Protocol of the Session on September 10, 2020

Der Deutsche Städtetag warnt vor einem noch nie da gewesenen Einbruch bei den Gewerbesteuereinnahmen. Die Städte vermelden im zweiten Quartal 2020 einen Einbruch um 40,7 %, während es im ersten Quartal 2020 nur 7,1 % waren. Der Verteilungsschlüssel scheint dem angestrebten Zweck gerecht zu werden. Aber die Summe wird wohl insgesamt zu niedrig sein. Das bedeutet, dass wir uns wahrscheinlich hier wieder über diese Geschichte unterhalten müssen, wenn die tatsächlichen Ergebnisse dieses Jahres vorliegen.

Das Festbetrags-FAG erweist sich als stabilisierend, aber ist auch hier zu niedrig. Das zeigen die Investitionsstaus, die in den Kommunen schon unter normalen Bedingungen aufgelaufen sind. Die Neuregelung des Bund-Länder-Finanzausgleiches wurde lange Zeit verschleppt. Anstatt die kommunale Finanzausstattung auf eine solide Grundlage zu stellen, wurden themenbezogene Bundes- und Landesprogramme aufgelegt, um die dringendsten Brände zu löschen.

Jetzt kommen wir aber nicht daran vorbei, die Einnahmenseite der Kommunen ohne politische Vorgaben auszugleichen. Mit diesem Gesetz wird für einige Monate etwas Luft verschafft, aber die grundlegenden Probleme bleiben bestehen. Wir können auch nicht davon ausgehen, dass die Probleme in den kommenden Jahren geringer werden; denn wir haben die CO2-Agenda und eine chronische Unterfinanzierung der Kommunen. Jetzt rächt sich auch die Flüchtlingspolitik der vergangenen fünf Jahre, die Sachsen-Anhalt etwa 1 Milliarde € gekostet hat. Die Rücklagen wurden von der Kenia-Koalition vollständig verbrannt.

Deswegen möchte ich abschließend sagen: Wir werden dieses Gesetz jetzt unterstützen, weil es ein wichtiges Element ist, damit die Kommunen nicht im Regen stehen bleiben. Aber wir werden uns sicherlich weiterhin mit der Reform der Gewerbesteuer und allen Problemen, die damit zusammenhängen, in diesem Haus befassen müssen. - Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Zustimmung)

Ich sehe auch hierzu keine Fragen. - Für die SPDFraktion kann deswegen nach der Säuberung des Tisches Frau Schindler die Ausführungen ihrer Fraktion zu diesem Gesetzentwurf vortragen. Sie haben das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Faktisch zeitgleich wird derzeit im Bundestag über den Gesetzentwurf zur finanziellen Entlastung der Kommunen und der neuen Länder beraten. Am Montag gab es zu diesem Gesetzentwurf, welcher die Grundlage für den uns heute hier vorliegenden Gesetzentwurf ist, eine Anhörung im Bundestag. Dieser wurde von allen Beteiligten positiv bewertet.

Daher begrüßen wir es hier auch ausdrücklich, dass die Landesregierung bereits jetzt den Gesetzentwurf in Sachsen-Anhalt vorlegt, um eben auch gleichzeitig darüber beraten zu können, wie wir es in Sachsen-Anhalt umsetzen und somit unseren Städten und Gemeinden in der schwierigen Haushaltssituation, die auch durch die Pandemie entstanden ist, helfen können. Bereits während der Beratung über den Nachtragshaushalt des Landes zur Bekämpfung der Folgen der Coronapandemie wurde erkannt, dass es kurzfristig zu drastischen Einnahmeausfällen in den kommunalen Haushalten kommen wird.

Die Städte und Gemeinden müssen erhebliche Gewerbesteuerausfälle hinnehmen. Die Mai

Steuerschätzung sprach von Einnahmeausfällen in den Kommunen von insgesamt 244 Millionen €. Auf die Gewerbesteuereinnahmen entfällt natürlich ein Großteil der Einnahmeausfälle. In vielen Gemeinden sind sie jetzt bereits bezifferbar und genau festzuhalten, weil nicht nur die Steuerschätzungen, sondern auch konkrete und reale Kürzungen von Steuervorauszahlungen vorliegen. Dieses ist aber auch höchst unterschiedlich in den Gemeinden in unserem Land, je nachdem, wie die entsprechenden Unternehmen dieses handhaben.

Daher ist es ausdrücklich zu begrüßen, dass der Bund und das Land eintreten, um diese fehlenden Gewerbesteuereinnahmen teilweise auszugleichen. Dafür stellt, wie es bereits gesagt wurde, der Bund 81 Millionen € zur Verfügung. Und wir, also das Land, kofinanzieren dieses noch einmal mit 81 Millionen €. Insgesamt werden 162 Millionen € zur Verfügung gestellt.

Sie erkennen aber schon eine Differenz zwischen 244 Millionen € und 162 Millionen €. Das bedeutet, dass wir im Land noch über weitere Verlustausgleiche beraten müssen, wenngleich nicht auf der Grundlage dieses Gesetzentwurfes. Der kommunale Rettungsschirm muss etwas größer werden.

In den Beratungen mit den kommunalen Vertretern und Verbänden wird immer deutlich, dass in den kommunalen Haushalten andere Mechanismen als bei Bund und Land wirken, nämlich dass es nicht um Neuverschuldung geht. Diese Möglichkeiten sind bei den Kommunen begrenzt. So hilft dieses Gesetz an dieser Stelle ausdrücklich. Schnelligkeit muss hier aber vor der genauen Ermittlung von Fakten und Zahlen stehen. Die Ausfälle, über die zurzeit diskutiert wird, sind immens. Ich bitte deshalb darum, den Kompromiss, der für die Verteilung der Mittel mit diesem Gesetz gefunden wird, zu akzeptieren.

Ich bitte ebenfalls um eine schnelle Beratung in dem zuständigen Ausschuss für Finanzen, in den dieses Gesetz überwiesen werden soll. - Vielen Dank.

(Zustimmung)

Auch hierzu sehe ich keine Fragen. Deswegen kann sich Herr Knöchel für die Fraktion DIE LINKE schon so langsam auf den Weg zum Rednerpult machen. - Sie haben das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen, meine Herren! Nein, wir kritisieren die Landesregierung nicht dafür, dass sie das Gesetz bereits zu einem Zeitpunkt einbringt, zu dem die Bundesgesetze noch in der Beratung sind. Hierbei geht es tatsächlich um eine zügige Umsetzung für unser Land.

Die 162 Millionen €, die hier in Rede stehen, waren das Ergebnis der regionalisierten MaiSteuerschätzung für Sachsen-Anhalt. An dieser Stelle sei der Hinweis angebracht, dass heute um 15 Uhr der Bundesfinanzminister die zusätzliche September-Steuerschätzung bekannt geben wird. Ich denke, das muss bei unseren Beratungen im Ausschuss dann auch eine Rolle spielen.

Ja, die möglichen Ausfälle bei der Gewerbesteuer sollen mit diesem Gesetz ausgeglichen werden. Zu dem Verteilungsvorschlag, den die Landesregierung erarbeitet hat, ist zu sagen, dass mir auch kein klügerer eingefallen ist. Den muss man wahrscheinlich so nehmen, wenn man es im laufenden Jahr noch umsetzen will.

Ich will nur darauf hinweisen, dass die Gewerbesteuer in Sachsen-Anhalt - damit sollten wir uns in der Ausschussberatung tatsächlich noch einmal befassen - schon immer eine sehr stark schwankende Steuer war. Ich habe das vor allen Dingen für die Landkreise Burgenlandkreis und Börde feststellen müssen, aber auch für den Landkreis Anhalt-Bitterfeld. Dort gab es auch in den letzten drei Jahren starke Schwankungen, sodass die Frage, was ist pandemiebedingter Ausfall und

was ist eine normale Schwankung, ganz schwer zu beantworten sein wird, vor allen Dingen vor dem Hintergrund, dass die Gewerbesteuerkasseneinnahmen, auf denen wir das Ganze fußen lassen, ein Konglomerat aus verschiedenartigsten Zahlungen sind. Da dürften zum einen die Vorauszahlungen bei der Gewerbesteuer für das Jahr 2020 sein, die tatsächlich sehr oft von den Gemeinden auf null gesetzt worden sind.

Aber auf der anderen Seite bestehen die Gewerbesteuerkasseneinnahmen der Gemeinden eben auch aus den Abschlusszahlungen, mutmaßlich für die Jahre 2019, 2018 und 2017. Das waren ausgesprochen gute Jahre.

Jetzt sagte Herr Webel für den Finanzminister etwas, was mich etwas nachdenklich gemacht hat und was wir in den Ausschussberatungen auch noch einmal prüfen müssen. Er hat gesagt, Gemeinden, die keine Verluste haben, nehmen an der Verteilung nicht teil. Jetzt ist die Frage: Was ist der Verlust? Denn ich habe es im Gesetzentwurf so verstanden, dass die dritte Kassenstatistik eigentlich nur eine Verteilungsoption ist, die ins Verhältnis gesetzt werden soll. Das müsste die Landesregierung dann noch einmal erklären.

Dann noch ein Hinweis an die CDU und an die SPD, da Sachsen-Anhalt bei der Gewerbesteuer ja so schlecht ist. Wir sind nur bei ungefähr 60 % der westdeutschen Flächenländer. Die Berliner Koalition hat in ihren Gesetzentwurf hineingeschrieben, dass der Spielraum durch die zusätzliche Übernahme der DDR-Renten durch den Bundeshaushalt für kommunale Investitionsprogramme verwendet werden soll.

Liebe Landesregierung, ich würde mir wünschen, dass der Gesetzentwurf mit der gleichen Schnelligkeit in diesen Landtag eingebracht wird. Er ist dann nicht mehr aus dem Nachtragshaushalt zu finanzieren. - Vielen Dank.

(Zustimmung)

Auch hierzu gibt es keine Fragen. Deswegen kann sich Herr Meister für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN schon so langsam fertigmachen, weil er als nächster Redner das Wort erhält. - Sie haben das Wort.

Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Dass die Coronakrise die öffentlichen Haushalte schwer treffen wird, und das auf allen Ebenen, ist keine ganz neue Erkenntnis. Die Kommunen im Land verzeichnen Mindereinnahmen bei der Gewerbesteuer von rund 70 Millionen € in den ersten beiden Quartalen. Das ist ein Minus von 30 % im Vergleich zum Vorjahreszeitraum.

Viel mehr als jede zweite unserer Gemeinden, nämlich 64 %, haben Verluste bei der Gewerbesteuer zu verkraften. Die drei kreisfreien Städte Dessau-Roßlau, Halle und Magdeburg vereinen deutlich mehr als ein Drittel dieser Gewerbesteuereinnahmeausfälle auf sich. Allein in der Stadt Magdeburg sind es 12,4 Millionen € bis zum zweiten Quartal. In Halle sind es 11 Millionen €, ebenfalls bis zum zweiten Quartal. Das laufende dritte Quartal wird noch zu bewerten sein. Das vierte Quartal ist ohnehin noch von der Ungewissheit geprägt.

Auch diesen Teil der Coronakrise müssen wir gemeinsam bewältigen. Bund und Land kommen dem mit dem vorliegenden Gesetzentwurf nach und lassen die Kommunen mit den Mindereinnahmen nicht allein sitzen. Mit den jeweils hälftig von Bund und Land aufgebrachten insgesamt 162 Millionen € wird der Schutzschirm für unsere Kommunen aufgespannt. Zum jetzigen Stand wird dies auch ausreichen, um die Mindereinnahmen bei der Gewerbesteuer zu kompensieren.

Allerdings sind mit Herbst und Winter Unwägbarkeiten hinsichtlich des Fortganges der Coronapandemie und deren Bewältigung sowie deren Auswirkungen verbunden. Kassenschluss sowie Ausgleichs- und Verlustrechnung sind erst am Jahresende möglich. Insofern kann man sich tatsächlich so, wie Frau Schindler es ansprach, über den endgültigen Umfang des Schirms dann noch austauschen. Da wird sicherlich noch einiges auf uns zukommen.

Landesseitig wird unser Anteil von 81 Millionen € an diesem 162-Millionen-€-Paket aus dem

500 Millionen € umfassenden Nachtragshaushalt gestemmt. Zur Verteilung haben meine Vorredner schon was gesagt. Ich meine, es ist eine faire Verteilung, die auf die tatsächlichen Verluste eingeht und insofern hierbei das Maß der Dinge sein wird.

Natürlich ist uns bewusst, dass wir mit dem vorliegenden Gewerbesteuerausgleichsgesetz gerade auf die Einbrüche bei den Gewerbesteuereinnahmen fokussieren. Die Mehrausgaben, um die Coronakrise vor Ort zu bewältigen, fallen in den Kommunen trotzdem an und sind auch nicht vergessen. Bisher hat das Land mit vorgezogenen FAG-Zahlungen kurzfristig gehandelt und Liquidität gesichert. Wir haben dazu im Finanzausschuss natürlich die regelmäßige Berichterstattung.

Aktuell droht, so die Landesregierung, nirgends ein Liquiditätsengpass bei den kommunalen Kämmerern. Aber die Städte und Gemeinden werden weiterhin Hilfe benötigen. Drohende finanzielle Notlagen in der Zukunft sind gemeinsam abzuwenden.

Die Beschlussfassung zum vorliegenden Gesetzentwurf drängt. Wir müssen im Finanzausschuss zügig agieren, um hier alsbald zur finalen Beschlussfassung schreiten zu können. Die Kommunen warten auf die Ausschüttung. - Vielen Dank.

(Zustimmung)

Da es auch hierzu keine Fragen gibt, könnten wir diese Debatte mit dem letzten Redner beenden. Als letzter Redner wird Herr Szarata für die Fraktion der CDU sprechen. - Herr Szarata, Sie haben das Wort.

Vielen Dank, Herr Präsident. - Hohes Haus! Ich möchte, auch wenn ich in meinen Reden manchmal etwas spitzfindig bin, diesmal doch mit einem ganz spontanen Dank an alle Fraktionen beginnen; denn die Debatte zeigt, dass allen hier im Hohen Haus die Bedeutung der Gewerbesteuer für die Kommunen gänzlich klar ist.

Ich fand die Debatte, auch wenn sie sehr ruhig geführt worden ist, eigentlich sehr inspirierend, denn sie war tatsächlich unaufgeregt. Ich habe ein bisschen das Gefühl, dass wir durch die Coronapandemie gerade auch als Hohes Haus sehr unaufgeregt durchsteuern und trotzdem, wie dieser Gesetzentwurf zeigt, immer noch rechtzeitig sind.

Ich bin der Meinung, dass wir von den 500 Millionen €, die wir in den Nachtragshaushalt eingestellt haben und zu denen wir von Anfang an gesagt haben, dass wir auf Sicht fahren, die 81 Millionen € erst einmal nehmen können, um unseren Anteil an der Minderung der Gewerbesteuer zu bezahlen. Das zeigt, wie gut man hier im Land Sachsen-Anhalt kalkulieren kann, wie vorsichtig, aber trotzdem ausreichend man kalkuliert. Ich denke, das ist ein großes Verdienst auch unseres Finanzministers Michael Richter, dem ich von hier aus - ich denke, auch im Namen von Ihnen allen - die beste Genesungswünsche aussprechen möchte.

(Beifall)

Michael, ich denke, wir wünschen uns alle, dass du zeitnah, aber wieder vollständig genesen zurückkommst und weiter mit ruhiger Hand durch diese Krise führst.

Wenn ich mit Bürgermeistern und Landräten spreche, dann muss ich mir immer anhören, dass die Auswirkungen der letzten Finanzkrise noch über mehrere Jahre bei den Kommunen in den Büchern zu finden waren. Das heißt, ich gehe davon aus, dass mit dem, was wir jetzt leisten, die Probleme der Zukunft noch nicht endgültig abge

federt sind. Aber das wird die Beratung in den Ausschüssen zeigen. Ich denke, wir sind hier auf einem sehr guten Weg.

Von daher bitte ich, diesen Gesetzentwurf zu überweisen, und freue mich auf eine etwas lebhaftere Diskussion dann im Finanzausschuss. - Vielen herzlichen Dank.

(Beifall)

Danke, Herr Szarata. - Dann sind wir am Ende der Debatte angelangt. Es geht um den Gesetzentwurf und über die Überweisung in den Finanzausschuss. Gibt es Vorschläge für mitberatende Ausschüsse? - Nein, das ist offensichtlich nicht der Fall. Dann stimmen wir über die Überweisung des Gesetzentwurfs der Landesregierung in der Drs. 7/6524 in den Finanzausschuss ab. Wer dem seine Zustimmung erteilt, den bitte ich jetzt um sein Kartenzeichen. - Wer ist dagegen? - Stimmenthaltungen? - Dann ist die Überweisung vom Landtag einstimmig beschlossen worden und wir können den Tagesordnungspunkt schließen.

Wir kommen dann zu

Tagesordnungspunkt 23

Erste Beratung