Ich werde mich deshalb hier auf das beschränken, was uns als Ministerinnen und Minister im Titel Ihrer Aktuellen Debatte vorgeworfen wird. Hat sich eine Ministerin/haben sich Minister persönliche Redezeit bei einem privaten Radiosender erkauft? - Wenn Sie mich fragen: nein.
Wenn Sie mich fragen: Hat das Justizministerium Werbespots bezahlt, die auf eine zweistündige Radiosendung zum Thema Opferschutz hingewiesen haben?, dann sage ich: ja. Hat die Ministerin an dieser Sendung teilgenommen? - Ja, selbstver
Wenn Sie mich weiter fragen, ob dafür Steuergeld geflossen ist - ja, natürlich. Es ist Steuergeld für Radiospots geflossen, die auf eine Sendung hingewiesen haben, die mit Geld finanziert worden ist, dass uns der Landtag für genau diesen Zweck zur Verfügung gestellt hat. Es floss Geld für Spots, die angekündigt haben: Es wird eine Radiosendung zum Thema Opferschutz geben, eine Sendung mit dem Ministerium für Justiz und Gleichstellung.
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Sie erinnern sich bestimmt noch daran, dass der Landtag im Rahmen der Beratungen zum Doppelhaushalt dem Ministerium für Justiz und Gleichstellung Mittel in Höhe von 50 000 € für Öffentlichkeitsarbeit zum Thema Opferschutz zur Verfügung gestellt hat. Dieses Geld wird zweckgebunden verwendet. Es sollte genutzt werden, um ein wichtiges Thema in die Öffentlichkeit zu tragen, um die Bürgerinnen und Bürger zu informieren und um zu sensibilisieren. Das war der Auftrag, den Sie mir erteilt haben.
Sie haben damit eine richtige und eine wichtige Bitte von Vereinen, Verbänden und Opferschutzeinrichtungen aufgenommen. Wir setzen Ihren Auftrag um, gemeinsam mit Partnerinnen und Partnern aus allen Bereichen des Opferschutzes und der Opferhilfe.
So waren die Hauptakteure der heute hier zur Diskussion stehenden Sendung beispielweise der Landesvorsitzende des Weißen Ringes, die Geschäftführerin des Landesverbandes für Kriminalprävention und Resozialisierung, eine Kollegin aus der Opferberatung, die Leiterin der Strafrechtsabteilung und eine betroffene Frau, die lange von der Opferberatung begleitet wurde.
Ich kann Ihnen versichern: Wir haben die Teilnahme dieser Personen nicht zur Bedingung für diese Sendung gemacht. Vielmehr handelt es sich dabei um die Fachexperten, die schon seit Jahren für dieses Thema stehen und die den Bürgerinnen und Bürgern in dieser Sendung Rede und Antwort gestanden haben; denn das ist doch der Sinn dieser Sendung. Es war eine zweistündige thematische Sendung, in der wir alle befragt worden sind, telefonisch oder online. Die Fragen waren von uns nicht bestellt.
Herr Striegel, ich habe mir den Text des Trailers noch einmal angehört, weil hier der Vorwurf im Raum steht, es sei nicht darauf hingewiesen worden, dass das Ministerium Partner sei. „Jeder von
uns kann Opfer einer Straftat werden - aber was dann?“ - so startet der Spot. Und dann heißt es - ich zitiere wörtlich -:
„Am Montagabend das Radio SAW Spezial zum Thema Opferschutz mit dem Ministerium für Justiz und Gleichstellung. Wir reden über Beratungs- und Hilfsangebote und über die Gesetze, die die Rechte von Opfern stärken. Wir machen Mut, Unterstützung in Anspruch zu nehmen, klären auf und geben Orientierung; denn: Damit man als Opfer seine Rechte nutzen kann, muss man sie kennen.“
Sie sehen also, wir haben die Werbetrommel für unser Thema gerührt, haben einem Thema, das uns allen in diesem Hohen Haus wichtig ist, einen hohen Stellenwert eingeräumt. Der Tag des Opferschutzes hat am 9. Juli im Magdeburger Justizzentrum stattgefunden. Und wir haben für dieses Thema auch mit Anzeigen in der „Volksstimme“ und im „Generalanzeiger“ sowie mit Plakaten am Bahnhof geworben. Sollen wir das alles einstellen? Wie sollen wir dann Öffentlichkeit generieren?
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Das wollte ich voranstellen. Ich möchte vor allen Dingen dazu beitragen, die angestoßene Debatte zu versachlichen. Es ist der Auftrag an die Politik, Strategien zu entwickeln und Probleme zu lösen. Dies erwarten die Bürgerinnen und Bürger von uns und wir wollen und müssen die Bürgerinnen und Bürger auf diesem Weg mitnehmen.
Wir stehen genauso wie Sie als Abgeordnete dann konkret vor der Frage: Welche Kanäle gibt es dafür? Welche Kanäle kann und will ich bedienen? - Radio, insbesondere eine Sendung, die Zuhörer und Experten zusammenbringt, ist ein solcher Kanal. Opferschutz ist eben kein Thema, das ich in einer Minute und 30 Sekunden erklären kann. Daher war ich dankbar dafür, dass mir dieser breite Raum zur Verfügung stand, um für dieses Thema zu sensibilisieren.
Regierungen machen Öffentlichkeitsarbeit. Sie sind dazu sogar verpflichtet und daran ist nichts verwerflich, im Gegenteil. Dazu hat das Bundesverfassungsgericht bereits im Jahr 1977 entschieden; es hat die Aufgabe der Bundesregierung und von Landesregierungen betont, die Bürger über ihre Arbeit zu unterrichten, ihnen die Grundlagen und Zielvorstellungen der Regierungspolitik darzulegen und sie über ihre Rechte und Pflichten zu informieren. Dort heißt es - ich zitiere wörtlich -:
„Öffentlichkeitsarbeit von Regierungen und gesetzgebenden Körperschaften ist in Grenzen nicht nur verfassungsrechtlich zulässig, sondern auch notwendig. Die Demokratie
des Grundgesetzes bedarf - unbeschadet sachlicher Differenzen in Einzelfragen - eines weitgehenden Einverständnisses der Bürger mit der vom Grundgesetz geschaffenen Staatsordnung. Dieser Grundkonsens wird von dem Bewusstsein der Bürger getragen, dass der vom Grundgesetz verfasste Staat dem Einzelnen im Gegensatz zu totalitär verfassten Staaten einen weiten Freiheitsraum zur Entfaltung im privaten wie im öffentlichen Bereich offenhält und gewährleistet. Diesen Grundkonsens lebendig zu erhalten, ist Aufgabe staatlicher Öffentlichkeitsarbeit.“
Genau hier, meine sehr geehrten Damen und Herren, ordnen sich unsere Aktivitäten ein, das Thema Opferschutz in den Fokus zu rücken. Dass uns genau für diesen Zweck Mittel vom Parlament zur Verfügung gestellt wurden, zeigt ja, dass auch Sie davon ausgegangen sind, dass das nicht komplett zum Nulltarif zu haben ist.
Wie will ich eine Veranstaltung bewerben? - Ich muss dafür eine Anzeige schalten oder ich muss ein Plakat kleben. Genau das haben wir getan. Ich will Aufmerksamkeit, dann muss ich einen Spot schalten. Genau das haben wir getan.
Auch die Investitions- und Marketinggesellschaft hat Radiospots geschaltet, um die Werbetrommel zu rühren für die Landesmarketingkampagnen „Wir stehen früher auf“ und „Dafür stehen wir früher auf“, für die Rückholerkampagne der Staatskanzlei, für die Abschlussveranstaltung zum Jubiläumsjahr „Anhalt 800“, für das Gartenträume-Festival, für den Hugo-Junkers-Preis, für die Landesausstellung Naumburger Meister und für die Fachkräfteveranstaltung „Hierbleiben“. Ferner wurden Beilagen in der „Mitteldeutschen Zeitung“ und in der „Volksstimme“ finanziert, wie beispielsweise die Sonderveröffentlichung „Zukunft in Sachsen-Anhalt“, die EU-finanzierte Projekte vorgestellt hat.
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es ist Kern der Pressefreiheit, dass Zeitungen, Funk und Fernsehen ihre Themen selbst wählen, sie gewichten und kommentieren, dass sie den Nachrichtenwert prüfen und ein Thema aufgreifen, ein anderes aber nicht. Gerade weil das so ist und weil sich niemand aus der Politik Aufmerksamkeit bestellen oder kaufen kann, steht neben der Pressearbeit die Öffentlichkeitsarbeit. Wir stehen als Interviewpartner zur Verfügung, wenn wir angefragt werden, aber wir werden eben auch selbst aktiv.
sungsgericht ins Stammbuch geschrieben, wie ich es eben zitiert habe. Daneben gibt es auch eine andere Institution, die uns ganz deutlich sagt, dass es ohne Öffentlichkeitsarbeit nicht geht: die Europäische Union. Die Europäische Union verlangt dezidiert Öffentlichkeitsarbeit. Wer Projekte umsetzt, der hat die ganz konkrete Vorgabe, Öffentlichkeitsarbeit zu betreiben. Es gibt Informations- und Publikationspflichten und natürlich steht dafür auch Geld aus europäischen Fonds zur Verfügung.
So legt zum Beispiel die aktuelle Kommunikationsstrategie für die europäischen Investitions- und Strukturfonds fest, dass der Bekanntheitsgrad der Fonds und ihr Image bei den verschiedenen Zielgruppen zu optimieren und über Fördermöglichkeiten zu informieren ist. Das klingt zunächst sperrig, lässt sich aber gut übersetzen: Wenn wir wissen, dass der Bekanntheitsgrad der EU-Fonds zwar gestiegen ist, insgesamt aber weiterhin seitens der Bürgerinnen und Bürger ein eher geringes Interesse an EU-Themen besteht, dann müssen wir, dann muss Politik zeigen, wo und wie europäische Regionalpolitik wirkt, und muss ihre Bedeutung sichtbar machen.
Das galt vergleichbar für die Kampagne des Ministeriums für Justiz und Gleichstellung zum Thema Gender Mainstreaming im Jahr 2013, bei der Gelder der Technischen Hilfe eingesetzt wurden, um ein EU-Querschnittsziel in den Fokus zu rücken, nämlich die Gleichstellung. Das gilt auch im Bereich des Finanzministeriums für die Öffentlichkeitsarbeit zum Programm Stark III. In beiden Fällen gab bzw. gibt es einen Geschäftsbesorgungsvertrag mit der Investitionsbank. Die Radiospots waren ein Mosaikstein der Genderkampagne und eben auch der Maßnahmen zur Information über das Stark-III-Programm.
Bei der Aktuellen Debatte hat auch die Landesregierung nur eine Redezeit von zehn Minuten. Es gibt aber bereits zwei Fragesteller, die Ihre Redezeit gern verlängern würden.
Ich komme zum Schluss. - Ich möchte noch einmal betonen: Für die Sendung wurde nicht bezahlt. Bezahlt wurde für Werbespots im Vorfeld der Sendung. Deshalb lade ich Sie ausdrücklich ein: Lesen
Sie das Protokoll der Spezialsendung zum Thema Opferschutz. Diese Sendung, die hier auch in der Kritik steht, ist eine gute Sendung gewesen. Wir haben damit viele Menschen erreicht und haben genau das Ziel erreicht, dass Politik nicht nur Strategien entwickelt, sondern sie auch an die Bürgerinnen und Bürger heranträgt. - Vielen Dank.
Vielen Dank, Frau Ministerin. Frau Kollegin Lüddemann und Herr Kollege Wagner möchten Ihnen Fragen stellen. - Frau Lüddemann, bitte schön.
Frau Ministerin, Sie haben sehr ausführlich dargestellt, welche Kanäle der Öffentlichkeitsarbeit es gibt und dass es selbstverständlich ist, dass Sie für die Dinge, die Sie tun, mit welchen Geldern auch immer werben. Das hat niemand in Abrede gestellt; weder meine Fraktion noch jemand anders in diesem Hohen Hause wird das in Abrede stellen.
Es geht nicht um die Plakate, um die Kampagnen, um die Stoffbeutel, die Sie erwähnt haben, auf denen überall erkennbar ist: Das ist das Logo der Landesregierung, das ist also etwas, das die Landesregierung, also das Land Sachsen-Anhalt, gesponsert hat. Das ist nicht das, was hier in Rede steht. Ich gehe davon aus, dass die in Rede stehenden Sendungen auch keine Veröffentlichungen im Rahmen der Pressefreiheit sind, bei denen sich früh der Redakteur aus dem tagesaktuellen Geschehen heraus an Sie gewandt hat und diese Sendung produziert hat.
Zum Hintergrund meiner Frage möchte ich sagen: Ich bin ehrenamtlich unterwegs und ich weiß, welche hohen Hürden in diesem Land gesetzt werden, wenn man mit öffentlichen Geldern hantiert. Auf jedem kleinen Ding im Rahmen der Öffentlichkeitsarbeit steht ein Logo, „gefördert von“ usw. Ich finde, das ist ein Muss und eine Selbstverständlichkeit, wenn man mit öffentlichen Geldern und mit Steuergeldern hantiert. Wie wir das von den Ver
einen und Verbänden in unserem Land verlangen, so müssen wir selber als Abgeordnete auch handeln. Und das ist die Mindestanforderung, die ich auch an diese Landesregierung stelle.
Sie haben gesagt, in der Sondersendung seien die Werbeblöcke als Werbespots gesendet worden. Ich habe mir die Sendung im Internet angehört. Ich habe das so nicht wahrgenommen. Ich erwarte, dass in einem Werbeblock gesagt wird: Dieser Beitrag wurde gesponsert von … Das ist nicht zu hören.
Ich gehe aber davon aus, da Sie noch immer der Meinung sind, dass es tatsächlich Werbespots sind, dass es auch Verträge dazu gibt. Ich würde gern wissen: Was genau steht in diesen Verträgen? Steht in diesen Verträgen, dass die Ministerin oder der Minister zu reden hat,
in welcher Weise und wie dieser Auftritt zu erfolgen hat, wie viel Geld tatsächlich geflossen ist? - All diese Dinge würde ich sehr gern einmal sehen. Wenn Sie heute nichts dazu sagen können, dann ist es, glaube ich, angemessen, in dem entsprechenden Ausschuss dazu zu berichten.