Protocol of the Session on October 16, 2015

der Klimawandel und seine möglichen Folgen sowie die Energiewende, auf neue Technologien und erneuerbare Energien umzusteigen.

Unser Bundesland ist hierauf gut vorbereitet. Im Energiekonzept 2030 der Landesregierung von Sachsen-Anhalt wurde für den Bereich der erneuerbaren Energien ein ambitioniertes Gesamtziel formuliert. Bis zum Jahr 2030 sollen 26 % des Primärenergieverbrauchs aus erneuerbaren Energien gedeckt werden. Das ist ein ehrgeiziges, aber realistisches Ziel. Grundsätzlich sind wir gut aufgestellt.

Im Jahr 2014 waren in Sachsen-Anhalt rund 4,3 GW an Windleistung installiert, verteilt auf über 2 600 Windkraftanlagen. Im gleichen Jahr standen in Sachsen-Anhalt gut 1,8 GW an installierter Photovoltaikleistung zur Verfügung, produziert von fast 25 000 Anlagen. Zudem gab es im letzten Jahr mehr als 400 Biomasseanlagen mit einer installierten Leistung von fast 400 MW.

Zum Ende des Jahres 2014 waren in Sachsen-Anhalt rund 6,6 GW Leistung aus erneuerbaren Energien installiert. In Sachsen-Anhalt ist aufgrund des hohen Ausbaustandes eine rechnerische Vollversorgung mit Strom aus regenerativen Energien bereits für das Jahr 2030 möglich. Unser Bundesland zählt deshalb bundesweit zu den absoluten Vorreitern der Energiewende. Dennoch benötigen wir weiter grundlastfähige konventionelle Kraftwerke.

Deshalb setze ich mich mit meinen Kollegen aus Brandenburg und Sachsen für den Erhalt einer umweltschonenden Braunkohlenutzung ein, übrigens auch für ihre stoffliche Nutzung.

(Beifall bei der CDU - Zustimmung bei der SPD)

Die Braunkohle ist nicht irgendein Energieträger. Als Brückentechnologie wird sie noch über Jahrzehnte gebraucht. In der Stromerzeugung ist sie in Deutschland mit 25 % führend; ihr Anteil an der Grundlaststromerzeugung beträgt 50 %. Auch vor dem Hintergrund des Atomausstiegs kommt deshalb der Braunkohle für die Versorgungssicherheit eine immense Bedeutung zu.

Sehr geehrte Damen und Herren! Wir leben heute im Zeitalter der digitalen Revolution und eines rasanten Wandels. Die Digitalisierung war eine der einschneidendsten Veränderungen im ausgehenden 20. Jahrhundert. Unser Wissen wächst exponentiell. Vor 25 Jahren wartete man in SachsenAnhalt vor Telefonzellen. Im Jahr 1989 besaßen nur elf von 100 DDR-Bürgern ein Telefon.

Heute kommunizieren wir weltweit per Mobiltelefon, Videochats oder Textnachrichten auf dem Smartphone. Die Verfügbarkeit von Breitbandzugängen ist mittlerweile einer der wichtigsten Standortfaktoren. Der schnelle Internetzugang gehört zwar noch nicht offiziell zur Daseinsvorsor

ge, faktisch muss er aber wohl dazu gezählt werden.

Deshalb hat dieses Thema für die Landesregierung höchste Priorität. Ende 2018 wollen wir schnelle Netze überall im Land, in jedem Stadtteil Magdeburgs und Halles ebenso wie in allen Ortsteilen unserer Altmarkgemeinden und im Landkreis Wittenberg genauso wie im Harz, realisiert haben. Für die Realisierung dieses Ziels sind wir finanziell gut aufgestellt.

(Zustimmung bei der CDU)

Die Digitalisierung bietet die Möglichkeit, an die Vergangenheit anzuknüpfen und neue Wege in die Zukunft zu gehen. Um die Weichen für die Zukunft richtig zu stellen, arbeiten wir an einer laufend fortzuschreibenden digitalen Agenda für Sachsen-Anhalt.

Sie wird mit dem nötigen Weitblick die Leitlinien für unsere Digitalpolitik weiterentwickeln. In Zukunft ist sowohl mit steigenden Nutzerzahlen als auch mit einem wachsenden Informationsangebot zu rechnen. Die Bedeutungssteigerung des Internets betrifft uns alle, besonders aber junge Menschen.

Sachsen-Anhalt befürwortet deshalb das Projekt eines neuen Jugendangebots von ARD und ZDF im Internet. Dieses Projekt soll sich konsequent auf die Internetnutzung fokussieren.

Sehr geehrte Damen und Herren! Eine nachhaltige und generationsgerechte Haushaltspolitik bleibt weiterhin ein vorrangiges Ziel unserer Politik. Die Landesregierung lässt sich dabei leiten von Maß, Dosierung und der Einsicht in die Sparnotwendigkeit. Dabei gehen wir von dem Dreiklang „Konsolidieren, Vorsorgen und Investieren“ aus. Unser Ziel ist ein ausgeglichener Haushalt 2020. Wir wollen dann in der finanzpolitischen Normalität bestehen, das heißt, auf eigenen Füßen stehen.

(Zustimmung bei der CDU)

Finanzminister Bullerjahn hat dazu gestern Grundsätzliches gesagt. Den Nachtragshaushalt haben wir beschlossen.

Alles wirkliche Leben ist Begegnung. Aus vielen Gesprächen, die ich geführt habe, weiß ich: Identität gewinnt man nicht nur über die Gegenwart und über die Ziele, die ein Land sich und seinen Menschen setzt. Mindestens genauso wichtig für deren Ausprägung ist die Geschichte.

Denn ohne ein Bekenntnis zur eigenen Geschichte kann es keine gestaltungsfähige Zukunft geben. Jede Zukunft braucht eine Herkunft. In SachsenAnhalt haben wir viel Herkunft, die wir für die Zukunftsgestaltung nutzbar machen wollen und können.

(Beifall bei der CDU)

Unser Sachsen-Anhalt zählt zu den interessantesten Geschichts- und Kulturräumen in Deutschland. Das wird von immer mehr Menschen wahrgenommen. So hat unser Bundesland als Medienstandort und Drehort für nationale und internationale Kinofilme stetig an Profil gewonnen. Diese Entwicklung ist auch auf die nachhaltige Förderpolitik zurückzuführen.

Ich erinnere an die aktuelle Landesausstellung „Lucas Cranach der Jüngere“. Sie zeigt den jüngeren Cranach als einen innovativen, den umfassenden Wandel im konfessionellen Zeitalter reflektierenden Künstler, der auch als Stadtkämmerer, Wittenberger Bürgermeister und Unternehmer erfolgreich war.

Natürlich ist diese Landesausstellung ein wichtiger Beitrag zum Reformationsjubiläum 2017 und insbesondere zum diesjährigen Themenjahr „Reformation - Bild und Bibel“.

Nur zwei Jahre später feiert das Bauhaus sein 100-jähriges Bestehen. Die Geschichte des Dessauer Bauhauses ist eng verbunden mit der politischen Kulturgeschichte der ersten deutschen Republik. Es prägte die Klassische Moderne und stellte am radikalsten die Frage nach der Beherrschbarkeit des Modernisierungsprozesses mit den Mitteln der Gestaltung.

Nicht zufällig wählte das Bauhaus nach dem aus politischen Gründen erfolgten Umzug aus Weimar das anhaltische Dessau als Sitz aus. Anhalt galt als liberal und weltoffen. Sachsen-Anhalt als neues und junges Bundesland zu bezeichnen, macht nur Sinn im Hinblick auf seine Zugehörigkeit zur Bundesrepublik Deutschland.

Aufgrund der großen Bedeutung Sachsen-Anhalts im Bereich der Kulturpolitik hat die Kulturstiftung des Bundes ihren Sitz in Halle an der Saale gefunden. Das war nur konsequent. Eine weitere nationale Spitzeninstitution, die Nationale Akademie der Wissenschaften, sitzt ebenfalls in Halle - eine hohe Anerkennung für die traditionsreiche Wissenschaftsakademie Leopoldina.

(Zustimmung bei der CDU und bei der SPD)

Das Deutsche Zentrum Kulturgutverluste ist seit jüngstem in der Landeshauptstadt Magdeburg beheimatet. Es kann an die besondere Fachkompetenz anknüpfen, die wir seit vielen Jahren in diesem wichtigen Bereich vorhalten.

Sehr geehrte Damen und Herren! Wir haben seit 1990 viel erreicht und wir sind auf einem guten Weg. Das macht Mut. Aus dem Trennungsstrich im Namen unseres Bundeslandes ist längst ein Bindestrich geworden. Die Jahre nach 1990 haben gezeigt: Große Probleme lassen sich in gemeinsamer Verantwortung und im gemeinsamen Handeln bewältigen.

Wir bleiben dabei Realisten. Der Wirklichkeitssinn, so hat es Robert Musil formuliert, muss sein Gegenstück im Möglichkeitssinn finden. Fehlt dieser Sinn, kann die Politik leicht in Utopien abgleiten.

Aber wir wollen nicht ins Utopia des Thomas Morus‘ aufbrechen, sondern in eine gute Zukunft. Es geht um realistische Zukunftsvisionen. Vor uns liegen neue Herausforderungen. Sie pragmatisch anzunehmen und gemeinsam zu lösen ist möglich.

Bei ihrer Bewältigung können uns unsere gemeinsamen Erfahrungen und Erkenntnisse aus 25 Jahren sehr helfen. Ich bin sicher, wir werden auch diese Herausforderungen bewältigen und nicht die Herausforderungen uns. Wir können stolz sein auf unser Land und unseren Staat, denn daraus schöpfen wir die Kraft für die Zukunft.

(Beifall bei der CDU und bei der SPD)

Sehr geehrte Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Mein ausdrücklicher Dank gilt meinen Vorgängern Dr. Gerd Gies, Dr. Werner Münch, Dr. Christoph Bergner, dem im vergangenen Jahr verstorbenen Dr. Reinhard Höppner und Professor Dr. Wolfgang Böhmer. Sie alle haben sich um unser Bundesland verdient gemacht.

Jeder von ihnen hat auf seine je eigene Art und Weise zum Ansehen unseres Bundeslandes Wesentliches beigetragen. Heute hat Sachsen-Anhalt in der Gemeinschaft der 16 Bundesländer ein unverwechselbares und von allen respektiertes Profil. Das ist auch meinen Vorgängern im Amt des Ministerpräsidenten zu verdanken.

Mein Dank gilt aber auch allen Kolleginnen und Kollegen im Kabinett und in der Landesverwaltung und allen, mit denen wir im Parlament und in den Kommunen 25 Jahre eine Erfolgsgeschichte mitschreiben durften.

Für Sachsen-Anhalt war der 3. Oktober 1990 eine Wiedergeburt. Nach abermals 25 Jahren wollen wir eine der modernsten Regionen Europas, ein Zugpferd unter den deutschen Ländern sein. Dafür, liebe Kolleginnen und Kollegen, lohnt es sich zu arbeiten! - Herzlichen Dank.

(Starker, langanhaltender Beifall bei der CDU - Zustimmung bei der SPD)

Vielen Dank, Herr Ministerpräsident Dr. Reiner Haseloff.

Ich rufe nunmehr Tagesordnungspunkt 5 b auf:

Aussprache zur Regierungserklärung

Zunächst spricht der Oppositionsführer des Hohen Hauses, der Vorsitzende der Fraktion DIE LINKE Herr Abgeordneter Gallert.

Zuvor können wir - das will ich schnell noch tun - Seniorinnen und Senioren der Gewerkschaft Eisenbahn und Verkehr aus Halle als Gäste begrüßen. Willkommen im Landtag!

(Beifall im ganzen Hause)

Werter Herr Präsident! Werte Kolleginnen und Kollegen unseres Landtages! 25 Jahre Sachsen-Anhalt - das sind 25 Jahre gemeinsames, demokratisches, politisches, soziales, ökonomisches Gestalten in diesem Land mit mehr als zwei Millionen Einwohnern. 25 Jahre, in denen fast jeder, der heute hier in diesem Raum sitzt, auch schon an der einen oder anderen Stelle seine Spuren hinterlassen hat, und dies in einem gemeinsamen demokratischen Prozess.

Das ist der große Unterschied zu der politischen Situation vorher in Sachsen-Anhalt. Das ist der große Gewinn der letzten 25 Jahre: gemeinsames demokratisches Gestalten. Deswegen ist dieser Tag ein Feiertag, liebe Kolleginnen und Kollegen.

(Beifall bei der LINKEN - Zustimmung bei den GRÜNEN)

Es ist auf der anderen Seite aber heute auch schon wieder keine Selbstverständlichkeit mehr, das zu sagen. Denn es gibt inzwischen viele Menschen, die auf der Straße genau diesen demokratischen Grundcharakter unseres politischen Systems infrage stellen. AfD, Pegida, Magida, NPD werfen uns allen längst vor, mitnichten die Interessen derjenigen zu vertreten, die uns gewählt haben oder leider bei der letzten Wahl nicht mehr zur Wahl gegangen sind.

Wenn es heute darum geht, sich für Demokratie einzusetzen, sich dafür einzusetzen, dass dieses politische System ein demokratisches bleibt, dann ist es unser aller gemeinsame Pflicht, sich gegen diese Angriffe zu wehren und die Demokratie zu verteidigen.

(Beifall bei der LINKEN - Zustimmung bei den GRÜNEN)