Protocol of the Session on June 12, 2020

(Zurufe - Unruhe)

Mehr gibt es dazu nicht zu sagen. - Auf Wiedersehen!

(Starker Beifall - Zurufe - Unruhe)

Herr Büttner, ich frage mich gerade, was Sie hier vorn machen.

(Matthias Büttner, AfD: Ich wollte Ihnen das hier geben.)

- Ja, aber dann brauchen Sie hier keine Choreografie als Dirigent zu machen, verstehen Sie das jetzt nicht falsch.

(Zuruf: Da tanzt er!)

Legen Sie die Blätter hierher und setzen Sie sich hin.

(Heiterkeit - Zuruf: Das ist hier keine Klas- senfahrt! - Unglaublich! - Weitere Zurufe - Unruhe)

- Wir versuchen jetzt einmal, die Nerven wieder zu beruhigen und Ruhe einkehren zu lassen. Ich möchte noch einmal darauf hinweisen, dass wir uns auf ein Vorgehen verständigt haben, wenn in solchen Debatten Begrifflichkeiten fallen, die definitiv den Tatbestand von persönlichen Beleidigungen oder Ähnlichem erfüllen. Das wird für uns hier vorn nicht immer ganz einfach sein. Manchmal ist es akustisch nicht zu verstehen, gerade in seiner solchen Situation.

Wir schauen uns dann entsprechend die Protokolle an. Es gibt nach der Änderung der Geschäftsordnung mittlerweile explizit die Möglichkeit, sich nachträglich mit diesen Dingen auseinanderzusetzen. Ich hatte eben die Vermutung, dass Begriffe gefallen sind, die nicht gehen. Aber ich kann es nicht so genau differenzieren.

Wir fahren jetzt in der Debatte fort. Für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN hat der Abg. Herr Striegel das Wort. Sie haben das Wort.

(Unruhe)

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Nazis horten Schusswaffen und Munition, sie treffen Vorbereitungen und trainieren für einen von ihnen herbeigesehnten sogenannten Rassenkrieg. Ans Licht kommt das nicht durch Erkenntnisse von Polizei und Sicherheitsbehörden, sondern durch tiefe journalistische und antifaschistische Recherche.

(Zurufe)

Dieses Nach-den-Rechten-Sehen ist Arbeit zum Schutz der Demokratie. Den Journalistinnen und Journalisten, den Recherchierenden gebührt

unser Dank.

(Beifall)

Drei der enttarnten Personen waren zum Teil jahrelang Mitarbeiter der AfD-Fraktion in diesem Hohen Hause. Man sollte zutiefst schockiert darüber sein, dass eine Fraktion, die Bestandteil des Verfassungsorgans Landtags ist, Teil militanter Neonazi- und rassistischer Burschenschaftsnetzwerke ist.

(Zuruf)

Aber, meine Damen und Herren, ein Schock setzt so etwas wie Überraschung voraus. Diese ist in diesem Fall im Grunde genommen nur noch möglich, wenn man über Jahre nicht hinsehen wollte. Die tiefe personelle und programmatische Verflechtung der AfD mit rechtsextremen Kreisen jeglicher Couleur ist bekannt. Die AfD vertritt rassistische Positionen. Sie ist Seit‘ an Seit‘ mit rechtsextremen Akteuren wie der sogenannten Identitäten Bewegung unterwegs. Ihr Geschäft ist die Spaltung der Gesellschaft, die sie nicht nur mit Worten betreibt, sondern auf deren Zusammenbruch sich Teile der Partei auch durch eigene geistige und tatsächliche Zurüstung vorbereiten.

(Zurufe)

Die nun ans Licht gekommenen Fakten sind Teil eines sich immer weiter verdichtenden stimmigen Gesamtbildes. Die AfD und ihre Fraktionen sind der parlamentarische Arm des Rechtsextremismus in der Bundesrepublik Deutschland.

(Zurufe)

Der vermeintlich aufgelöste Flügel bestimmt ihren inneren Kompass; daran ändert auch kein taktischer Rausschmiss eines ehemaligen HDJ-Mitglieds etwas. Die Partei eines Björn Höcke alias Landolf Ladig bleibt eine Partei rechter Verfassungsfeinde.

Die aus den vorliegenden Chatprotokollen stammende Beschreibung der Stimmung in der Fraktion - das ist bereits zitiert worden - als ausgelassen hitleristisch passt dabei nur zu gut ins Bild.

Die Einschätzung ihrer eigenen Mitarbeiter hinsichtlich offensichtlicher Mängel an Kompetenz und Arbeitsmoral der AfD-Abgeordneten kann und will ich an dieser Stelle nicht wiederholen; sie spricht für sich.

Dass Nazis Nazidinge tun, kann nicht überraschen.

(Zuruf)

Es gilt, sie daran zu hindern, weiterzumachen, und zwar mit allen Mitteln des Rechtsstaates und durch konsequentes antifaschistisches Handeln in der Gesellschaft.

Wenn immer wieder auch Bundeswehrsoldaten in den Fokus geraten, wenn rechte Preppernetzwerke ausgehoben werden, wenn Bundeswehrangehörige in Terrorplanungen verwickelt sein sollen oder sich bei ihnen illegale Waffen und Munitionslager finden, dann besorgt mich das zutiefst. Der Fall Franco A., die weit gespannten Aktivitäten der Nordkreuzgruppen, die rechtsextremen Vorfälle und Verdachtsmomente beim Kommando Spezialkräfte und nun die Erkenntnisse zu Reservisten, die sie sich bewaffnen und sich auf einen erfundenen Rassenkrieg vorbereiten wollen - all diese Sachverhalte zeigen, dass es eben nicht um Einzelfälle geht. In der Truppe gibt es ein manifestes Problem mit Rechtsextremismus, und es ist gut, dass die Bundeswehrführung darauf nicht mit Abwiegeln, sondern mit deutlichen Worten und konkreten Maßnahmen reagiert.

Es ist in der Tat von - ich zitiere - alarmierender Qualität, wie der für das KSK zuständige Brigadegeneral Markus Kreitmayr es nennt, wenn ein Bundeswehrsoldat illegal ein Kalaschnikow

Sturmgewehr, 2 kg Nitropenta-Sprengstoff, zehn Shock-Tube-Sprengzünder sowie weitere Waffen, Munition und Zubehör in einem Erdversteck hortet.

Rechtsextreme müssen aus der Bundeswehr entfernt werden. Ihnen muss - das ist im aktuellen Fall mit Bezug auf Sachsen-Anhalt von Wichtigkeit - auch der Zugriff auf staatliche Ressourcen im Krisenfall verwehrt werden. Verfassungsfeinde dürfen in Stäben des Katastrophenschutzes keinen Platz haben.

Dass im Vorfeld der journalistischen Veröffentlichung zum rechtsextremen Preppernetzwerk keine nachrichtendienstlichen Erkenntnisse über handelnde Personen und ihre Absichten vorlagen, zeigt, dass die Dienste ihre Arbeit noch besser aufeinander abstimmen müssen, damit rechtsextreme Aktivitäten bei Staatsdienern nicht unter dem Radar bleiben. Dass Reservistinnen und Reservisten der Bundeswehr ausreichend auf ihre Verfassungstreue hin im Blick sind, kann ich derzeit noch nicht erkennen. Hierbei sind Nachbesserungen nötig, besonders hinsichtlich klarer Zu

ständigkeiten zwischen MAD auf der einen und Verfassungsschutz auf der anderen Seite.

Der bisherige Wechsel, dass diese Personengruppe während des Einsatzes in den Zuständigkeitsbereich des Militärischen Abschirmdienstes, ansonsten aber in den Zuständigkeitsbereich des Verfassungsschutzes fallen, kann so nicht bestehen bleiben. Gewaltbereite und rechtsextreme Reservisten der Bundeswehr dürfen nicht unter dem Radar hindurchrutschen. Diese Personen sind militärisch geschult und somit besonders gefährlich.

Aber natürlich dürfen wir den Blick in diesem Zusammenhang nicht nur auf die militärischen Strukturen verengen. Eine betreffende Person war als Abgesandter der Bundeswehr Teil des Pandemiestabes des Burgenlandkreises. Ein anderer war bis gestern stellvertretender Landesvorsitzender des Arbeitersamariterbundes. Die durch das rechtsextreme Netzwerk berührten Institutionen und Organisationen müssen konsequente Maßnahmen ergreifen, um handelnden Personen den Zugriff auf sensible und in Krisen relevante Ressourcen zu entziehen. Rechtsextreme dürfen in Bundeswehr, Katastrophenstäben, bei Organisationen des Katastrophenschutzes und in Parteien keinen Platz haben. Die Demokratie muss in den Institutionen verteidigt werden.

Ich hoffe daher sehr, dass all diejenigen, die sich mit Gedankenspielen einer Kooperation mit den Nationalradikalen der AfD in diesem Parlament tragen, jetzt noch einmal in sich gehen. Jede Zusammenarbeit mit der AfD macht den Kreis von Menschen politisch salonfähig, über die wir heute reden.

(Zuruf)

Jede Zusammenarbeit sägt an dem demokratischen Ast, auf dem wir alle miteinander sitzen. Ich begrüße es daher sehr, dass der CDU-Landesvorstand im Fall Kai Mehliß schnell und klar einen Parteiausschluss auf den Weg gebracht hat. Dass der Mann gestern die CDU verlassen hat, ist gut. Das Vorgehen der Landes-CDU ist ein deutlicher Unterschied auch zu ihrem früheren Umgang mit Rechtsextremen. Denn bei allen Meinungsverschiedenheiten in der Sache muss der Konsens der Demokratinnen und Demokraten in diesem Punkt unverrückbar sein.

(Zuruf)

Man paktiert nicht mit den Feinden der Demokratie, die diese zum Teil mit Waffengewalt beseitigen wollen.

(Zuruf)

Hierbei sind tatsächlich alle gefordert. Auch das Land ist im Fall Kai Mehliß abschließend noch einmal gefordert; denn der Mann ist jedenfalls

nach meiner Kenntnis bisher als Berufsschullehrer tätig. Ich bin fest davon überzeugt, dass es für einen Berufsschullehrer in diesem Land nicht angemessen sein kann, mit entsprechenden Grüßen aufzufallen.

Rechtsextreme versuchen, Krisen für sich zu nutzen. Es braucht unsere Aufmerksamkeit als Demokratinnen und Demokraten, dass ihnen das nicht gelingt. Dafür braucht es engagierte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter bei den Sicherheitsbehörden und eine aktive Zivilgesellschaft, die Neonazis immer wieder entgegentritt. - Vielen herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Zustimmung)

Herr Striegel, es gibt mehrere Fragen. - Zunächst kann Herr Farle die Möglichkeit einer Intervention wahrnehmen. Herr Farle, Sie denken an die zwei Minuten?

(Robert Farle, AfD: Ich bitte Sie aber trotz- dem, mich zu unterbrechen! Sagen wir mal bei zwei Minuten und 50 Sekunden! - Hei- terkeit - Zuruf: Uhr läuft!)

- Netter Versuch. Für jeden weiteren minus zehn Sekunden. Sie haben das Wort.