Viertens der Wiederaufbaufonds in Höhe von 750 Milliarden €. Deutschland bürgt allein für mindestens 135 Milliarden €. Nun konnten wir uns anhören, wie schön das alles ist und dass wir davon profitieren. Wir würden viel mehr davon profitieren, wenn das Geld bei uns ausgegeben würde, meine Damen und Herren.
Wieder dient die Coronakrise als Vorwand, um das Tabu der rechtswidrigen Vergemeinschaftung der Staatsschulden zu brechen. In Paris, Madrid und Rom planen die Regierungen schon eifrig neue Ausgabenprogramme, aber die deutschen Bürger, die jetzt schon länger Arbeitenden, höhere Steuern Zahlenden und geringere Renten- und Privatvermögen Habenden als die Bürger der Empfängerländer, wie zum Beispiel Spanien, Frankreich und Italien, die diese Transfers bekommen, müssen sich dagegen auf noch höhere Belastungen einstellen.
All diesen Transfers und Haftungsrisiken haben Sie zugestimmt, meine Damen und Herren, obwohl in diesem Land und vor allem hier in Sachsen-Anhalt genug Probleme vorhanden sind, für die wir dringend Geld brauchen. Wir sind kein reiches Land. Wir haben eine bröckelnde Infrastruktur, ein schwaches Bildungssystem und schlechte Kreisfinanzen. Über Dinge wie den digitalen Ausbau will ich gar nicht reden. Der Salzlandkreis hat nicht einmal einen ausgeglichenen Haushalt und bekommt keine Freigaben. - Dies zu der Aussage, dass genug Geld vorhanden sei. Darüber lache ich mich kaputt. Jeder, der vor Ort ist, weiß, dass es nicht so ist.
Wie wollen Sie das finanzieren, liebe LINKE? - Sie sagen, dass dies durch eine europaweite Vermögensabgabe finanziert werden soll. Sie wollen Ihre Politik mithilfe der Vermögensabgaben der
Zwangshypotheken einführen und Gelder umverteilen. Das werden wir mit all den uns zur Verfügung stehenden Mitteln verhindern, meine Damen und Herren. Das verspreche ich Ihnen; denn diese Politik zum Feinde Deutschlands ist mit der AfD nicht zu machen. - Vielen Dank.
Vielen Dank, Herr Abg. Tobias Rausch. Es gibt keine Wortmeldungen. - Die nächste Debattenrednerin wird für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN die Abg. Frau Frederking sein. - Frau Abgeordnete, Sie haben jetzt die Möglichkeit, zu reden. Sie haben das Wort, bitte.
Vielen Dank, Frau Präsidentin. - Sehr geehrte Abgeordnete! Wir müssen feststellen, die Vorzeichen der deutschen EU-Ratspräsidentschaft sind geprägt von der Covid-19-Pandemie, und Deutschland muss die Antwort auf die Frage liefern, warum sich die Nationalstaaten in einem ersten Reflex abgeschottet hatten. Wir haben die Stichworte Lieferstopp von Hilfsgütern, von Schutzausrüstungen und von medizinischen Geräten vorhin in der Debatte schon gehört.
Ich erwarte von dieser deutschen EU-Ratspräsidentschaft, dass sie auch die Antwort auf die Frage gibt, wie es besser wird, wie in Zukunft besser europäische Solidarität gelebt werden kann.
Dennoch ist es gut und richtig, dass die Kommission neben den 540 Milliarden € für die wichtigsten Sicherheitsnetze auch einen um 750 Milliarden € höheren EU-Haushalt vorgeschlagen hat. Damit sollen doch gerade die unmittelbaren wirtschaftlichen und sozialen Verwerfungen aufgrund der Pandemie abgefedert werden. Es ist auch richtig, dass wir uns gegenseitig helfen.
Aber Ziel muss auch sein, mit diesem Geld zukunfts- und klimafestere Wirtschafts- und Lebensweisen in Gang zu bringen. Für meine Fraktion kann ich sagen, dass wir wollen, dass diese Wiederaufbaumittel konsequent auch in ein klimaneutrales Europa investiert werden. Wir fordern verbindliche Vorgaben für die Mittelvergabe im Hinblick auf die Einhaltung des Pariser Klimaabkommens.
Bei den EU-Mitteln darf es nicht so laufen, wie es jetzt bei der Unterstützung der Lufthansa durch die Bundesregierung gelaufen ist, für die es gar keine Bedingungen gab.
Europa zu stellen, und neben den Sozialstandards - es ist uns auch wichtig, dass wir gemeinsame Sozialstandards haben; Stichwort Mindestlohn - muss der europäische Green Deal im Zentrum stehen.
Wir merken die Auswirkungen der Klimakatastrophe doch alle, beispielsweise die Veränderungen im Golfstrom und das Abschmelzen der Permafrostböden. Die Auswirkungen werden immer gravierender und immer bedrohlicher. Es ist doch jetzt eine gute Chance, auch mit den Coronanotfallhilfen, Schalter schnell umzustellen für eine ökologische Transformation, damit eben gerade die menschlichen Lebensgrundlagen erhalten bleiben.
Wir erwarten, dass diese EU-Ratspräsidentschaft eine Klimapräsidentschaft wird; denn wenn das nicht passiert, dann haben wir in der Tat von der Zukunft nicht mehr viel zu erwarten.
Darüber hinaus ist für uns auch die Kohäsionspolitik ganz wichtig und zentral, um langfristig einen gleichmäßigen Aufbau in den Mitgliedstaaten zu gewährleisten.
Im Vorfeld dieser Debatte haben wir uns innerhalb der Koalition verständigt. Dabei kam ganz klar heraus, dass für uns als Koalition wichtig ist, endlich ein solidarisches und verantwortungsvolles gemeinsames europäisches Asylsystem auf den Weg zu bringen. An den EU-Außengrenzen müssen geordnete Verfahren und ein geordneter Zugang zu rechtsstaatlichen Asylverfahren hergestellt werden. Gewalt gegen Schutzsuchende, Push-Backs oder das Aussetzen des Asylrechts sind mit dem europäischen Recht nicht vereinbar.
Vielen Dank, Frau Abg. Frederking. Ich sehe keine Wortmeldung. - Für die CDU-Fraktion spricht jetzt der Abg. Herr Gürth. - Herr Gürth, Sie dürfen jetzt das Wort nehmen, bitte.
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Erste Vorbemerkung. Wenn die LINKEN eine Debatte zur Europapolitik beantragen, dann sind wir in der CDU immer sehr gespannt. Wir wissen nie, wohin die Reise geht. Es gibt kaum eine Partei mit so vielen antieuropäischen Ressentiments, die bis in die Spitze der Partei reichen, wie in der Partei DIE LINKE. Und so manche Position, die man in Interviews nachlesen konnte, ähneln dann leider auch Positionen der
Zweite Vorbemerkung. Die CDU-Fraktion steht völlig hinter allem, was Staatsminister Robra zur Ratspräsidentschaft und zur Europäischen Union gesagt hat. Das sind auch die Positionen der CDU-Fraktion im Landtag von Sachsen-Anhalt.
Dritte Vorbemerkung. In der Kürze der Zeit möchte ich nur auf wenige Dinge eingehen. Für uns ist klar, ohne eine funktionierende Europäische Union kann kein Mitgliedstaat der Europäischen Union seinen erworbenen und erarbeiteten Wohlstand halten oder gar verbessern. Deswegen haben wir allergrößtes Interesse an einer stabilen und gut funktionierenden Europäischen Union, einer Solidargemeinschaft nach dem Subsidiaritätsprinzip.
Jetzt müssen wir schauen, wie wir unter den Vorzeichen der deutschen Ratspräsidentschaft vor dem Hintergrund der Pandemiebekämpfung und der außergewöhnlichen Herausforderung das Beste in diesem knappen halben Jahr erreichen können.
Die Stabilisierung der Wirtschaft für Arbeits- und Ausbildungsplätze muss vornan stehen, denn ohne diese materielle Grundlage können wir weder soziale Sicherheit noch Instrumente erwirtschaften, die wir für den Zusammenhalt und die Bekämpfung der Pandemiefolgen brauchen.
Wir sehen das Thema Eurobonds, jetzt Coronabonds genannt, sehr kritisch. Sie sind nichts anderes als verdeckte Kredite. Kredite sind süßes Gift, sie wirken wie Drogen und machen abhängig. Mir ist es auch ein Rätsel, warum gerade die LINKEN immer mehr Schulden und Kredite fordern. Das geht gar nicht in meinen Kopf.
Lafontaine erklärt den Finanzkapitalismus für erledigt, Austeritätspolitik wird beschimpft. Dann legt man sich in den Schoß der Kathedralen des Finanzkapitalismus, der Banken, mit immer mehr neuen Schulden. Auf die Debatte im Ausschuss bin ich sehr gespannt.
Ich will noch etwas zu den Bedingungen sagen, auf die wir im Ausschuss noch näher eingehen werden. Ein wichtiges Thema ist aber vielleicht auch - in der Kürze der Zeit muss es noch angesprochen werden -: Wir hoffen sehr, dass in den nächsten sechs Monaten das Thema Migrations-, Asyl- und Außenpolitik in der Europäischen Union auf einen Nenner gebracht wird. Wir müssen helfen, wir wollen helfen, aber wir können als Europäische Union nicht alle Flüchtlinge aus Afrika aufnehmen, die sich, aus welchen Gründen auch immer, auf den Weg gemacht haben. Wir müssen die Fluchtursachen mehr bekämpfen, aber wirkungsvoller, als das bisher passiert ist. Drittens
Wer eine stabile Europäische Union möchte, darf die Leistungsfähigkeit und die Akzeptanz der Bevölkerung in den Mitgliedsstaaten nicht außer Acht lassen, sonst gefährdet er die große friedensstiftende Idee eines gemeinsamen Europas. Deswegen gehört das auch auf die Agenda der Ratspräsidentschaft.
Ganz zum Abschluss hoffen wir, dass auch DIE LINKE mit ihren Beziehungen nach Moskau dafür sorgt, dass russische Bomber aufhören, die Zivilbevölkerung im Norden Afrikas zu bombardieren und dadurch die Fluchtbewegungen noch weiter zu verstärken.
Das soll es in drei Minuten gewesen sein. Die Redezeit ist zu Ende. Wir freuen uns auf die Debatte und empfehlen eine Überweisung des Antrags der LINKEN in den Europaausschuss.
Vielen Dank, Frau Präsidentin. - Vielen Dank, Herr Kollege Gürth. Ich will Ihnen die Gelegenheit geben, Ihre Redezeit zu verlängern. Sie haben das Thema Asyl- und Flüchtlingspolitik und die Migrationspolitik angesprochen und haben gesagt, dass Sie zu Lösungen bereit seien.
Vielleicht können Sie mir konkreter Ihre Vorstellungen erläutern, welche Lösungsvorschläge Ihre Fraktion in diesem Bereich im Blick hat, damit wir in der Lage sind, die unerträglichen Zustände an den europäischen Außengrenzen zu überwinden. Wir haben ein großes humanitäres Problem in den betreffenden Ländern, insbesondere auf den griechischen Inseln und beispielsweise in Libyen. Wofür steht die CDU-Fraktion, wenn es darum geht, für Lösungen zu sorgen?
Das ist ein ganzes Paket. Natürlich muss das Signal ausgehen, dass die Europäische Union ihre Außengrenzen jederzeit verteidigen kann und dass nicht illegal, ohne Bedingungen, ohne rechtliche Normen, ohne rechtsstaatliche Verfahren einzuhalten, eingereist werden kann. Wir haben leider, das müssen wir sagen, in den letzten Jahren erlebt, dass alles, was an Rechtsgrundlagen
existiert, schlichtweg übergangen oder ausgehebelt wurde. Wir haben in der Praxis viele Bewegungen erlebt, die wir alle nicht gutheißen können.
Das Zweite, was neben der stabilen Außengrenze mit rechtsstaatlichen, gut funktionierenden Verfahren hinsichtlich der Asylanträge und Bleibeanträge, die gestellt werden können, dazugehört, ist natürlich, dass man verhindert, dass sich erst so viele Menschen aus Afrika auf den Weg machen, um vor Krieg, Hunger und Zukunftslosigkeit oder aus welchen Gründen auch immer aus ihrer Heimat zu fliehen.
Ich unterstelle niemandem, der sich unter dem Risiko seines eigenen Lebens auf den Weg macht, dass er dieses leichtfertig macht. Damit würde man die Menschen auch verunglimpfen; das darf man auf keinen Fall machen. Aber wir müssen dafür Sorge tragen, dass Außenpolitik mit allem, was sie bewegen kann, was sonstige Politik wie unsere Entwicklungszusammenarbeit machen kann, was internationale multilaterale Gremien auf den Weg bringen können, versucht, diese Ursachen für die Flüchtlingsbewegungen zu bekämpfen.
Das fängt damit an, dass wir die jahrelang bekannten, sich ständig verschärfenden Kriegs- und Krisensituationen über Gremien wie die UN beenden. Dazu brauchen wir Partner. Wir haben allesamt, wie wir hier sitzen, ein gemeinsames Problem: In der jetzigen Situation sind die großen politischen Kräfte leider momentan nicht gewillt oder in der Lage, einen wesentlichen Beitrag zu leisten, wie beispielsweise die USA in Zusammenarbeit mit Russland und mit China. Ohne die drei Großmächte wird man auf dem afrikanischen Kontinent nicht für Frieden werben. Ohne Frieden wird die Flüchtlingsbewegung nicht zu stoppen sein.
Der nächste Punkt ist natürlich die Frage der materiellen Zukunft. Kann ich meine Familie ernähren, kann ich in Frieden leben und kann ich auch in meinem Heimatland, das keiner gern freiwillig verlässt, glücklich leben? Das bekommen wir nur hin, wenn wir unsere Entwicklungszusammenarbeit neu orientieren. Was Herr Müller macht, ist zum Teil schon auf dem richtigen Weg, aber es reicht noch nicht aus. Es muss mit allen EU-Mitgliedsstaaten viel besser koordiniert werden, weil jedes EU-Mitgliedsland derzeit eine eigene Entwicklungszusammenarbeit organisiert, die nicht aufeinander abgestimmt ist. Dazu gehört aber auch, dass wir wirksame Instrumente innerhalb der EU entwickeln, die den Schlepperbanden das Handwerk legen, die daran auch noch verdienen.
Wir müssen zusammen mit den Ländern - ich denke an Libyen, an den Libanon und die vielen Länder, die maßgeblich sind für die Flüchtlingsbe
Zum Schluss will ich noch etwas sagen, was uns alle auch beschämen muss. Wir alle, die wir hier sitzen, wissen, dass außer den Menschen, die jetzt in Bewegung sind und die aus welchen Gründen auch immer flüchten und bisher in ganz Europa angekommen sind, noch weitere Millionen und Abermillionen Menschen in der Binnenmigration unter schrecklichsten Bedingungen auf dem afrikanischen Kontinent verweilen. Diese Menschen befinden sich unter Zuständen, die schlimmer als Kriegszustände sind, in Lagern, die schlimmer sind als mancher Kriegsherd. Wenn wir das auflösen wollen, brauchen wir eine wirtschaftlich starke, eine funktionierende Europäische Gemeinschaft sowie multilaterale Organisationen wie die UNO.
Zum Abschluss kann ich mir nur wünschen, weil das ein ernstes Thema ist, dass es unter der deutschen Ratspräsidentschaft gelingen möge, eine gemeinsame Position der Gemeinschaft der europäischen Staaten zu erreichen, um in der UNO und in den anderen Gremien mit einer stärkeren Stimme eine richtige Politik auf den Weg zu bringen.
Es ist ein großes Thema, aber wenn wir nicht darauf achten, dass wir bei uns in Deutschland - und die anderen in ihren Ländern - mit dem, was wir auch im Sinne Europas machen, die Akzeptanz der Bevölkerung gewinnen, dann gerät das ganze Gebäude ins Wanken. Das will ich mir gar nicht ausmalen; das wäre das Schlimmste, was der Weltgemeinschaft passieren könnte: ein destabilisiertes Europa. - Ich wünsche der Ratspräsidentschaft viel Erfolg.