu allen demokratischen Kräften die Hand. Die übergreifende Anteilnahme vor einem Jahr und vor knapp einer Woche anlässlich des Jahrestages waren kraftvolle Gesten in diesem Geist. Wir wollen sie als das hoffnungsvolle Erbe dieses schrecklichen Tages bewahren.
Ich bin froh, ich bin wirklich froh über das Engagement, das auch die Kollegin von Angern gewürdigt hat, das Katja Pähle gewürdigt hat, das Tobias Krull gewürdigt hat. Dieses Engagement,
das in Halle zutage getreten ist, von Menschen in der ganzen Breite der Gesellschaft, die sich dort durch ihr Tun klar antifaschistisch bekannt haben, die gezeigt haben, dass diese Stadtgesellschaft eine demokratische ist, die Erinnerungen wachgerufen haben und die vor allem aber auch ein deutliches Zeichen gesetzt haben, dass es so in unserer Gesellschaft nicht weitergehen kann, das war wichtig.
Mich persönlich hat ganz besonders berührt, was am Vorabend, am 8., am Donnerstag, vor dem „Kiez-Döner“ passiert ist. Dort waren mehr als 300 Menschen anwesend, von denen große Teile auch migrantische Menschen waren. Dort hat eine Veranstaltung stattgefunden, auf der ausschließlich migrantische Stimmen zu Wort kamen unter dem Motto „Jetzt sprechen wir!“. Das war wichtig für diese Stadt, weil diese Perspektive an viel zu vielen Stellen zu kurz kommt.
Ich hoffe, dass aus solchen Ereignissen, aus solchen Momenten des Gedenkens und des Erinnerns auch neue Kraft für uns als Gesellschaft insgesamt erwächst, die es uns ermöglicht, diejenigen leiser werden zu lassen, die Rassismus und Antisemitismus das Wort reden. - Vielen herzlichen Dank.
Vielen Dank, Herr Striegel. - Wir sind damit am Ende der Debatte angekommen. Beschlüsse werden diesbezüglich nicht gefasst.
Ich habe eine Meldung des Fraktionsvorsitzenden. - Sie müssen noch einen Moment warten. Als Fraktionsvorsitzender müssen Sie nach vorn kommen. Sie haben das Wort, Herr Kirchner. Bitte.
Vielen Dank, Frau Präsidentin. - Ich muss nach dieser Debatte eines sagen: Dass ein Verfassungsfeind wie Herr Striegel über die Verfassung sinniert, ist genau mein Humor. Das muss ich schon sagen.
Ich spreche jetzt nicht zu der CDU, sondern ich spreche zu den Fraktionen, die links von der CDU sitzen, auch wenn ich die Reden von Herrn Krull und Herrn Haseloff nicht so besonders stark empfand. Mir hat ein wenig die Seele und das Herz gefehlt. Es war eine Aneinanderreihung von Phrasen. Mehr war es für mich nicht.
de aufgrund des aufflammenden Antisemitismus auf unseren Straßen zweimal angeschrieben haben, als Sie vor zweieinhalb Jahren noch im demokratischen Tiefschlaf waren.
Nehmen Sie weiter zur Kenntnis, dass die AfDFraktion mit Antisemitismus und Rassismus genauso wenig zu tun hat wie Sie mit demokratischen Fraktionen, nämlich gar nichts.
Und zur LINKEN bleibt zu sagen: Die Landesvorsitzende der LINKEN in NRW ist offen antisemitisch. Sie trägt einen Schal, auf dem eine Weltkarte abgebildet ist, in der antisemitisch Israel ausgespart wurde. Zudem ist sie mit der Hamas unterwegs. Sie organisiert Demos, auf denen der Hitlergruß gezeigt wird und offen gegen Israel gehetzt wird. Was wollen Sie uns hier eigentlich erzählen?
Eines möchte ich auch noch sagen: Sie können uns mit Ihrem guten Antisemitismus und Ihrem schlechten Antisemitismus gestohlen bleiben. Antisemitismus ist immer entgegenzutreten, ob er von links, von rechts oder aus dem Islam kommt, und dafür steht hier nur eine Fraktion, und zwar meine. - Vielen Dank.
Sehr geehrte Damen und Herren! Mir liegt ein Antrag vor. Gemäß § 67 der Geschäftsordnung möchte der Abg. Herr Dr. Tillschneider eine persönliche Bemerkung machen. - Sie wissen, dass sich diese Bemerkung nur auf Dinge beziehen darf, die Sie für sich als negativ empfunden haben. Sie haben das Wort, bitte.
Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich habe das aufrichtige Bedürfnis, jetzt in dem Sinne zu sprechen, und zwar wurde meine Rede von der darauffolgenden Rednerin Frau von Angern als verfassungsfeindlich bezeichnet. Sie
An dieser Rede ist überhaupt nichts verfassungsfeindlich. Ich hätte Sie gern gefragt - die Frage wurde mir nicht gestattet, weshalb ich jetzt am Pult stehe -, was denn an meiner Rede genau verfassungsfeindlich sein soll. Ich habe gehört, dass Sie Juristin sind, weshalb ich schon erwartet hätte, dass Sie dies nicht nur mit Blabla begründen, sondern dass Sie mir mit ganz klaren Begriffen und mit Rechtsnormen nachweisen, was an dieser Rede verfassungsfeindlich gewesen sein soll. Auf die Antwort wäre ich sehr gespannt gewesen, aber Sie haben nicht einmal die Frage zugelassen. Sie haben den Dialog verweigert. Deshalb muss ich sagen, dass ich entsetzt darüber bin, wie leichtfertig Sie auch als Juristin mit dem Vorwurf der Verfassungsfeindlichkeit um sich werfen. Frau von Angern, Sie sind eine furchtbare Juristin.
Ein kleiner Hinweis sei mir gestattet. Herr Dr. Tillschneider, ich muss etwas richtigstellen. Nicht ich habe Ihre Fragen nicht zugelassen, sondern der Abgeordnete selbst entscheidet, ob er eine Frage beantworten möchte oder nicht. Das zur Richtigstellung. - Der Tagesordnungspunkt 5 ist damit erledigt.
Die Redezeit beträgt zehn Minuten je Fraktion. Die Landesregierung hat ebenfalls eine Redezeit von zehn Minuten. Es wurde folgende Reihenfolge vereinbart: DIE LINKE, SPD, AfD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und CDU. Zunächst hat die Antragstellerin das Wort, und zwar wird der Abg. Herr Lippmann für die Fraktion DIE LINKE sprechen. Sie haben das Wort, bitte.
Das ist inzwischen zum geflügelten Wort geworden, auch in der laufenden Tarifrunde für die Beschäftigten der Kommunen; denn spätestens jetzt
ist die Stunde der Wahrheit gekommen. Jetzt muss diese Erwartung der Beschäftigten an die Arbeitgeber, an die Politik und an die Gesellschaft auch erfüllt werden. Oder es bleibt wieder einmal nur eine der üblichen hohlen Phrasen.
Pflegekräfte, Erzieherinnen, Bus- und Straßenbahnfahrer oder die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Versorgungs- und Entsorgungsunternehmen stehen seit dem Beginn der Pandemie wie andere Berufsgruppen mit ihrer systemrelevanten Arbeit im Fokus der öffentlichen Aufmerksamkeit. Sie sind es, die unser privates und gesellschaftliches Leben in dieser Ausnahmesituation am Laufen gehalten haben und es weiter am Laufen halten. Sie sind oft weit über das normale Maß hinaus belastet.