Protocol of the Session on June 11, 2020

(Beifall)

Ich will an dieser Stelle noch einmal das anführen - da weiche ich von meinem Manuskript ab; es gilt ja das gesprochene Wort -, was ich vorhin auch bei der Befragung gespürt habe: Ja, es gibt auch Dinge, die nicht geklappt haben. Es ist doch ein hoher Vorzug unserer Polizei, dass sie bei Veranstaltungen unter Wahrung der Verhältnismäßigkeit nicht mit brachialer Gewalt, sondern mit Sensibilität und Überzeugungsarbeit versucht, den Gesundheitsschutz und das Recht auf Demonstrationsfreiheit in Übereinstimmung zu bringen, damit es eben nicht zu Auseinandersetzungen, Schlägereien, Verletzungen, Gefährdungen oder gegebenenfalls sogar zu Plünderungen kommt, wie wir das an anderen Orten dieser Welt sehen. Deswegen stehen wir auch zu unserer Polizei.

(Beifall)

Das sollten wir uns überhaupt nicht schlechtreden lassen, sondern wir sollten stolz darauf sein, dass wir das wirklich hinbekommen haben.

Ich möchte abschließend noch einiges zu den Haushaltsthemen sagen. Wir könnten jetzt noch eine ganze Reihe von Sektoren benennen - da ist der Wirtschaftsminister dran, aber auch andere Gremien -, bei denen wir mit den Kammern usw. versuchen, besondere Hilfs- und Unterstützungswege zu finden. Auch das Wieder-in-Gang-setzen der wirtschaftlichen Kreisläufe spielt dabei eine Rolle; das ist klar.

Ich bin mir sicher: Wir können das konsequent durchführen, wenn wir die Mittel vom Bund und auch die Strukturmittel dafür zur Verfügung gestellt bekommen. Ich hoffe, dass die entsprechenden Gesetzentwürfe noch vor der Sommerpause abgewickelt werden. Morgen haben wir noch einmal eine Telefonschalte. Ich glaube, dann sind wir auch politisch damit durch.

Dann können wir dem Land Sachsen-Anhalt die Chance eröffnen, aus dieser kritischen Phase herauszukommen und in der Coronanachphase in eine Entwicklungs- und Wachstumsphase und in eine Phase mit einer besseren Zukunft zu kommen, die pandemiefest ist, die Wertschöpfungsketten aufweist, die an bestimmten Stellen autark sind, die auch hilft, eine neue Pandemie zu überstehen, und die uns vor allen Dingen in die Lage

versetzt, mit unseren Modellen auch woanders aufzuwarten und demzufolge auch neue Märkte zu erschließen mit Produkten, aber auch mit Strategien, die wir gemeinsam gerade bei uns in Sachsen-Anhalt, in einer der am wenigsten betroffenen Regionen, gemeinsam entwickelt haben.

Das, was wir mit unseren Verordnungen in gesundheitlicher Hinsicht hinbekommen haben,

sorgt dafür, dass es der Wirtschaft bei uns möglicherweise noch am besten gelingen wird, durchzukommen - egal was noch an Schwierigkeiten kommt. Ich will das trotzdem einmal prognostizieren: Die beste Wirtschaftsförderung ist es, wenn es keine zweite Welle gibt.

(Beifall)

Denn einen zweiten Shutdown werden wir so nicht bewältigen können. Noch einmal 130 Milliarden € und noch einmal über langjährige Verschuldungsstrategien zu reden werden wir politisch nicht schaffen, sondern wir müssen das jetzt hinbekommen. Die erste Welle haben wir jetzt hoffentlich dauerhaft im Griff. Eine zweite Welle darf, selbst wenn sie infektiologisch kommt, nicht dazu führen, dass wir einen zweiten Shutdown brauchen. Vielmehr müssen wir minimalinvasiv und selektiv versuchen, die Probleme dort zu lösen, wo sie aufgetreten sind.

(Beifall)

Sehr geehrte Damen und Herren! Ich möchte damit enden, dass ich auf eine Komponente hinweise, die gerade in einer Kenia-Koalition bewusst genannt werden kann. Wir haben es in dieser Regierungskoalition geschafft, die Gesundheitsproblematik, die Pandemieproblematik, die Wirtschaftsproblematik, die Bildungsproblematik und die Sicherung des Rechtsstaats einschließlich einer handlungsfähigen Polizei mit den Möglichkeiten der Ökologie, der Umwelt, des Umweltschutzes und der Nachhaltigkeit in Verbindung zu bringen.

Eines ist auch klar geworden - auch das muss man wissen -: Dass wir in Deutschland und in Europa - aber vor allen Dingen in Deutschland als Automobilland - in bestimmten Branchen Schwierigkeiten haben, liegt nicht daran, dass wir eine erste, zweite, dritte, fünfte und sechste Verordnung erlassen haben - die vierte habe ich jetzt ausgelassen; aber die könnte ich genauso mit hineinziehen -, dass wir also sechs Verordnungen erlassen haben, mit denen wir vom Friseurhandwerk bis hin zum Fitnessstudio usw. usf. bestimmte Bereiche herunterfahren mussten, um auch die Kontaktbeschränkungen hygienisch durchsetzen zu können. Vielmehr sind sie dadurch entstanden, dass es in bestimmten Leitbranchen - wie zum Beispiel der Automobilbranche - schon vorher Probleme und Stockun

gen in den Produktionsabläufen gegeben hat. In der Anfangsphase hat auch die Abhängigkeit von Zulieferern erschwerend gewirkt. Da war Corona bei uns noch gar kein Thema.

Auch bezüglich der Investitionen und des Abbaus der Sparrücklagen der Menschen - dies habe ich vorhin in einem anderen Zusammenhang genannt - gibt es Unsicherheiten darüber, auf welche Technologie sie denn setzen sollen. Wir müssen Klarheit auch zu der Frage schaffen, wie beispielsweise die Mobilität in der Zukunft aussieht und mit welchen Kraftstoffen und Antriebstechniken - konventionell, Verbrenner, Hybrid, Wasserstoff und was es sonst noch alles an Varianten gibt - wir künftig fahren. Deswegen ist es für uns umso wichtiger, dass wir jetzt auch einmal zu uns kommen.

Wir haben jetzt mit unserer sechsten Verordnung fast alle gesellschaftlichen Bereiche - mit Spielregeln, das ist klar - wieder zugänglich gemacht. Trotzdem ist der Umsatz noch nicht überall wieder so wie vorher. Die Leute gehen derzeit - sie müssen sich an anderen Stellen ja wegen der Abstandsregelungen in Schlangen anstellen - auch nicht in Autohäuser und kaufen neue Autos usw. usf.

Herr Ministerpräsident, ich unterbreche Sie ungern.

Sie sind zurückhaltend und warten auf Signale, auf technologische Lösungen und Angebote, die dann bezüglich zukünftiger Dinge, die wir mit der europäischen Umweltpolitik verbunden sehen, auch nachhaltig sind. Da können wir uns nicht herausmogeln bzw. auch nicht herausnehmen. Da bleiben wir in dem großen Kontext, dass das alles in diesem Zusammenhang gelöst werden muss.

Wenn wir wollen, dass die Wirtschaft wieder anspringt und mit Disziplin wieder auf Vor-CoronaNiveau funktionieren soll, dann müssen an anderen Stellen ganz andere Probleme gelöst werden, als wir es mit einer siebten, achten oder neunten Verordnung machen können. An dieser Stelle sind die Wirtschaftsspitzen, die Konzernzentralen, die Forscher und Entwickler in diesen Bereichen, aber auch diejenigen, die letztendlich die strategischen Entscheidungen zu technologischen Angeboten treffen müssen, gefordert. Ich glaube, dass wir dies auch einfordern müssen, weil unsere Zulieferindustrie wesentlich davon abhängig ist.

Alle Dinge, die in diesem Zusammenhang in unserem Land mitentwickelt werden können - mit

dem Fraunhofer-Institut, mit anderen Forschungseinrichtungen, mit den Universitäten, aber auch durch Investitionen in unsere Chemieparks, in die Wasserstofftechnologie usw.; ich habe es vorhin schon angedeutet - -

Herr Ministerpräsident, vielleicht nehmen Sie Ihre Unterlagen einmal von der Uhr. Nur ein kleiner Hinweis. Sie haben doch die Vorgabe gemacht. Da sind wir schon weit drüber.

Okay. Ich bin auch schon beim letzten Satz, Frau Präsidentin.

Ja, bitte.

Ich möchte an dieser Stelle nur noch Folgendes sagen: Jetzt geht es darum, dass wir als Multiplikatoren in diesem Parlament auch psychologisch die richtigen Signale setzen, damit dieses Land und die Menschen eine Zukunft haben, auch mit Gesundheit und Wirtschaftskraft verbunden. - Herzlichen Dank.

(Starker Beifall)

Vielen Dank, Herr Ministerpräsident. Ich sehe, dass Sie Ihre Redezeit nicht mit Absicht um acht Minuten überzogen haben; denn Sie hatten Ihre Unterlagen tatsächlich auf der Uhr liegen. Allerdings haben die anderen Fraktionen jetzt natürlich auch einen Vorteil davon. Da Sie acht Minuten länger gesprochen haben, können die kleineren Fraktionen davon profitieren.

Sehr geehrter Herr Kollege, ich weiß, dass wir im Präsidium gleich wechseln wollten. Sie, meine Damen und Herren, haben aber noch Fragen. Insofern ist das schwierig. Daher werde ich jetzt die Wortmeldungen mit den Fragen alle noch drannehmen. Danach erst wechseln wir dann hier vorn die Regie.

Als Erster hatte sich der Abg. Herr Raue gemeldet. Dann kommen Herr Lange, Herr Gallert und noch zwei weitere Abgeordnete dran.

Die Standing Ovations sind ja wie zu Hochzeiten der Flüchtlingskrise.

(Unruhe)

Einen kleinen Moment bitte, bis wieder etwas Ruhe eingetreten ist. Sonst können wir Ihre Frage hier nicht verstehen. - Bitte, Herr Raue.

Herr Ministerpräsident, Sie sprachen von Autarkie und Pandemiefestigkeit. Die Schutzausrüstung wird jetzt aufgebaut, sodass man in einem neuen Pandemiefall nicht noch einmal einen Shutdown braucht, um die Pandemie zu überwinden. Ich frage Sie jetzt als Erstes: Was genau hat denn Ihrer Meinung nach gefehlt? - Bitte nur eine kurze Aufzählung. Ich habe dann noch eine zweite Frage, die darauf aufbaut.

Bitte, Herr Ministerpräsident.

Ich brauche jetzt hier nicht die gesamten öffentlichen Diskussionen zu wiederholen; die setzen wir einmal voraus. Wir wissen, was gefehlt hat. Es fing an mit Schutzmasken, und zwar als Spezialmasken, und ging bis hin in die etwas einfacheren Bereiche des Mund-Nasen-Schutzes, in denen wir erst sukzessive wieder mit einer Versorgung rechnen konnten, als in den betroffenen Ländern, wo auch die Produktionsräume gewesen sind, die Versorgung wieder gesichert war. Denn genau dort, wohin wir vieles verlagert haben und wo die Welt viel produzieren lässt, gerade auch in China, ist die Betroffenheit am Anfang am stärksten gewesen. Ich brauche das jetzt nicht zu wiederholen.

Dass das Gesundheitssystem potenziell in der Lage war, das alles einzufangen, aber auch unter Hintanstellung von Routinemaßnahmen, bedeutet, dass wir an dieser Stelle Kapazitäten vorhalten müssen, die die Routinemaßnahmen nicht zeitlich befristet zurückdrängen.

Ich will an dieser Stelle nur festhalten - -

Einen kleinen Moment! Sie haben doch noch gar nicht das Wort bekommen, Herr Raue.

Entschuldigung! Ich dachte, das wollten Sie gerade tun.

So, jetzt dürfen Sie.

Ich will an dieser Stelle nur festhalten, dass die Warnungen meiner Partei vor der blinden Globalisierungswut, würde ich fast sagen, die uns bislang alle verfolgt hat, durchaus berechtigt waren. Die Globalisierung hat an der Stelle durchaus auch ihre Schattenseiten gezeigt. Ich frage deshalb: Sie sprachen - -

(Dr. Reiner Haseloff, Ministerpräsident: Das nehme ich jetzt einmal als Frage, Frau Prä- sidentin!)

Jetzt kommt die Frage. Sie sprachen außerdem davon, dass der Vorbereitungsstand jetzt verbessert wird, um nicht noch einmal von einer Pandemie überrascht zu werden, die uns Milliarden kostet. Bei verantwortungsvoller Regierungsführung hätten Sie an dieser Stelle gar nicht überrascht sein dürfen; denn das Robert-Koch-Institut

Herr Raue, bitte stellen Sie jetzt Ihre Frage. Das ist keine Kurzintervention. Sie haben zuvor schon eine Frage gestellt.

- ja, ich komme zu der Frage, liebe Frau Präsidentin - hat eingehend gewarnt. Wer hat in unserer Landesregierung denn jetzt die Verantwortung dafür, dass der Vorbereitungsstand, ich will nicht sagen, miserabel war? Aber wir waren gar nicht vorbereitet, obwohl wir dies behauptet haben. Wer also hat dafür die Verantwortung? Wer muss denn bei uns im Land dafür sorgen, dass Warnungen des Robert-Koch-Instituts, mit denen sich im Prinzip auch der Bundestag befasst hat, berücksichtigt werden?

Herr Raue, fassen Sie sich bitte kürzer. Sie haben Ihre Redezeit überschritten.

(Zurufe - Unruhe)

Bitte, Herr Ministerpräsident.