Protocol of the Session on July 9, 2020

Zweitens. Legen wir noch eine Schippe drauf, zeigen wir Mut. Wir wissen, dass die Verpflichtungsermächtigung über 150 Millionen € im Doppelhaushalt noch weit von dem weg ist, was die Krankenhausgesellschaft als Bedarf ermittelt hat. Ich bekräftige deshalb den Vorschlag der SPD, im Rahmen eines Antikrisenpakets für die Stärkung der wirtschaftlichen Entwicklung nach Corona zusätzliche 600 Milliarden €

(Zuruf: Milliarden? - Heiterkeit)

- 600 Millionen € - bis zum Jahr 2025

(Siegfried Borgwardt, CDU: Ich will nicht wissen, wie lange Ihre Regierung läuft! - Zuruf von Ministerin Petra Grimm-Benne)

den Krankenhäusern zur Verfügung zu stellen.

(Zustimmung)

Das ist von der Logik her sehr nah an dem, was der Bund mit seinem von CDU/CSU und SPD getragenen Konjunkturpaket tut.

(Zuruf)

- Aber es ist gut, dass du zuhörst. - Es ist ebenso nah an dem, was andere Länder tun, auch in Ostdeutschland. Es ist deshalb schade, dass wir diese Debatte heute unter anderen Vorzeichen geführt haben.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Am Ende meiner Rede möchte ich noch ein paar Worte zu den Beschäftigten und zur Situation an den Ameos-Standorten sagen. Die Ministerin hat zu Beginn einen Dank an die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in unseren Krankenhäusern für ihren Einsatz in der Coronapandemie und darüber hinaus gerichtet.

Ich schließe mich dem an und verbinde das mit einem ganz besonderen Dank und Gruß an die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den AmeosKliniken. Sie haben bekanntlich vor der Pandemie einen harten Arbeitskampf geführt, der zum ersten Mal seit Langem wieder in Tarifverhandlungen mündete. Mitten in der Krise kam es tatsächlich zu einer Annäherung und zu einem Angebot, das einen wichtigen Zwischenschritt bedeutet hätte.

Die Freude über diese Tarifeinigung währte aber nicht lange. Die Ameos-Geschäftsführung hat Bedingungen nachgeschoben, die zu einem Scheitern der Verhandlungen geführt haben. Die Kolleginnen und Kollegen bereiten sich auf einen neuen Streik vor.

Die Streiks bei Ameos zu Anfang dieses Jahres haben erheblich dazu beigetragen, dass Krankenhauspolitik in Sachsen-Anhalt große öffentliche Aufmerksamkeit bekam. Ich versichere den Beschäftigten heute ausdrücklich, dass wir ihr Anliegen auch jetzt nicht vergessen werden und dass wir weiterhin ganz klar hinter ihren Forderungen, hinter ihren Aktionen und hinter ihnen selbst stehen. Denn Beifall in der Krise reicht nicht aus, meine sehr geehrten Kolleginnen und Kollegen.

(Zustimmung)

Jetzt muss ernst gemacht werden mit dem Versprechen, den Beschäftigten in systemrelevanten Berufen auch relevante Gehälter zu zahlen. Es kommt auch auf unseren Einsatz an der Stelle an. - Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.

(Zustimmung)

Ich sehe keine Wortmeldung. Dann danke ich Frau Dr. Pähle für den Redebeitrag.

(Zuruf)

- Ach, Entschuldigung. - Es gibt doch eine Frage, Frau Dr. Pähle. - Dann haben Sie jetzt das Wort. Das war dann ein Missverständnis.

Ich gehe zum Mikrofon. Also, ich stehe nicht so einfach im Raum herum.

(Heiterkeit)

Ja, Frau Dr. Pähle, der ahnungslose Finanzer hat dann vielleicht doch noch eine Frage. Sie hatten ausgeführt, die Krankenhausplanung sei toll. Die heutige Debatte hat aber erbracht, die Praxis der Krankenhausplanung ist nicht ganz so toll. Vor diesem Hintergrund gibt es einen Widerspruch in Ihren Ausführungen.

Danach haben Sie gefragt, ob wir tatsächlich die Expertise von Krankenhausgesellschaft, kommunalen Spitzenverbänden, Krankenkassen und Ähnliches in Zweifel ziehen. - Nein, Frau Dr. Pähle, die Expertise ziehe ich nicht in Zweifel, aber ich kenne auch deren Interessen.

Die Krankenhausplanung - dafür müssen wir nicht in unsere Landesgesetze schauen, sondern wir schauen in § 8 des Krankenhausfinanzierungsgesetzes des Bundes - hat eine Aufgabe, nämlich das öffentliche Interesse an der Gesundheitsversorgung zu definieren. Vor diesem Hintergrund brauche ich nicht danach zu fragen, wie viele Experten bzw. Interessengruppen mitgewirkt haben, sondern es ist die Frage, wie sehr setzt dieser Krankenhausplan das öffentliche Interesse an Gesundheitsversorgung um. Da ist die Realität in unserem Land keine gute.

Wir haben zwar tatsächlich noch viele Krankenhäuser, aber viele dieser Krankenhäuser sind am Limit. Das ist jetzt nicht vom Land gemacht, sondern die DRG - eine Idee von Sozialdemokraten und GRÜNEN - sind durch die Bundesregierung eingeführt worden.

Diese Probleme sind da und bedürfen einer Steuerung, sie bedürfen einer Nachjustierung der Bestimmung des öffentlichen Interesses, damit wir auch in Zukunft noch 55 Krankenhausstandorte haben und sich eben nicht einer nach dem anderen abmeldet. Deswegen fordern wir die Überarbeitung der Krankenhausplanung, weil es eben dieses öffentliche Interesse gibt.

Frau Dr. Pähle, Sie haben jetzt die Möglichkeit, nach der Intervention von Herrn Knöchel noch einmal zu reden. Sie haben das Wort.

Herr Knöchel, was die Problematik unserer Krankenhauslandschaft betrifft, die sich aus der Finanzierungslogik unseres Krankenhauswesens insgesamt, aus der Finanzierung des Gesundheitswesens, ableitet, sind wir ganz dicht beieinander.

Ja, die DRG, die Höhe der DRG, und die fehlende Grundfinanzierung insbesondere von Basiskrankenhäusern im ländlichen Raum mit geringen Fallzahlen sind Teil des Problems. Darin bin ich sofort mit Ihnen einer Meinung. Das lösen Sie aber nicht über den Krankenhausplan. Das lösen Sie über bundesgesetzgeberische Veränderungen.

Ein Krankenhausplan, wie Sie ihn sich vorstellen, bedeutet, wir legen im öffentlichen Interesse fest, was an einzelnen Standorten wie vorgehalten werden muss. Sie haben die Frage gestellt, wer dann das öffentliche Interesse definiert. Ich gehe noch einmal genau auf die Expertengruppen ein, die an diesem Plan mitgeschrieben haben.

(Swen Knöchel, DIE LINKE: Das sind ge- wählte Vertreter!)

- Ja, aber sie - -

(Swen Knöchel, DIE LINKE: Volksvertreter!)

Mit anderen Worten: Glauben Sie, wenn der Landtag darüber entscheidet, was das öffentliche Interesse am Standort Gardelegen oder Havelberg betrifft, dass die 87 Abgeordneten dann ein Expertenwissen an den Tag legen, das Ärztekammer, Krankenhausgesellschaft, Kassenärztliche Vereinigung, kommunale Spitzenverbände mit Blick auf die Entwicklung der medizinischen Bedarfe, mit Blick auf die Bevölkerungsentwicklung und mit Blick auf das, was dort leistbar ist, nicht entwickeln können?

Ich glaube ganz ehrlich, um eine Parallele zu ziehen - darüber können Sie sich gern mit Ihrem Kollegen Hendrik Lange austauschen -, es gibt einen guten Grund, warum der Landtag nicht über die Ausrichtung von Hochschulen debattiert und nicht festgelegt, welche Fächer an den Hochschulen angeboten werden.

Im Krankenhausbereich wollen Sie jetzt genau dieses Verfahren einführen. Das tut mir leid. Das sehe ich nicht. Ich glaube den Expertinnen und Experten und nicht, auch bei aller Anstrengung, den hier sitzenden gewählten Landtagsabgeordneten. Daran habe ich wirklich starke Zweifel.

(Zustimmung)

Das öffentliche Interesse besteht darin, dass wir im Land eine flächendeckende Versorgung für unsere Bevölkerung haben. Die Einrichtung, die darüber wacht, ist das Ministerium, weil es nicht nur den Standort in den Blick nimmt, sondern auch in Planungszusammenhängen denkt.

(Zuruf von Swen Knöchel, DIE LINKE)

Das ist die Aufsicht, und das ist auch dessen Aufgabe. Genau das hat mit dem Krankenhausplan auch stattgefunden.

(Zuruf von Swen Knöchel, DIE LINKE)

Werter Kollege Herr Knöchel, ich versuche ich es noch einmal. Der Krankenhausplan schreibt fest, was die Träger an Leistungen anbieten können. Es öffnet die Tür für ein breites Angebot.

(Swen Knöchel, DIE LINKE: Sollen? - Müs- sen!)

- Nein, nicht müssen.

(Zuruf von Swen Knöchel, DIE LINKE)

Denn wir haben nämlich im Landeshaushalt keine Mittel, um zu sagen, du bietest es jetzt an, obwohl es defizitär ist, und dafür geben wir dir zusätzliches Geld. Diese Mittel haben wir nicht. Wir können im Finanzausschuss gern über die Einrichtung eines solchen Topfs, Fonds, über solche Strukturmittel reden. Wir haben sie nicht. Solange wir diese Möglichkeit nicht haben, haben wir auch nicht die Anreizstruktur, dass Träger defizitäre Bereiche offenhalten.

Die Krankenkassen finanzieren Leistungen, die nach den Qualitätsstandards, die auch vom Bund vorgegeben werden - das betrifft die Leistungsanzahl genauso wie das Personal -, zu erbringen sind. Wenn diese Finanzierung nicht ausreicht, um den Bereich wirtschaftlich zu betreiben, dann müssten wir tatsächlich, damit es aufrechterhalten bleibt, in die Landesfinanzierung einsteigen. Das ist aber eine andere Diskussion und hat mit Krankenhausplanung, mit Verlaub gesagt, nichts zu tun.

(Zuruf von Swen Knöchel, DIE LINKE)

- Nein. Wir haben weder die gesetzliche Möglichkeit noch die finanziellen Mittel dafür. Das genau ist der Punkt.

Ich sehe keine weiteren Fragen. Dann danke ich Frau Dr. Pähle für den Redebeitrag. - Für die Fraktion DIE LINKE gebe ich noch einmal Herrn Gallert das Rederecht. Herr Gallert, Sie haben drei Minuten Redezeit.