Protocol of the Session on September 9, 2011

(Herr Borgwardt, CDU: Hat der Landtag die Kraft, das zu ändern?)

- Ich gehe davon aus, dass der Landtag sich erst einmal dazu verständigen muss. Denn erst brauchen wir die Daten und die Evaluierung der Regierung, um festzustellen, woran es gelegen hat, und dann können wir daraus ableiten, wie wir weiter verfahren. Ich werde jetzt nicht ins Blaue spekulieren.

Ich möchte noch etwas sagen. Sie haben den Content angesprochen. Ich werbe dafür, dass wir nicht nur den Content - - Ich übersetze das einmal - ich weiß nicht, ob Herr Scheurell hier ist -: Das heißt Inhalt und bezieht sich auf die Inhalte im Netz. Natürlich kann man auf die „Volksstimme“ verweisen. Natürlich kann man auch auf die „Mitteldeutsche Zeitung“ verweisen. Mir ist es wichtig, an dieser Stelle zu sagen: Inhalt im Netz kommt hauptsächlich vom Netzteilnehmer und nicht von den Massenmedien. Das ist eine Stärke des Internets.

(Zustimmung von Herrn Herbst, GRÜNE)

Auch das müssen wir bedenken, wenn wir sagen: Das Internet in Sachsen-Anhalt ist attraktiv.

Dazu gehören viele Websites und Blogs der Abgeordneten, die teilweise mit einer besseren Qualität

publizieren als Journalisten von Massenmedien, ohne damit gezielt auf überregionale sachsenanhaltische Zeitungen anzuspielen.

Ich glaube, wir werden im Ausschuss die Fragen, die heute aufkamen, eruieren.

Ich möchte hinzufügen: Ich goutiere die Maßnahmen, die die Landesregierung unternommen hat, um tatsächlich den Breitbandinternetzugang zu fördern. Ich kritisiere, dass das nicht so zielgerichtet passiert ist, dass die eigenen Ziele am Ende tatsächlich erreicht werden konnten. Deswegen benötigen wir ein neues Konzept. Deswegen müssen wir analysieren, woran es gelegen hat. Das ist unser Anliegen und das werden wir, so denke ich, in den Ausschüssen auch tun. - Haben Sie vielen Dank.

(Beifall bei der LINKEN und bei den GRÜ- NEN)

Danke schön, Herr Kollege Wagner. - Als Nächster spricht für die Fraktion der CDU der Abgeordnete Herr Schulz. Wir dürfen Seniorinnen und Senioren der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg begrüßen, die unsere Landschaft der Studentinnen und Studenten bereichern und uns heute mit ihrem Besuch beehren. Herzlich willkommen hier im Haus!

(Beifall im ganzen Hause)

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich denke, ich muss hier nichts Grundsätzliches wiederholen. Vieles ist zu Recht gesagt worden. Ich möchte aber doch zu Beginn mit einer Mär aufräumen, nämlich mit der, dass SachsenAnhalt auch hierbei wieder das Schlusslicht aller Bundesländer abgibt. Wir haben - lassen Sie mich die Zahlen nennen - in Sachsen-Anhalt bei der Grundversorgung mit mindestens 1 Mbit/s einen Versorgungsgrad von 80,4 % zu verzeichnen. Thüringen und Mecklenburg-Vorpommern sind noch schlechter versorgt. In Thüringen beträgt der Anteil sogar nur 73,2 %.

Klar ist auch: Wir sind damit nicht am oberen Ende der Skala, sondern am unteren. Aber wir sind nicht das Schlusslicht, wie immer wieder behauptet wird. Klar ist auch, dass wir uns weiter hocharbeiten müssen, um das Ziel, nicht an 1 Mbit/s festzukleben, sondern auf 2 Mbit/s hochzugehen, zu erreichen und Sachsen-Anhalt bis zum Ende des nächsten Jahres flächendeckend damit zu versorgen. Das Ziel werden wir mit der Unterstützung des Landtages auch erreichen.

Herr Staatsminister, Sie haben mehrmals die Altmark angesprochen und haben einige Fragen formuliert. Eine dieser Fragen kann ich schon jetzt beantworten: Ich bin mir sicher, dass in allen Orten

der Altmark der Anschluss an das schnelle Internet gewünscht ist. Diese Frage wäre also beantwortet.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Ob dann tatsächlich jeder Haushalt in einem Ort einen Anschluss haben möchte - das hängt auch von der jeweiligen Bevölkerungsstruktur ab -, ist eine ganz andere Frage.

Natürlich sind die Verbesserungen der Breitbandversorgung in Sachsen-Anhalt und der weitere Ausbau des schnellen Internets für die Bürgerinnen und Bürger sowie die Wirtschaft in unserem Land ein zentrales Anliegen. Wir als CDU-Fraktion stehen zu diesem Vorhaben. Aber Hand aufs Herz: Wer von uns weiß wirklich, worum es sich bei Speed-Pipe, HSPA, UMTS - ich nenne die deutschen Buchstaben -, LTE, Glasfaserkabel, Powerline, Sat-DSL etc. handelt? Dort scheint hohes Fachwissen vorhanden zu sein, aber ob dies für die ganze Bevölkerung repräsentativ ist, wage ich wirklich zu bezweifeln.

(Herr Wagner, DIE LINKE: Wir wissen es!)

- Herr Wagner, Sie wissen es vielleicht. - Deswegen sage ich hier ganz klar: Wir sollten nicht in einen Überbietungswettbewerb mit immer höheren Übertragungsraten eintreten und die Bürgerinnen und Bürger mit diffusem Halbwissen über technische Standards verunsichern. Diese Frage wird Ihnen im ländlichen Raum niemand im Alter über 60 Jahre beantworten können, geschweige denn einen unmittelbaren Bedarf für 100 Mbit/s anmelden.

Klar ist aber auch, dass eine Internetversorgung zur Daseinsvorsorge gehört. Gerade im ländlichen Raum, wo die Wege immer länger werden, ist ein schneller Internetzugang unabdingbar, sei es für die Nutzung des neuen elektronischen Personalausweises, für die aufkommende Telemedizin, für das Online-Banking, für die Nutzung von Schul- und Bildungsangeboten oder einfach nur um den Rufbus zu bestellen oder Film- und Fernsehangebote abzurufen.

(Unruhe)

- Herr Präsident, ich könnte meine Rede zu Protokoll geben. Wenn wir ein bisschen mehr Aufmerksamkeit erzeugen könnten, dann könnte ich auch weiter reden.

(Beifall bei der CDU, bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Wo Sie Recht haben, haben Sie Recht.

Vielleicht ist das Internet für Sie nicht ganz so wichtig, aber für uns im ländlichen Raum ist das ein wichtiger Punkt.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Von der Bedeutung eines Internetzuganges für die Betriebe - nicht nur für die gewerblichen Betriebe, sondern vor allem auch für die landwirtschaftlichen Betriebe für ihr Flächenmanagement und für die Daten, die sie hoch- und herunterladen müssen - ganz zu schweigen.

Die Landesregierung hat am 5. Mai 2009 eine Breitbandstrategie für Sachsen-Anhalt verabschiedet. Bis Ende dieses Jahres sollen in die Verbesserung der Breitbandversorgung Fördergelder in Höhe von mehr als 35 Millionen € fließen. Staatsminister Robra hat erwähnt, dass noch einiges hinzukommt.

Bis Ende 2012 wird die Grundversorgung flächendeckend erreicht. Diese Aussage hat auch die Landesregierung getroffen. Ich bin zuversichtlich, dass wir bis Ende des nächsten Jahres die Bandbreite von 2 Mbit/s flächendeckend anbieten werden.

Gerade in den letzten Wochen werden immer mehr Masten aufgebaut. Der LTE-Ausbau kann von den Unternehmen wirtschaftlich angeboten werden. Er geht schnell voran. Die Telekom wird bis Februar 2012 490 neue Standorte mit LTE ausgerüstet haben. Damit können 560 000 Menschen an das schnelle Internet angeschlossen werden. Vodafone selbst rechnet damit, im zweiten Quartal 2012 das ganze Land mit einer Funkbandbreite von 2 Mbit/s versorgen zu können.

Meine Damen und Herren! Es wird im ländlichen Raum aber auch wahrgenommen, wenn, wie zuletzt unter anderem in Dresden, Pilotversuche mit 1 Gbit/s gestartet werden, während Teile des Landes noch nicht über eine Basisbreitbandversorgung verfügen. Deswegen werden künftig weitere Anstrengungen notwendig sein, um gerade im ländlichen Raum eine Breitbandversorgung für die Bürgerinnen und Bürger sowie die kleinen und mittleren Unternehmen im Land Sachsen-Anhalt sicherzustellen.

Dafür gibt es - das habe ich eingangs erwähnt - durchaus unterschiedliche Technologien. Die Kabellösung ist mitnichten die einzig mögliche. Es gibt das klassische Telefonnetz, das Glasfaserkabel, UMTS und HSPA. Zugänge sind auch über das Stromnetz, beispielsweise über Sat-DSL, möglich. Dabei handelt es sich um einen Standard, der bereits heute schnelles Internet im ländlichen Raum ermöglicht.

So kann bereits heute durch die Speedpipe-Technologie - fragen Sie mich nicht, wie diese Namen zustande gekommen sind -, mit der beispielsweise skyDSL 6 000 auf sehr hohe Übertragungsraten im Downstream kommt, nahezu jeder Haushalt durch Satelliten-Internet mit schnellem Internet versorgt werden.

Insbesondere im letzten Jahr hat die Funktechnologie einen enormen Bedeutungszuwachs erfah

ren. Smartphones und Tablets gelten als Kommunikationstechnologien der Zukunft. Das muss auch in der Breitbandstrategie des Landes und des Bundes berücksichtigt werden.

Ich bin durchaus dankbar dafür, dass die GRÜNEN unter Punkt 1 ihres Antrages anerkennen, dass die 2-Mbit/s-Marke bereits eine wichtige erste Zwischenmarke darstellt. Ich bin der Meinung, dass wir dieses so schnell wie möglich realisieren müssen. Ich denke darüber hinaus, dass der Landesregierung schon vor dem Hintergrund der IKTStrategie der Bundesregierung und ihrer Zielvorgaben nicht umhin kommen wird, gemeinsam mit dem Bund realistische Zielkonzeptionen zu definieren, immer vorgesetzt - so verstehe ich Ihren Antrag auch -, dass der notwendige finanzielle und logistische Aufwand im Verhältnis zu dem erbringbaren Nutzen steht.

Genauso verstehe ich auch Staatsminister Robra, wenn er vor dem Hintergrund einer technisch außerordentlich schwierigen Materie konstatiert, dass kein Land einen allgemein gültigen Masterplan hat. Hierfür sind weitere Anstrengungen nötig, um schon jetzt die Vorbereitungen für die Netze der Zukunft zu treffen und um die Vorraussetzung für die in Zukunft nachgefragten noch höheren Bandbreiten zu schaffen. Es geht dabei also weniger um eine finanzielle Förderung, als vielmehr um intelligente und kooperative Lösungen beim Netzausbau.

Vor diesem Hintergrund ist unser Alternativantrag zwischen den bereits vorliegenden Papieren die beste Alternative. Ich bitte Sie alle um Unterstützung unseres Alternativantrags. - Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU)

Danke schön, Herr Abgeordneter Schulz. - Für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN spricht zum Abschluss der Debatte der Kollege Herbst.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es ist in der Tat schon viel gesagt geworden, deswegen möchte ich mich kurz fassen. Es sind mit Blick auf die Bedeutung des Internets in der Debatte viele wichtige und richtige Dinge angesprochen worden, aber ich glaube, dass einige der Redner manches doch vielleicht noch nicht so ganz richtig verstanden haben.

(Oh! bei der CDU)

Herr Graner, wenn Sie ein ambitioniertes Ziel wie den Ausbau der richtig schnellen Netze bis 2014 als Fehler bezeichnen - das haben Sie getan, Sie sagten, es sei ein Fehler, dieses Ziel aufzustellen -, dann frage ich mich, wie ernst Sie es mit der Entwicklung des Internets wirklich meinen und ob Sie dessen Potenzial richtig einschätzen können.

Das ist keine Entwicklung, die in ein paar Jahren vorbei ist. Vielmehr wird sich der Ausbau der Datennetze in den nächsten Jahrzehnten fortsetzen, vielleicht sogar in den nächsten Jahrhunderten. Die Menschheit wird immer mehr mit Daten umgehen, Daten austauschen. Und für diese Netze der Zukunft - es sind in der Tat Netze der Zukunft; der Begriff ist heute mehrmals genannt worden - müssen wir heute die Voraussetzungen schaffen. Ohne ambitionierte Ziele werden wir das nicht erreichen.

Herr Robra, Sie sind auf die Erfordernisse eingegangen und haben die Frage in den Raum gestellt, ob Internet im ländlichen Raum und auch in den Städten überhaupt gewünscht sei. - Natürlich ist es gewünscht.

(Staatsminister Herr Robra: Von jedermann?)

- Ja, von jedermann ist es gewünscht, in allen Altergruppen. Es gibt vielleicht noch kleine Unterschiede, aber das Internet wird heute in allen Altersgruppen gewünscht.

Dazu gibt es auch Studien. Sachsen-Anhalt ist mit Blick auf das Internet übrigens in einem Fall auch einmal Spitzenreiter in Deutschland, nämlich bei dem Wunsch nach der Nutzung des mobilen Internets. Ich habe die Quelle nicht mehr im Kopf, aber ich habe das gelesen. Das kann ich auch gern nachreichen. Das heißt, wenn der Wunsch nach der Nutzung des mobilen Internets vorhanden ist, dann ist auch der Wunsch nach der Nutzung des Internets an sich vorhanden.

Wenn ich nach Internetmobilnutzung rufe, dann ist das ein Indiz dafür, dass ich keine andere Zugangsmöglichkeit, also keinen Festnetzanschluss habe. Vor diesem Hintergrund verbieten sich eigentlich schon solche Äußerungen wie: 30 % der Leute lassen sich nicht anschließen - das wurde hier gesagt -, oder auch Selbstbeweihräucherungen im Stil von „Never change a winning team“. Ich finde, es ist in diesem Kontext unangebracht, so etwas zu behaupten.