Protocol of the Session on February 27, 2015

(Herr Kurze, CDU: Nein!)

- Das möchte er nicht.

(Herr Gallert, DIE LINKE: Dann ist das eine Intervention!)

- Dann gibt es eine Intervention des Kollegen Gallert. Wir dürfen Gäste im Haus begrüßen. Das will ich auch gern tun. Es handelt sich um Damen und Herren der Fit-Bildungs-GmbH aus Magdeburg sowie Schülerinnen und Schüler der Sekundarschule aus Förderstedt. Willkommen im Landtag von Sachsen-Anhalt!

(Beifall im ganzen Hause)

Herr Abgeordneter Gallert.

Wir nehmen erst einmal - insofern hat sich die Debatte schon gelohnt - sehr interessiert zur Kenntnis, dass die CDU beabsichtigt, in der nächsten Legislaturperiode den Ganztagsanspruch für alle Kinder wieder abzuschaffen.

(Zuruf von der CDU: Nein! - Unruhe bei der CDU)

Das ist schon einmal eine klare Aussagen.

(Zurufe von der CDU)

- Er hätte es richtigstellen können. Er hat gesagt, um die Eltern zu entlasten, die zur Arbeit gehen, werden wir an anderer Stelle beschneiden. Das ist doch eine ganz klare Aussage. - Wunderbar.

(Zustimmung bei der LINKEN)

Ich bin immer für Klarheit in der Politik.

(Zurufe von der CDU)

Zweitens. Ich will noch Folgendes sagen. Wissen Sie, ich habe nicht gedacht, dass ich als Vertreter der Opposition einmal solch einen Satz sage.

(Zurufe von Frau Dirlich, DIE LINKE, und von Frau Brakebusch, CDU)

Wissen Sie, vielleicht ist es besser, wenn wir einmal versuchen, ein Problem zu lösen, anstatt darüber zu diskutieren, wer schuld ist.

(Beifall bei der LINKEN - Frau Dirlich, DIE LINKE: Aber da muss etwas rüber kommen! - Zuruf von Herrn Leimbach, CDU)

Ich komme zu meiner letzten Bemerkung. Ich verstehe im Grunde genommen nicht, wie man sich hier hinstellen und sagen kann, die Kommunalaufsicht hat doch keine Anweisungen erhalten, darauf zu drücken, dass die Elternbeiträge erhöht werden. Nein liebe Kolleginnen, man muss eine Kommunalaufsicht nicht entsprechend anweisen. Die Mehrheit unserer Gemeinden und alle Landkreise sind in der Konsolidierung. Unter diesen Umständen muss jede Kommunalaufsicht jede Möglichkeit zur Erhöhung der Eigeneinnahmen einer Gemeinde aufzeigen.

(Beifall bei der LINKEN)

Man müsste sie anweisen, das nicht zu tun. Das wäre die einzige Variante. Da sind Sie letztlich bei dem Vorschlag des Landeselternrates.

(Beifall bei der LINKEN - Frau Brakebusch, CDU: Man kann auch andere Möglichkeiten wählen!)

Es gibt noch eine Zwischenintervention. Herr Abgeordneter Schröder.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich möchte nur kurz auf den Kollegen Gallert reagieren. Aus dem Hinweis des Kollegen Markus Kurze, dass es innerhalb der CDU in der Programmarbeit ein Thema gibt, das wir in das Programm aufnehmen wollen, nämlich die Entlastung der arbeitenden Eltern, die Schlussfolgerung zu ziehen, dass man das sozusagen mit Einschnitten bei Betreu

ungsansprüchen verbindet, entspringt der Fantasie des Kollegen Gallert, aber nicht der Rede des Kollegen Markus Kurze.

(Lebhafter Beifall bei der CDU - Unruhe bei der LINKEN)

Ich komme zur zweiten Bemerkung. Es geht um den Verweis auf die pure Selbstverständlichkeit, dass im Rahmen der kommunalen Selbstverwaltung auch bei kostenrechnenden Einrichtungen immer auch Handlungsoptionen bestehen, bei denen die Kommune selbst entscheiden muss. Sie muss entscheiden, ob sie Preissteigerungs- oder Teuerungsraten umlegt oder eben im Interesse der Eltern subventioniert.

Das ist eine Frage der kommunalen Selbstverwaltung. Die stellt sich jetzt aktuell auch ohne das KiFöG. Das ist kein Grund für die heutige Aktuelle Debatte; denn das ist eine Frage - das ist eine Binsenweisheit -, die sich auf kommunaler Ebene immer stellt, übrigens auch bei anderen Fragen wie im Bereich der Friedhofssatzung und sonstigen Gebühren und Beiträgen. Diese Frage stellt sich auch bei Steuerfragen und bei der Hebesatzgestaltung. Das ist eine Binsenweisheit. Das rechtfertigt die heutige Aktuelle Debatte nicht.

(Beifall bei der CDU)

Weitere Nachfragen oder Interventionen sehe ich nicht. - Wir fahren mit der Aussprache fort. Als nächste Rednerin spricht für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Frau Abgeordnete Lüddemann.

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Verehrte Fraktion DIE LINKE, diese Aktuelle Debatte ist wirklich eine Aktuelle Debatte. Wenn Sie sie in der Presse nicht so zeitig angekündigt hätten - das kann ich offen sagen -, dann hätte ich sie für meine Fraktion beantragt; denn auch mich und meine Fraktion treibt das um, was sich mancherorts gerade abspielt.

Ich habe viele Schreiben bekommen. Das hat mich auf der einen Seite gefreut, weil sich dadurch zeigt, dass in Erinnerung geblieben ist, dass wir GRÜNE schon damals in der Debatte über die Kita-Reform Vorschläge gemacht haben, die das, was wir jetzt erleben müssen, nicht hätten Wirklichkeit werden lassen.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der LIN- KEN)

Wenn man nämlich zusammenfassen will, was gerade im Land passiert, und große Worte gebrauchen würde, dann müsste man sagen, dass das Ziel gleichwertiger Lebensverhältnisse auf dem

Spiel steht. Auch wenn wir momentan nur eine bruchstückhafte Aufnahme haben - wir haben nämlich keine solche Liste für das ganze Land, wie Sie sie vorhin hochgezeigt haben -, müssen wir trotzdem konstatieren, dass sich das Ungleichgewicht bei den Kita-Gebühren immer mehr verstärkt und dass eine deutliche Gefahr für die Entstehung einer sozialen Schieflage im Land entsteht.

Der Ausgangspunkt dieser Debatte sind die drastisch gestiegenen Kita-Gebühren. Es gibt Spitzen, bei denen wir eine Erhöhung von über 100 % zu verzeichnen haben. Das ist eine enorme finanzielle Belastung für die Familien. Und Familie ist nicht gleich Familie. Das will ich hier auch noch einmal einführen. Insofern kann die Sorge der CDU und mancher Familien durchaus nachvollziehen. Es gibt auch die Alleinerziehendenfamilie, die nicht mit dem immer gern angeführten klassischen gut verdienenden Doppelverdienerehepaar identisch ist.

(Herr Gallert, DIE LINKE: Genau!)

Die finanzielle Belastung der Familien treibt uns also um. Vor allem treibt uns um - die Gefahr ist wirklich gegeben, das habe ich selbst in meiner Sprechstunde erlebt -, dass Familien, für die die Kitas als Bildungsorte wirklich existenziell wichtig sind, entscheiden - hierbei geht es nicht um die Eltern oder um die Familien, sondern hierbei geht es wirklich um das einzelne Kind -, dass diesem Kind dieser Rechtsanspruch vorenthalten wird, weil die Eltern sich gegen den Kita-Platz entscheiden, weil die Kosten in keinem Verhältnis mehr zu dem stehen, was sie bei manchen Arbeitsverhältnissen als Entlohnung erhalten.

Wenn der Rechtsanspruch unterwandert wird und sinkende Betreuungsquoten insbesondere in strukturschwachen Regionen drohen, dann haben wir insgesamt als Gesetzgeber die Verantwortung, tätig zu werden, finde ich.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der LIN- KEN)

In dieser Debatte stellen sich zwei Fragen. Welche Gründe gibt es für die Erhöhung und was kann das Land dagegen tun? - Hierzu will ich ganz klar sagen - das ist auch schon mehrfach angesprochen worden, aber ich finde, dass das ein Befund ist, der auf der Hand liegt -, dass die Kommunalaufsicht natürlich tätig werden und die Gemeinden, die sich in der Haushaltskonsolidierung befinden, und die Gemeinden, die keinen ausgeglichenen Haushalt vorlegen können, auffordern muss, an allen Stellschrauben zu drehen, um die Einnahmen zu erhöhen. Da sind nun einmal - das ist im Gesetz offengelassen worden - die Kita-Gebühren eine dieser Stellschrauben.

(Frau Brakebusch, CDU: Eine!)

Aber um diese Stellschraube geht es jetzt in der Aktuellen Debatte.

(Frau Brakebusch, CDU: Aber nur eine!)

Dass diese Situation noch dadurch verschärft wird, dass die Zuweisungen an die Gemeinden im aktuellen FAG gekürzt wurden, liegt, glaube ich, auf der Hand.

Wir haben damals - jetzt gebrauche ich diesen Terminus, den ich eigentlich vermeiden wollte - in der Tat schon gesagt, dass aus der Formulierung, die Eltern tragen maximal 50 %, sehr schnell ein „mindestens 50 %“ werden kann. Dahin gehend waren wir uns als Opposition einig. Aber wie das in diesem Hohen Haus so ist: Das wollte damals niemand wissen. Es bleibt festzustellen, dass das ein hausgemachtes Problem ist.

(Unruhe bei den GRÜNEN und bei der LIN- KEN)

In vielen Kommunen stellt sich jetzt die Frage, ob sie hierbei auch tätig werden müssen, wenn die neuen Haushalte erstellt werden. Solche Fragen habe ich in meiner Sprechstunde zu beantworten.

(Zuruf: Ich ja auch!)

In diesem Fall reicht es eben nicht, einen Brief an den Innenminister zu schreiben. Denn das Gesetz ist da. Und wenn die SPD diesbezüglich tätig werden will, dann muss sie nicht an den Innenminister schreiben, sondern dann muss sie das selbstgemachte Gesetz ändern.

(Zustimmung bei den GRÜNEN - Zuruf von Herrn Weigelt, CDU)