Protocol of the Session on June 23, 2020

tungsdienst. Zu dem Thema haben wir als AfDFraktion schon mehrere Initiativen in den vergangenen Jahren eingebracht. Wir wissen, das Thema wird uns auch weiterhin begleiten; denn Sachsen-Anhalt ist ein Flächenland. Die Große Anfrage, die uns heute vorliegt, offenbart die Schwachstellen, auf die wir seit einigen Jahren hingewiesen haben.

Grundsätzlich ist und bleibt die Einhaltung der Hilfsfristen das Hauptproblem; das ist einfach so. Sie können oftmals nicht eingehalten werden. Die Gründe dafür sind vielfältig.

Die Hilfsfrist konnte allein im Jahr 2018 bei der RTW-Versorgung 47 000 Mal nicht eingehalten werden - 47 000 Mal! - und bei der Notfallversorgung 6 190 Mal. Wir alle wissen, jeder einzelne Fall kann im schlimmsten Fall den Verlust eines Menschenlebens bedeuten.

Dafür gibt es mehrere Gründe. Der Hauptgrund - das lässt sich nicht leugnen - ist unsere geografische Situation. Sachsen-Anhalt ist und bleibt ein Flächenland. Wir sind stark zersiedelt.

Wir haben im Bereich der Altmark, der Börde, des Salzlandkreises, in Wittenberg - das haben wir schon gehört - und vor allem im Harz eine nicht immer optimale Infrastruktur und nicht immer die Möglichkeit, in jedem Dorf eine Rettungswache zu stationieren.

Dazu kommt das Wetter. Es macht den Rettungsdiensten, vor allem im Harz, nicht selten einen Strich durch die Rechnung. Ich erinnere an die Schneefälle.

Trotzdem ist mir beim Lesen der Antwort auf die Große Anfrage aufgefallen, dass wir auch eine urbane Struktur haben, in der die Hilfsfrist sehr oft nicht eingehalten werden kann. Das ist die Stadt Halle. Dafür muss man die Hintergründe erfragen und hierauf individuell eingehen.

Die Hauptproblematik - das hat die Große Anfrage offenbart - erinnert mich übrigens an unseren Antrag, den wir in den Landtag eingebracht haben, nämlich zu den First Respondern. Wir haben damals beantragt, First Responder, also Ersthelfer auf freiwilliger Basis, flankierend zum Rettungsdienst in die Notfallversorgung einzubinden.

First Responder sollen den Rettungsdienst nicht ersetzen, nein, sie sollen ihn unterstützen und dort Menschenleben retten, wo uns die Natur oder eine höhere Gewalt einen Strich durch die Rechnung machen.

Ich möchte an die junge Truppe der DLRG in Diesdorf bei Salzwedel erinnern, die wir beobachtet haben. Es wurde lange von der Presse begleitet. Die Einbindung wurde verhindert. Sie

haben darum gekämpft, in die Notfallversorgung mit eingebunden zu werden, freiwillig mithelfen zu dürfen.

Erst nach unserer Initiative, nachdem sich die AfD dieses Themas angenommen hatte, kam Bewegung ins Spiel. Inzwischen dürfen sie es machen; inzwischen dürfen sie Menschenleben retten. Ich finde, das ist eine super Sache. Ich finde es sehr schade, dass es erst unserer Initiative hier bedarf, damit sie es überhaupt machen dürfen.

Inzwischen kämpfen immer mehr junge Leute gegen diese Bürokratie an. Dies unterstützen wir. Wir machen es ganz erfolgreich in mehreren kommunalen Parlamenten. Ich kann ganz stolz darauf blicken, dass inzwischen in zwei Landkreisen auf AfD-Initiative und auch in der Stadt Halle diese Anträge angenommen wurden und die ehrenamtlichen Ersthelfer inzwischen eingebunden sind. Das ist eine tolle Sache, und ich hoffe, es geht weiter so. Jedes Menschenleben zählt.

Die Große Anfrage zeigt zum Glück im Großen und Ganzen eine relativ stabile Situation, auch was die Kollegen angeht. Wir haben ein Durchschnittsalter von 40 Jahren. Das ist in unseren Augen angemessen und zukunftsfähig.

Die Ausbildung wurde attraktiver gestaltet. Daran haben wir auch mitgearbeitet und uns entsprechend dafür eingesetzt, dass wir die Übergangsfristen verlängern, sodass der Beruf ansprechend bleibt und auch in eine gesunde Zukunft gehen kann.

Was bleibt noch zu sagen? - Es gibt an vielen Stellschrauben etwas zu verbessern. Wir wollen uns dieser Debatte nicht verschließen. Wir nehmen die ausgiebige Datenlage mit in den Sozialausschuss und verschließen uns nicht einem Verbesserungsprozess.

Worauf ich in diesem Zusammenhang vielleicht noch einmal hinweisen möchte - das war leider kein Bestandteil Ihrer Großen Anfrage -: Sie sind in keinem Punkt auf die Situation der Bedrohungslage gegenüber Rettungskräften eingegangen. Rettungskräfte werden immer öfter das Ziel von tätlichen Angriffen, von Beleidigungen, von verbaler Verrohung. Wir sind der Meinung, an dieser Stelle müssen wir auch ansetzen. Dieses Thema darf kein Tabuthema sein. Das erwarten die Betroffenen von uns.

Wir erwarten noch etwas. Ich habe in den letzten Tagen mit vielen Betroffenen gesprochen. In der Altenpflege haben wir jetzt die Anerkennungsprämie. Es muss nicht immer Geld sein, aber ich würde es gut finden, wenn wir bei den Rettungskräften eine ähnliche Situation erreichen und ihnen Wertschätzung entgegenbringen; denn die Kollegen machen jeden Tag einen guten Job. Das fehlt in meinen Augen.

Ich möchte mich daher abschließend an dieser Stelle bei allen hauptamtlichen und ehrenamtlichen Rettungskräften bedanken. Sie alle machen einen tollen Job. Im Namen unserer AfD-Fraktion möchte ich Ihnen dafür danken, dass es Sie gibt, und Ihnen mitteilen, wir sind froh darüber, dass Sie solch eine tolle Arbeit leisten, und wir werden alles in unserer Macht Stehende tun, um Sie auch weiterhin hier parlamentarisch zu unterstützen. - Danke schön.

(Beifall)

Wir fahren fort in der Debatte der Fraktionen. Es spricht gleich für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN der Abg. Herr Striegel. Herr Striegel, Sie haben das Wort.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich muss mich angesichts meiner Redezeit sehr kurz fassen. Der Rettungsdienst stellt ohne Zweifel ein zentrales Element der Daseins- und Gesundheitsvorsorge unseres Gemeinwesens dar; denn es geht schlichtweg oft um Leben und Tod.

Wenn wir über die in den letzten Wochen und Monaten oft bemühten Heldinnen und Helden des Alltags sprechen - sie waren auch heute Thema -, dann sind Menschen im Rettungswesen an vorderster Stelle zu nennen; denn sie sind es, die unter hoher körperlicher und psychischer Belastung zu jeder Tages- und Nachtzeit ausrücken müssen, wenn ein Mensch in Not geraten ist.

Von entscheidender Bedeutung ist dabei, dass innerhalb einer möglichst kurzen Hilfsfrist reagiert werden kann. Dies müssen wir auch in Zukunft für alle Landesteile sicherstellen. Insbesondere im ländlichen Raum stellt das bereits heute eine Herausforderung dar. Hierfür werden in Zukunft intelligente, zukunftsorientierte Lösungen notwendig sein.

Die bündnisgrüne Fraktion ist der Meinung, dass wir die Möglichkeiten der Telemedizin stärker nutzen sollten. Das gilt auch für das Rettungswesen. Aus unserer Sicht geht Nordrhein-Westfalen einen interessanten Weg. Sie haben gerade ein flächendeckendes System von Telenotärzten eingeführt. Diese können den Rettungseinsatz zumindest digital begleiten, wenn eine physische Teilnahme an der Notfallversorgung auf die Schnelle noch nicht möglich sein sollte.

Natürlich können digitale Ferndiagnosen den direkten Kontakt niemals ersetzen, aber das Modell kann aus unserer Sicht auch für Sachsen-Anhalt, ein Land mit viel ländlichem Raum, eine sinnvolle Ergänzung des Rettungswesens darstellen, um

die vorhandenen Ressourcen zum Wohle aller bestmöglich einzusetzen. - Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall)

Auch hierzu sehe ich keine Frage, sodass wir in der Debatte der Fraktionen fortfahren können. Nachdem der Tisch desinfiziert worden ist, spricht der Abg. Herr Kurze für die Fraktion der CDU.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Präsident! Wir haben uns alle umfassend mit der Großen Anfrage auseinandergesetzt. Wie schon die meisten Vorredner vorgetragen haben, ist festzustellen, dass wir in Sachsen-Anhalt ein doch recht gut funktionierendes System haben.

Grundlage dafür war unser Rettungsdienstgesetz des Landes. Wir fühlen uns bestätigt mit der damaligen Fragestellung. Wir haben den Hilfsorganisationen, dem Roten Kreuz, dem ArbeiterSamariter-Bund, den Johannitern etc., eine Vorrangstellung bei der Vergabe eingeräumt, weil wir gesagt haben, wir brauchen sie nicht nur im Rettungsdienst, sondern wir brauchen sie auch im Katastrophenschutz.

Das sehen wir momentan mehr denn je. Ihre Zuverlässigkeit, die sie über Jahre im Lande bewiesen haben, konnte auch in der Vergabe mit berücksichtigt werden und einfließen.

Die Beibehaltung der Hilfsfristen ist ein Thema. Wir als CDU-Fraktion sagen, dass man die Hilfsfristen nicht verändern sollte, weil sie momentan flächendeckend sind und im Durchschnitt garantieren, dass das medizinische Fachpersonal schnell und fachkompetent retten und zu den Verunfallten kommen kann.

Herr Erben hat darauf hingewiesen, dass es Unterschiede gibt; das ist uns auch aufgefallen. Auf den ersten Blick weiß man auch gar nicht, woran es eventuell liegen könnte. Aber Sie haben sich dazu schon geäußert. Das hat sicherlich mit verschiedenen Aspekten in den Städten und Landkreisen zu tun.

Aber wenn wir uns die Zahlen mal genau anschauen, dann sehen wir, dass sich die Rettungswachen im Land erheblich vermehrt haben. Vor zehn Jahren hatten wir 88 Wachen, jetzt haben wir 144 Wachen.

Das hat auch etwas damit zu tun, dass die Kostenträger und die Leistungserbringer, nachdem wir das Rettungsdienstgesetz geändert haben, sicherlich nicht überall, aber an vielen Stellen im

Land - das kann man in der Antwort genau nachlesen - mehr Rettungswachen gebaut haben. Und viele, die neue Rettungswachen gebaut haben, haben natürlich auch in die Rettungsmittel investiert.

Die Zahl der Notarzteinsatzfahrzeuge ist in zehn Jahren von 32 auf 42 gestiegen. Das ist nun kein großer Sprung. Aber es sind trotz des Ärztemangels, den wir haben - gerade im Rettungsdienstbereich war es immer eine Frage des Geldes; wenig Ärzte, daher sehr teuer -, nach zehn Jahren immerhin 42 Ärzte, also zehn mehr.

Wenn wir uns die Rettungswagen anschauen, dann stellen wir fest, dass sich auch da ein ordentlicher Sprung ergeben hat, wie bei den Rettungswachen. Die Zahl der Rettungswagen ist von 97 auf 165 gestiegen.

(Beifall)

Das ist eine Menge. Dafür müssen wir den Leistungserbringern und den Trägern des Rettungsdienstes und auch den Kostenträgern dankbar sein; denn alle haben gemeinsam investiert. Ich kann mich an Zeiten erinnern, da haben wir im Parlament und in den Ausschüssen und alle Beteiligten sehr hart darum gerungen, gemeinsam zum Ziel zu kommen.

Ich denke, am Ende war eine Ursache dafür, dass sie miteinander gesprochen und wir als Politik auch rechtzeitig zugehört haben. Das war sicherlich eine der Ursachen dafür, dass es zu dieser positiven Entwicklung gekommen ist.

(Zurufe)

- Genau. Im Grunde genommen haben wir - ich kann mich gut daran erinnern; Herr Borgwardt sagte es noch mal -, als es Schwierigkeiten gab, als Erste die Debatte im Parlament eröffnet und sind dann richtig tief greifend hineingegangen, haben das Gesetz verändert, haben es verbessert.

Viele andere Bundesländer haben sich ein Beispiel daran genommen. Am Ende haben wir sogar vom Europäischen Gerichtshof Recht bekommen mit dem, was wir in das Gesetz hineingeschrieben haben. Das ist ein kleines Erfolgsmodell. Das muss man auch mal sagen.

Das muss man auch verbinden mit dem Dank an die Retterinnen und Retter für ihre herausragende und auch immer opferbereite Arbeit, die sie tagtäglich erledigen. Jeder kann es sich vorstellen. Ich bin selbst ehrenamtlicher Erste-HilfeAusbilder. Ganz ehrlich gesagt: Gern würde ich nicht auf einem Rettungswagen sitzen; denn das ist schon wirklich eine sehr, sehr schwere Arbeit, genau wie die Feuerwehrleute, die täglich raus müssen.

Wenn man die Leute am Ende noch rausschneiden, behandeln und retten muss, dann ist schon ein sehr harter Job. Deshalb verdienen all diese Retter unseren Dank und unsere Anerkennung.

(Beifall)

Bis Ende 2020 wird es landesweit einen elektronisch geführten interdisziplinären Versorgungsnachweis geben, der die unmittelbare Kommunikation zwischen den Krankenhäusern und den Rettungsdienststellen ermöglicht. Die Umsetzung erfolgt durch Leistungen aller Beteiligten, die ich eben auch aufgezählt habe: die Kostenträger, die Träger des Rettungsdienstes, die Krankenhäuser und das Land.

Landesseitig waren in den Haushalt 2019 dafür Mittel in Höhe von 350 000 € eingestellt gewesen. Dadurch soll für Notfälle eine Verbesserung bei der Ansteuerung von aufnahmebereiten Krankenhäusern erreicht werden, die für den individuellen Notfall entsprechend ausgerüstet sind. Auch das ist ein Aspekt, den man noch mal deutlich machen muss.

Dann gibt es im Land Probleme mit den Hilfsfristen an der einen oder anderen Stelle, unter anderem in der Altmark. In der Altmark haben wir viele Probleme aufgrund der dünn besiedelten Fläche. Und wenn wir genau hinschauen, gibt es auch lange Transportzeiten, zum Beispiel aufgrund von Schließzeiten an Bahnschranken an der Strecke Stendal - Uelzen.