Protocol of the Session on June 23, 2020

Dann ist es doch kein Wunder, dass es zu Engpässen kommt, wenn Beschaffungswege im Pan-

demiefall abgeschnitten werden und kurzfristig kein Nachschub möglich ist.

(Zustimmung)

Es gibt zur Lösung dieses Problems nur zwei Möglichkeiten: Entweder wird der Pandemieplan des Landes Sachsen-Anhalt so angepasst, dass das Land für den Fall einer Pandemie die entsprechende Vorhaltung von persönlicher Schutzausrüstung vornimmt, was ich persönlich bevorzugen würde, oder das Land macht sich gegenüber den Kostenträgern dafür stark, dass die Rettungsdienste diese Vorhaltung vergütet bekommen.

Ansonsten stehen wir im Fall der nächsten Pandemie wieder so da wie im März dieses Jahres. Das möchte ich für die Bürgerinnen und Bürger dieses Landes nicht.

(Beifall)

Da ich in der vergangenen Sitzung des Sozialausschusses vom Ministerium aufgefordert worden bin, konkrete Änderungsvorschläge für die Überarbeitung des Pandemieplans Sachsen

Anhalts zu unterbreiten, sage ich jetzt: Dies war bereits der erste, und wir arbeiten an weiteren Vorschlägen. Das kann ich Ihnen bereits zusichern.

Zum Schluss meiner Ausführungen möchte ich bemerken, dass es auch im Bereich der Rettungsdienste in Sachsen-Anhalt viel Positives gibt, aber auch einige Defizite, die es abzustellen gilt. Dafür habe ich Ihnen heute, denke ich, genügend Anregungen gegeben.

Persönlich kann ich nur noch einmal bekräftigen, dass ich enttäuscht darüber bin, dass die Landesregierung das wichtige Thema Rettungsdienst nicht so ernst nimmt, wie es die auf diesem Gebiet arbeitenden Menschen verdient hätten.

(Zustimmung)

Falls es bei meinen Nachrednern ähnliche Einschätzungen gibt, sollten sich diese künftig durchaus im Agieren der Landesregierung widerspiegeln. Worten müssen Taten folgen. Ich erwarte auch von der Landesregierung einen professionelleren Umgang mit Großen Anfragen aus dem Landtag. Selbstreflexion tut manchmal gut. - Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Starker Beifall)

Da ich keine Fragen und Interventionen sehe, können wir nach dem Desinfizieren des Rednerpults in der Debatte fortfahren. Dann spricht für die Landesregierung der Innenminister Herr Stahlknecht. Sie haben das Wort. Bitte sehr.

Vielen Dank, Herr Präsident. - Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Schwerpunkte der Großen Anfrage liegen in der Beschreibung der Struktur, der Ausstattung, der Personalsituation, der Aus- und Weiterbildung und eben auch der Einsatzsituation der Rettungsdienste.

Die Aufgabenerledigung im Bereich Rettungsdienst erfolgt durch die Landkreise und kreisfreien Städte gemäß dem Rettungsdienstgesetz unseres Bundeslandes. Dabei erfüllen die Landkreise und kreisfreien Städte ihre Aufgaben im eigenen Wirkungskreis.

Der Rettungsdienst ist Bestandteil der Daseinsvorsorge, eine öffentliche Aufgabe der Gesundheitsvorsorge und der Gefahrenabwehr und wirkt, wenn es so ist, auch im Katastrophenschutz mit.

Er beinhaltet die Versorgung der Bevölkerung mit Leistungen der Notfallrettung und der qualifizierten Patientenbeförderung. Die Träger des Rettungsdienstes haben eine flächendeckende und bedarfsgerechte medizinische Versorgung der Bevölkerung mit Leistungen des bodengebundenen Rettungsdienstes einschließlich des Wasser- und Bergrettungsdienstes sicherzustellen. Sie werden durch Mittel des Luftrettungsdienstes unterstützt.

Hierbei sind wir überwiegend auf die Antworten der Kommunen und Landkreise hinsichtlich der gestellten Fragen angewiesen, weil es sich eben um eine Aufgabe des eigenen Wirkungskreises handelt.

Ich kann jedenfalls nur feststellen, dass der Rettungsdienst in Sachsen-Anhalt gut aufgestellt ist, obwohl wir - Sie haben es vorgetragen, Frau Bahlmann -, aufgrund des demografischen Wandels steigende Einsatzzahlen zu verzeichnen haben.

Die Landkreise reagieren aber auf die Situation. Es werden neue Rettungswachen gebaut, beispielsweise im Harz, um die bessere Erreichbarkeit zu garantieren. Insgesamt ist der Rettungsdienst gut aufgestellt. Das soll es von meiner Seite sein. Der Rest ergibt sich aus unserer Antwort. - Herzlichen Dank.

(Zustimmung - Hendrik Lange, DIE LINKE: Eine Arroganz, die ist nicht zu fassen! - Wi- derspruch - Hendrik Lange, DIE LINKE: Wirklich wahr! - Zuruf: He!)

Das ist ein Zwischenruf, aber ich sehe keine Anfrage. Oder habe ich Sie falsch verstanden, Herr Lange?

(Hendrik Lange, DIE LINKE: Nein, es war ein Zwischenruf!)

- Gut. Dann habe ich Sie richtig verstanden.

(Zuruf von Hendrik Lange, DIE LINKE)

Herr Lieschke, ist das eine Frage? - Das ist eine Frage. - Herr Minister, dann würde ich Sie bitten, noch einmal nach vorn zu kommen, weil Herr Lieschke eine Frage hat. Die kann er jetzt stellen. Frau Bahlmann hat offensichtlich auch eine Frage. - Herr Lieschke, Sie haben das Wort.

Verehrter Herr Stahlknecht, Sie sagten gerade, die Rettungsdienste seien in den Kreisen gut aufgestellt. Ich habe mir die aktuellen Zahlen von Ende 2019 bis Mai 2020 besorgt. Im Landkreis Wittenberg kommen nur 80 % der Rettungsdienstwagen innerhalb der Hilfsfrist an. Das heißt, es gibt eine regelmäßige Überschreitung bei 20 %, und zwar von durchschnittlich vier Minuten. Bezeichnen Sie das wirklich als gut aufgestellt oder muss man nicht doch ein bisschen nachbessern oder nachsteuern?

Es wird ja nachgebessert. Wir haben auch den Dialog mit dem Kollegen Erben diesbezüglich gehabt. Wir haben auch im Harz Situationen gehabt. Man kann es ja abbilden.

Das Entscheidende ist, Sie müssen das Netz enger ziehen und mehr Rettungswachen bauen. Es ist dann aber eben auch Aufgabe der Träger des Rettungsdienstes, dies zu tun. Wir flankieren und beobachten es. Am Ende ist es aber Aufgabe der Landkreise, weil es der eigene Wirkungskreis ist. Natürlich haben Sie damit recht. Das bestreitet auch keiner.

Frau Bahlmann, bitte.

Vielen Dank, Herr Innenminister. Ich habe in meiner Rede, wie ich finde, zu Recht den Umgang mit dieser Großen Anfrage kritisiert und natürlich auch anderweitig kritisiert. Jetzt meine Frage: Wie gehen Sie mit dieser Kritik um und warum gab es keinen Antrag zur Fristverlängerung bei uns als einreichender Fraktion?

Ich habe Ihnen zugehört. Wir haben die Große Anfrage in der vorgegebenen Frist beantwortet. Da es nichts Neues ist, dass wir auf Antworten der Kommunen angewiesen sind - Sie haben ja Übung in solchen Dingen; wir hatten auch einmal

eine Anfrage zum Landessportbund; sie müssen nicht antworten; sie können antworten -, haben wir die Große Anfrage fristgerecht beantwortet.

Dann kommen wir nunmehr zur Debatte der Fraktionen. Für die SPD-Fraktion spricht nach der Desinfektion des Rednerpults der Kollege Erben. Herr Erben, Sie haben das Wort. Bitte sehr.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Zunächst: Auch ich war über den Umfang und über die Detailschärfe der Antworten etwas überrascht. Aber, Frau Bahlmann, das will ich Ihnen auch entgegnen, ich war vorher schon über die Fragen überrascht; denn manchmal bestimmt auch die Qualität der Fragen die Qualität der Antworten.

Die Fragen hat bekannterweise nicht die Landesregierung gestellt, sondern die haben Sie gestellt. Es waren Fragen dabei, bei denen mir, als ich sie gesehen habe, nicht klar, wie die Landesregierung selbige beantworten will, weil sie teilweise sehr offen gestaltet waren, teilweise aber auch klar war, dass sie nur unter Beteiligung Dritter, die zu einer Zuarbeit gegenüber der Landesregierung bekannterweise nicht verpflichtet sind, überhaupt beantwortet werden können. Daher hat die Qualität der Antworten, glaube ich, zumindest in bestimmtem Maße etwas damit zu tun, wie die Qualität der Fragen war.

Ich will nur einen Punkt herausgreifen, der, wie glaube ich, das entscheidende Qualitätsmerkmal in unserem Rettungsdienst ist und wobei wir uns noch deutlich verbessern müssen: Das ist die Hilfsfrist.

Die Hilfsfrist ist nicht irgendeine statistische Zahl, sondern sie kann am Ende über Leben und Tod entscheiden. Nicht umsonst haben wir eine verhältnismäßig kurze Hilfsfrist; andere Flächenländer haben eine längere. Dafür hat sich der Landesgesetzgeber ganz bewusst entschieden. Wir haben auch eine höhere Prozentquote als andere Bundesländer, beispielsweise Brandenburg.

Wenn etwas Gesetz ist, dann muss es auch eingehalten werden. Das tun die Landkreise in diesem Land unterschiedlich gut - so will ich es sehr höflich formulieren.

Es gibt objektive Probleme, wie Fläche, Bevölkerungsdichte etc., und es gibt Dinge, die man nicht ohne Weiteres erklären kann. Wenn die Landeshauptstadt beständig eine RTW-Hilfsfristerfüllung von 90 % plus x hat und die Stadt Halle bei 75 % herumkrepelt, dann muss man nach Ursache forschen. Wenn der Altmarkkreis Salzwedel seit

vielen Jahren eine deutlich bessere Hilfsfristerfüllung hat als der benachbarte Landkreis Stendal, dann muss man nach Ursache suchen.

Sie haben vorhin in Ihrem Verweis auf Frage 61 beschrieben, dass es an der Zahl der Rettungswachen liege. Ich weiß nicht, wieso Sie aus der Antwort auf Frage 61 diesen Schluss ziehen; denn die Frage 61 beantwortet lediglich die prozentuale Hilfsfristerfüllung in den einzelnen Landkreisen. Darin steckt nicht nur die Frage der Rettungswachen.

Ich glaube nicht, dass die schlechte Hilfsfristerfüllung in Halle vor allem eine Frage der Zahl der Rettungswachen ist, sondern es ist vor allem eine Frage der Zahl der vorgehaltenen Rettungsmittel. Denn man muss auch einmal gucken, woher es kommt, dass die Hilfsfrist nicht erfüllt wird.

Das kommt nicht immer nur daher, dass der Weg von der Rettungswache zum Patienten zu lang war, sodass man es gar nicht schaffen kann, sondern das kommt häufig dadurch, dass ein Rettungsmittel gebunden ist und es im Bereich der Rettungswache zu einem zweiten, dritten oder vierten Einsatz kommt. Wenn das Rettungsmittel gebunden ist und es ist kein zweites da, dann kommt das Rettungsmittel eben aus einer entfernten Rettungswache, dann kommt es natürlich zu einer Verletzung der Hilfsfrist; teilweise stehen dann 45 Minuten im Raum.

Deswegen ist der Schlüssel zur Lösung eben nicht nur, wir bauen überall neue Rettungswachen und damit erfüllen wir schon die Hilfsfrist, sondern es geht auch um die Zahl der Rettungsmittel und um das Personal auf den Rettungsmitteln.

Man kann das sehr deutlich sehen in den Landkreisen, in denen in den letzten Jahren nicht nur Rettungswachen neu gebaut worden sind, sondern vor allem auch die Zahl der Rettungsmittel, sowohl was deren zeitliche Besetzung als auch deren absolut Zahl betrifft, deutlich nach oben gegangen ist. Das ist auch der Grund dafür - das sage ich nicht ohne Stolz -, dass sich der Burgenlandkreis in den vergangenen Jahren so deutlich nach vorne gerobbt hat. - Herzlichen Dank.

(Beifall)

Ich sehe keine Fragen. Deswegen können wir in der Debatte der Fraktionen fortfahren. Für die AfD-Fraktion spricht, nachdem der Tisch desinfiziert worden ist, der Kollege Herr Siegmund. Herr Siegmund, Sie haben das Wort.

Herzlichen Dank, Herr Präsident. - Liebe Kollegen! Wir sprechen heute über das Thema Ret

tungsdienst. Zu dem Thema haben wir als AfDFraktion schon mehrere Initiativen in den vergangenen Jahren eingebracht. Wir wissen, das Thema wird uns auch weiterhin begleiten; denn Sachsen-Anhalt ist ein Flächenland. Die Große Anfrage, die uns heute vorliegt, offenbart die Schwachstellen, auf die wir seit einigen Jahren hingewiesen haben.