Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Worum es heute geht, hat Herr Meister hinreichend klar und eindeutig erläutert.
Daher kann ich mir Wiederholungen sparen. Was er heute gesagt hat, was seit Montag durch die Gegend wabert, war zum Teil nichts Neues. Bereits im Januar hat der ehemalige Präsident des Landesrechnungshofes Herr Seibicke in der öffentlichen Zeugenvernehmung diese Dinge öffentlich benannt. Der Bericht des Präsidenten des Landesrechnungshofes fiel nicht wie gottgegeben vom Himmel, sondern die Dinge waren bekannt.
Umso verwunderlicher war für mich die Aussage des Ministerpräsidenten Haseloff in seiner Vernehmung vor dem Ausschuss am Mittwoch, er freue sich auf den heutigen Tag, weil Minister Möllring endlich die Erfolgsgeschichte der IBG vorstellen könne. Es hat auch meine Vorfreude erhöht, so etwas zu hören. Allerdings nährten sich auch die Zweifel, ob sich denn unsere Bewertung aus dem Jahr 2013 mit neuartigen Kenntnissen verändert könnte. Ich muss feststellen: Das ist eigentlich nicht passiert.
Lieber Kollege Minister Möllring, natürlich gibt es Erfolgsmodelle im Wagniskapitalgeschäft in Sachsen-Anhalt, ohne Zweifel. Sie haben die Dinge benannt. Natürlich gibt es auch in anderen Bereichen, in denen Wirtschaftsfördermittel eingesetzt wurden, Erfolgserlebnisse. Ohne Zweifel! Die Liste erfolgreicher Unternehmen in Sachsen-Anhalt ist durchaus lang. Das heißt aber nicht, dass dies für alle Bereiche zutrifft.
Wenn wir 160 Beteiligungen haben und davon sind im Laufe der Zeit 52 insolvent gegangen, also ein Drittel, dann kann man sagen, es habe sich um Wagniskapitalgeschäfte bei jungen und innovativen Unternehmen gehandelt. Das ist aber nur die halbe Wahrheit. Es waren auch gestandene Unternehmen darunter, die in die Insolvenz gegangen sind.
Wenn 30 davon noch außerhalb des Landes Sachsen-Anhalt mit Beteiligungskapital versehen werden, könnte man auch noch ein Auge zudrücken, sofern Wertschöpfung wirklich in Sachsen-Anhalt hätte realisiert werden können; aber das war nicht der Fall.
Wenn der Landesrechnungshof 5 % der Fälle prüft, heißt das noch lange nicht, dass bei den restlichen 95 % die Welt in Ordnung ist.
Gelegenheit, das noch einmal zu wiederholen. Vielmehr möchte ich mich den wirklichen Problemen zuwenden, mit denen wir hierbei zu tun haben.
Wenn ich eine Erfolgsgeschichte für Beteiligungsfonds zeichnen will, dann muss ich ganz andere Fragen stellen: Was sind die Einnahmen? Wie ist die Fondsgröße? Wie ist die Anzahl der Beteiligungen? Wie ist die gemeinsame Beteiligung, auch mit privatem Kapital wertmäßig zu sehen? Wie sind die Rückflüsse? Wie ist der Exit bzw. das Entgelt? Was sind Verwaltungskosten und was sind Abschreibungen?
Davon habe ich heute in der Zusammenfassung nichts gehört. Dann muss ich mich noch einmal durch die Jahresabschlussberichte der IBG quälen, um zu einem Ergebnis zu kommen. Ich habe gehofft, dass das gesagt wird.
Die obersten Kassenprüfer des Landes haben sich mehrfach mit diesem Problem beschäftigt und immer darauf verwiesen. Themen sind dabei der Kapitalverzehr, Mängel in der Nachweisführung und mangelnde Kontrollfunktionen. Das wurde über Jahre hinweg angesprochen.
Der Kapitalverzehr ist durchaus ein Problem. Im Jahr 2013 sprachen wir von 69 Millionen €, die verbraucht wurden. In diesem Jahr spricht der Präsident des Landesrechnungshofes von einem Fehlbetrag von 80 Millionen €. Das ist eine Menge Geld, und es stellt sich die Frage, wo es ist. Es ist nicht im schwarzen Loch verschwunden, sondern es hat lediglich den Besitzer gewechselt. Aber darüber kann man doch offen reden.
Jede private Venture Capital-Gesellschaft wäre lange pleite gewesen, wenn sie so mit den öffentlichen Geldern umgegangen wäre.
Natürlich ergibt sich die Frage, wie wir mit Risikokapital weiterhin umgehen wollen. Um es klar und eindeutig zu formulieren - das haben wir auch schon 2011 gesagt -: Jawohl, wenn wir Forschung und Entwicklung als ein Hauptproblem bei unseren kleinen und mittelständischen Unternehmen ansehen, dann benötigen wir dazu auch die erforderlichen Förderinstrumente. Das gilt im besonderen Maße auch für Wagniskapital. Daran gibt es gar keinen Zweifel. Die Frage ist nur, in welcher Größenordnung wir Geld geben und wie das Geld verwaltet wird.
Gerade weil beim Management der Fonds so viele Ungereimtheiten aufgetreten sind, ist die Frage nach einer Diskussion darüber mehr als notwendig. Warum also nicht gleichberechtigt auch diesen
Momentan haben wir den Fall, dass sich die kleinen Unternehmen mit Darlehen und Beteiligungsentgelten begnügen müssen, wahrend die Großen Zuschüsse gezahlt bekommen. An dieser Stelle ist ein Umdenken erforderlich,
Revolvierende Fonds, wie Wagniskapital, können auch in Zukunft ein geeignetes Instrument für Sachsen-Anhalt sein. Das ist die Frage.
- Das wird immer angezweifelt. Die LINKEN hätten nur komische Positionen, lieber Kollege Borgwardt. Deswegen sage ich das noch einmal klar.
Das Problem war folgendes: Geld war offenbar genügend da. Mehr als verblüffend war die Aussage von Herrn von der Osten am vergangenen Mittwoch. Er verglich in seiner nonchalanten Art Sachsen-Anhalt mit der Stadt Köln, was die Wirtschaftskraft betrifft. Er meinte, wenn man 300 Millionen € über Köln ausschütte, gebe es dort ein Problem.
Die Aussage war folgende: Es war nicht immer einfach, mit entsprechendem Geld, das vorhanden war, genügend attraktive Beteiligungen zu finden. Das hat er gesagt, lieber Kollege Leimbach.
Offenbar war es ein Leichtes, beispielsweise einem Einmann-Unternehmen 1 Million € zu geben, das bis heute außer der Stelle des Geschäftsführers in fast zehn Jahren keinen einzigen Arbeitsplatz geschaffen hat. Man kann sagen, das seien Einzelfälle, bei denen man nicht genau hingeschaut hat.
Das alles erinnert an den 13. Untersuchungsausschuss zu einem anderen Fördermittelskandal. In den Jahren von 2006 bis 2008 war auch viel Geld unterwegs, was einen nachhaltigen Einsatz suchte. Auch das bot reichlich Ansatz für Missbrauch. Aber das ist ein weiteres Kapitel.
Kollege Schröder beklagte diese Woche, dass wir heute über die IBG reden, obwohl die Arbeit des Untersuchungsausschusses noch gar nicht beendet ist. Darin gebe ich Ihnen Recht; das stimmt.
Bestimmte Aussagen, die wir hier treffen können, sind zwar im Rahmen der Zeugenvernehmungen protokolliert worden, die Unterlagen sind aber nur uns, nicht jedoch der Öffentlichkeit zugänglich.
Das heißt, die Probleme, die wir im Abschlussbericht auflisten werden, werden sehr umfangreich sein, worin das Versagen auch der Kontrollgremien zu begründen ist. Auch das wird im Abschlussbericht eine Rolle spielen. Deswegen ist das nicht so ohne Weiteres möglich.
Präsident Barthel sprach vom kollektiven Versagen bei der IBG und meinte damit fehlendes Regelwerk bei Arbeit, Controlling und Nachweisführung. Das wird sicherlich im Abschlussbericht eine große Rolle spielen.
Aber Sanktionsmöglichkeiten bei der Missachtung von Beteiligungsgrundsätzen und weitere förderrechtliche Vorgaben durch die Managementfirma GoodVent waren selbst im Geschäftsbesorgungsvertrag nicht geregelt, so auch Ex-Präsident Seibicke.
Herr Ministerpräsident, als Sie am Mittwoch meinten, die IBG wäre ein Erfolgsmodell und Sie würden wieder alles so machen, wie es einmal war, war selbst ich für einen Moment sprachlos.
Zumindest die Insider räumen Mängel ein. Staatssekretärin Zieschang sprach vorsichtig von Entscheidungen, die nicht im Einklang mit den Beteiligungsgrundsätzen standen. Heute hat Minister Möllring einen ähnlichen Satz gesagt; zumindest habe ich ihn so verstanden.
Sie sprachen die Firmengruppe Hübner an, die hier in Rede stand. Klaas Hübner hat im Untersuchungsausschuss klipp und klar gesagt: Er ist vor allem deshalb aus der IBG ausgestiegen, weil die Verbindung seiner Firmengruppe mit der IBG für ihn rufschädigend war.
Aber 50 % von André Schröders Klage sind nicht berechtigt. Denn im Untersuchungsauftrag steht, dass wir uns auch mit den Vergabeprinzipien zu beschäftigen haben.
Deshalb gibt uns die Aktuelle Debatte die Gelegenheit, das noch einmal anzusprechen. In der übernächsten Woche sollen wir in einer gemeinsamen Sitzung der Ausschüsse für Finanzen sowie für Wissenschaft und Wirtschaft zur Kenntnis nehmen, wie das künftige Beteiligungsmanagement vergeben wird. Obwohl der Untersuchungsbericht nicht vorliegt; obwohl es eine Reihe von Problemen gab, die wir hier diskutiert haben; obwohl dieses Problem einen breiten Raum in
Zeugenbefragungen eingenommen hat: Wer kannte wen? Wer hatte besondere Interessen? Wie lief das Vergabeverfahren ab? Wie wurden Verträge formuliert? Welche Bedingungen standen in den Geschäftsführerverträgen, die zu festgestellten Verwerfungen und Ungereimtheiten führten und schlussendlich zum Versagen der Aufsichtsgremien?
Das ist das Dilemma, vor dem wir jetzt stehen, dass wir das in der übernächsten Woche zur Kenntnis nehmen müssen, ohne dass der Untersuchungsauftrag abgeschlossen wurde.
Bei der Debatte zum Einsetzungsbeschluss hatten wir auf den Mangel einer kurzfristigen Vergabe des Managements hingewiesen. Man wird uns bestimmt erklären, Brüssel habe Druck gemacht. Denn im Jahr 2013 lag bereits eine Reihe von Vorwürfen zum Umgang mit Mitteln der Europäischen Union in Sachsen-Anhalt auf den Brüsseler Schreibtischen: Dessauer Fördermittelskandal, Jahnhalle Wolmirstedt. Im Sommer 2014 kam das Schreiben zur Zahlungsunterbrechung von 258 Millionen € wegen weiterer beanstandeter Förderprojekte hinzu.
Alles in allem ist das eine ziemliche Fülle von Ungereimtheiten in Sachsen-Anhalt. Deshalb wollte man offenbar in Brüssel nicht weiter auffallen und hat auf eine zügige Umsetzung der Dinge gesetzt. Sie können sich also auf kritische Nachfragen im Ausschuss freuen.