Protocol of the Session on September 18, 2015

Herr Kollege Daldrup, geben Sie mir Recht darin, dass es ein Unterschied ist, ob ich 100 t Getreide einlagere oder 5 000 kg Milch lagern muss, die täglich anfallen?

Nr. 1. - Nr. 2. Größe ist nicht immer gleich der Schlüssel zum Erfolg.

Auch richtig.

Der Weltmarkt. Mir wird seit vielen Jahren erklärt, dass der Weltmarktpreis eigentlich von Neuseeland gebildet wird, das Platz 1 beim Milchexport in der Welt einnimmt, wo es ganz andere Bedingungen gibt. Dann würde ja das zutreffen, was der Minister richtig gesagt hat: Wir können keinen Durchschnittspreis für Europa bilden. Natürlich können wir einen vergleichbaren Preis bilden, aber der Markt kann von Rumänien über Deutschland bis Portugal durchaus ein wenig schwanken.

Ich kann mich auch daran erinnern, dass von allen Bundeslandwirtschaftsministerinnen und -ministern immer wieder gepredigt wurde: Konzentration auch in der Molkereiwirtschaft. Ich erinnere mich auch an ein Gespräch von Kanzler Kohl seinerzeit mit der Milchwirtschaft. Im Anschluss daran stiegen die Preise - für drei Monate! Danach wurden die Milchbauern wieder eineinhalb Jahre lang durch den Wolf gedreht.

Das, was wir auf dem Milchsektor sehen, eine Konzentration auf zwei große Player in der Bundesrepublik, ist der falsche Weg.

Eine letzte Frage an Sie oder eine Anmerkung: Es gibt ein Russland-Embargo aus politischen Erwägungen heraus. Halten Sie es aus humanitären und ökonomischen Gründen für möglich, dieses Embargo aufgrund der eben erfolgten Debatte zu lockern?

Ich teile Ihre Einschätzung, dass Größe nicht alles ist. Das zeigen auch die Ergebnisse des Testbetriebsnetzes. Nicht die Größten haben die größten Gewinne, sondern die Effektivsten. Und das sind nicht immer unbedingt die Größten.

Ich würde auch sagen, dass wir bei der Konzentration auf der Verarbeitungsstufe vielleicht ein Niveau erreicht haben, das ausreichend ist und nicht weitergehen müsste, aus marktwirtschaftlichen oder aus Marktgründen. Aus anderen Gründen, aus Wettbewerbsgründen, aus Marktanteilsgründen wird es wahrscheinlich weitergehen. Wir werden daran wahrscheinlich nicht wahnsinnig viel ändern können. Insofern bin ich dabei nicht ganz so weit weg. Ich glaube aber, wenn wir wettbewerbsfähig bleiben wollen und wenn wir diese Märkte mit bedienen wollen - und das wollen wir ja wahrscheinlich auch -, dann braucht es eine be

stimmte kritische Größe, eine bestimmte kritische Masse, damit man auf dem Markt agieren kann.

(Zustimmung bei der CDU - Herr Czeke, DIE LINKE: Russland-Embargo!)

Frau Frederking.

Sie sprachen davon, dass die Branche die Lösung finden müsse. Wenn meinen Sie mit der Branche? Die Molkereien?

Frau Frederking (GRÜNE)

Oder die Milchviehbetriebe? Die Molkereien?

Nein. Das sind alle. Das ist der Handel, das ist die Molkerei, das ist der Milchproduzent.

Frau Frederking (GRÜNE)

Gut. Dann haben Sie in Ihrer Rede dargestellt, dass der Weltmarkt auch nicht das Paradies sei.

Natürlich.

Frau Frederking (GRÜNE)

Unsere Milchviehbetriebe sind dort hart angekommen.

Frau Frederking (GRÜNE)

Nun schlagen Sie genau das als Lösung für die Milchviehbetriebe vor, dass sie noch weiter auf den Weltmarkt drängen sollen, von mir aus auch mit der Veredlung der Produkte. Sehen Sie darin nicht eine gewisse Widersprüchlichkeit?

Nein, sehe ich nicht, weil ich nicht gesagt habe, sie müssen mehr auf den Weltmarkt drängen, sondern ich habe gesagt, dass wir uns auf dem Weltmarkt behaupten können in der jetzigen Situation, also in der jetzigen Konstellation an Produktion. Das könnten wir, glaube ich. Es bedarf dann allerdings einer konzertierten Aktion und einer Risikogemeinschaft aller Beteiligten in der gesamten Wertschöp

fungskette, damit bei Krisen nicht ein Einzelner herausfällt.

Sie betrachten immer nur die Krisen. Wir betrachten auch die Chancen. Wir haben auch gute Jahre gehabt, in denen auf dem Weltmarkt etwas passiert ist und in denen auch auskömmliche Preise erzielt worden sind. Das darf man nicht vergessen. Jetzt haben wir eine Krise. Die Branche muss sich darüber Gedanken machen, wie sie auf eine sinkende Nachfrage reagiert. Das ist aus meiner Sicht keine staatliche Aufgabe.

(Zustimmung bei der CDU)

Herr Krause, möchten Sie erwidern? - Bitte schön.

(Oh! bei der CDU)

Frau Präsidentin! Sehr verehrte Damen und Herren! Auch wir haben nicht die Weisheit mit Löffeln gegessen, das sage ich gleich vorweg.

(Minister Herr Dr. Aeikens: Das ist wohl wahr!)

Wir werden auch nicht behaupten, dass unser Antrag der Weisheit letzter Schluss ist.

(Herr Czeke, DIE LINKE: Das ist Selbstkritik!)

Der Antrag ist ein Versuch, unter Beachtung einer Krise und des Ausmaßes einer Krise, wie wir sie schon lange nicht mehr hatten, von eingefahrenen Gleisen herunterzukommen.

(Zustimmung von Frau Frederking, GRÜNE)

Es ist bedauerlich, dass Sie immer nur auf ein „Weiter so!“ und auf die Selbstheilungskräfte des Marktes setzen.

Ich möchte eine Rechnung aufmachen und muss sagen, bei der näheren Betrachtung ertappe ich mich, wie ich mir bei mancher Argumentation selbst widerspreche.

(Frau Frederking, GRÜNE: Das können wir auch!)

Ganz aktuell wird von der Milchindustrie festgestellt: Die Binnennachfrage - ich habe das gesagt - ist gleich geblieben; der Umsatz ist gleich geblieben. Der Anteil der Binnennachfrage am Umsatz liegt bei über 70 %. Ich sprach von 5 % Zuwachsraten in den Höchstjahren 2013 und 2014. Die letzten Zahlen waren 6,4 % - Herr Minister, ich glaube, Sie haben das auch in Ihrem Interview gesagt.

Die Milchindustrie sagt, von diesem Zuwachs ist ein Drittel auf dem Weltmarkt nicht absetzbar. Ein Drittel entspricht etwas mehr als 2,1 %. Diese 2,1 % wirken sich so aus, dass der Handel, die

Molkereien den Bauern erklären: Vor eineinhalb Jahren gab es einen Erzeugerpreis von 41 Cent - jetzt kriegt ihr nur noch 22 Cent oder 24 Cent. Ich will gar nicht behaupten, dass das alles so real war, was mir am Montag gesagt wurde. Es ist aber gesagt worden: Die letzten Abrechnungen lagen bei 22 Cent. Wegen 2,1 % nicht absetzbar?

Die ganze Last, die Probleme werden, damit der Rubel rollt - naja, der Rubel nun nicht -,

(Heiterkeit bei der LINKEN - Herr Czeke, DIE LINKE: Der Rubel hat keinen Markt!)

damit der Euro rollt, auf den Bauern abgewälzt. Selbst in der letzten Ausgabe der Zeitschrift „DM“ musste ich lesen, dass Honoratioren darstellten, wie effizient die Milchwirtschaft sei.

Das ist das Problem, Herr Minister. Für mich ist das, was sich hier abspielt, ein Fall für die Politik. Es ist schon längst überfällig, eine andere Weichenstellung zu treffen. Wir sind der Gesetzgeber. Wir sind als Politik nicht dem Wirken des Marktes ausgesetzt, sondern wir sollten Spielregeln bestimmen.

Bedauerlich ist auch, dass die Politik nicht zumindest prüft, ob man hier mit dem Kartellrecht etwas machen kann. Bei jeder vermeintlichen Absprache liest man in der Zeitung von Millionen Euro von Strafzöllen. Dabei geht es um Geld, was letztlich die öffentliche Hand für sich kassiert. Aber hierbei geht es um Geld für die Bauern. Wenn man dabei eingreift, ist kein Erlös für die öffentliche Hand oder für diese Einrichtungen zu erzielen.

Für mich ist das auch schon längst ein Fall für das Kartellamt; denn das, was sich hier abspielt, sind für mich - das muss ich sagen - eigentlich sittenwidrige Praktiken. Niemand kann es marktwirtschaftlich begründen, dass solche Verträge - Verträge sind es ja eigentlich nicht - dem Vertragsrecht entsprechen. Das Wohl und Wehe der Bauern ist dem Wirken der Milchindustrie, den Molkereien und dem Handel ausgeliefert.

(Herr Czeke, DIE LINKE: Sie sind geknebelt!)