Protocol of the Session on June 12, 2020

Ich finde es erstens ganz toll, dass Sie Ihrem Kollegen Robra gratulieren und dass Sie zweitens davon ausgehen, dass Sie in der Landesregierung immer noch über den Bereich des Grundeinkommens, was Sie Unternehmerlohn nennen, diskutieren. Mich interessiert Ihre Prognose zu der Ergebnisorientiertheit und dem Abschluss dieser Debatte.

Außerdem will ich kurz auf etwas hinweisen. Natürlich können wir die Kommunen nicht zwingen, die Gebühren zu erlassen, aber wir können sie mit Geld zwingen. Das geht schon, nämlich indem wir ihnen sagen: Wenn ihr den Gastronomen das Geld erlasst, dann bekommt ihr es vom Land ersetzt.

Dann, Herr Willingmann, möchte ich einmal die Kommune sehen, die sich vor ihre Gastronomen, die es nun wirklich schwer genug haben, stellt und sagt: Wir sind zu faul, diese Gebühren für euch auszusetzen und uns das Geld vom Land zu holen. - Das glaube ich ganz ausdrücklich nicht. Wenn wir den Kommunen diese Chance geben, dann werden sie sie auch nutzen. Ich glaube, das wäre gut angelegtes Geld.

(Zustimmung)

Herr Minister, Sie haben noch einmal das Wort.

Herr Gallert, über diesen Punkt kann man durchaus diskutieren. Ich will mich doch gar nicht dagegen verwahren. Ich muss an dieser Stelle nur um Respekt bitten. Das ist ein Thema, das vor allen Dingen in den Innen- und in den Finanzausschuss gehört. Ich habe versucht, den wirtschaftspolitischen Aspekt zu bringen.

Deshalb noch zu Ihrer kritischen Frage zum Unternehmerlohn. Gestern hat das Bundeskabinett bzw. haben Bundeswirtschaftsminister Altmaier und Bundesfinanzminister Scholz die engeren Bedingungen der Überbrückungshilfe verbindlich mitgeteilt. Das heißt, wir wissen jetzt seit etwa 24 Stunden, wie das genau aussehen wird. Offiziell übersandt wurde, glaube ich, noch nichts, weil man sich das für eine eigene Medienarbeit vorbehalten will.

Ich will damit sagen: Wir haben die ganze Zeit die Politik verfolgt, als Land additive Programme anzubieten. Wir wollen keine Bundesförderung substituieren, sondern wir wollen dort ergänzen, wo der Bund nicht einspringt, wo er nichts macht.

Wir wissen jetzt endgültig, dass er beim Unternehmerlohn nicht handeln will. Wir wussten lange Zeit nicht, ob er vielleicht einzelne Leistungen für anrechenbar erklärt, die man nicht dem Unternehmerlohn zuordnet, die aber bislang auch ausgeschlossen sind, beispielsweise bei Soloselbstständigen die persönliche Krankenversicherung oder Ähnliches. Das wäre durchaus entlastend. Auch in diesem Punkt ist der Bund bislang nicht mitgegangen. Das ist ärgerlich.

Meine Vorstellung - diese Diskussion dürfen wir durchaus in der Landesregierung führen - ist Folgende: Es gibt einen Bereich, der nicht grundsicherungsfähig ist und der bei der Soforthilfe, also bei der Unterstützung, die für Soloselbstständige gewährt wird, auch durchfällt, weil die Betreffenden auf der einen Seite zu wenig Positionen bei der Soforthilfe geltend machen können und auf der anderen Seite bei der Grundsicherung aufgrund unterschiedlicher Tatbestände nicht berücksichtigt werden können.

Es sind zwei Tatbestände, die uns sofort ins Auge springen. Der eine ist die Bedarfsgemeinschaft und der zweite ist das Vorhandensein eines Sparvermögen von mehr als 60 000 €.

Wir wissen, dass dieses Sparvermögen bei vielen Selbstständigen eine unerlässliche Rücklage für die Alterssicherung ist. Wird es im Zusammenhang mit der Coronakrise herangezogen und schließt die Grundsicherung aus, so sollte man an dieser Stelle wenigstens über ein Modell der Überbrückungs- oder wenigstens der Soforthilfe im Land diskutieren.

Wir legen dazu ein Modell vor. Ich glaube, das ist auch finanzierbar. Es wird gewisse Parallelen zum Robra’schen Modell aufweisen, also zu dem Modell, das es für Kulturschaffende geben soll. Ich glaube, dass wir uns das leisten können.

Aber, wie gesagt, diese Diskussion ist noch nicht abgeschlossen. Wir werden sie hier noch weiter führen. Sie muss dann aber alsbald beendet werden. Da haben Sie schon recht.

Ich sehe keine weiteren Fragen. Dann danke ich dem Herrn Minister für die Stellungnahme der Landesregierung. In der Debatte sind drei Minuten Redezeit je Fraktion vorgesehen. Für die CDUFraktion spricht der Abg. Herr Zimmer. - Herr Zimmer, Sie haben das Wort.

Vielen Dank, Herr Präsident. - Meine sehr geehrten Damen und Herren! Sehr geehrte Frau Kollegin Buchheim, es ist durchaus löblich, dass Sie diesen Antrag eingebracht haben. Ich kann vieles von dem, was Sie gesagt haben, mittragen und freue mich auch auf eine spätere Befassung.

Ich will aber nicht verhehlen, dass der Antrag an sich ein Stückchen weiße Salbe ist. Denn er hilft den genannten Branchen kaum. Er greift einfach zu kurz.

Ich verstehe Ihren Antrag. Ich verstehe ihn aber auch als Aufruf an die Kommunen, auf diese Sondernutzungsgebühren zu verzichten. Damit würden die Kommunen einen solidarischen Beitrag leisten, Gastronomie und Handel vor Ort zu unterstützen.

Wir müssen aufpassen, dass wir Maßnahmen finanzieren, die grundsätzlich und nachhaltig zur Liquiditätsverbesserung der Unternehmen beitragen. Die Coronapandemie stellt den gesamten Tourismus, also Gaststätten, Reisebüros, Busunternehmen, das Beherbergungsgewerbe und tourismusnahe Dienstleistungen vor enorme Herausforderungen. Es ist eigentlich fast die einzige Branche, die vollständig zum Erliegen gekommen ist.

Auch jetzt, nachdem es wieder losgehen kann, ist die Lage problematisch. Die Unsicherheit der Unternehmen und der Gäste ist groß. Trotz der Erleichterungen in der Pandemiebekämpfung bleiben viele Kunden und Gäste aus verschiedenen Gründen aus.

Das ist bitter; denn Sachsen-Anhalt hat seine touristische Entwicklung bisher jährlich verbessern können. Wenn wir die aktuellen Zahlen der Statistik vom April nehmen, haben wir ein Minus von 90 % bei den Ankünften und den Übernachtungen zu verzeichnen.

Es ist also ein herber Rückschlag für die vielen Unternehmen, vor allem für Kleinstunternehmen und Familienunternehmen, die sich häufig in strukturschwachen Regionen unseres Landes eine Existenz aufgebaut haben. Ich habe an anderer Stelle schon deutlich gemacht, dass vielen von ihnen das Wasser sprichwörtlich bis zum Hals steht.

Ich darf an dieser Stelle der Bundesregierung, aber vor allem auch unserer Landesregierung danken, dass sie umfangreiche Nothilfeprogramme aufgelegt haben. Die Bundesregierung wird ein weiteres starten - wir haben es gehört -, das Hilfen bis zum Jahresende vorsieht. Das soll dann auch den von mir genannten Unternehmen besonders zugutekommen.

Dennoch habe ich die Bitte an unsere Landesregierung, dass sie prüft, wie sie dem Tourismus in all seinen Facetten zusätzlich unter die Arme greifen kann. Denn ich glaube nicht, dass wir schnell wieder zu einer Normalität in der gesamten Branche kommen werden.

Mir hat vor wenigen Tagen ein Gastronom gesagt: Ich brauche zwei Jahre harter Arbeit, um meinen Gastronomiebetrieb wieder in die Position zu führen, in der er vor Corona war; ich habe noch einen Pachtvertrag von vier Jahren und ich frage mich jetzt wirklich, ob es sinnvoll ist, überhaupt wieder aufzumachen. - Wir müssen dann sagen: Selbstverständlich ist es sinnvoll, wieder aufzumachen.

Die Redezeit ist abgelaufen. Hier blinkt es schon in roter Farbe. - Lassen Sie uns in den Ausschüssen, meine Damen und Herren, weiter darüber debattieren und diskutieren, was die richtigen Maßnahmen sind, also über Steuererleichterungen - ich nenne nur das Stichwort Wochenarbeitszeit -, über Entbürokratisierung sowie über Statistik- und Dokumentationsvorschriften, die abgebaut werden müssen.

Herr Zimmer, kommen Sie bitte zum Ende.

All diese Dinge müssten dann ein fester Bestandteil zukünftiger Hilfspakete sein.

Ich bitte um eine Überweisung des Antrags in den Ausschuss für Wirtschaft, Wissenschaft und Digitalisierung zur federführenden Beratung und zur Mitberatung in die Ausschüsse für Finanzen, für Inneres und Sport sowie für Landesentwicklung und Verkehr. - Herzlichen Dank.

(Zustimmung)

Einen Moment, Herr Zimmer, Herr Gallert hat sich zu Wort gemeldet. Er hat eine Frage. - Herr Gallert, Sie dürften Ihre Frage stellen.

Damit können Sie zumindest auf diese eine Frage noch einmal eingehen. Mir geht es um Folgendes: Sie sagen, das ist zu kurz gesprungen und bringt jetzt nicht viel. Das habe ich Ihrem Beitrag entnommen.

Ich möchte Ihnen ganz klar sagen, dass der Präsident der DEHOGA das völlig anders sieht. Er begrüßt diesen Antrag ausdrücklich und findet ihn sehr zielführend, um die Dinge wieder in den Griff zu bekommen.

Sie haben an die Kommunen appelliert, sie sollten das machen, obwohl Sie vorher gesagt haben, es

springt eigentlich zu kurz. Das haben Sie so gesagt. Aber das Problem besteht doch darin, dass ein hoher Anteil der Kommunen bei uns im Land in Konsolidierung ist. Die können das nicht machen.

Das bedeutet, dass eine reiche Kommune den Gastronomen diese Anschubfinanzierung geben kann und andere Kommunen, die in der Konsolidierung sind, diese Chance nicht haben. Das ist das Problem, vor dem wir stehen.

Das Problem möchten wir beheben und möchten es allen Kommunen ermöglichen. Deswegen, glaube ich, ist es weder zu kurz gesprungen noch dürfen wir es uns leisten, das lange liegen zu lassen; denn ansonsten ergibt es keinen Sinn mehr, es zu machen.

(Zustimmung)

Herr Zimmer, Sie können antworten.

Dann antworte ich mit den Worten meines Fraktionsvorsitzenden: Wir reden im Ausschuss darüber.

Für die AfD-Fraktion spricht jetzt der Abg. Herr Raue. Herr Raue, Sie haben das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident! Werte Damen und Herren! Der Titel des Antrages lautet „Gastronomiebetriebe und Marktgewerbetreibende unterstützen - Sondernutzungsgebühren abschaffen“ - dazu zwei Beispiele aus der Stadt Halle im Sinne der Antragsüberschrift.

Erstens hieß es: Der Stadtrat beschließt, für den Zeitraum vom 1. März 2020 bis zum 30. Oktober 2020 von Gaststätten keine Sondernutzungsgebühren für die Nutzung öffentlicher Flächen zu erheben. Bereits gezahlte Gebühren werden den Betreibern erstattet. - Dieser Antrag ist am Mittwoch in Halle von der Stadtratsfraktion DIE LINKE abgelehnt worden.

Zweitens hieß es: Sämtlichen Einzelhändlern und Gastronomen wird das Aufstellen eines sogenannten Kundenstoppers oder eines ähnlichen Werbemittels kostenfrei und genehmigungsfrei bis zum 31. Dezember 2020 ohne Antragstellung gestattet. - Dieser Antrag konnte infolge eines Boykotts der Stadtratsfraktion DIE LINKE am 29. April 2020 nicht als dringlich im Stadtrat behandelt werden und wurde am Mittwoch ebenfalls von der Stadtratsfraktion DIE LINKE in der Stadt Halle abgelehnt.

Laut dem vorliegenden Antrag sollen aber für genau solche Vorhaben Finanzmittel für die Kommunen bereitgestellt werden.

(Zuruf)

- Genau. - Die Entscheidung über die Verwendung dieser Mittel fällt damit in die Zuständigkeit der Städte und Gemeinden. Es stellt sich die Frage, warum Sie vor Ort in den Städten, wo Sie direkt zuständig sind, Frau Buchheim, wiederholt solche Anträge, die die Entlastung von Einzelhändlern und Gastronomen zum Inhalt haben, boykottieren.

Was nützt also hier im Landtag medienwirksam eingefordertes Geld, wenn Sie in den Städten nicht bereit sind, dieses als Entlastung an die schwer betroffenen Unternehmen weiterzugeben?

Ich finde es bemerkenswert, dass der LINKEN ideologische Überlegungen wichtiger sind als der Wille, Entlastungen aktiv und kurzfristig zu beschließen. Offensichtlich sind Ihnen die Schwierigkeiten unserer Kleinunternehmen doch nicht so wichtig.

Üblicherweise sehen Sie Unternehmen nur als eine Steuerquelle, die es anzuzapfen gilt. Hier im Landtag ist allerdings zu erwarten, dass die Koalitionsfraktionen Ihren Antrag ablehnen und am Ende gar kein Geld bewilligt wird.

Als AfD ist es uns aber wichtig, unseren Händlern und Gastronomen den Neustart so einfach wie möglich zu machen. Hierbei ist der Verzicht auf die Erhebung kommunaler Sondernutzungsgebühren für öffentliche Straßen und Plätze von der Gastronomie und dem Einzelhandel bis zum 31. Dezember dieses Jahres ein Baustein, den wir unbürokratisch umsetzen wollen.