Wahleinsprüche können von den Wahlberechtigten des Wahlgebietes, von jeder Partei oder Wählergruppe, die einen Wahlvorschlag eingereicht hat, vom zuständigen Wahlleiter sowie von der für das Wahlgebiet zuständigen Kommunalaufsicht erhoben werden. Das ergibt sich aus § 50 Abs. 1 des Kommunalwahlgesetzes unseres Bundeslandes.
Klageberechtigt gegen die Wahlprüfungsentscheidung der Vertretung sind der Wahleinspruchsführer sowie der Wahlleiter und die zuständige Kommunalaufsichtsbehörde auch dann, wenn der Wahleinspruch nicht von ihnen erhoben wurde. Die zuständige Kommunalaufsichtsbehörde für den Landkreis Stendal ist das Landesverwaltungsamt gemäß § 144 KVG. Nur diesem hätte daher rein theoretisch eine Klagebefugnis gegen die Wahlprüfungsentscheidung des Kreistages zugestanden.
eines Wahleinspruches oder einer Wahlprüfungsklage ist nicht ersichtlich. In diesem Zusammenhang sind folgende Besonderheiten des Wahlprüfungsverfahrens zu beachten.
Zum Wahleinspruch. Der Landrat als Wahlleiter des Landkreises Stendal hatte am 27. Juni 2014 hinsichtlich der zu diesem Zeitpunkt bekannten Nichtbeachtung der sogenannten Viererregelung gemäß § 25 Abs. 6a KWO im Gebiet der Hansestadt Stendal selbst Wahleinspruch eingelegt und dem Kreistag als Wahlprüfungsbehörde die Möglichkeit eingeräumt, die Kreistagswahl insofern genauer zu prüfen.
Eine zusätzliche Veranlassung der zuständigen Kommunalaufsichtsbehörde, einen eigenen Wahleinspruch einzulegen, war schon deshalb nicht gegeben. Im Übrigen lagen zum Zeitpunkt des Ablaufs der Wahleinspruchsfrist am 29. Juni 2014 ohnehin noch keine Fälschungsvorwürfe in dem jetzt zu vermutenden Umfang vor. Konkrete Ergebnisse über den Umfang von Fälschungen liegen bis heute nicht vor, da die strafrechtlichen Ermittlungen noch andauern. Insofern verweise ich auf das, was ich am Anfang gesagt habe.
Zur Wahlprüfungsklage. Das mache ich jetzt bewusst etwas ausführlicher. Die Ausübung der Klagebefugnis seitens der zuständigen Kommunalaufsichtsbehörde kann sowohl mit Blick auf die Bedeutung einer durchgeführten Wahl als auch mit Blick auf die Zuständigkeit der weisungsfrei handelnden Wahlorgane vor Ort nur in gesicherten und zweifelsfreien Fällen erfolgen, in denen nach einem entsprechenden Wahleinspruch die darauffolgende Wahlprüfungsentscheidung der Vertretung offensichtlich rechtswidrig ist. Dies war jedoch in Bezug auf die Kreistagswahl insbesondere mit Blick auf den zu diesem Zeitpunkt vorliegenden Wissensstand nicht der Fall. Hierzu wie folgt:
Das Wahlrecht kennt keine absoluten Nichtigkeitsgründe, die ohne Weiteres zur Ungültigkeit der Wahl führen. Das heißt, nicht jeder Fehler führt automatisch zur Unwirksamkeit einer Wahl. Selbst wenn der Stadt Stendal, wie in der Presse dargestellt und behauptet, am 3. Juli 2014 die ersten Fälschungen bekannt waren, führt dies nicht automatisch zur Unwirksamkeit der gesamten Kreistagswahl. Vielmehr sind alle Wahlmängel nach ihrer Auswirkung auf das Ergebnis der jeweiligen konkreten Wahl zu beurteilen.
Der Kreistag hatte sich daher entsprechend der Beschlussvorlage vom 11. Juni 2014 in der Sitzung am 3. Juli 2014 mit dem Wahleinspruch des Wahlleiters befasst und bei zwei Enthaltungen mit 28 Jastimmen zu 13 Neinstimmen die Gültigkeit der Kreistagswahl festgestellt.
Der Kreistag hat sich vor seiner Entscheidung ausführlich mit der Problematik beschäftigt und ist mit der Mehrheit seiner Stimmen zu dem Ergebnis ge
kommen, dass es entsprechend dem Bericht der Stadt Stendal vom 1. Juli 2014 bei 179 Fällen, in denen an Betroffene mehr als vier Briefwahlunterlagen herausgegeben wurden, nur bei 16 Vollmachten Auffälligkeiten gab.
Die 16 auffälligen Vollmachten wurden nochmals seitens des Rechtsamts der Hansestadt Stendal gesichtet. Bei 13 Unterlagen konnte durch erneuten Abgleich festgestellt werden, dass die Unterschrift des Wahlscheins entweder mit der Unterschrift auf der Vollmacht oder mit der Unterschrift auf dem Personalausweis übereinstimmt.
Der Kreistag ist daher zum Zeitpunkt seiner Wahlprüfungsentscheidung anhand der damals vorliegenden Erkenntnisse davon ausgegangen, dass lediglich drei Vollmachten Anlass zu Bedenken gaben, da das Schriftbild Unterschiede aufwies. Dieser Fehler hatte aber nach der Auffassung des Kreistags keine Mandatsrelevanz, sodass die Gültigkeit der Kreistagswahl festgestellt wurde.
Diese Prüfung und Entscheidung, die vom zuständigen Wahlorgan anhand des nur vor Ort vorliegenden Detailwissens getroffen wurde, wies keine offensichtlichen Fehler auf. Auch bezog sich der reine Verfahrensfehler, Nichtbeachtung der sogenannten Viererregelung, bei der Kreistagswahl im Gegensatz zu der Stadtratswahl nur auf einen Teil des Wahlergebnisses und musste daher mit Blick auf das gesamte Kreisgebiet des Landkreises Stendal nicht auch eine zwingende Mandatsrelevanz haben.
Eine weitere Besonderheit im Wahlprüfungsverfahren ist die Beschränkung im Vorbringen von Wahleinwendungen. Gegenstand des gerichtlichen Wahlprüfungsverfahrens können, anders als für die üblichen verwaltungsrechtlichen Klagen, nur Einwendungen sein, die Inhalt der Wahlprüfungsentscheidung waren. Alle weiteren, erst nachträglich im Klageverfahren erhobenen Einwendungen sind ausgeschlossen. Sie unterliegen der Präklusion. Auch das Wahlprüfungsgericht darf seiner Entscheidung nicht von Amts wegen neue Anfechtungsgründe, die nicht Gegenstand des Einspruchsverfahrens und der Klage gewesen sind, zugrundelegen.
Wahlfehler können im Klageverfahren also nur dann geltend gemacht werden, wenn sie bereits Gegenstand des Wahleinspruchsverfahrens gewesen sind, was, wie dargestellt, zum Zeitpunkt des Ablaufs der Wahleinspruchsfrist am 29. Juni 2014 in Bezug auf das Vorliegen etwaiger Fälschungen nicht der Fall war.
Die Wahlprüfungsinstanzen haben im Zusammenhang mit der Prüfung der Mandatsrelevanz stets auch das aus dem Demokratiegebot folgende Erfordernis des Bestandsschutzes der gewählten Vertretung zu beachten. Im Hinblick auf die komplexe Wahlvorbereitung und die Kompliziertheit
des Wahlvorgangs, die weitreichenden Auswirkungen eines Eingriffs sowie die verfassungsrechtliche Stellung und die Arbeitsfähigkeit der gewählten Vertretung sollen Walen möglichst aufrechterhalten werden. Ich verweise wieder auf den Anfang meiner Ausführungen.
Ein Eingriff in die Zusammensetzung einer gewählten Vertretung durch eine wahlprüfungsrechtliche Entscheidung oder eine Wahlprüfungsklage muss danach vor dem Interesse am Bestand der gewählten Vertretung gerechtfertigt und substantiiert sein. Insofern ist zwischen verfassungsrechtlich gleichermaßen bedeutsamen Elementen einer parlamentarischen Demokratie abzuwägen, einerseits der Gewährleistung der demokratischen Legitimation der Vertretung durch eine richtige gesetzmäßige Zusammensetzung der Vertretung und andererseits dem Vertrauensschutz in eine Wahl sowie dem Rechtsfrieden in der Form der Sicherung des Wahlbestandes und der kontinuierlichen Arbeitsfähigkeit der gewählten Vertretung als Hauptorgan der Kommune.
Wie auch vom Bundesverfassungsgericht stets betont, muss ein Wahlfehler, der zur totalen oder teilweisen Ungültigkeitserklärung einer Wahl führt, ein solches Gewicht haben, dass eine Weiterexistenz der gewählten Vertretung unerträglich erscheint. Mit Blick auf den Wissensstand zum damaligen Zeitpunkt war dies in Bezug auf die Kreistagswahl nicht der Fall und das Innenministerium war nicht aktiv legitimiert. - Herzlichen Dank.
Ich rufe die Frage 1 auf. Sie betrifft die Vorlage des Kinder- und Jugendberichts und wird von der Abgeordneten Cornelia Lüddemann von der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN gestellt.
Gemäß § 16 Abs. 1 KJHG LSA legt die Landesregierung dem Landtag in der Mitte einer jeden Wahlperiode einen Bericht über die Lage junger Menschen und die Bestrebungen und Leistungen der Kinder- und Jugendhilfe (Kinder- und Jugend- bericht) vor.
Eine Erstfassung des Kinder- und Jugendberichts liegt seit Ende Mai 2014 vor. Die gemäß § 16 Abs. 3 KJHG LSA vorgesehene Stellungnahme zum Kinder- und Jugendbericht hat der Landesjugendhilfeausschuss auf seiner Sitzung am
Das zuständige Ministerium für Arbeit und Soziales bestand auf schneller Bearbeitung. Aus diesem Grund erfolgte eine Sondersitzung des Landesjugendhilfeausschusses am 8. September 2014,
da die Vorlage des Berichts beim Landtag baldigst erfolgen sollte. Bisher liegt dem Landtag kein offizielles Dokument vor.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich beantworte die Frage der Abgeordneten Frau Lüddemann namens der Landesregierung wie folgt.
Der Entwurf eines Kinder- und Jugendberichts der Landesregierung - das möchte ich voranstellen - ist dem Landesjugendhilfeausschuss am 1. Juli 2014 zur Stellungnahme zugeleitet worden. Das haben Sie eben auch gesagt. Dieser hat mit hoher Qualität eine Stellungnahme erarbeitet, die bereits am 29. September 2014 beschlossen werden konnte.
Die Stellungnahme des Landesjugendhilfeausschusses wurde in den Bericht integriert, ein weiterer Berichtsteil wurde erarbeitet und die betroffenen Fachbereiche wurden erneut beteiligt. Dieser Prozess nahm, wie schon die Erarbeitung des Berichts selbst, mehr Zeit in Anspruch als ursprünglich vorgesehen.
Zu Frage 1: In Kürze soll es eine Ressortabstimmung zum Entwurf des Berichtes geben. Es wird eine Beschlussfassung der Landesregierung in dem Zeitraum von Ende März bis Mitte April 2015 angestrebt. Die Zuleitung an den Landtag wird dann unmittelbar erfolgen.
Zu Frage 2: Veränderungen wurden insbesondere beim Thema Familien vorgenommen. Die eingefügten Anmerkungen betreffen unter anderem die Ausführungen zur grundsätzlichen Aufgabenstellung des Landes als überörtlichem Träger der öffentlichen Jugendhilfe, zur Erziehung, zur Bildung und Betreuung von Kindern, zur Jugendarbeit und zum Jugendschutz.
Ich rufe die Frage 2 auf. Sie wird von dem Abgeordneten Sören Herbst von der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN gestellt und betrifft die Unterbringung von Flüchtlingen in Sachsen-Anhalt.
Wir können Gäste im Haus begrüßen, nämlich Damen und Herren des Streetworkerbüros in Dessau. - Willkommen im Landtag von Sachsen-Anhalt!
Der Ministerpräsident Dr. Reiner Haseloff hat sich am 10. Dezember 2014 gegenüber dem Mitteldeutschen Rundfunk zu den Unterbringungsformen von Flüchtlingen in Sachsen-Anhalt geäußert.
Wie definiert die Landesregierung die Begriffe „dezentrale Unterbringung“, „dezentrale Wohnungsunterbringung“ und „Gemeinschaftsunterbringung“ hinsichtlich qualitativer und quantitativer Merkmale?
Herr Präsident! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Ich beantworte die Frage des Kollegen Sören Herbst namens der Landesregierung wie folgt.
Die Begriffe „dezentrale Unterbringung“, „dezentrale Wohnungsunterbringung“ und „Gemeinschaftsunterbringung“ sind nicht gesetzlich oder amtlich definiert. Die dezentrale Unterbringung bzw. dezentrale Wohnungsunterbringung betrifft regelmäßig die Unterbringung in Wohnungen. Die Gemeinschaftsunterbringung betrifft hingegen regelmäßig die Unterbringung in Gemeinschaftsunterkünften.
Das Aufnahmegesetz des Landes Sachsen-Anhalt und die Leitlinien für die Unterbringung und soziale Betreuung von nicht dauerhaft aufenthaltsberechtigten Ausländern verwenden für die Aufnahme die Begriffe Unterbringung in Wohnungen sowie Unterbringung in Gemeinschaftsunterkünften.
Die Unterbringungsleitlinien enthalten des Weiteren detaillierte Empfehlungen, insbesondere zur örtlichen Lage sowie zur sachlichen und personellen Ausstattung der Gemeinschaftsunterkünfte.
Nach den Unterbringungsrichtlinien und -leitlinien sowie den damit im Zusammenhang stehenden Verwaltungsvorschriften wird als Wohnung jede baulich abgeschlossene Raumeinheit, unabhängig von der Zahl der darin enthaltenen Räume, verstanden, die zum Wohnen und Schlafen geeignet ist, hierzu von einer Person allein oder mehreren Personen gemeinsam eigenverantwortlich selbständig genutzt wird und durch einen eigenen Ein