Protocol of the Session on July 9, 2020

Sehr geehrter Herr Landtagspräsident! Meine sehr geehrte Damen und Herren des Hohen Hauses! Mit dem Antrag greifen die Einbringer eine Diskussion auf, die in der letzten Sitzung des Landesjugendhilfeausschusses sehr intensiv geführt wurde und schlussendlich in mehreren Beschlüssen gemündet ist. Diese entsprechen in der Zielrichtung demjenigen, den wir heute hier behandeln.

Bis auf eine Ausnahme waren alle Landtagsfraktionen vor Ort vertreten und machten damit auch deutlich, welche Bedeutung sie diesem Gremium bzw. der Kinder- und Jugendarbeit in unserem Land zuschreiben.

Ja, die Maßnahmen zur Bekämpfung der Covid19-Pandemie haben im Bereich der Kinder- und Jugendarbeit zu erheblichen Einschnitten und Veränderungen geführt. Bereits bei einer anderen Gelegenheit habe ich dazu hier im Hohen Hause einige Ausführungen gemacht. Die Kinder- und Jugendfreizeiteinrichtungen wurden geschlossen. Jetzt sind sie zum großen Teil wieder geöffnet. Aber der Alltag unterscheidet sich noch massiv von dem Alltag vor der Coronazeit.

Darüber hinaus drohen Schließungen, sollte es zu einem lokalen Infektionsgeschehen kommen, wie

wir es in Teilen der Landeshauptstadt erleben mussten. Freizeiten wurden komplett abgesagt und/oder verschoben oder finden in einem veränderten Rahmen statt. Geplante Seminare und Veranstaltungen fanden nicht statt oder mussten mit einer deutlich reduzierten Teilnehmerzahl durchgeführt werden. Gleichzeitig wurden kreative Lösungen gefunden, öffentliche Formate wurden von der Realität ins Netz verlagert. Die Jugendverbände in unserem Land haben wirklich großartige Arbeit geleistet.

Das alles hat natürlich auch Auswirkungen auf Dritte. Beispielhaft seien hierzu die Jugendbildungshäuser oder Jugendherbergen in unserem Land genannt,

(Zustimmung)

die faktisch von heute auf morgen bei null Einnahmen weiterhin laufende Kosten zu tragen hatten. Fehlende Teilnehmerbeiträge und die verschärfte Lage bei der Akquise von Spenden führen dazu, dass die Finanzierung des Eigenanteils bei den Trägern nicht wie geplant realisiert werden konnte.

Wenn ich die Aussagen des Landesjugendamtes und des Ministeriums für Arbeit, Soziales und Integration bei der Sitzung des Landesjugendausschusses richtig verstanden habe, werden diese Umstände bei der Förderung in diesem Jahr berücksichtigt. Außerdem verbieten es die Umstände in diesem Jahr geradezu, es als Maßstab für die Förderung in den Folgejahren heranzuziehen. Aus meiner Sicht sind entsprechende Schlussfolgerungen zu ziehen und gegebenenfalls Anpassungen bei den betreffenden Richtlinien vorzunehmen, und zwar in Abstimmung mit dem Finanzministerium, welches aus meiner Sicht Flexibilität und Weitsichtigkeit bei der Bewältigung der aktuellen Lage und ihrer Folgen bewiesen hat.

Mein sehr geehrten Damen und Herren! Als Koalitionsfraktionen bringen wir also dem Grundanliegen Ihres Antrags grundsätzlich Sympathie entgegen. Gleichzeitig sehen wir aber Beratungsbedarf, gerade weil in einigen Punkten doch noch erhebliche finanzielle Aufwendungen auf das Land zukommen könnten. Ich nenne dazu nur das Beschaffungsprogramm in Punkt 6 des Antrages.

Bereits im Vorfeld der heutigen Beratung haben wir uns im Ausschuss für Arbeit, Soziales und Integration darauf verständigt, diesen Antrag im Zusammenhang mit weiteren Anträgen aus dem Bereich der Kinder- und Jugendpolitik in der Septembersitzung zu beraten. Wir beantragen deshalb die Überweisung des Antrags in den Ausschuss für Arbeit, Soziales und Integration zur federführenden Beratung und in den Finanzausschuss zur Mitberatung.

(Zustimmung)

Ich sehe keine Fragen. Dann danke ich Herrn Krull für den Redebeitrag. - Für die AfD-Fraktion spricht jetzt der Abg. Herr Wald. Herr Wald, Sie haben das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident! Hohes Haus! Werte Abgeordnete! Die vergangenen Monate haben uns allen die sozialen Abgründe der Bundesregierung eindrücklich vor Augen geführt. Social Distancing - man mag es etwas frei übersetzen als soziale Entfremdung - wurde unter unseren Augen zur selbsterfüllenden Prophezeiung.

Die Scharte zwischen Arm und Reich klafft dabei schmerzhaft auseinander. Während große Konzerne versuchen, die Krise zu ihrem Vorteil zu nutzen und auf dem Rücken ihrer Mitarbeiter Millionengewinne erwirtschaften, leiden insbesondere diejenigen darunter, die schon unter normalen Umständen nicht viel haben.

Die Jugendarbeit ist dabei ein essenzielles Instrument, um Kindern und Jugendlichen aus sozial schwachen Milieus einen gerechten Zugang zur Mitte unserer Gesellschaft zu ermöglichen. Versäumnisse in diesem Bereich sind - das zeigt uns die Sozialforschung - nur sehr schwer aufzuholen und können für das Scheitern ganzer Biografien verantwortlich sein.

Die linke Fraktion hat mit ihrem Antrag einen ersten Schritt zur Erarbeitung von Lösungen in diesem Bereich gemacht. Allerdings bleiben dabei noch viele Fragen offen.

Um nur einige Punkte zu nennen: Die bisher für 2020 bewilligten Mittel als allgemeinen Zuschuss zu gewähren, ist sicher ein guter Ansatz, dem wir zustimmen. Es sollte aber klar sein, dass eine solche Pauschale keine Dauerlösung ist.

Die Forderung nach einer zusätzlichen Kompensation von Verdienstausfällen der Verbände durch die Landesregierung hingegen muss sauber durchdacht und durchgerechnet werden. Wir können das große Chaos, das durch die Fehler der Regierung in der aktuellen Krise verursacht wurde, nicht durch eine Subventionspolitik nach dem Gießkannenprinzip lösen. Denn irgendwann ist die Gießkanne leer und dann findet sich die öffentliche Hand ganz schnell da wieder, wo sie sich ohnehin schon viel zu wohl fühlt - in den Taschen der Bürger, die für die Fehler der Politiker zahlen müssen.

(Zustimmung - Zuruf)

Wir denken, es muss eine zügige Aufarbeitung der entstandenen Problemfelder in der Jugendarbeit geben. Es braucht festgesetzte, praktikable

und finanzierbare Lösungen. Diese müssen zielgerichtet und nachhaltig erarbeitet werden. In dieser Hinsicht ist der vorliegende Antrag leider zu unkonkret und allgemein formuliert. Dennoch stimmen wir der Grundintention des Antrages zu. Daher bittet meine Fraktion um Überweisung in den Bildungsausschuss. - Danke schön.

(Beifall - Zurufe)

Fragen sehe ich keine. Dann danke ich Herrn Wald für seinen Redebeitrag. - Für BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN spricht der Abg. Herr Meister. Herr Meister, Sie haben das Wort.

Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Wie alle Bereiche von Wirtschaft und Gesellschaft ist leider auch die Jugendarbeit der freien Träger von der Coronakrise negativ betroffen. Auch wir als Fraktion sind im Gespräch mit engagierten Verbänden und sind insofern in Kenntnis über die dort aufgetretenen Probleme.

Tatsächlich ist es erforderlich, dass die im Haushalt bereitgestellten, aber derzeit nicht umsetzbaren Mittel umgewidmet werden. Dafür müssen das Finanzministerium und die Verwaltung zügig einen Weg bahnen. Das ist bisher nicht erfolgt.

Mittel für wegen der Eindämmung der von Corona nicht stattgefundenen und im Haushalt finanzierten Maßnahmen müssen zweckgebunden umgewidmet werden. Die Umwidmung und die Zweckorientierung auf Sachmittel für die digitale Infrastruktur für Verbände sind angebracht und im Zusammenhang mit Corona auch logisch.

In den vergangenen Wochen der guten Kontaktvermeidung, aber auch weiterhin zur nötigen Minimierung von Ansteckungsgefahren war und ist die Umstellung auf digitale Angebote und Telearbeit das Mittel der Zeit.

Der generelle Digitalisierungsschub, der die Jugendarbeit weiterhin stark betrifft, wird aber auch nach dem hoffentlich baldigen Ende der Pandemie nicht nachlassen. Die Mittelumwidmung für digitale Infrastruktur ist nicht nur als kurzfristige Reaktion auf die Coronakrise, sondern auch mittelfristig eine gute Investition.

Die aktuelle Sachkostenpauschale von 400 € pro Verband ist insofern genauso richtig, lässt von der Summe her aber kaum Spielraum zum Erwerb von Soft- und Hardware zu.

Einen weiteren Handlungsbedarf sehen wir auch bezüglich der Eigenmittel. Der coronabedingte Ausfall von Maßnahmen der Träger führt direkt zu ausgebliebenen Eigenmitteln. Die Verbände er

wirtschaften diesen im Wesentlichen aus Teilnehmerbeiträgen der Maßnahmen und Veranstaltungen. Woher auch sonst?

Eigenmittel in Höhe von 5 bis 10 % des Gesamtbudgets sind auf der Einnahmenseite weggebrochen und reißen insofern ein unüberbrückbares Loch. Gerade weil wir bei den Verbänden der Jugendarbeit keine Vollfinanzierung zur Verfügung stellen, besteht keine Möglichkeit zur Kompensation. Vielmehr schlagen die fehlenden Eigenmittel auf laufende Kosten wie Miete und Gehälter durch.

Diese von den Verbänden unverschuldete, sondern coronabedingte Problemlage muss gelöst werden. Es kann nicht unser Interesse sein, die für die Jugendarbeit so wichtigen Verbände in existenzielle Probleme laufen zu lassen.

(Zustimmung)

Zur lösungsorientierten Bearbeitung - das ist jetzt die Hoffnung, dass sich das Antragsansinnen schon in der Lösung befindet; das wäre schön - bitten wir um Überweisung in die Ausschüsse für Arbeit, Soziales und Integration sowie für Finanzen. Eben wurde der Wunsch geäußert, ihn auch in den Bildungsausschuss zu überweisen. Ich würde bitten, das noch einmal zu überlegen. Denn ich meine, so richtig sinnvoll ist es nicht, ihn in den Bildungsausschuss zu überweisen. Es geht zwar um junge Leute, aber hierfür sind der Sozial- und der Finanzausschuss zuständig. - Danke.

Ich sehe keine Fragen. Dann danke ich Herrn Meister für seinen Redebeitrag. - Für die SPD spricht die Abg. Frau Prof. Dr. Kolb-Janssen. Frau Prof. Dr. Kolb-Janssen, Sie haben das Wort.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Auch ich möchte mich zunächst bei den Vereinen und Verbänden, bei den Trägern der Jugendhilfe, der Jugendarbeit bedanken, die in der Coronapandemie während des Lockdown wirklich Unglaubliches geleistet haben, trotz der schwierigen Situation den Kontakt zu ihren Schützlingen zu halten, auch wenn man sich per Video eben nicht umarmen oder einfach mal streicheln und trösten kann, wenn es einem nicht gut geht.

(Zustimmung)

Aber dieses Engagement stößt eben auch an Grenzen. Wir haben gesehen, dass die prekäre Situation bezüglich der Finanzierung dieser Trägervereine eben nicht nur aufgrund der Corona

pandemie eingetreten ist, sondern dass es grundsätzliche Dinge gibt, die noch einmal überdacht werden müssen. Dabei geht es beispielsweise auch um die Frage der Sätze pro Tag und Teilnehmer. Im Moment ist mit diesem Satz nicht zu arbeiten, wenn man weiß, dass pro Betreuer nur sechs Teilnehmer im Jugendklub da sein können. Das heißt, ihnen fehlen die Einnahmen. Sie haben aber auch weniger Teilnehmerbeiträge und sollen trotzdem das, was bisher gerade so funktioniert hat, weiter finanzieren. Deshalb brauchen sie dringend Hilfe. Ich glaube, das ist bei meinen Vorrednern schon ganz deutlich geworden.

Wichtig wäre mir noch einmal der Punkt Onlineangebote. Ich glaube, sie haben tatsächlich auch Grenzen im Bereich der Jugendarbeit. Trotzdem brauchen sie eine gute technische Ausstattung. Diese ist für 400 € nicht zu haben. Aber die Ministerin hat gesagt, wir schauen, ob aus anderen Töpfen eine Unterstützung möglich ist. Insoweit, denke ich, sollten wir die Dinge intensiv im Sozial- und im Finanzausschuss beraten. - Vielen Dank.

(Beifall)

Ich sehe auch hierzu keine Fragen. Dann danke ich Frau Prof. Dr. Kolb-Janssen für die Ausführungen. - Für die Fraktion DIE LINKE hat noch einmal Frau Heiß das Wort. Frau Heiß, bitte.

Vielen Dank. - Wenn man der Ministerin gelauscht hat, dann könnte man denken, es ist eigentlich alles gut, außer bei der Technik, und das lösen wir. Das hörte sich jetzt zumindest bei Herrn Meister und bei Frau Kolb-Janssen etwas anders an. Ich danke auch für den etwas realistischeren Blick auf diese Thematik.

Wir sind gegen eine Überweisung, weil das aus unserer Sicht nicht viel Sinn macht. Wir müssen jetzt eine Lösung finden. Nichtsdestotrotz haben Sie natürlich die Mehrheit, werden das überweisen.

Ich habe aber einen Gegenvorschlag zu der Reihenfolge der Überweisung. Wenn wir das so machen, wie Sie das sagen, würde Folgendes passieren: Der Sozialausschuss bekommt die Federführung. Der Sozialausschuss tagt am 2. September 2020. Dann würde der Finanzausschuss am 30. September 2020 dazu beraten, danach der Sozialausschuss wieder am 4. November 2020, weil im Oktober weder Finanzausschuss noch Sozialausschuss tagen.

Das heißt, wir haben das Thema Ende November wieder im Plenum. Bitte entschuldigen Sie, aber das brauchen wir dann nicht mehr zu machen.

Dann lehnen Sie den Antrag bitte gleich ab, weil dann die Sache erledigt ist.

Mein Gegenvorschlag sieht wie folgt aus: Wir tagen nächste Woche im Finanzausschuss. Wir machen einfach die Federführung anders herum, behandeln das am 15. Juli 2020 im Finanzausschuss. Dann kann der Sozialausschuss das am 2. September 2020 als ersten TOP in seiner Sitzung behandeln und der parallel tagende Finanzausschuss kann das am gleichen Tag am Ende behandeln. Dann kann das Thema im September wieder ins Plenum. Dann haben wir das Thema im September abgehandelt und können den Verbänden schneller helfen.

Ich hoffe, Sie haben das verstanden, also Federführung Finanzausschuss, Behandlung am 15. Juli, dann Sozialausschuss am 2. September und Finanzausschuss auch am 2. September, am 10. oder 11. September Beratung im Plenum. Das wäre mein Vorschlag zur Güte. - Danke.