Wenn im Dezember 2013 noch etwas mehr als 40 Cent je Kilogramm Milch gezahlt wurden, so waren im Juli dieses Jahres nur noch 26 bis 28 Cent. Demgegenüber stehen aber Kosten für die Milcherzeugung von ca. 38 bis 43 Cent. Der Bundesverband der Deutschen Milchviehhalter BDM geht sogar von 50 Cent aus.
Am letzten Montag erfuhren wir von Milchbauern im Mansfelder Land, dass die letzte Abrechnung nur noch 22 Cent beinhaltete. Damit sind die Kosten doppelt hoch wie der erzielte Erlös für Milch.
Eine Ursache ist ohne Zweifel darin zu sehen, dass es im Zuge des nahenden Endes der Milchquoten in den beiden Vorjahren zu massiven Ausweitungen der Milchproduktion in der EU kam.
Im Jahr 2014 betrug der Zuwachs 6 Millionen t. Das ist ein Plus von eigentlich 5 %. Es sind nicht einmal so viel, wenn man den Preisrutsch berücksichtigt. Jedoch blieb die Binnennachfrage, also der Handelsumsatz, nahezu unverändert. Die Mehrproduktion wurde vom globalen Milchmarkt nur zu einem Drittel aufgenommen.
Die Leidtragen sind vor allem die Milchbäuerinnen und Milchbauern. Im Gegensatz zu Ihnen, Herr Minister Aeikens, sagen wir, das viel gepriesene Sicherheitsnetz im EU-Milchmarkt reicht bei weitem nicht aus, um bei Krisen, wie wir sie jetzt haben, den Milchmarkt zu stabilisieren.
Die stark schwankenden und vor allem sehr geringen Erzeugerpreise konnten damit nicht vermieden werden. Es kommt zunehmend zur Bedrohung der Existenz von Milch produzierenden Betrieben. Betroffen sind alle, egal ob es sich um große oder kleine Unternehmen handelt.
Nach Angaben des Bauernverbandes haben bereits acht Betriebe in Sachsen-Anhalt die Milchproduktion aufgegeben. Bundesweit hat sich seit
Für uns ist dies das Ergebnis einer verfehlten Agrarpolitik, die nach wie vor auf das Prinzip „wachsen oder weichen“ setzt. Regionale Erfordernisse wie auch die Stabilisierung regionaler Wirtschaftskreisläufe geraten immer mehr ins Hintertreffen. Die Schaffung von Absatzmärkten und weltweite Exporte haben nach wie vor Vorrang. Ein Irrweg, der nicht zur Beendigung der Milchkrise führen wird.
Meine Damen und Herren! Um den 480 Milchviehbetrieben im Land nicht nur in Zeiten von Milchkrisen eine Zukunftsperspektive zu geben, ist das Sicherheitsnetz für den EU-Milchmarkt unbedingt zu verbessern. Vor allem ist dabei die Marktposition der Milchviehbetriebe gegenüber den Verarbeitungsbetrieben und dem Handel zu stärken.
Das krisenbedingte Risiko darf nicht allein zulasten der Erzeuger, also der Milchbauern gehen. Die bisherigen Kriseninstrumente, die Brüssel auf den Weg gebracht hat, stützen weniger die Milchbauern, sondern vor allem die Ernährungswirtschaft. Die Politik ist gefordert, ein aktives MilchmarktKrisenmanagement zu betreiben.
Die Milchviehhalter und nicht nur die, die sich vor elf Tagen an der Kundgebung in Brüssel mit über 6 000 Teilnehmern beteiligt haben, sind mit dem Ergebnis des Sonderagrarrates äußerst unzufrieden. Die getroffenen Entscheidungen gehen aus ihrer Sicht an der eigentlichen Problematik vorbei. Sie sind völlig unzureichend, zu unbestimmt und bringen den Milchviehhaltern angesichts des Wertschöpfungsverlustes von ca. 4 Milliarden € in Deutschland nicht die Entlastung, die sie jetzt so dringend benötigen, um ihre Betriebe durch die massive Krise zu retten.
Die von Ihnen, Herr Minister Aeikens, öffentlich bejubelten Beschlüsse des Sonderagrargipfels sind für die Milchbauern nur bloßer Aktionismus, um eine politische Reaktion auf die Krise medienwirksam nachzuweisen
Oder wie es der BDM-Vorsitzende Schaber formulierte: Der Berg kreißte und gebar eine Maus. Weiterhin betitelte er das Brüsseler Paket als eine Provokation gegenüber den Milchbauern.
Der Gipfel der politischen Einfältigkeit, Herr Minister Aeikens, war Ihr Vorschlag, der auch von den Koalitionsfraktionen im vorgelegten Alternativantrag aufgegriffen wurde. Es wurde vorgeschlagen, dass die Milchbauern zur Überwindung von Liquiditätsengpässen ihr Land vorübergehend an die Landgesellschaft verkaufen sollen, um es dann zurückzupachten. Wenn es ihnen einmal wieder besser geht und sie die Krise überstanden haben, dann können sie ihr Land wieder zurückkaufen.
Sie glauben doch wohl nicht, Minister Aeikens, dass die Bauern ernsthaft über Ihren Vorschlag nachdenken.
Herr Minister, ich habe bereits anlässlich Ihrer Regierungserklärung im Januar darauf verwiesen, dass der BDM im Mai 2014 ein Konzept zum Umgang mit Milchkrisen vorgelegt hat und dass Sie dafür sorgen sollten, dass in der Runde der Agrarminister darüber ernsthaft nachgedacht wird. Heute, 16 Monate später, wird es angesichts der Krise zumindest zur Kenntnis genommen.
Mit dem Milchmarkt-Krisenmanagementkonzept, dessen zentraler Bestandteil ein Marktverantwortungsprogramm ist, soll ein dreistufiges Frühwarnsystem mit unterschiedlichen Instrumenten wie private Lagerhaltung, Intervention oder eine verbindliche Mengenreduktion installiert werden.
In allen drei Stufen gibt es unterschiedliche Formen der Milchmengenreduzierung, um damit die Milcherzeugerpreise wieder in den Griff zu bekommen. Die Milchbauern gehen allerdings auch davon aus, dass die vorgesehene Mengenreduzierung in der Regel allein nicht ausreichen wird, um die Preise deutlich zu stabilisieren und die Krise zu beenden.
Mit unserem vorliegenden Antrag haben wir die Initiative des BDM aufgegriffen und fordern die Landesregierung auf, dazu im Bundesrat aktiv zu werden und darüber hinaus die Sicherung kostendeckender Erzeugerpreise, also einen Mindestpreis für Milch, und die Gewährung von steuerfreien Rücklagen zur Risikovorsorge zu thematisieren.
Um gleich kritischen Bemerkungen vorzubeugen: Der Gedanke, Mindestpreise oder Einstandspreise für Milch einzuführen, stammt nicht von uns oder gar von mir. Nein, meine Damen und Herren von der Regierungskoalition, der Bundesagrarminister Horst Seehofer hatte im Jahr 2005 im Magdeburger Hotel Maritim unter tobendem Beifall der mehr als 400 anwesenden Gäste erklärt, dass er dafür sorgen wird, dass kostendeckende Einstandspreise für landwirtschaftliche Erzeugnisse eingeführt werden.
Punkt 2 unseres Antrages dürfte auf dem kurzen Weg zwischen Ihnen, Herr Minister Aeikens, und Ihrem Kabinettskollegen, Finanzminister Herrn Bullerjahn, unkompliziert zu lösen sein. Wenn Sie dies, meine Damen und Herren von der Koalition, als gängige Praxis mit Ihrem Alternativantrag darstellen, muss ich nur anmerken, dass diese Forderung erst am vergangenen Montag während eines Gespräches mit Milchbauern und Mitgliedern des Landesbauernverbandes im Mansfelder Land an uns herangetragen wurde.
produzierenden Betrieben aus der Krise heraus zu helfen. Uns geht es um die Sicherung und Stabilisierung der Milchwirtschaft als einem Wirtschaftszweig mit der höchsten Wertschöpfung und den meisten Arbeitsplätzen in der Landwirtschaft.
Die Rinderhaltung und die Milchwirtschaft haben auch das Potenzial, um den landwirtschaftlichen Reproduktionsprozess ökologisch nachhaltig weiter zu gestalten.
Ohne Rinderhaltung würde sich die Biodiversität noch weiter verringern, das Grünland versteppen und die erforderlichen Landschaftspflege- und Naturschutzerfordernisse den Steuerzahler immer mehr belasten. Vergessen möchte ich auch nicht, dass die Entwicklung der Bioenergie ohne Rinderhaltung so nicht denkbar gewesen wäre.
Die Statistik im Land belegt es: 270 landwirtschaftliche Unternehmen erwirtschaften 65 % der Bruttowertschöpfung in der Landwirtschaft unseres Landes, die Mehrzahl davon sind milchproduzierende Betriebe. Diese Entwicklung weiter zu fördern, muss einer unserer politischen Ansprüche sein. Der ländliche Raum braucht nicht nur rote Dächer, sondern produktive Dörfer, um die kommunale Daseinsvorsorge finanzierbar zu gestalten.
Zum Alternativantrag der Regierungskoalition nur so viel: Anträge zur Durchführung von Märchenstunden im Agrarausschuss - Himmelherrgott! - haben wir doch wirklich zur Genüge. - Ich danke für die Aufmerksamkeit.
Bevor Minister Herr Dr. Aeikens spricht, haben wir die Freude, Schülerinnen und Schüler der Clausewitz-Sekundarschule Burg bei uns begrüßen zu können. Seien Sie herzlich willkommen!
Herr Minister, Sie haben das Wort. Bevor Sie beginnen, möchte ich ansagen, dass es die Verständigung gibt, den Tagesordnungspunkt 23 noch vor der Mittagspause zu behandeln. Jetzt werde ich Sie nicht mehr unterbrechen. Bitte schön.
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Richtig ist, dass die Agrarmärkte weltweit erheblich unter Druck geraten sind. Wir haben es hier mit einer globalen Entwicklung zu tun, insbesondere auf dem Milchmarkt.
Aber ich will daran erinnern, dass auch für die Landwirte, die Schweinefleisch produzieren, die Situation schwierig ist, und dass die Betriebe auch darunter leiden, dass wir Trockenheiten zu ver
Wir haben im Hinblick auf Milch die Situation, dass die Nachfrage international sehr verhalten verläuft. Das hat auch etwas mit dem Russland-Embargo und den zurzeit geringeren Importmengen Chinas zu tun. Wir haben eine deutliche Ausweitung des weltweiten Angebots in den letzten Monaten zu verzeichnen gehabt.
Das führt dazu, dass die internationalen Märkte für Milchprodukte zurückgegangen sind, dass Preise zurückgegangen sind und dass die Milchproduktion in vielen Betrieben rote Zahlen schreibt. Ich habe deshalb am vergangenen Freitag mit den landwirtschaftlichen Verbandsvertretern und mit Molkereivertretern über die Lage diskutiert und Hilfsmaßnahmen erörtert.
Wir hatten dazu einen Experten von der Marktbeobachtungsstelle in Bonn, von der AMI eingeladen, der uns einen kompetenten Vortrag über die Situation auf dem Milchmarkt und über die Perspektiven gehalten hat. Bedauerlicherweise lautet die Schlussfolgerung, dass wir kurzfristig keine nachhaltigen Preisanstiege zu erwarten haben. Mittel- bis langfristig können wir mit steigender Weltnachfrage rechnen. Gerade in den Staaten, die sehr bevölkerungsreich sind, wird die Nachfrage nach hochwertigen Agrarprodukten steigen.
An dieser Stelle auch eine Anmerkung zu einem anderen Thema. Wenn wir jetzt schon ein TTIPAbkommen mit den USA hätten, dann hätten wir auch verbesserte Exportmöglichkeiten in einen Markt mit 300 Millionen kaufkräftigen Menschen, meine Damen und Herren. Das darf man an dieser Stelle auch nicht vergessen.
(Zustimmung von Herrn Thomas, CDU - Herr Dr. Thiel, DIE LINKE: Das ist wohl ein Witz! - Zuruf von Herrn Lange, DIE LINKE)
- Vertiefen Sie sich einmal in die Materie und reisen Sie in die USA, dann werden Sie feststellen, dass die dortige Qualität von Milch- oder Fleischprodukten nicht mit der hiesigen Qualität mithalten kann. Daraus könnten sich erhebliche Perspektiven für unseren Agrarbereich und für den Verarbeitungsbereich ergeben, sofern wir zu einer baldigen Verabschiedung des TTIP-Abkommens kämen.
Wir haben am letzten Freitag auch darüber gesprochen, wie wir den Betrieben helfen können und wie wir versuchen können, die Probleme zu lösen, die sich in den Betrieben jetzt zeigen.
Der Bundeslandwirtschaftsminister hat sich früh in diese Diskussionen eingeschaltet und einen Sonderagrarrat gefordert. Dieser Sonderagrarrat hat
am 7. September 2015 stattgefunden und ist am letzten Dienstag fortgesetzt worden. Wir werden am nächsten Montag mit Bundesminister Schmidt und mit den Länderkollegen die Brüsseler Ergebnisse auswerten.
Die Ergebnisse haben verschiedene Komponenten, erstens die Komponente Marktentlastung durch eine Ausweitung der privaten Lagerhaltung; das ist positiv.
Zweitens setzt auch Bundesminister Schmidt dort an, wo ich ansetze, nämlich den Betrieben mehr Liquidität zu verschaffen. Wir werden auch darüber reden müssen, wie die ca. 70 Millionen €, die aus dem 500-Millionen-€-Topf auf Deutschland entfallen, verteilt werden. Wir müssen auch darüber reden - das wird nicht im Handstreich zu machen sein -, wie sich die Position der Milchproduzenten zu den Verarbeitern zukünftig gestalten soll.
Wobei an dieser Stelle auch der Hinweis gestattet sein muss, dass zwei Drittel der Milchproduktion in genossenschaftlichen Molkereien stattfinden, also in bauerneigenen Molkereien.