„Der landes- und bundespolitischen Ebene kommt bei der Förderung und Unterstützung des Ehrenamtes eine zentrale Rolle zu.“
„Landes- und Bundesgesetze setzen Rahmenbedingungen für die ehrenamtlich Tätigen. In dieser Wahlperiode wurden in Sachsen-Anhalt wichtige Initiativen zur Stärkung des Ehrenamts ergriffen, zum Beispiel durch die Förderung des Ehrenamts im Katastrophenschutz, durch das neue Rettungsdienstgesetz des Landes Sachsen-Anhalt sowie die Entlastung des Ehrenamts und die Entbürokratisierung von Verwaltungsabläufen im Sportfördergesetz.“
„Am 29. März 2013 trat das Gesetz zur Stärkung des Ehrenamts in Kraft. Das Gesetz hebt die sogenannte Übungsleiterpauschale im Einkommenssteuerrecht an und baut bürokratische Hemmnisse ab.
Auch die sogenannte Ehrenamtspauschale wurde um 300 € angehoben. In beiden Fällen unterliegen die Einnahmen weder der Steuer- noch der Sozialversicherungspflicht.“
Meine Damen und Herren! Wie bereits in der von meiner Fraktion zum damaligen Antrag durchgeführten Anhörung deutlich wurde, gibt es ein erhebliches Problem mit der Entschädigung für ehrenamtliche Bürgermeister und Stadträte, wenn diese Personen dem Regelungsgehalt des SGB II unterliegen. In § 35 des Kommunalverfassungsgesetzes Sachen-Anhalt sind der Anspruch und das Verfahren für die Entschädigung und Ausübung des Ehrenamtes oder einer ehrenamtlichen Tätigkeit geregelt.
In den Satzungen zur Gewährung der Aufwandsentschädigung haben viele Kommunen die Möglichkeit der Untersetzung nach dem Runderlass des Innenministeriums vom 16. Juni 2014 - 31.2110041 - sowie dem Runderlass des Ministeriums für Finanzen vom 9. November 2010 - 42-S 21 2110 -, geändert durch den Runderlass des Ministeriums für Finanzen vom 16. Oktober 2013, ausgenutzt.
Im Rahmen der Beanstandungen der Kommunalaufsicht wurden die Kommunen angehalten, auf Pauschalen überzugehen und auf Sitzungsgelder zu verzichten. In diesem Zusammenhang kommt es bei Mandatsträgern, die sich im SGB-II-Bezug befinden, dazu, dass durch die Jobcenter diese Pauschalen nicht als zweckbestimmte Einnahmen deklariert und folglich mit der Regelleistung verrechnet werden. Die Jobcenter beziehen sich hierbei auf das Urteil des Bundessozialgerichts vom 26. Mai 2011 - B 14 AS 93/10 R.
Erstens. SGB-II-Hilfeempfänger werden hinsichtlich ihrer Stellung als kommunale Mandatsträger zweiter Klasse diskreditiert, da ihr ehrenamtliches Engagement und die damit verbundenen Aufwendungen von ihrem Regelsatz abgezogen werden.
Zweitens. Um ihnen entstandene Aufwendungen erstattet zu bekommen - hier nach § 35 Abs. 2 Satz 6 und 7 des Kommunalverfassungsgesetzes Sachsen-Anhalt -, müssen sie in Vorkasse gehen. Das heißt, sie müssen diese Aufwendungen vom Regelsatz erst einmal auslegen und können diese dann nach Vorlage entsprechender Quittungen und der sachlichen Angemessenheit zurückbekommen.
Drittens. Nach der geltenden Rechtslage können Mandatsträger nicht auf Leistungen nach § 35 Abs. 1 und 2 verzichten. Das heißt, diese Leistungen führen automatisch zu einer Reduzierung des Regelbedarfs.
Viertens. In den vorliegenden Fällen werden die Aufwandspauschalen erst am 15. des jeweiligen Monats durch die Kommune ausgezahlt. Die Anrechnung auf den Regelsatz erfolgt jedoch bereits zum 1. des jeweiligen Monats. Je nach Höhe der Aufwandspauschalen führt diese Praxis dazu, dass zum 1. des Monats zwischen einem Drittel und der Hälfte des Regelsatzes gar nicht zur Auszahlung kommt. Das bedeutet, dass der Hilfeempfänger 14 Tage lang unter dem Niveau der Grundsicherung liegt.
In der Regel erfolgen Mietzahlungen, Betriebskosten und ähnliche Ausgaben bereits zum 1. des jeweiligen Monats. Folglich muss der oder die Betroffene sich das Geld besorgen, um diesen Verpflichtungen nachkommen zu können, will sie oder er nicht als Schuldner dastehen.
Fünftens. Um die Tätigkeit des Mandates ausüben zu können, bedarf es des engen Kontakts mit den Bürgern des Gemeindegebietes, mit den Mitarbeitern der Verwaltung und mit anderen Mandatsträgern. In der Regel nutzen die Vertretungen mittlerweile moderne Kommunikationsmittel, Computer, Laptops, Handys usw. Mandatsträger im Regelbezug können diese Aufwendungen für Hard- und Software nicht vom Regelsatz bezahlen, weil dann eine Lebenshaltung nicht möglich ist.
Auch eine Ansparung aus Aufwandsentschädigungen entfällt, da diese auf den Regelsatz angerechnet werden - ganz zu schweigen von Verbrauchsmaterialien wie Druckerpatronen, Papier oder Aktenordnern. Damit sind diese Mandatsträger von vornherein schlechtergestellt als Mandatsträger, die einer beruflichen Tätigkeit nachgehen können.
Sechstens. Durch die Jobcenter wird unterstellt, dass sich die Mandatsträger diese Kosten durch ihre Fraktionen aus den Fraktionskostenzuschüssen bezahlen lassen sollen. Diese Hinweise sind rechtswidrig, da sie gegen § 43 Abs. 1 Satz 2 des Kommunalverfassungsgesetzes Sachsen-Anhalt verstoßen. Außerdem dienen diese Fraktionskostenzuschüsse in der Regel zum Ausgleich der sachlichen und personellen Aufwendungen der Geschäftsführung. Sie sind zweckgebunden und dürfen nur für Gemeinwohlzwecke verwendet werden. Sie dürfen nicht für einen persönlichen Anspruch von Fraktionsmitgliedern verwendet werden.
Meine Damen und Herren! Unter Punkt 2 unseres Antrags gehen wir insbesondere auf die steuerrechtliche Frage ein und fordern die Landesregierung auf, gemäß dem Runderlass des Ministeriums für Finanzen vom 9. November 2010, geändert durch den Runderlass vom 16. Oktober 2013, veröffentlicht im Ministerialblatt für das Land Sachsen-Anhalt 2013, Seite 608, die Aufwandsentschädigungen bis zur steuerlichen Freigrenze als zweckbestimmte Aufwendung gemäß § 11a Abs. 3 Satz 1 SGB II zu deklarieren.
Wir haben uns bewusst für diese Formulierung entschieden, um nicht einen neuen Tatbestand zu formulieren, welcher nur mittels einstimmigen Beschlusses der Finanzministerkonferenz zu verabschieden wäre.
Meine Damen und Herren! Damit auch Aufwandsentschädigungen in den anderen Gebieten ehrenamtlicher Tätigkeit, wie unter anderem Freiwillige Feuerwehr, Katastrophenschutz und Sport, nicht ebenfalls dieser nicht zweckbestimmten Regelung unterliegen, bitten wir die Landesregierung, dies zu überprüfen und den Landtag Ende des ersten Quartals 2015 darüber zu unterrichten. Namens meiner Fraktion bitte ich um Zustimmung zu unserem Antrag. - Ich danke für die Aufmerksamkeit.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Das liegt am Umfang des Aufgabengebiets des Sozialministeriums. - Herr Grünert, am Anfang habe ich
gedacht, dass geht den Sozialminister wenig an; hierbei geht es um kommunale Dinge und Ähnliches. Wir haben uns aber innerhalb der Landesregierung darauf verständigt, dass ich zu dem Antrag rede, weil er das SGB II betrifft.
Ich kann Ihre Ausführungen nachvollziehen. Ich werde zunächst erläutern, wie das die Fachleute unseres Hauses sehen. Das SBG II ist schließlich ein sehr kompliziertes Regelwerk.
Das Anliegen der Fraktion DIE LINKE bezieht sich auf eine Änderung bei der Anrechnung von Aufwandsentschädigungen für auf kommunaler Ebene tätige Ehrenamtliche im Rahmen der Grundsicherung für Arbeitssuchende. Soweit dieser Antrag - so haben es mir meine Fachleute aufgeschrieben - unter Nr. 1 begehrt - das haben Sie zum Schluss auch gesagt -, dass Aufwandsentschädigungen nach § 35 des Kommunalverfassungsgesetzes als zweckgebundene Einnahme anzuerkennen sind, wird damit verkannt, dass das durch eine Änderung dieses Paragrafen nicht möglich ist. Man könnte das hineinschreiben, das hätte aber keine Wirkung, weil das alles bundesgesetzlich nach SGB II geregelt ist. Es besteht also keine Möglichkeit, dieses „zweckgebunden“ einzufügen.
Was im Rahmen des SGB II als Einkommen anzurechnen ist, bestimmt sich abschließend ebenfalls nach dem SGB II. Dies zu ändern, liegt nicht in unserer Zuständigkeit.
Auch die Intention des Antrags überzeugt nicht. Ich sage auch noch etwas zur Intention des SGB II. Zunächst zu Punkt 1 Ihres Antrags. Gemäß § 35 Abs. 1 des Kommunalverfassungsgesetzes hat der, der ehrenamtlich tätig ist, Anspruch auf Ersatz seiner Auslagen und seines Verdienstausfalls. Diese Entschädigungsleistungen sind daher nicht nur als pauschaler Ersatz für sächliche Aufwendungen wie beispielsweise Fahrtkosten, Telekommunikationskosten, Kosten für Schriftverkehr usw., sondern auch als Abgeltung für die aufgewendete Zeit und die Mühe zu verstehen.
Gerade die Entschädigung für die eingesetzte Arbeitsleistung ist dem Entgelt - das ist wahrscheinlich der Knackpunkt - aus einer Erwerbstätigkeit vergleichbar. Die betroffene Person setzt Arbeitszeit und Arbeitskraft im Interesse eines anderen ein und bekommt dafür Geld. Ob dieses Geld nun als Lohn bzw. Gehalt oder als Entschädigung bezeichnet wird, ist allein nicht entscheidend für die Frage der Anrechnung nach SGB II. - So sehen es jedenfalls meine Leute.
Selbstverständlich käme niemand auf die Idee, das aus einer Erwerbstätigkeit erzielte Entgelt müsse nicht zur Deckung des eigenen Lebensunterhalts eingesetzt werden. Insofern kann aus Gründen der Gleichbehandlung zumindest nicht wesentlich an
ders mit der Entschädigung aus ehrenamtlicher Tätigkeit verfahren werden, soweit diese die Abgeltung für den zeitlichen Aufwand betrifft.
Daraus erklärt sich auch, weshalb die Entschädigung nicht unter den Begriff der zweckbestimmten und damit anrechnungsfreien Einnahme des SGB II fällt und auch nicht fallen sollte.
Damit komme ich zu Punkt 2 des Antrags. Dort wird eine differenzierte Anrechnung der Entschädigung auf die Grundsicherungsleistung gefordert. Aktuell erfolgt die Anrechnung von Einkommen aus ehrenamtlicher Beschäftigung nach § 11b Abs. 2 und 3 SGB II.
Erzielt also eine Person derartige Einnahmen, so wird davon zunächst ein Grundfreibetrag für die mit der Tätigkeit verbundenen sächlichen Aufwendungen abgezogen. Ohne Nachweis sind dies pauschal 200 € monatlich, also genau der Betrag, der der in Ihrem Antrag erwähnten steuerlichen Freigrenze entspricht. Bei gewöhnlicher Erwerbstätigkeit beträgt der pauschale Grundfreibetrag nur 100 €. Insofern werden beim Ehrenamt schon verstärkte finanzielle Anreize gesetzt. Hat die betroffene Person höhere materielle Aufwendungen als 200 €, wird das Jobcenter diese von der Aufwandsentschädigung absetzen. Das - damit haben Sie Recht - geht nur mit Nachweis. Das ist bürokratisch.
Unsere Fachleute sagen zu Recht: Woher soll das Jobcenter sonst wissen, wie hoch die tatsächlichen Aufwendungen sind? Auch das den Grundfreibetrag in Höhe von 200 € übersteigende Einkommen bzw. in diesem Fall die Aufwandsentschädigung wird durch gestaffelte Freibeträge nicht vollständig auf die SGB-II-Leistung angerechnet. Dadurch wird sichergestellt, dass die ehrenamtlich tätige Person mehr finanzielle Mittel zur Verfügung hat als beschäftigungslose Leistungsberechtigte. Insofern entspricht das, was unter Punkt 2 des Antrages gefordert wird, bereits dem geltenden Recht.
Und soweit unter Punkt 3 des Antrages weitere Bereiche ehrenamtlicher Tätigkeit nach § 30 des Kommunalverfassungsgesetzes angesprochen werden, ergibt sich keine andere Sach- und Rechtslage als die bereits geschilderte. Auch dieser Personenkreis erhält eine Aufwandsentschädigung nach § 35 KVG; ebenso finden auch bei diesen die Regelungen nach SGB II Anwendung.
Etwas anderes ergibt sich auch nicht für ehrenamtlich Tätige außerhalb des Anwendungsbereichs der kommunalen Entschädigungssatzung, zum Beispiel für Übungsleiter von Sportvereinen und Ähnliche. Auch hier greifen die genannten Freibeitragsregelungen nach dem SGB II.
schrieben haben - einzugreifen bzw. dies, wie Sie es fordern, per Erlass durch das Finanzministerium zu regeln.
Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Ehrenamtliche Arbeit - darüber haben wir hier im Hohen Haus schon häufiger gesprochen - sollte nicht nur in Sonntagsreden erwähnt und anerkannt werden. Ehrenamtliche Arbeit ist für unsere Gesellschaft ein hohes Gut. Es kommt immer darauf an, wie diese von der Politik nicht nur gewürdigt, sondern auch anerkannt wird, nämlich durch konkrete Gesetzgebung oder eben durch die Änderung von Gesetzen.
Herr Minister, ich stimme Ihnen zu, wenn Sie sagen, dass dies keine Frage des Kommunalverfassungsgesetzes sei. Darin ist geregelt, dass gerade ehrenamtlich Tätige im gemeindlichen Bereich einen Anspruch auf die Anerkennung ihrer Auslagen haben und eine Aufwandsentschädigung erhalten.
Ich stimme Ihnen aber nicht zu in der Aussage, dass das nur eine Sache des SGB II ist und in Stein gemeißelt ist und somit nicht geändert werden könnte.
Wir kämpfen immer darum, dass die ehrenamtliche Arbeit nicht durch die Anerkennung von Einkommen gewertet wird, sondern dass ehrenamtliche Arbeit ein Selbstzweck sein sollte; nämlich ein Selbstzweck im Dienst der Gesellschaft. Sie sollte nicht der Einkommenserzielung dienen.
Natürlich gibt es viele Vergleiche. Diese haben Sie in Ihrer Darstellung auch angeführt. Ich habe mir die fachlichen Hinweise zu den §§ 11 bis 11b des SGB II, die auf das zu berücksichtigende Einkommen Bezug nehmen, ausgedruckt. Das ist ein dicker Wälzer. Das ist eine komplizierte Sachlage und es sind viele verschiedene Fälle dabei zu berücksichtigen.