(Eva von Angern, DIE LINKE: Aber sie hat es doch gesagt! Wir haben sie verstan- den! - Weitere Zurufe von der LINKEN - Zu- ruf von Cornelia Lüddemann, GRÜNE)
Es geht nicht um Sexualisierung. Es geht um Rollenzuschreibung, Geschlechtervielfalt und Familienmodelle. Ich denke schon, dass es das auch in einigen Kindertagesstätten im Land SachsenAnhalt geben wird, dass Kinder Fragen stellen, wenn zum Beispiel zwei Mütter da sind, zwei verpaarte Männer.
(Cornelia Lüddemann, GRÜNE: Wie wollen Sie das dann erklären? - Swen Knöchel, DIE LINKE: Sie wollen das einfach glauben! - Minister Thomas Webel: Die denken, das macht der Klapperstorch!)
Ich will nur sichergehen, dass wir denselben Aktionsplan meinen. Sie haben das eben so dargestellt, als seien das alles unverbindliche Maßnahmen, als könne man bei Bedarf darauf zurückgreifen oder auch nicht.
Wenn ich mich recht erinnere, habe ich aber gelesen, dass dieses Thema in fast allen Schulfächern, von der Grundschule über die Sekundarschule bis zur Universität, eingeführt werden soll. Nur die Fächer Chemie, Physik und Mathematik waren davon ausgenommen. Nun könnte man zynisch werden und hoffen, dass dadurch zumindest die Mint-Fächer im Ansehen steigen. Ansonsten ist das Pflichtthema in allen Fächern. Habe ich das falsch gelesen? Oder ist es nur fakultativ, dass man das im Unterricht machen kann? Oder muss man es?
Ich wollte jetzt nicht den gesamten Aktionsplan vorlesen. Der eine Punkt mit den Methodenkoffern steht bei den Kindertageseinrichtungen.
Herr Tillschneider, Sie haben nach den Maßnahmen gefragt, die im schulischen Bereich geplant sind. Dazu gibt es einen Runderlass „Sexualerziehung“ vom Kultusministerium; der ist aber schon älter. Dann haben wir Rahmenpläne für Schulfächer, wo geprüft wird, inwieweit gleichgeschlechtliche Liebe, Geschlechtervielfalt, Vielfalt von Familienformen berücksichtigt werden können. Es gibt Fortbildungsangebote für Schulsozialarbeiter.
Es geht um Erfahrungsaustausch für interessierte Lehrkräfte, darum, dass man Filme und didaktisches Material in die pädagogische Mediathek aufnimmt, Handreichungen für Lehrkräfte zum Themenfeld.
(Katrin Budde, SPD: Er kann sich das her- auslesen! - Andreas Steppuhn, SPD: Dazu braucht man Fachwissen!)
Ich sehe keine weiteren Anfragen. Vielen Dank, Frau Ministerin. - Wir steigen damit in die Fünfminutendebatte ein.
- Können wir uns wieder auf ein Level einigen, sodass wir hier vorn die Debattenredner vernünftig verstehen? - Vielen Dank. - Der erste Debattenredner wird Herr Kolze von der CDU-Fraktion sein. Sie haben das Wort, Herr Kolze.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr verehrter Herr Kollege Poggenburg, ich glaube, im Zusammenhang mit der Lebensplanung von Menschen von einem Experiment zu sprechen, verbietet sich irgendwie.
Mit dem Aktionsprogramm für Akzeptanz von Lesben, Schwulen, Bisexuellen, Transgendern, Transsexuellen und intergeschlechtlichen Menschen, LSBTTI, in Sachsen-Anhalt soll die gesellschaftliche Akzeptanz der unterschiedlichen Lebensweisen verbessert werden. Menschen in unserem Land dürfen nicht aufgrund ihrer sexuellen Identität oder Geschlechtsidentität diskriminiert werden.
Das allgemeine Gleichbehandlungsgesetz sowie das grundrechtlich in der Landesverfassung verankerte allgemeine Persönlichkeitsrecht garantieren diese Freiheit.
Diese Rechte zu schützen ist auch Aufgabe dieses Hohen Hauses. Daher ist es notwendig, eine gesellschaftliche Diskussion herbeizuführen, um auf die Lebenssituation von Schwulen, Lesben, Bisexuellen, Transgendern, Transsexuellen und intergeschlechtlichen Menschen hinzuweisen.
Der gemeinsame politische Wille, der im Januar 2015 die Erarbeitung und mit dem aktuellen Koalitionsvertrag die Umsetzung des Programmes initiierte, begründet sich in den Erfahrungen von LSBTTI in unserer Gesellschaft. Dass diese Erfahrungen in vielen Bereichen der Gesellschaft, zum Beispiel in der Schule, am Ausbildungsplatz, im öffentlichen Raum, im Gesundheitswesen, negativ geprägt sind, meine Damen und Herren, ist wissenschaftlich dokumentiert.
Die in Studien und Umfragen festgehaltenen Erfahrungen von LSBTTI bieten Veranlassung dazu, gegen Diskriminierung und für einen positiven, wertschätzenden Dialog zu diesen Themen tätig zu werden. Erst dann wird eine weitaus höhere Akzeptanz für diese Lebensweisen in der Gesell
schaft zu erreichen sein. Die Maßnahmen aus dem Aktionsprogramm sollen genau dazu beitragen, meine Damen und Herren.
Gesellschaftliche Akzeptanz lässt sich nicht staatlich regulieren oder herbeiführen. Daher stehen wir als CDU-Fraktion diesem Aktionsplan auch weiterhin kritisch gegenüber. Wir verschließen uns jedoch nicht davor, dass in der Mitte unserer Gesellschaft leider noch immer eine Toleranz- und Hemmschwelle gegenüber LSBTTI besteht.
Diese Vorurteile abzubauen, meine Damen und Herren, ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe. Bis dies gelungen ist, sind wir als Parlament gefordert und gefragt, den LSBTTI eine Stimme zu geben. Wissensdefizite sind oft die Ursache für Diskriminierung. Die Öffentlichkeit muss aufgeklärt und sensibilisiert werden.
Zum Abschluss meiner Rede lassen Sie mich noch ein Zitat aus dem Koalitionsvertrag bringen - wenn Sie erlauben, Frau Präsidentin -:
„Frauen, Lesben, Schwule, bisexuelle, trans- und interidente Menschen müssen vor jeder Form von Gewalt geschützt und ihre Rechte strukturell verankert werden. Wir treten für die Freiheit unterschiedlicher Lebensentwürfe und die gleichberechtigte Teilhabe an der Gesellschaft ein.“
Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Für Diskriminierung ist in einem weltoffenen und toleranten Sachsen-Anhalt kein Platz. - Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.
Wir kommen somit zur nächsten Debattenrednerin. Es ist die Abg. Frau von Angern von der Fraktion DIE LINKE. Sie haben das Wort. Bitte.
Danke, Frau Präsidentin. - Meine Damen und Herren Abgeordneten! Vielfältige Familienformen und Lebensweisen sind heute Alltag, sowohl in Kindertagesstätten als auch in den Schulen. Kinder wachsen heute in einer bunten Welt auf, ob in der Krabbelgruppe, der Kita oder auf dem Spielplatz. Sie treffen Familien aus verschiedenen Ländern. Sie spielen mit Kindern von Alleinerziehenden oder mit Kindern, die zwei Mamas oder zwei Papas haben.
Doch nicht immer sind die nötigen Materialien vorhanden, sowohl in der Kita als auch in der Schule, um diesen Alltag auch tatsächlich pädagogisch aufzugreifen. Der sogenannte Kita-Koffer unterstützt Fachkräfte in Kitas. Spielerisch kann mit den dort vorhandenen Materialien die Akzeptanz von Vielfalt als Gewinn für alle erfahrbar gemacht und dem Entstehen von Vorurteilen entgegengewirkt werden.
Der Kita-Koffer enthält entgegen allen anderen Behauptungen seitens der AfD ausschließlich Bilderbücher und Spiele für die Arbeit mit Kindern sowie pädagogisches Informationsmaterial für Erzieherinnen und Erzieher.
Doch Sie, meine Herren und Damen von der AfD, suggerieren immer wieder und auch heute, dass der Kita-Koffer Anleitungen zu Sexpraktiken und sämtliche hierfür erforderlichen Utensilien enthält.
Das ist in höchstem Maße verantwortungslos. So wird von Ihnen weiter Menschenfeindlichkeit geschürt.
Wenn das Thema nicht so ernst wäre, dann würde ich sagen, dass all Ihre Verlautbarungen zu diesem Thema Ihrer eigenen schmutzigen Fantasie entspringen.
Ich möchte Sie daran erinnern: Politiker der AfD machen bundesweit immer wieder mit Ausfällen gegen die Lebensweisen von Lesben, Schwulen, Bisexuellen, Transgendern, Transsexuellen und intergeschlechtlichen Menschen Schlagzeilen. So bezeichnete Björn Höcke Gender-Mainstreaming als Geisteskrankheit. Beatrix von Storch nannte es eine politische Geschlechtsumwandlung.
Das ist einfach nur abscheulich. Sie sind dem heute beigetreten. Sie haben diesen Menschen nicht nur heute, sondern schon seit Längerem, aber eben auch heute mit diesem Antrag den Kampf angesagt.
Unkommentiert und unwidersprochen ist bis heute auf Ihrer Facebook-Seite ein Eintrag zu finden, in dem formuliert wird - ich zitiere -: